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2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Paläomagnetik – Anwendungen

verfasst von : Michael Urbat

Erschienen in: Magnetismus der Gesteine

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Es gibt viele Ansätze, sich der Beantwortung dieser Frage anzunähern – klassisch etymologisch etwa mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Affixes „paläo“ vom (alt-)griechischen palaios (παλαιóς), also „alt“, „früher“, „ehemalig“.

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Fußnoten
1
International Geomagnetic Reference Field (IGRF), z. B. P. Alken, et al., 2021, International Geomagnetic Reference Field: the thirteenth generation, Earth, Planets and Space, Vol. 73, Article 49.
 
2
Ein oft zitiertes Credo in den Geowissenschaften besagt, dass heute beobachtete Prozesse schon immer so gewesen sind – „immer“ wird dabei im Sinne „geologischer Zeiträume“ verstanden, es sei denn, wir finden einen Grund, eine solche Annahme zu überdenken und zu revidieren.
 
3
Falls noch nicht erwähnt, die Erde ist ein dynamisches Gebilde, deren Gesteine der Erdkruste auf Jahrmillionen betrachtet wenig dauerhaft sind.
 
4
Die Entstehung und Orientierung von Bruchflächen in Zusammenhang mit tektonischer Verformung folgen bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Wichtig für die Vorstellung ist es, sich zu verdeutlichen, dass eine Gesteinsschicht als Reaktion auf eine Belastung zerbricht. In der Erdkruste beispielsweise durch Zugspannung, wenn ein Kontinent zerbricht, oder durch Druck, beispielsweise durch Auflast oder der Kollision von Erdplatten. Die Richtung und Orientierung der entstehenden Bruchflächen sind an die einwirkende Kraftrichtung gekoppelt. Mit anderen Worten, es ist vorherzusehen, in welcher Richtung eine Bruchfläche im Gestein entstehen wird, wenn bekannt ist, in welcher Richtung die Kraft einwirkt. Oder umgekehrt. In der Regel entsteht in Gesteinsschichten bei Belastung nicht nur eine Bruchfläche, sondern eine ganze Schar gleich orientierter Flächen. Unter Umständen in mehreren, aber nach wie vor vorhersagbaren Richtungen. Beachte auch, dass das, was wir beispielsweise als Risse in einer Gesteinswand sehen mögen, dreidimensional betrachtet eine Bruchfläche ist.
 
5
Siehe dazu Kap. 5.
 
6
Geozentrische axiale Dipolhypothese, siehe Kap. 2.
 
7
Insgesamt sind 2024 über die amerikanische National Science Foundation (NSF), den Japanischen MEXT, und den Europäischen ECORD (inklusive der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DFG) und weitere über 20 Nationen involviert.
 
8
Während der Bohrung/des Kernens rotiert ein Bohrkern im Hohlbohrer um seine (vertikale) Achse. In der Regel kann „oben und unten“ des Bohrkerns rekonstruiert werden. Allerdings bleibt dabei eine entscheidende Komponente der Orientierung oft unbekannt. Bohrkerne zerbrechen häufig bei der Bohrung, und einzelne Kernstücke rotieren „unkontrolliert“ um ihre Längsachse. Nun wäre es bei all dem Aufwand, an eine solche Gesteinsprobe aus der Tiefe der Erde zu kommen, mehr als bedauerlich, nicht zu wissen, in welcher vollständigen Orientierung diese Probe in der Tiefe im Gesteinsverband gesteckt hat (s. Auflistung richtungsbezogener geologischer Fragestellungen).
 
9
Man mag sich alternativ auch die Entstehung eines magmatischen Gesteines vorstellen, wobei geschmolzene Magma aus dem Erdinneren in Bereichen näher der Erdoberfläche erkaltet und erstarrt. Wie wir in Kap. 3 erörtern, kann für jedes Gestein sein bestimmter Zeitpunkt der Genese bezeichnet werden.
 
10
Vor rund 350Jahren hat der in Kopenhagen geborene Universalgelehrte nach naturwissenschaftlichen Untersuchungen in Italieneinige Grundgesetze der modernen Stratigraphie - zur Lagerung von Sedimenten in der Geologiee - formuliert und 1669 in einer Dissertation De solido intra solidum naturaliter contento publiziert.
 
11
Allerdings gibt es unzählige geologische Szenarien, bei denen diese einfache Altersregel infrage gestellt oder zumindest verkompliziert wird. Zur Erklärung soll eine weitere Analogie bemüht werden. Es soll Schreibtische kreativer Naturen geben, auf denen sich kontinuierlich neue Bücher, Artikel und Zeitschriften ansammeln. Wir ignorieren kurz die Existenz der elektronischen Ausgaben und die modernere Akkumulation auf einem Speichermedium. Die aktuellen Artikel – erkennbar am Erscheinungsdatum – kommen oben auf dem Stapel zu liegen. Je nach Geschwindigkeit und Menge der eintreffenden Neuzugänge ließe sich so die wahrscheinliche Position in der Vergangenheit abgelegter Artikel abschätzen. Das funktioniert bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein Buch von unten herausgezogen wird, der Stapel kippt und sich der Turm mit seinen Bestandteilen, sprich Artikeln und Zeitschriften, über die umliegenden Stapel verteilt. Im geologischen Sinne spricht man von Tektonik, also großräumigen und kleinräumigen Bewegungen in der Erdkruste. Dies sind Dehnungen, Stauchungen und Zerrungen, welche durch die ständige relative Bewegung zueinander einzelner Krustenteile der Erdkugel hervorgerufen werden. Natürlich mag es auf Dauer effektiver sein, den Schreibtisch jeweils am Ende des Tages aufzuräumen. In geologischen Szenarien gibt es diese Art des Aufräumens allerdings nicht.
 
12
Hohe Berge im Umland sind ein hervorragendes Liefergebiet (Abb. 3.​16).
 
13
Gestein verwittert unterschiedlich stark/schnell in warmen/feuchten Klimaten im Gegensatz zu kalten/trockenen Klimaten.
 
14
Oft wird Deformation der Erdkruste durch ein Zusammenspiel von Zerbrechen starren Materials und Ausdünnung ähnlich einer lang gezogenen Knetmasse realisiert.
 
15
Die Störung stellen wir uns hier nicht als Schicht, sondern als einfache dünne Trennlinie zwischen den Abfolgen vor. Bei einer geologischen Beschreibung von Gesteinsabfolgen kann auch eine Störung erkannt werden, beispielsweise aufgrund zerriebenen Gesteinsmaterials, wo sich die zwei massiven Gesteinspakete gegeneinander bewegt und dabei zerrieben haben. Wie „breit“ eine solche Störungszone ist oder, anders gesagt, wie viel Material oberhalb und unterhalb der Störung zerrieben wurde, hängt im Wesentlichen von der Größenordnung der bewegten Schollen und von der ursprünglichen Härte des anstehenden Gesteines ab (z. B. harter Granit oder weicher Kalkstein). Bei großen Störungszonen kann die Ausdehnung im Zehnermeterbereich liegen. Bei der Datierung jeglicher Methodik, aber hier insbesondere bei der magnetischen Datierung, gilt es dann, der möglichen Zerstörung der Altersinformation in den Gesteinen der Störungszone besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Stellen wir uns die Schwierigkeiten vor, wenn zur Altersdatierung, sagen wir, der Kreidezeit, typische Lebensformen in den Abfolgen herangezogen werden sollen – eine spezialisierte, aber lange etablierte Methodik in der Geologie, auch Biostratigraphie genannt. Die als Fossilien erhaltene kreidezeitliche Fauna und Flora wurde im Bereich der Störungszone mechanisch zerrieben und aufgrund der im Bereich der Kontaktzone entstehenden hohen Temperaturen und Drucke bis zur Unkenntlichkeit verändert. Es ist leicht einzusehen, dass die Biostratigraphie hier vor Probleme gestellt wird. Ähnlich steht es um die magnetische Information, welche in diesen Abfolgen gespeichert wurde. Sowohl die mechanische Aufbereitung des Gesteines als auch hohe Temperaturen und Drucke können sich auf die gespeicherte Magnetisierung eines Gesteines auswirken und diese unwiederbringlich auslöschen. In beiden Fällen, der Biostratigraphie und der Magnetostratigraphie, besteht jedoch immer die Möglichkeit, doch noch einen Schnipsel der benötigten Altersinformation zu finden, der nicht zerstört wurde, wenn nur entsprechend genau hingesehen wird. Oft bietet es sich an, die Teilinformationen aus verschiedenen Datierungsmethoden miteinander zu kombinieren und so zu einem Ergebnis zu gelangen (auch dazu mehr in Abschn. 4.1). In unserem konstruierten Beispiel haben wir keine Ausdehnung der Störung in die Tiefe angenommen und die Störung entsprechend als einfache Linie dargestellt.
 
16
Im geeigneten Fall ein Bohrschiff wie die JOIDES Resolution beispielsweise.
 
17
In der Regel auf 1 m Länge geschnittene, rund 15 cm im Durchmesser messende Bohrkerne.
 
18
Wie immer in diesem Buch ist die Mengenangabe von 500 völlig beliebig notiert worden. Dem Leser soll lediglich, für die diskutierte Untersuchung, die Idee von „eine große Menge pro untersuchtem Abschnitt“ vermittelt werden. Grundsätzlich können 500 Proben in einem gut ausgestatteten Paläomagnetiklabor leicht analysiert werden.
 
19
Wie gesagt, manche geologische Ausdrucksweise mag im täglichen Sprachgebrauch zumindest ungewöhnlich klingen.
 
20
Das Gesagte sollte nicht als Gefahr interpretiert werden, dass unser derzeitiges Magnetfeld – sozusagen über Nacht – umklappen könnte. Dass das Erdmagnetfeld in der wie auch immer fernen Zukunft wieder umklappen wird, ist wahrscheinlich. Sollte ein Prozess, welcher letztlich in einer Umklappung resultiert, einsetzen (messbar unter anderem als Intensitätsänderungen des Erdmagnetfeldes), kann es allerdings Hunderte bis Tausende von Jahren in Anspruch nehmen, bis dieser Polaritätswechsel vollständig vollzogen wäre. Dies ist offensichtlich ein nur in geologischer Hinsicht kurzer Zeitraum, zumal es möglicherweise noch einige Millionen Jahre dauern könnte, bis ein vollständiger Prozess der Umklappung einsetzt. Ob bei einem solchen Prozess die abschirmende Wirkung des Erdmagnetfeldes jemals vollständig zusammenbricht oder der von uns diskutierte vorherrschende Dipolcharakter des Feldes im Zuge der Umklappung in mehrere verschiedene – Multipole – aufbricht, ist sicherlich Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion. Ebenso wird damit die Frage diskutiert, ob die abschirmende Wirkung des Erdmagnetfeldes überhaupt jemals vollständig wegfallen würde.
 
21
Was bei nicht wohlwollender Betrachtung als Spielerei mit Statistik oder allgemein mangelndem Vertrauen in die Relevanz einer einzelnen magnetischen Messung ausgelegt werden könnte, hat in Wirklichkeit mehrere plausible Gründe. Hier sei angemerkt, dass es bei unseren magnetischen Untersuchungen auf die möglichst genaue Bestimmung einer Richtung (des Erdmagnetfeldes) in einem Referenzsystem ankommt (Deklination und Inklination in Bezug auf des geographische System). Dabei gibt es viele mögliche einzelne Ungenauigkeiten, welche sich summieren und direkt als Fehler in das spätere Ergebnis (der Magnetisierungsrichtung) durchpausen können. Hier 1° Ungenauigkeit beim Ablesen des Kompass, hier 1° Ungenauigkeit beim Markieren der Proben, hier 1° beim Bohren der Probe etc. Alles vermeidbar? Auch wenn in unwegsamen Gelände, eventuell mit schlechter Zugänglichkeit der natürlicherweise unebenen Gesteinswand und einer nicht grundsätzlich handlichen Bohrmaschine gebohrt wird, Gesteine grundsätzlich nicht lateral homogen sind und nach der 500. Probe Ermüdung einsetzt? Auch wenn man in jeder Beziehung so genau wie möglich arbeitet, bietet deshalb die Entnahme mehrerer vermeintlich gleicher Proben die Möglichkeit, systematische Fehler bei der Probennahme zu vermeiden (manchmal hält man den Bohrer 1° in eine Richtung, beim nächsten Mal 1° in die andere Richtung falsch). Sie verstehen das Bild und die vielfältigen Konsequenzen. Bei der paläomagnetischen Beprobung von Bohrkernen gibt es aufgrund des geringen Querschnitts solcher Bohrkerne von oft weniger als 15 cm keine andere Möglichkeit, als mit nur einer magnetischen Probe pro stratigraphischem Niveau arbeiten zu müssen. Wenn es bei der Beprobung einer Aufschlusswand die Möglichkeit gibt, über mehrere Proben die Genauigkeit des Ergebnisses zu optimieren, sollte diese Möglichkeit genutzt werden. Wie immer ist es jedoch auch hier eine Kosten-Nutzen-Überlegung. Um einen Polaritätswechsel als neues Element der GPTS zu etablieren, ist höchste Präzision gefragt und eine Beprobung mit mehreren Parallelproben sicherlich unabdingbar. Wenn die Untersuchung rein auf eine magnetostratigraphische Datierung abzielt, ist es unter Umständen nur wichtig zu konstatieren, dass in einem Niveau negative oder positive Inklinationen vorherrschen (normale oder inverse Polarität). Eine Ungenauigkeit von wenigen (!) Grad mag dann in einer eher pragmatischen Sichtweise akzeptabel sein.
 
22
Die Idee ist, dass unterschiedliche remanent magnetische Minerale in einer Probe auch nach dem Zeitpunkt der Gesteinsentstehung noch weitere Zustände des EMF aufgezeichnet haben. Nicht alle Größen und Arten der remanent magnetischen Minerale in einer Probe sind ideale Rekorder und ausreichend stabil. Die anfänglich gemessene magnetische Richtung ist deshalb oft eine „scheinbare“ Richtung, weil sie sich aus der Überlagerung vieler einzelner Richtungen ergibt. Das sukzessive Abbauen der einzelnen Richtungen im Labor wird als Entmagnetisieren bezeichnet und in Abb. 4.14 in eine (hinkende) Analogie übersetzt.
 
23
Wie wir in Kap. 3 gesehen haben, kann schon eine minimale Veränderung in der vorherrschenden Korngröße der magnetischen Minerale eine veränderte Widerstandskraft der Minerale gegen äußere magnetische Felder verursachen. Dies könnte beispielsweise bedeuten, dass sich der prozentuale Anteil der magnetischen Minerale, deren gespeicherte magnetische Richtung, welche durch den Bohrvorgang überschrieben wird, stark verändert. In der Übersetzung in unsere Analogie aus Abb. 4.14würde dies einer veränderten Zwischenstation und damit einem veränderten Weg von Köln nach New York entsprechen. Um im Beispiel unserer Zugreise zu bleiben: Auch wenn alle Passagiere im selben Zug von A nach B fahren, werden die Schilderungen der Fahrt unterschiedlich ausfallen. Einer hat einen entspannenden Sitzplatz am Fenster gehabt, ein anderer musste gedrängt im Gang stehen, der dritte konnte seine Sitznachbarn nicht leiden usw.
 
24
Schwarz entspricht einer Anordnung der erdmagnetischen Pole in der Vergangenheit, welche der heutigen Anordnung entspricht. Weiß zeigt demgegenüber eine Polumkehr in der Erdgeschichte an.
 
25
Die Grenze zwischen Schwarz und Weiß wird man auf halber Strecke zwischen zwei Proben mit den entsprechenden Messergebnissen ziehen. Jede der beiden Proben ist dann das letzte gesicherte Ergebnis eines Zustandes des Erdmagnetfeldes und die Grenzziehung in der Mitte eine „gerechte“ Interpolation im Hinblick auf den Kenntnisstand. Probleme können sich hier bei einer sehr weitständigen initialen Beprobung eines geologischen Profils ergeben. Schließlich definiert die Breite der schwarzen und weißen Streifen das Aussehen (und damit die Information) unseres Barcodes. Wenn nun die schwarze Probe tatsächlich auf der Grenze liegt und alle weiteren Proben aus dem „unbeprobten Niemandsland“ zwischen den Proben tatsächlich weiß wären, ergäbe sich für beide Streifen eine falsche Breite. Im Zweifelsfall muss die Grenzziehung durch eine Nachbeprobung, also an dieser Stelle verfeinerte Probenabstände, verifiziert werden.
 
26
Beispielsweise ist das obere Stück des beprobten Profils jünger als der Abschnitt unterhalb der geologischen Lücke, es sei denn, durch ein tektonisches Ereignis wäre das ältere Schichtpaket über das jüngere Schichtpaket überschoben worden.
 
27
Dazu ist zu bedenken, dass die GPTS in ihrer zeitlichen Einordnung für jeden der mehreren Hundert Polaritätswechsel – der schwarzen und weißen Streifen – die gleiche Akkumulationsrate annimmt. Mit anderen Worten, ein Streifen, welcher eine Millionen Jahre Dauer repräsentiert, ist genau doppelt so breit wie ein Streifen, welcher die halbe Zeitdauer eines Polaritätsintervalls von 500.000 Jahren darstellt. Diese Art der Normalisierung auf eine gemeinsame Zeitachse ist in unseren ermittelten Barcodes aus den Bohrungen A bis D des fiktiven Szenarios nicht vorhanden (s. nichtparallele Zeitlinien in Abb. 4.7). Die Proben wurden zwar in einem gleichen oder zumindest bekannten Abstand aus den Bohrkernen entnommen, aber wie oben diskutiert repräsentiert 1 m Gestein aus unterschiedlichen Ablagerungsbedingungen – möglicherweise – deutlich unterschiedliche Zeiträume. Und daraus resultieren eben die verspringenden Zeitlinien in Abb. 4.17 bei der Korrelation der Bohrungen. Jede nachträgliche Ableitung einer zeitlichen Einordnung innerhalb einer beprobten Abfolge (die nachträgliche Ermittlung einer Sedimentationsrate) wäre dann sicherlich ein Zirkelschluss.
 
28
Wie immer nennen wir die konkreten Zahlen hier nur plakativ. Gemeint ist „ca. ein Faktor von 10“.
 
29
Wie immer nennen wir die konkreten Zahlen hier nur plakativ.
 
30
Speziell zu diesem Thema s. Wolfgang Frisch, Martin Meschede, und Ronald C. Blakey 2010, Plate Tectonics: Continental Drift and Mountain Building, 220 Seiten, Springer Verlag.
 
31
Dabei ignorieren wir, der Einfachheit halber, dass die „Jurazeit“ eine Zeitspanne von rund 55 Mio. Jahren umfasst, und nehmen an, dass dies geologisch gesehen nicht sonderlich lange ist.
 
32
So, als ob ich mit meinem Fahrrad gemächlich in 10 min auf gerader Linie von A nach B fahre, ich aber mit etwas mehr Anstrengung und entsprechend höherer Geschwindigkeit in diesen 10 min den Umweg durch den Park fahren kann, bevor ich in B ankomme. Sollte die benötigte Geschwindigkeit, um den Umweg durch den Park zu schaffen, allerdings oberhalb realistischer Fahrradgeschwindigkeiten liegen (E-Bikes ein- oder ausgeschlossen, wir verstehen das Prinzip), muss der Weg also ein direkterer gewesen sein.
 
33
Auf einer Kugeloberfläche wie der Erdoberfläche erfolgen Bewegungen von Kontinenten großräumig um einen sogenannten Euler-Pol und damit einer eher kreisförmigen Bewegung. Ein Euler-Pol liegt eventuell außerhalb des betrachteten Kontinentes, etwa so, als ob man ein Objekt an einer Schnur um den angenagelten Endpunkt dieser Schnur bewegt. Auf diese Weise ist jede Bewegung der Kontinente auf der Erdoberfläche stets eine Kombination aus Translation und Rotation und muss entsprechend bei plattentektonischen Modellen berücksichtigt werden. Ob der Anteil der Translation oder Rotation die entscheidendere Komponente darstellt, ist in jedem plattentektonischen Einzelfall zu entscheiden. Für eine bessere Vorstellung dieser Aussage stelle man sich die Bewegung eines Objektes vor (oder gar ein Pferd an einer langen Leine; Abb. 4.23) und welchen Effekt es hat, wenn man die Länge der Schnur verändert (wieder eine unserer etwas weiter hergeholten Analogien in diesem Buch). An einer sehr langen Schnur (Leine) bewegt sich das Objekt (oder das Pferd) auf einer Kreisbahn mit riesigem Radius und damit bei einer momentanen Betrachtung scheinbar kaum noch merklich auf einem Kreisbogen. An einer sehr kurzen Leine bewegt sich das Pferd auf einer sehr engen Kreisbahn um uns herum, mit einem relativ hohen Anteil an „Rotation“, um von einem Punkt zum anderen zu gelangen.
 
34
„Rifting“ ist der geologisch präzisere Begriff.
 
35
Terrains, manchmal auch Terrane genannt, sind Krustenbereiche, welche im plattentektonischen Zusammenhang eigenständige Wege relativ zu den Hauptplatten zurückgelegt haben – Mikroerdplatten sozusagen. Davon gibt es wesentlich mehr als die angesprochenen sieben Hauptplatten der Erdkruste.
 
36
Mit anderen Worten, ein rein aus den Messwerten berechneter Breitengrad hat wahrscheinlich keinerlei Bezug zum tatsächlichen Entstehungsort des Gesteines.
 
37
Mit anderen Worten: Wende in geowissenschaftlichen Untersuchungen immer eine Vernunftprüfung (s. oben) an.
 
38
Konkret bedeutet dies, dass Inklination und Deklination des magnetischen Vektors um die eingemessenen Winkel der Schichtneigung korrigiert werden. Wir müssen diese Prozedur hier nicht im Detail erläutern; letztendlich handelt es sich lediglich um einen mathematischen Arbeitsschritt, welchen man Koordinatentransformation nennt. Winkel im dreidimensionalen Raum, wie im Vergleich von magnetischer Inklination und Schichtneigung, können nicht einfach eins zu eins voneinander subtrahiert werden. Wenn auch die Reihenfolge der nötigen Schritte beachtet wird, ist eine Korrektur der Inklinationswerte jedoch Routinearbeit und kann einfach kalkuliert werden. Manchmal sind gar mehrere aufeinanderfolgende Koordinatentransformationen nötig, um den korrekten Wert der Inklination zu erhalten. Viele Gesteine sind beispielsweise in den vielen Millionen von Jahren seit ihrer Entstehung und Speicherung des Erdmagnetfeldes in mehreren aufeinanderfolgenden Deformationsphasen verstellt worden. Die Korrektur nur der letzten Phase bringt Schichten in solchen Fällen nicht notwendigerweise in die ursprüngliche horizontale Lagerung zurück.
 
Metadaten
Titel
Paläomagnetik – Anwendungen
verfasst von
Michael Urbat
Copyright-Jahr
2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-68940-0_4