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20.07.2016 | Omnibusse | Nachricht | Online-Artikel

So sieht Daimler den Stadtbus der Zukunft

verfasst von: Angelina Hofacker

7:30 Min. Lesedauer

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Der Mercedes-Benz Future Bus zeigt, wie Stadtbusse von Daimler in Zukunft aussehen könnten. Daimler Buses will bis 2020 rund 200 Millionen Euro in die Weiterentwicklung seines Stadtbus-Portfolios investieren.

"Stadtbusse spielen eine wichtige Rolle im öffentlichen Nahverkehrssystem heutiger Großstädte und sie können in Zukunft noch mehr an Relevanz gewinnen. Dafür müssen sie als Verkehrsmittel so attraktiv wie möglich gestaltet werden", begann Hartmut Schick, Vorsitzender des Geschäftsfelds Daimler Buses und Vorsitzender der Geschäftsführung EvoBus, seinen Vortrag im Rahmen der IAA-Vorabpräsentation des Mercedes-Benz Future Bus am Montag in der Nähe von Amsterdam. Schick ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass diese Aufgabe keine einfache ist. Andere Nahverkehrsmittel und nicht zuletzt die steigenden Carsharing-Angebote stellten eine starke Konkurrenz dar, in der Stadtbusse nicht immer als die attraktivste Variante wahrgenommen würden. Daimler will dies Schick zufolge in Zukunft ändern und aus der Aussage "Ich muss den Bus nehmen" ein "Ich will den Bus nehmen" machen. Den positiven Image-Wandel, den die Fernbus-Sparte vollzogen habe, strebe Daimler auch für Stadtbusse an.

In der Konzeptstudie Mercedes-Benz Future Bus, die erstmals auf der IAA Nutzfahrzeuge im September der Öffentlichkeit vorgestellt wird, zeigt der Bushersteller, wie er dies durch eine neuartige Innen- und Außengestaltung sowie ein besonderes "Fahrerlebnis" für Fahrer und Fahrgäste erreichen will. Als Basis für die Omnibus-Studie dient die Karosserie, der Antrieb und das Fahrwerk des Stadtbusses Mercedes-Benz Citaro.

Doppeltüren zwischen den Achsen, E-Ticketing und Mirrorcams

Im Mittelpunkt der Frontpartie des teilautomatisiert fahrenden Mercedes-Benz Future Bus steht der Mercedes-Stern als Markenzeichen. Von ihm gehen seitlich jeweils zwei weiße Lichtleisten aus, deren Beleuchtung in weiß (manuell) und blau (teilautomatisiert) auf den aktuellen Fahrzustand des Busses hinweisen. Am Heck weist ein Streifen zwischen den Heckleuchten mit demselben Farbcode ebenfalls auf den Fahrmodus hin.

Auf Außenspiegel verzichtet der Technologieträger, stattdessen finden Kamerasysteme Verwendung. Zudem entfallen die üblichen Türen in Höhe des Fahrerplatzes und nach der Hinterachse, stattdessen betreten und verlassen die Fahrgäste den Bus durch zwei doppeltbreite Türen zwischen den Achsen. Diese Türen sind mit Leuchtbändern gekennzeichnet, die den Fahrgastfluss in Höhe der Stehplatzzone zwischen den Achsen beschleunigen sollen. Von außen bedeutet die Farbe Grün Einstieg und Rot Ausstieg. Ein elektronisches Ticketsystem macht die herkömmliche Kontrolle von Fahrscheinen durch den Fahrer überflüssig und soll so auch die Verweildauer an den Haltestellen verkürzen.

Stadtbus als „rollender Park“

"Die Gestaltung des Konzeptfahrzeugs ist von innen heraus erfolgt", betonte Matthias Lenz, Leiter Design Daimler Buses, bei der Vorabpräsentation des Konzepts in den Niederlanden. Beim Fahrgastraum haben sich die Designer Lenz zufolge von öffentlichen Plätzen wie Parks inspirieren lassen. So sei der Future Bus als "rollender Park" oder "rollender Hotspot" konzipiert worden. Eine üppige Verglasung und wertige Materialien sollen zur Attraktivität des Fahrgastraums beitragen. Den durchgehend niederflurigen Bus haben die Gestalter in drei Raumbereiche geteilt: In der Front ist der Bereich "Service" in Fahrernähe angesiedelt, in der Mitte in Türnähe der Bereich "Express" für kurze Strecken mit Schwerpunkt auf Stehplätze und schnellen Fahrgastfluss. Im Heck schließt sich "Lounge" an, gedacht für eine längere Verweildauer. Dort befinden sich auch Mulden, in denen die Fahrgäste Ihre Smartphones induktiv laden können. Mittels zweier Monitore im Format 43 Zoll erhalten Fahrgäste Informationen. Sie sind im mittleren Bereich des Fahrgastraums auf der linken Seite über Kopfhöhe in einer Konsole eingebettet.

Der gesamte Fahrgastraum ist offen gestaltet. Die Fahrgastsitze sind großzügige dimensioniert und im Unterschied zur üblichen Anordnung längs an den Wänden orientiert und asymmetrisch angeordnet. Ihre Gruppierung soll ebenfalls an einen Platz oder eine Parkanlage mit Bänken erinnern. In dem rund 12 Meter langen Bus befinden sich deshalb lediglich 16 Sitzplätze. Zentral sind die Haltestangen für stehende Fahrgäste angeordnet. Bereits in aktuellen Stadtbussen gebe es in größeren Stehplatzsegmenten einen Trend zu mittig angeordneten Haltestangen ähnlich einem Dreizack, erklärte Lenz. Diese Idee führe der Technologieträger fort und kombiniere sie mit der parkähnlichen Aufteilung des Innenraums. Das Resultat sind deckenhohe, dreieckig geformte, Haltestangen, die sich nach oben verästeln. Entsprechend soll die Deckenbeleuchtung in Form geometrischer Muster an ein Blätterdach erinnern. Die Beleuchtung des Innenraums in weiß (manuell) und blau (teilautomatisiert) weist auf den aktuellen Fahrzustand des Omnibusses hin. Das besondere Fahrerlebnis soll insbesondere durch einen sanften Fahrstil unterstützt werden, den die Entwickler von Daimler dank der Teilautomatisierung des Stadtbusses umsetzen können.

Fahrerplatz im teilautomatisiert fahrenden Stadtbus

Der Fahrerplatz wird in dem Konzept von Daimler Buses Teil des Innenraums und kommt ohne Trennung durch eine Kabinentür aus. Eine gewisse Separierung ergibt sich indes automatisch durch den Entfall der vorderen Einstiegstür. Aufgrund der Mirrorcams blickt der Fahrer des Omnibusses für den Blick zurück nicht mehr in herkömmliche Außenspiegel. Die außen angebrachten Kamerasysteme übertragen das Bild auf großflächige Monitore. Sie sind innen in Nähe der A-Säule angebracht. Die Montage in der gewohnten Höhe klassischer Spiegel so erfahrenen Omnibusfahrern den Wechsel auf die neue Technik erleichtern.

Da die gewohnten Bedientasten und Schalter eines herkömmlichen Stadtbusses bei teilautomatisierter Fahrt nicht benötigt werden, wurden die entsprechenden Bedienelemente aus dem Armaturenbrettbereich nach links auf die Konsole unterhalb der Fensterbrüstung verlegt. Hier sollen sie jedoch stets griffbereit für manuelle Fahrten sein. An die Stelle herkömmlicher Instrumente tritt ein Display im Format 12,3 Zoll. Die Informationen wurden Daimler zufolge in Bezug auf die Fahrzeugfunktion auf das Wesentliche reduziert, in Hinblick auf die Streckeninformation dagegen erheblich erweitert.

Zentral wird die aktuelle Geschwindigkeit digital angezeigt, außerdem symbolisch die vorausliegende Strecke mit den nächsten Ampeln oder Haltestellen einschließlich der entsprechenden Entfernung. Darüber hinaus meldet das Display auch die kommenden Aktivitäten - wenn zum Beispiel ein automatischer Stopp an Ampel oder Haltestelle bevorsteht. Auch kommende Ein- und Ausfahrten von Tunneln werden angezeigt. Das Zentralinstrument weist ebenso auf vorausfahrende Fahrzeuge hin wie auch auf eventuelle Hindernisse und beziffert den entsprechenden Abstand. Wird der Bus im manuellen Modus von einem Fahrer gelenkt, kommt als zweite Geschwindigkeitsanzeige ein Rundinstrument mit Kreissegmenten hinzu, außerdem werden die Ziffern der digitalen Anzeige größer.

Rechts im Display erscheint bei einer Ampel, einer Haltestelle, einem vorausfahrenden Fahrzeug oder einem Hindernis eine Informationsdarstellung. Sie hat die Form eines Bogens. An Ampeln und an Haltestellen signalisiert sie mit einem Countdown über farbige Kreissegmente sowie in Ziffern mit Sekunden die voraussichtliche Dauer bis zur Weiterfahrt, das Erreichen der Ampel beziehungsweise bis zum Umschalten. An einer stilisierten Silhouette des Busses kann der Fahrer außerdem den Status der Türen ablesen. Auf der linken Seite des Displays zeigen Rundinstrumente mit farbigen Kreissegmenten den Stand von Kraftstoff und AdBlue sowie den Stromhaushalt an.

Eine Funktionsleiste oben im Display enthält die Icons über die Funktion aller Systeme, zum Beispiel das Ampelerkennungssystem mit Kamera sowie V2I (Vehicle to Infrastructure) oder das Lokalisierungssystem. Eine zweite Funktionsleiste unten im Display informiert den Fahrer unter anderem über Kilometerstand und den Status des Getriebes mit dem eingelegten Gang. Hier sind außerdem die Kontrollleuchten angesiedelt.

Technologieträger für das teilautomatisierte Fahren

Der Mercedes-Benz Future Bus mit City Pilot als Technologieträger soll Daimler Buses wichtige Erkenntnisse für die konsequente Weiterentwicklung des Stadtbus der Zukunft liefern. Daimler zufolge stehen dabei unter anderem die Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen beziehungsweise die Teilautomatisierung von Fahrfunktionen sowie Themen rund um die Vernetzung des Busses mit der Infrastruktur, sowie seine Elektrik/Elektronik-Architektur. Der Mercedes-Benz CityPilot sei aber keine Science-Fiction, wie die Entwickler von Daimler Buses betonen. Bereits heute fahre der Bus mit einer Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums Stuttgart nach Paragraph 70 Straßenverkehrszulassungsordnung, basierend auf einem Gutachten des TÜV Rheinlands. Er darf also trotz Abweichung von den üblichen Bau- und Betriebsvorschriften im öffentlichen Straßenverkehr bewegt werden.

Daimler Buses will bei der City-Pilot-Technik dem Entwicklungspfad von Daimler Trucks folgen, die den Highway Pilot bis Ende des Jahrzehnts zur Marktreife bringen wollen. Bus-spezifische Teilaspekte des CityPilot Systems werde Daimler Buses unabhängig davon in Richtung Serieneinsatz entwickeln - wie zum Beispiel das An-und Abfahren von Haltestellen. Mehr dazu im Artikel "Daimler zeigt teilautomatisiert fahrenden Stadtbus Mercedes-Benz Future Bus".

Um die Weiterentwicklung des gesamten Busportfolios voranzutreiben, so hatte es Hartmut Schick zu Beginn der Veranstaltung in der Nähe von Amsterdam berichtet, hat Daimler zudem den Bereich Daimler Buses Future Mobility Solutions eingerichtet. Dort sollen neue Ideen rund um die Themen Connectivity, autonomes Fahren und Elektromobilität entwickelt werden.

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