Smart Farming hält kleine Agrarbetriebe wettbewerbsfähig
- 05.11.2025
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Landwirtschaft 4.0: Das ist nicht nur ein Konzept für Großbetriebe. Wie Digitalisierung in kleinen Agrarbetrieben aussehen kann, zeigen die Uni Hohenheim und HfWU.
Agrar-Sensoren an Drohnen können frühzeitig Pflanzenkrankheiten erkennen.
Universität Hohenheim / Wolfram Scheible
Die Digitalisierung der Landwirtschaft, auch bekannt als Smart Farming und Precision Farming, bietet Landwirten neue Möglichkeiten, wettbewerbsfähiger, nachhaltiger und tierschonender zu arbeiten. Ob drohnengestützte Überwachung der Pflanzengesundheit, autonome Roboter im Gemüsebau oder KI-berechneter Futterbedarf von Nutztieren: Die Technologien der Landwirtschaft 4.0 werden den Alltag auf dem Hof radikal verändern. Und Daten in der Landwirtschaft eine immer größere Rolle spielen.
Vor allem Großbetriebe im In- und Ausland setzen mehr und mehr auf diese oft kapitalintensiven Innovationen. Für klein- und mittelständische bäuerliche Familienbetriebe besteht jedoch die Gefahr, dass sie bei diesen Entwicklungen abgehängt werden und zukünftig nicht mehr wettbewerbsfähig sein könnten. Wie auch sie vom digitalen Wandel profitieren, hat das Projekt "Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft" (DiWenkLa) über fünf Jahre hinweg in kleinstrukturierten Regionen (Stuttgart und Südschwarzwald) erforscht. Forschende der Universität Hohenheim in Stuttgart und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) haben im Rahmen des Projekts analysiert, welche Möglichkeiten die Digitalisierung für kleinere landwirtschaftliche Betriebe bietet.
Auch bei der Digitalisierung kooperieren
Damit auch kleine Betriebe von digitalen Technologien profitieren profitieren können, sei es Ziel gewesen, "die Anschaffungskosten so gering wie möglich zu halten. Daher haben wir vor allem auf marktverfügbare Lösungen zurückgegriffen und diese zum Teil individuell angepasst", sagt Prof. Dr. Enno Bahrs, Projektkoordinator und Agrarwissenschaftler an der Universität Hohenheim. "Aus unserer Sicht ist es außerdem oft sinnvoll, wenn sich die Betriebe − vergleichbar einem Maschinenring − auch bei der Digitalisierung zusammenschließen."
Beispielsweise könnten die Drohnen eines gemeinsam beauftragten Dienstleisters auf verschiedenen Feldern nicht nur zur Erkennung und Bekämpfung von Krankheiten eingesetzt werden, sondern auch für das Bewässerungsmonitoring oder die frühzeitige Erkennung von Waldbränden. Insgesamt eigne sich eine ganze Reihe Anwendungen für kleinere Betriebe – zum Beispiel auch in der Tierhaltung.
Messung der Grünfutter-Qualität
So benötigten etwa Weidetiere eine bedarfs- und leistungsgerechte Futterversorgung. Deshalb sei es bei diesen Tieren besonders wichtig, die Menge und Qualität des gefressenen Grünfutters zu kennen. Nur dann ließe sich bedarfsgerecht zufüttern. Beispielsweise könnte mit einem Instrument, das mit Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) arbeitet, genaue Aussagen über die Qualität des Grünfutters gemacht werden. "Bislang wurde dieses Gerät ausschließlich im Labor eingesetzt, die Verwendung im Freiland ist recht neu", so Prof. Dr. Eva Gallmann vom Zentrum für Tierhaltungstechnik an der Universität Hohenheim.
Ein weiteres Messgerät erfasse die Aufwuchshöhe, so die Forscher, und helfe somit bei der Einschätzung wie viel und wie schnell das Gras auf einer Weide nachwächst. Diese Daten fließen in eine Rationsplanungs-App ein, mit der die Landwirte dann die notwendige Menge für die Zufütterung besser planen könnten.
Pflanzenschutz mit optischen Sensoren auf Drohnen
Auch der zielgerichtete Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stand im Fokus der Wissenschaftler. Denn noch werden häufig verschiedene Pflanzenschutzmittel gegen Pilzkrankheiten und Schädlinge gleichzeitig und auf dem gesamten Acker ausgebracht. "So wird mehr Pflanzenschutzmittel ausgebracht als notwendig", erklärt Christian Trautmann, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ralf Vögele vom Fachgebiet Phytopathologie an der Uni Hohenheim. "Sinnvoller wäre es, Fungizide zur Verhinderung von Pilzkrankheiten vorbeugend und vollflächig auszubringen, aber die Schädlingsbekämpfungsmittel nur nach Bedarf und abhängig vom Befall."
Abhilfe schaffen könnten optische Sensoren auf Drohnen. Sie würden frühzeitig veränderte Lichtreflexionen von Pflanzen messen, die von Pilzen oder Schädlingen befallenen seien. Künstliche Intelligenz (KI) analysiere die Daten und ermöglicht den Einsatz von Mitteln zur Bekämpfung von Schadinsekten oder Spinnmilben. Diese könnten mithilfe von Sprüh-Drohnen gezielt an den befallenen Pflanzen eingesetzt werden.
KI muss individuell trainiert werden
"Hier liegt aber auch die Herausforderung", sagt Trautmann. "Denn die KI muss für jede Kultur und jedes Schadbild individuell trainiert werden, damit sie befallene Pflanzen auch unter Praxisbedingungen zuverlässig erkennt. Dazu müssen Tausende von Trainingsdaten zuvor von Menschen ausgewertet und interpretiert werden."
Ein hoher Aufwand, der sich wohl am ehesten für Sonderkulturen, wie Obst und Gemüse lohne, so die Forscher. Einerseits drohe hier den Landwirten bei Ernteausfall ein hoher Verlust, andererseits sei auch die Nachfrage nach möglichst unbelasteten Lebensmitteln gestiegen. Im Gemüseanbau, wo der Arbeitsaufwand hoch sei, zeige sich auch die Stärke der Robotik. So wurde etwa im Projekt der Multifunktionsroboter Phoenix eingesetzt, um Weißkohl-Jungpflanzen in präzisen Abständen zu setzen, ohne den Boden unnötig zu verdichten. Eine KI überwacht den gesamten Prozess und soll für bestmögliche Ergebnisse sorgen.
Stärkung von Kleinbauern
Doch nicht nur hierzulande kann Digitaltechnik in der Landwirtschaft Agrarbetriebe unterstützen. Wie Springer-Autorin Shukurat Moronke Bello im Buchkapitel Digital Transformation in Agribusiness and Agripreneurship erläutert, sollen auch Kleinbauern, insbesondere in Entwicklungsländern, von digitalen Technologien profitieren können. Mithilfe des Zugangs zu Informationen, Finanzdienstleistungen und Marktchancen hätten digitale Tools das Potenzial, die Lebensgrundlagen von Kleinbauern zu verändern und sie zu befähigen, in der sich schnell entwickelnden Agrarlandschaft von heute erfolgreich zu sein.
Allerdings gibt es – insbesondere für Kleinbauern, aber auch für hiesige Agrarbetriebe – noch Hürden, die einer breiten Nutzung von Smart-Farming-Technologien im Weg stehen. Zu den größten Hürden gehören hohe Anschaffungs- und Vorlaufkosten, ein komplexes, regulatorisches Umfeld für digitale Technologien, vielfältige Vorschriften zu Datenschutz, Eigentumsrechten und Umweltschutz sowie die Sicherung der digitalen Infrastruktur und die Gewährleistung der Datenintegrität.