Bruchkante eines diamantbeschichteten Hartmetallbauteils, das mit dem neuen Verfahren vorbehandelt wurde.
Fraunhofer IWM
Hartmetall ist ein gebräuchlicher Werkstoff für industrielle Schneidwerkzeuge. Während der Werkstoff seine Härte dem Wolframkarbid verdankt, so ist eine für viele Anwendungen hinreichende Zähigkeit erst durch das Cobalt, das die Wolframkarbid-Körner im Werkstoffgefüge zusammenhält, gewährleistet. Eine Diamantbeschichtung soll aufgrund ihrer besonderen Härte den Verschleißwiderstand des Werkzeugs noch einmal deutlich steigern. "Doch genau hier liegt die Herausforderung, denn das Cobalt im Hartmetall sorgt während des Beschichtungsprozesses dafür, dass die Diamantstruktur nicht stabilisiert werden kann. Stattdessen wird graphitartiger Kohlenstoff gebildet", erklärt Dr. Manuel Mee, Wissenschaftler der Gruppe "Tribologische Schichtsysteme" des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM. Um zu verhindern, dass Cobalt mit dem Diamant interagiert, wird die Cobaltphase an der Oberfläche des Hartmetallwerkzeugs mit einem nasschemischen Verfahren entfernt. Eine derartige Vorbehandlung bewirkt allerdings, dass die Randzone des Hartmetalls porös wird und ihre Zähigkeit einbüßt. Insbesondere die ungleichmäßige Belastung beim Schneiden inhomogener Werkstoffe fördert die Zerrüttung der nun anfälligeren Randzone. Die Folge ist: Die Diamantschicht platzt ab.
Die neue Vorbehandlungsmethode von Dr. Mee kombiniert unterschiedliche Verfahrensansätze, um sämtliche Einflussfaktoren der Schichthaftung zu berücksichtigen. "Mit dem neuen Verfahren können wir die Stabilität der Randzone aufrechterhalten und sogar leicht steigern", erläutert Mee. Zunächst wird der Oberfläche des Hartmetalls bei hohen Temperaturen Kohlenstoff entzogen. Eine erneute Anreicherung mit Kohlenstoff führe dazu, dass das unerwünschte Cobalt in der Randzone des Werkstoffs größtenteils verdampft. Gleichzeitig lasse sich die Oberfläche hinsichtlich Struktur, Härte und Risszähigkeit positiv beeinflussen. Dennoch könne eine Benetzung der Oberfläche mit einem hauchdünnen Cobaltfilm nicht verhindert werden. Mee ergänzte darum das Verfahren um einen weiteren Prozessschritt, bei dem eine siliziumbasierte Zwischenschicht aufgebracht wird, die das Cobalt endgültig von der Diamantschicht fernhalten soll.
Laut Fraunhofer IWM lassen sich alle Verfahrensschritte mit einem Mikrowellenplasma umsetzen ohne die Prozesskette zu unterbrechen. Dies erspart zusätzliche Arbeitsschritte und Zeit. Nach Verschleiß könne die Beschichtung vom Werkzeug wieder entfernt und der Prozess erneut angewandt werden. Dadurch würde der Materialbedarf sinken, was vor allem hinsichtlich des im Verfahren genutzten Wolframs vorteilhaft wäre, da dieser Rohstoff hauptsächlich in China gewonnen wird und auf dem Weltmarkt nicht verlässlich zu beschaffen ist.