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20.10.2016 | Personalmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Deutschland arbeitet scheinflexibel

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

3:30 Min. Lesedauer

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Mehr Flexibilität, mehr Zufriedenheit? Beim Maschinenbauer Trumpf werden die Arbeitsstunden jetzt nicht mehr wochenweise addiert, sondern übers Jahr bemessen. Das Modell nennt sich "agile Arbeitszeit".

Ranklotzen wenn es mehr zu tun gibt und die Arbeit sich türmt. Dann, wenn Aufträge florieren oder Messen ins Haus stehen. Wird es wieder ruhiger, guten Gewissens schon zur Wochenmitte den Liegestuhl im heimischen Garten aufschlagen und so Überstunden abzubauen – die Auszeit ist nicht länger auf den Urlaub beschränkt. Mit dem Ende der Sommerferien öffnete der schwäbische Maschinenbauer Trumpf das Gleitzeitkonto seiner Belegschaft innerhalb eines Jahres auf einen Korridor zwischen +200 und -100 Stunden. "Agile Arbeitszeit" nennt sich das Modell, dem sich Mitarbeiter und Führungskräfte eigenständig und ohne Abstimmung mit Geschäftsführung oder Betriebsrat anschließen dürfen. Sie richten ihre Arbeits- und Freizeiten künftig selbstständig am Bedarf aus und achten eigenverantwortlich darauf, dass ihr Konto am Jahresende wieder ausgeglichen ist. 

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Deutschland arbeitet "scheinflexibel"

Mit der agilen Arbeitszeit reagiert der Maschinenbauer auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt ausgelöst durch die Industrie 4.0. Die neuen Taktgeber heißen Digitalisierung, Globalisierung und volatile Märkte. Ihnen gegenüber steht der Mitarbeiter, der danach strebt sein Erwerbsleben im bestmöglichen Einklang mit seiner Lebensqualität zu halten. Beide Seite vereint, dass sie gewünschte Resultate nur noch erzielen können, wenn ihnen zur Hilfe die starren Arbeitsstrukturen der vordigitalen Zeit aufgebrochen werden. Doch wie viel Flexibilität steckt wirklich hinter den neuen Modellen?

Flexibilität ist Mitarbeitern wichtig, aber ihre Arbeitswirklichkeit ist dennoch scheinflexibel, so das ernüchternde Ergebnis aus der monatlichen Umfrage-Reihe "Wie Deutschland arbeitet" von Indeed. Für die repräsentative Erhebung "Flexibilität am Arbeitsplatz" wurden im Auftrag der Jobbörse im vergangenen Juli 1.069 Arbeitnehmer online befragt. Flexible Arbeitsmodelle sind für 75,4 Prozent der Teilnehmer bei der Jobwahl wichtiges bis sehr wichtiges Entscheidungskriterium. Allerdings unterbreiten ihnen nur 57,2 Prozent der Arbeitgeber entsprechende Angebote und hinter denen versteckt sich oft genug alter Wein aus neuen Schläuchen.

"Stillstand ist Utopie"

Beispiel Homeoffice: Zwar gibt es für 39 Prozent der Arbeitnehmer Regelungen die Arbeit von zuhause aus betreffend. Weiter über den Tellerrand wagen sich Arbeitgeber aber nicht. Denn nur acht Prozent ihrer Arbeitnehmer können den Arbeitsplatz vollkommen frei und flexibel auf Vertrauensbasis wählen. Beispiel Arbeitszeit: Hier erschöpft sich die Flexibilität für 74 Prozent der Befragten in "Kernarbeitszeit mit Gleitzeit" und weitere 22 Prozent haben feste Tage an denen sie früher gehen dürfen. Im Sinne von Vertrauensarbeitszeit sind nur 22 Prozent zeitlich wirklich unabhängig. Und dann profitieren wenige noch von den Randmodellen "Sabbatical" (Zehn Prozent) und Job-Sharing (Fünf Prozent). 

Bis zum Jahr 2021 bietet der Trumpf seinen Mitarbeiter über die Beschäftigungsgarantie Sicherheit in der Veränderung. Bis zu 20 Prozent ihrer Arbeitszeit dürfen sie mobil erbringen – unabhängig von Ort- und Zeit. Hinzu kommt eine Qualifizierungsintiative für neue Lernformen und ein Maßnahmenpaket für altersgerechtes Arbeiten. „Stillstand ist in der heutigen Zeit fast schon eine Utopie. Und wir als Unternehmen müssen unsere Mitarbeiter dazu ertüchtigen, dass sie sich, unabhängig von Alter oder Eingruppierung, gut auf die Veränderungen einstellen können“, sagt Gerhard Rübling, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor beim Maschinenbauer.

Verantwortung wirkt in die Gesellschaft

Die Kernverantwortung eines Unternehmens ist nach Ansicht von Springer-Autor Matthias Schmidt nicht nur eng verbunden mit dem Geschäftsfeld oder dem Produkt, sondern auch mit der Art und Weise, wie Unternehmen ihr Geschäft interpretieren (Seite 35). Bestandteile der Kernverantwortung sind: Das Kerngeschäft, die Kernwirkung und die Kernwerte. Moderne, am Arbeitgeberbedürfnis ausgerichtete Arbeitszeitmodelle, verortet der Autor unter Kernwirkung. Denn die Art und Weise wie im Betrieb miteinander gearbeitet und gelebt wird, wirke auf das gesellschaftliche Umfeld. Die zentrale Frage unternehmerischer Verantwortung lautet in diesem Zusammenhang: "Wie wirkt mein Produkt, wie wirkt mein unternehmerisches Agieren in die Gesellschaft, in das gesellschaftliche Umfeld, in dem ich mich bewege?" (Seite 38)

Traditionelle ArbeitszeitmodelleNeue Arbeitszeitmodelle
  • Einschichtige starre Arbeitszeit
  • Home Office
  • Gleitzeitarbeit
  • Kurzarbeit
  • Schichtarbeit
  • Sabbatical
  • Wochenendarbeit


  • Teilzeitarbeit

Quelle: Human Ressource Management, Seite 80 f.

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Quelle:
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