2.2.1 Begriffsabgrenzung, potenzielle Adressaten und grundlegender Zweck
Allgemein ist unter Unternehmensberichterstattung „die Vermittlung von Informationen (in Form von Berichten) über Tatsachen, Ereignisse, Zusammenhänge und Vorgänge aus dem Betrieb und seiner Umwelt“
26 zu verstehen. Üblicherweise wird zudem zwischen interner und externer Unternehmensberichterstattung differenziert.
27 Die interne Unternehmensberichterstattung deckt dabei die überwachungsbezogene oder entscheidungsunterstützende Informationsvermittlung zwischen dem Management eines Unternehmens und/oder unternehmensinternen Institutionen wie dem Controlling oder der Internen Revision ab.
28 Die externe Unternehmensberichterstattung dient hingegen der Informationsversorgung außenstehender bzw. externer Adressaten.
29
Wer konkret als Adressat durch die externe Unternehmensberichterstattung mit entsprechenden Informationen versorgt werden sollte, lässt sich anhand der Stakeholder-Theorie bestimmen.
30 Der Stakeholder-Theorie liegt ein Unternehmenskonzept zugrunde, welches alle Personen oder Personengruppen einschließt, die an der Unternehmung in irgendeiner Weise beteiligt sind. Die Unternehmung ist in diesem Sinn eine Koalition unterschiedlicher Anspruchs- bzw. Interessengruppen (Stakeholder).
31 Nach Freeman und Reed (1983) ist ein Stakeholder i. w. S. „
any identifiable group or individual who can affect the achievement of an organization’s objectives or who is affected by the achievement of an organization’s objectives […] [and in the narrow sense] on which the organization is dependent for its continued survival.“
32 Die Unternehmung stellt in diesem Zusammenhang ein Instrument der Zielrealisation sämtlicher beteiligter Stakeholder dar und basiert auf den daraus resultierenden Verhandlungsprozessen.
33 Solange die Stakeholder einen persönlichen finanziellen oder nichtfinanziellen Nutzen in der Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen sehen, sind sie (weiterhin) bereit an der Koalition teilzunehmen und sichern dadurch deren Fortbestand. Für ihre diesbezüglichen Entscheidungen benötigen die Koalitionspartner Informationen über die Lage der Unternehmung und den Stand der Erreichung ihrer finanziellen und nichtfinanziellen Zielvorstellungen.
34 Es ist indes davon auszugehen, dass das Management besser über das wirtschaftliche Geschehen innerhalb des Unternehmens informiert ist als außenstehende Stakeholder.
35
Als Adressaten der externen Unternehmensberichterstattung kommen demnach alle Personen infrage, die aktuell oder potenziell in impliziter oder expliziter Vertragsbeziehung mit dem Unternehmen stehen und ein darin begründetes Informationsbedürfnis gegenüber dem Unternehmen haben.
36 Diese Adressaten lassen sich zu folgenden Gruppen zusammenfassen: Anteilseigner, Gläubiger, Marktpartner (insb. Lieferanten und Kunden), Arbeitnehmer, Staat/Fiskus und die Öffentlichkeit.
37 Dabei ist es möglich, dass zwischen den genannten Gruppen Überschneidungen vorliegen und eine Person oder Institution mehreren Adressatengruppen zugeordnet werden kann und/oder sich die Interessen überlagern.
38
Anhand der externen Unternehmensberichterstattung sollten demnach die für den Fortbestand der Unternehmung entscheidenden Stakeholder mit solchen Informationen versorgt werden, die sie für Ihre Entscheidungen über den weiteren Verbleib in der Koalition benötigen. Die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen ist somit als grundlegender Zweck der externen Unternehmensberichterstattung anzusehen.
39
Informationen werden in diesem Kontext allgemein dann als entscheidungsnützlich angesehen, wenn sie sowohl entscheidungsrelevant als auch verlässlich sind.
40 Entscheidungsrelevant ist eine Information dann, wenn die Kenntnis über sie entweder zu einer Erwartungsänderung und damit zu einer veränderten Entscheidung führt, durch sie eine bereits getroffene Entscheidung bestätigt wird oder sie als Hintergrundinformation erst zur Entscheidungsrelevanz einer anderen Information führt. Verlässlichkeit ist darüber hinaus für die Entscheidungsnützlichkeit von Informationen unerlässlich, da nur mit ausreichendem Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Informationen diese auch bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.
Aufgrund der potenziellen Bedeutung der digitalen Transformation für den Fortbestand bzw. künftigen Erfolg des Unternehmens ist denkbar, dass für die Stakeholder auch diesbezügliche Informationen entscheidungsrelevant sind.
41 Als externe Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation wird in der vorliegenden Arbeit die Vermittlung von entscheidungsnützlichen, mit der digitalen Transformation des Unternehmens in Verbindung stehenden Informationen über Tatsachen, Zusammenhänge und Vorgänge aus dem Betrieb und seiner Umwelt an nicht an der Unternehmensführung beteiligte (externe) Stakeholder verstanden.
42
2.2.2 Theoriegeleiteter Erklärungsansatz einer geregelten externen Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation
Wie die vorangegangenen Ausführungen gezeigt haben, haben die Stakeholder eines Unternehmens – je nach der bei der Geschäftsbeziehung zugrundeliegenden Zielsetzung – gewisse Informationsinteressen, was die Lage, zukünftige Entwicklung und ggf. die damit in Verbindung stehende digitale Transformation von Unternehmen angeht. Im Rahmen der Geschäftsbeziehung kann es jedoch durch Interessenkonflikte und ungleich verteilte Informationen zu spezifischen Problemen kommen, denn: „Je schlechter eine Gruppe von Individuen im Vergleich zu anderen Gruppen informiert ist, umso ungünstiger ist ihre Position, umso größer ist die Gefahr der Ausbeutung durch andere Gruppen.“
43 Das daraus erwachsende Bedürfnis nach vertraglich oder gesetzlich geregelter externer Unternehmensberichterstattung (über digitale Transformation) lässt sich anhand der (Stakeholder-)Agency-Theorie verdeutlichen.
Die
Agency-Theorie befasst sich mit der Delegation von Verfügungsrechten im Rahmen von Auftragsbeziehungen.
44 Nach Jensen und Meckling (1976) wird eine Agency-Beziehung definiert als ein Vertrag, bei welchem eine oder mehrere Personen (Prinzipal(e)) eine andere Person (Agent) engagiert, um eine Leistung im Interesse des Prinzipals/der Prinzipale zu erbringen. Dabei wird ein Teil der Entscheidungskompetenz auf den Agenten übertragen.
45 Durch die Übertragung der Aufgabe an einen besser qualifizierten und informierten Agenten, bspw. gegen Entgelt, können beide – Prinzipal und Agent – ihren Nutzen erhöhen. Ausgehend von einem opportunistischen Verhalten beider Parteien, sodass beide in erster Linie ihren eigenen Nutzen maximieren wollen, ist jedoch mit Interessenkonflikten zu rechnen. Informationsungleichgewichte ermöglichen schließlich der besser informierten Partei ihre Ziele (ggf. zu Lasten der anderen) stärker zu verfolgen.
46 Je nachdem, ob die Informationsasymmetrien aus verborgenen Informationen oder Aktionsmöglichkeiten des Agenten resultieren, unterscheidet Arrow (1984) die Kategorien
hidden information und
hidden action.
47 Damit einhergehende Probleme können sowohl vor –
adverse selection – als auch nach Vertragsabschluss –
moral hazard – auftreten.
48
Bei dem Problem der
adverse selection49 geht es um Informationsasymmetrien, die auf vorvertraglichen Unsicherheiten des Prinzipals hinsichtlich der persönlichen Eigenschaften des Agenten (
hidden characteristicts) sowie dessen tatsächlicher Absichten (
hidden intention) basieren. Eine Verschleierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage und Leistungsfähigkeit und einer daraus resultierenden Orientierung an der durchschnittlichen Leistung aller Unternehmen führt dazu, dass besonders leistungsfähige Unternehmen tendenziell unterschätzt und leistungsschwache Unternehmen eher überschätzt werden. Ein Marktaustritt unterschätzter Unternehmen, die ihre Bedürfnisse auf andere Weise zu befriedigen versuchen werden, und die damit verbundene sukzessive Verschlechterung der durchschnittlichen Qualität der verbleibenden Unternehmen, kann bis hin zu einem Marktversagen führen.
50
Auch nach Vertragsabschluss können durch verborgene Handlungen und Informationen des Agenten Informationsasymmetrien entstehen. Bei den daraus resultierenden Problemen handelt es sich jeweils um Unterformen des
moral hazard.
51 Im ersten Fall resultieren die Informationsasymmetrien daraus, dass es dem Prinzipal nicht möglich ist, die Handlungen des Agenten zu beobachten (
hidden action). Hinzu kommt, dass das Ergebnis der Tätigkeit i. d. R. nicht nur von den Handlungen des Agenten, sondern auch von äußeren Faktoren abhängt. Dadurch kann das Ergebnis ex post nicht vollständig auf die Leistung des Agenten zurückgeführt werden. Den daraus entstehenden Handlungsspielraum wird ein rational handelnder Agent nutzen, um auf Kosten des Prinzipals seinen eigenen Nutzen zu maximieren, indem er z. B. weniger arbeitet (
shirking) oder Ressourcen des Prinzipals für private Zwecke nutzt (
consumption on the job). Es handelt sich um ein
moral hazard durch
hidden action.
52
In dem zweiten Fall entsteht die Informationsasymmetrie dadurch, dass der Agent eine Beobachtung macht, die der Prinzipal nicht macht bzw. nicht machen kann (
hidden information). In diesem Fall sieht zwar der Prinzipal wie der Agent reagiert, jedoch sind ihm die dabei zugrundeliegenden Informationen unbekannt. Der Prinzipal kann demnach nicht beurteilen, ob der Agent die Informationen im Interesse des Prinzipals verwendet hat. Der Agent kann seine Entscheidungen durch falsche Wiedergabe von ökonomischen Rahmenbedingungen legitimieren und das tatsächliche Ressourcenpotenzial verheimlichen. Es handelt sich um ein
moral hazard durch
hidden information.
53
Typischerweise werden anhand der Agency-Theorie Beziehungen zwischen Kapitalgebern (Anteilseigner und Gläubiger) und Kapitalnehmern (Management) beschrieben und analysiert,
54 jedoch lässt sich das Modell auch auf die Beziehungen zwischen dem Management und den übrigen Stakeholdern eines Unternehmens erweitern (
Stakeholder-Agency-Theorie).
55 Die Interessen der Anteilseigner werden dabei mit denen der übrigen Stakeholder als interdependent betrachtet, da das Unternehmen als Instrument zur Zielrealisation sämtlicher beteiligter Stakeholder existiert.
56 Das Management agiert als Agent aller Stakeholder.
57 Die zwischen dem Management und den übrigen Stakeholdern bestehenden Interessenkonflikte können bspw. daraus resultieren, dass Angestellte ihr Ziel zur Erreichung höherer Löhne, Kunden besserer Qualität und/oder niedrigerer Preise und Lieferanten höherer Preise und/oder mehr Absatz durchzusetzen versuchen. Dem Management des Unternehmens blieben dann weniger Ressourcen, die es zum Wachstum des Unternehmens (oder zur Realisierung anderer Ziele) einsetzen könnte. Die Differenz zwischen dem Nutzen, den die Stakeholder erreichen könnten, wenn das Management rein nach deren jeweiligen Interessen handeln würde, und dem Nutzen, den sie bei gänzlich eigennützigem Verhalten des Managements erreichen würden, wird als
utility loss bezeichnet.
58
Damit jedoch die Stakeholder weiterhin an der Koalition teilnehmen und dadurch den Fortbestand der Unternehmung sichern, gilt es den
utility loss zu reduzieren, indem die zugrunde liegenden Ursachen – Informationsasymmetrie und divergierende Interessen der Stakeholder – ausgeräumt werden. Dazu ist die Etablierung von Anreiz-, Überwachungs-, und Durchsetzungs- bzw. Kontrollstrukturen notwendig.
59 Durch Anreizsysteme ist es vor allem möglich die Interessenkonflikte zu reduzieren und dafür zu sorgen, dass das Management für den Prinzipal schädliche Handlungen unterlässt.
60 Diese werden i. d. R. zu Beginn der Geschäftsverbindung zwischen Stakeholder und Management vertraglich etabliert. Üblich sind bspw. ergebnisorientierte Vereinbarungen, die den Manager am Erfolg der Unternehmung beteiligen.
61 Auch Verhaltensvorschriften sind denkbar, um den Agenten zu disziplinieren. Im Zuge dessen können die Stakeholder erwarten, dass das Management im Gegenzug für die Bereitstellung der Ressourcen sog.
bonding costs trägt.
62 Aus Kundensicht ist das Gewähren einer Garantie für die (anhaltende) Qualität von Produkten eine geeignete Maßnahme.
63 Ausschüttungsrestriktionen und die Verpflichtung zur persönlichen Haftung sind Beispiele für Handlungsbeschränkungen i. S. d. Fremdkapitalgeber.
64 Eine durch solche Strukturen erzeugte gegenseitige Abhängigkeit von Management und Stakeholdern könnte bereits zu einer derartig glaubwürdigen Verpflichtung führen, dass die Integrität der Geschäftsbeziehung als gesichert angesehen werden kann.
65 Generell ist jedoch zur Durchsetzung der (tlw. nur implizit) vorliegenden Vereinbarungen und Verträge bzw. der ihnen zugrundeliegenden Interessen die Überwachung der Aktivitäten des Managements erforderlich.
66
In diesem Zusammenhang erscheint die externe Unternehmensberichterstattung als geeignetes Informationsinstrument zur Reduzierung der Informationsasymmetrien und der daraus resultierenden Probleme.
67 Vor Vertragsabschluss werden die Stakeholder bestrebt sein, anhand der Berichterstattung eine Überprüfung der Eigenschaften des Managements bzw. des Unternehmens (
screening) durchzuführen und nach Vertragsabschluss dessen Geschäftstätigkeit zu überwachen und zu kontrollieren (
monitoring).
68 Sofern die digitale Transformation und damit in Zusammenhang stehende Aktivitäten für den langfristigen Erfolg des Unternehmens und die Zielerreichung seiner Stakeholder erforderlich sind, besteht auch ein Interesse an der Überwachung diesbezüglicher Eigenschaften, Fortschritte und Auswirkungen.
Das Management selbst, insb. ein solches mit vergleichsweise hohem Qualitätsniveau, sollte zudem vor Vertragsabschluss bestrebt sein, seine Vorzüge glaubhaft offenzulegen (
signalling).
69 Auch nach Vertragsabschluss kann das Management bemüht sein, sich mittels Dokumentation, Berichterstattung oder freiwilliger Kontrollen (
reporting) glaubhaft zu entlasten und von jenen mit schädlichen Absichten abzugrenzen.
70 Durch eine freiwillige und qualitativ hochwertige Berichterstattung kann das Management schließlich Reputation erlangen und Vertrauen bilden.
71 Dadurch wird die Unsicherheit der Stakeholder reduziert, wodurch das Unternehmen mehr Ressourcen zu besseren Konditionen erhält.
72 Demnach besteht sowohl eine Nachfrage der Stakeholder nach entsprechenden Informationen als auch auf Seiten des Managements ein Anreiz, Informationen (zur digitalen Transformation) mittels externer Unternehmensberichterstattung zu vermitteln.
Neben einer freiwilligen Berichterstattung ist es grundsätzlich möglich, eine
Pflicht zur externen Berichterstattung über digitale Transformation anhand privatrechtlicher Verträge durchzusetzen.
73 Nun könnte davon ausgegangen werden, dass durch diese privatrechtlichen Möglichkeiten der Vertragsgestaltung die Informationsasymmetrien durch marktwirtschaftliche Handlungsanreize auf ein effizientes Maß reduziert werden, da beide Seiten auf die Geschäftsbeziehung angewiesen sind.
74
Für die Stakeholder ist jedoch sowohl die Sammlung und Analyse von Informationen als auch die individuelle Vertragsgestaltung mit Kosten verbunden. Zudem haben nicht alle Stakeholder die Macht ihre Informationsinteressen durchzusetzen, sodass die Informationsbeschaffung ggf. gar nicht möglich ist.
75 Ebenso ist die Informationsaufbereitung und -bereitstellung mit Kosten verbunden. Dadurch ist das Management nicht in der Lage oder bereit, der Informationsnachfrage jedes Stakeholders individuell nachzukommen, ohne dass dieser entweder selbst dafür bezahlt oder der Nutzen die Kosten auf andere Weise übersteigt.
76 Für opportunistisch agierende Manager verbleibt demnach ein Spielraum, der es weiterhin ermöglicht die Ressourcen im eigenen Interesse zu verwenden. Den dadurch verbleibenden (
residual)
utility loss müssen insb. Stakeholder mit schwacher Ressourcenausstattung, geringer Macht und/oder keiner Alternative tragen.
77
Um dem daraus entstehenden
monitoring problem zu begegnen haben sich zunächst institutionelle Strukturen entwickelt, die die Informationssammlung und -analyse effizienter gestalten, indem Skaleneffekte genutzt werden. Zu solchen Institutionen gehören bspw. Informationsintermediäre wie Finanzanalysten, aber auch Verbraucherschutzorganisationen und Gewerkschaften. Zugleich wird durch Bündelung von Interessen auch die Macht zu deren Durchsetzung erhöht, sodass vertragliche Sanktionen besser wirken.
78
Neben einer solchen marktwirtschaftlichen Lösung zur Problemreduzierung ist darüber hinaus eine Verankerung von
Publizitätsvorschriften in der Gesetzgebung zu finden.
79 Dies wird insb. durch den Zweifel an der Effizienz der Märkte für Informationen begründet, der sich aus den bereits beschriebenen Problemen der Informationskosten und unterschiedlicher Machtverhältnisse ergibt.
80 Selbst wenn dennoch davon ausgegangen würde, dass angemessene (freiwillige) Offenlegungspraktiken langfristig unzureichende verdrängen, bestünde weiterhin die Gefahr, dass den Adressaten auf kurze Sicht zu viel Schaden zugefügt wird. Eine gesetzliche Regulierung der externen Unternehmensberichterstattung wurzelt demnach in einem Schutzgedanken und soll durch ein Minimum an Informationsgewährung nicht zuletzt auch die Stabilität der Koalition bzw. Unternehmung gewährleisten.
81
Jedoch kann nicht nur eine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung von Informationen dazu beitragen Agency-Probleme zu reduzieren. Vielmehr bringt auch eine
Standardisierung von Berichterstattungspraktiken Vorteile mit sich. Zunächst ist die
Vergleichbarkeit der Berichtsinformationen zu nennen. Denn erst durch eine Vergleichbarkeit – in zeitlicher und zwischenbetrieblicher Hinsicht – wird ein Aussagewert erzeugt. Zudem würde sich ohne Vergleichbarkeit der Informationen kein Anreiz ergeben, die Offenlegungspraktik zu verbessern.
82
Auch die
Verständlichkeit der Informationen wird erst durch eine Standardisierung der Ermittlungsmethoden ermöglicht und trägt schließlich – wie auch die Vergleichbarkeit – dazu bei, die Informationsverarbeitung zur Entscheidungsfindung effizienter zu gestalten. Andernfalls wären den Informationen ggf. zusätzliche Erläuterungen zu angewandten Methoden hinzuzufügen, wodurch die Auswertung und Interpretation erheblich erschwert würden.
83 Dies betrifft vor allem diejenigen Adressaten, deren Kapazitäten zur Interpretation und Anwendung der Informationen begrenzt sind.
84 Auch der Bereitstellungsaufwand der Informationen wäre höher.
Durch ein gemeinsames Verständnis von spezifischen Berichtsinformationen lassen sich demnach auch
Vertragskosten einsparen.
85 Mit einem standardisierten externen Berichtsinstrument, auf das in privaten Verträgen verwiesen werden kann, sind weniger spezifisch-detaillierte Vereinbarungen notwendig. Dadurch sinkt der Verhandlungsaufwand und die Verträge können schlanker gestaltet werden.
86
Schließlich sind Standards notwendig, um die
Glaubwürdigkeit der Berichtsinformationen zu gewährleisten. Standards können den Spielraum bei der Darstellung der bisherigen Leistung und der Zukunftsaussichten des Unternehmens beschränken und eine neutrale, unvoreingenommene Berichterstattung fördern.
87 Zudem wird durch die Standardisierung die Möglichkeit geschaffen, die
Ordnungsmäßigkeit der Berichterstattung zu
prüfen und sicherzustellen. Schließlich sind Berichtsinformationen nicht nur durch die Tatsache glaubwürdig, dass sie auf standardisierten Vorgaben basieren. Vielmehr muss auch unabhängig überprüfbar sein, dass sie der den Standards intendierten Darstellung entsprechen.
88
Die genannten Vorteile einer Standardisierung sind umso größer, je mehr Unternehmen einheitliche Berichtsstandards anwenden (
Netzwerkeffekte). Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht noch bessere Standards geben könnte, die sich möglicherweise gerade wegen der Netzwerkeffekte nicht durchsetzen.
89
Zur externen Unternehmensberichterstattung über digitale Transformation gibt es bisher weder gesetzliche noch freiwillig anzuwendende Vorgaben bzw. Standards.
90 Allerdings gibt es Anzeichen, dass die diesbezügliche Informationsvermittlung bisher unzureichend erfolgt.
91 Dem könnte eine Standardisierung – bspw. in Form eines Berichtskonzepts – Abhilfe schaffen, um mit Blick auf die genannten Vorteile den Unternehmen die externe Berichterstattung entsprechender Informationen zu erleichtern und die Nachfrage der Stakeholder als Berichtsadressaten zu befriedigen.