Verantwortungsvolle Unternehmensführung darf nicht an der Unternehmenstür enden. Auch intern manifestiert sich Corporate Social Responsibility, etwa im Umgang mit Mitarbeitern. Wie gesunde Führung zum Wachstum beiträgt.
Unternehmensskandale namhafter Unternehmen und Konzerne erschüttern bei vielen Beobachtern den Glauben an die positive Rolle der Unternehmen in der Gesellschaft. In den Medien werden diese Vorkommnisse immer öfter als ein Ethik- beziehungsweise Compliance-Versagen der Führungselite thematisiert. Müssen aus diesem Grund die Diskussionen rund um die Moral und das ethische Denken in den Managementansätzen fundamental überdacht werden? Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn die tieferliegenden Ursachen für das identifizierte Managementversagen systematisch analysiert werden.
Individuelles Ethik-oder ein systemisches Managementproblem
Die Kritik, dass das moralische Fehlverhalten Einzelner die Zukunft unserer Wirtschaft bedroht, mag zunächst nach einer einfachen Erklärung klingen. Doch handelt es sich tatsächlich nur um die Folge von persönlichem Fehlverhalten der Managementelite - oder aber um die Folge eines fundamental überholten Führungsverständnisses in unserer Wirtschaft? Ist die eigentliche Herausforderung also ein individuelles Ethikproblem oder ein systemisches Managementproblem?
Bei ersterer Annahme ginge es hauptsächlich um die Verschärfung von Kontroll- und Compliance-Strukturen, um zukünftiges Fehlverhalten rechtzeitig zu verhindern. Bei der zweiten Interpretation wären die Konsequenzen für die Führung von Unternehmen und damit für die Managementausbildung weitreichender und Lösungen müssten im wirtschaftlichen Denken verankert werden: Es ginge dann um nicht mehr oder weniger, als Führung neu zu denken und Verantwortungsübernahme als Bestandteil einer guten und damit für alle Stakeholder gesunden Führung zu begreifen.
Shareholder Value vs. menschliche Bedürfnisse
Insbesondere das mittlere Management befindet sich in einer Situation, in der von allen Seiten immer mehr Druck aufgebaut wird. Lange setzte klassische Managementliteratur daher auf Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung und Kostensenkungen. Die Effektivität und Neuausrichtung der Managementkonzepte in Bezug auf menschliche Bedürfnisse rückten dabei in den Hintergrund. Man fokussierte insbesondere auf Shareholder Value-Orientierung und technologischen Fortschritt, um den unternehmerischen Erfolg kurzfristig und schnell zu garantieren.
Dabei wurde das Thema Eigenverantwortung und Verantwortung für die systemischen Auswirkungen des eigenen Handelns auf das Umfeld immer weiter in abstrakte Rahmenprozesse verschoben und gewann zunehmend einen philanthropischen Charakter. Der Einzelne war angehalten nur mehr die kurzfristig relevanten KPIs zu maximieren, um so den Unternehmenserfolg zu steigern, ohne dabei Rücksicht auf den meist negativen unternehmerischen Impact zu nehmen. Damit ging eine Diffusion von Verantwortung einher, der den Spielraum der einzelnen Entscheidungsträger immer weiter einengte.
Gesunde Führung braucht Freiheit und Verantwortung
Gleichzeitig aber wurde durch die die Digitalisierung sowie die Steigerung der Transparenz und Nachhaltigkeitsanforderungen der Druck auf innovative Veränderungen der Geschäftsmodelle als Ganzes immer höher. Aufgrund der fehlenden oder engen wirtschaftlichen Handlungsspielräume zur reinen Profitmaximierung zeigen sich vermehrt Unternehmensskandale. Skandale signalisieren deutlich: Gesunde Führung - im Sinne einer sowohl für das Unternehmen als auch das Individuum und die Gesellschaft erwünschten nachhaltig positiven Zielerreichung - kann ohne Freiheit und Eigenverantwortung nicht funktionieren.
Es braucht daher ein neues Managementparadigma, welches die sozialen, ökologischen und ökonomischen Bedürfnisse konsequent in alle Strukturen, Prozesse und somit in die Unternehmensscheidungen (re-)integriert. Dazu braucht es vor allem Innovationen von Produkten, Dienstleistungen und insgesamt Unternehmensansätzen.
Wertschöpfung auf sozialer und ökologischer Eben
Zwar wurden in den bisherigen Nachhaltigkeitsdiskussion immer höhere betriebliche Ziele definiert, um die Umwelt- beziehungsweise Sozialbelastung zu verringern, jedoch wurde der positive Beitrag dieser Verantwortungsübernahme in der Unternehmensführung nicht ausreichend berücksichtigt. Vielmehr wurde Nachhaltigkeit oft als rein defensives und limitierendes Konzept, welches die ökonomische Wertschöpfung bremst, gesehen.
Denkt man jedoch Nachhaltigkeit aus einer konsequent unternehmerischen Perspektive, geht diese weit über eine reine Vermeidungslogik hinaus. Denn für einen Unternehmer ist es insbesondere wichtig, die positiven Auswirkungen seines Handelns zu managen und zu steigern. Bei dieser progressiven Sichtweise geht es nicht mehr zentral darum, den negativen Impact des unternehmerischen Handelns zu minimieren, sondern die Wertschöpfung des Unternehmens auf sozialer und ökologischer Ebene zu erhöhen. So sollte das neue Paradigma der positiven Wertschöpfung durch gesunde Führung in unternehmerische Maßstäbe integriert werden.