In der abendländischen Tradition ist die Wirtschaft ethisch zu regeln, weil im wirtschaftlichen Handeln eine Tendenz zum Übermäßigen vorherrschen kann. Mit der modernen Ökonomie seit Adam Smith erblüht der Gedanke, dass die Markt-Ökonomie sich selber ordiniere (Smiths ‚natural order of liberty‘). Allerdings ist in der volatilen Dynamik der letzten Jahrzehnte die Idee wieder verstärkt worden, in der damit entstehenden Ungewissheit und Ambiguität das Ethische wieder zu einer regulativen Instanz zu ernennen und normative Arrangements für Wirtschaft und Unternehmen zu entwerfen: Wirtschafts- und Unternehmensethik. Dabei aber bleibt übersehen, dass das Ethische keine Adresse hat in der Gesellschaft, sondern sich an rechtliche, soziale und organisatorische Instanzen richten muss, die dann die Durchführung des Geforderten gewährleisten müssen. Das Ethische hat dann Indikator- und Deutungsfunktion, aber keine eigene Durchsetzungsmacht. In dem Sinne ist der Nexus von Wirtschaft und Ethik immer medial vermittelt, und oft bereits soziologisch, juridisch, aber auch oft ökonomisch relationiert.
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Hahn und Kliemt 2017; Lütge und Uhl 2017; Brink und Tiberius 2005; Wieland 2007a, 2018; Heidenreich 2012; Suchanek 2015; Beschorner et al. 2019; Conrad 2016 etc. In einem weiteren Rahmen der Wirtschaftsphilosophie Heidbrink et al. 2019.
Bei Ulrich Thielemann, einem Schüler Ulrichs, überwiegt inzwischen die Skepsis gegenüber der Anwendbarkeit von Wirtschaftsethik (vgl. Thielemann 2019).
Vgl. Kuhlen 2005; Bassen et al. 2005; Wieland 2007a, 2018; Brink und Tiberius 2005; Riess et al. 2008; Weber 2008; Basu und Palazzo 2008; zur Unternehmensverantwortung Beschorner et al. 2007; Heidbrink und Hirsch 2008; Seele und Gatti 2017; Friesen und Wolf 2014; Rönnegard 2015; Beschorner et al. 2019.
Moral operiert als Norm für alle, während Tugenden als Norm für die einzelnen gelten, die allerdings Modell für andere werden können (vgl. Wieland 2006).
Natürlich ist die Gesellschaft, und damit ihre Wirtschaft, moralisch konfundiert. Aber die meisten moralia sind nicht offensichtlich und nicht primäre Handlungsmotive; sie sind informell, unbewusst. Es ist nicht unpassend, die diversen moralia, über die die Gesellschaft verfügt, wie in der kosmologischen string-theory, als eingerollte Dimensionen zu verstehen, die in bestimmten, meist kritischen Situation aktiviert werden (vgl. Priddat 2006). Wir haben es mit ‚impliziter Ethik‘ zu tun (Vogd 2018, Kap. VII).
Man darf nicht vergessen, dass die moderne Ökonomie eine emanzipatorische Rolle gespielt hat in der Geschichte, nämlich Entlastung von feudalen Machtgefügen und tradierten Normen, die die Freiheit der Individuen begrenzte.
„Normativität, die die Gestaltung gesellschaftlicher Institutionen anleitet, geht schließlich in die Regeln des menschlichen Zusammenlebens ein, wird zur Struktur, gewinnt Selbstverständlichkeit und verliert mit der Zeit ihre Kenntlichkeit als Normativität. Im gesellschaftlichen Entwicklungsprozess wird Normativität also positiv abgearbeitet: durch Institutionalisierung. Aus dieser Perspektive erscheinen Regeln als sedimentierte Moral. Ihre Befolgung entlastet die Individuen von der Notwendigkeit, jede einzelne ihrer Handlungen einer Kompatibilitätsprobe mit moralischen Imperativen zu unterziehen. Dadurch lässt sich die Komplexitätsbearbeitungsfähigkeit einer Gesellschaft erheblich steigern. Die Entwicklungslogik lautet: ,Moralische Handlungsintentionen werden durch Regeln substitutiert‘“ (Pies 1993, S. 66). Man sieht, wie die ältere Tugendthematik durch eine Wohlfahrtssystemlogik ersetzt wurde, durch soziale Institutionen, die die individualethischen Notwendigkeiten historisch in einen institutionenethischen Kontext verschoben haben.
„Moral erzeugt Kosten. Aber diese Kosten sind Investitionen in ein Vertrauenskapital, dessen Rendite in der Schaffung stabiler Handlungserwartungen, und das heißt sinkender Transaktionskosten, besteht“ (Wieland 1996, S. 17). Die Funktion der Moral besteht darin, „stabile Handlungserwartungen dadurch zu schaffen, dass man sich selbst festlegt und damit Anreize für Andere schafft, sich auch festzulegen“ (Wieland 1996, S. 24).
Eine breiter angelegte Darlegung der wirtschaftsphilosophischen Dimension, in der das Ethische seine Rolle, aber keine Präpoderanz hat, findet sich bei Heidbrink et al. 2019.