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26.04.2017 | Personalmanagement | Interview | Online-Artikel

"Mitarbeiter brauchen eine hohe Affinität zu neuen, digitalen Systemen "

verfasst von: Peter Pagel

5 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Brigitte Herrmann

ist Rednerin, Potenzialberaterin und Autorin. 15 Jahre war sie selbständiger Headhunter. Sie ist Inhaberin der Inspirocon Potenzialberatung.

Wie verändern sich Anforderungen an IT-Fach- und Führungskräfte in Zeiten wachsender Komplexität der Unternehmens-IT? Ein Interview der Wirtschaftsinformatik & Management mit Unternehmensberaterin Brigitte Herrmann. 

Wirtschaftsinformatik & Management: Die Komplexität der IT-Systeme in Unternehmen wächst an, ändern sich damit auch die Anforderungen an Führungs- und Fachkräfte in der IT?

Brigitte Herrmann: Ganz klar ja. Durch zunehmende Technisierung und auch aufgrund von Globalisierung, Flexibilisierung, Individualisierung etc. werden sämtliche Unternehmensprozesse und Abläufe komplexer und unsere gesamte Arbeitswelt immer stärker IT-geprägt. Damit steigen automatisch die Anforderungen an jeden Einzelnen. Die Menschen brauchen einerseits eine hohe Affinität zu diesen neuen, digitalen Systemen und müssen zudem ein klares Bewusstsein für die wachsende Komplexität und die möglichen Auswirkungen in ihrem Bereich entwickeln. Dafür benötigen sie allerdings Leitplanken, wie mit dieser digitaleren und komplexeren Arbeitsrealität umzugehen ist. Nehmen wir nur die Informationsflut, der wir alle permanent über unzählige Kanäle ausgesetzt sind. Hier wird es immer wichtiger, effiziente Filtermechanismen zu entwickeln, damit wir aus den Unmengen und der Vielfalt von Informationen genau die im Prozess oder Projekt zielführenden, jeweils wichtigen und richtigen erkennen können. Und genau hier sind Führungs- und Fachkräfte in der IT gefragt. Sie können sich nicht länger in ihren Fachbereich zurückziehen, sondern werden mehr und mehr als eine Art Tutor oder Dolmetscher fungieren. Ihre Aufgabe wird sein, aufzuzeigen, wie mit der wachsenden digitalen Komplexität umzugehen ist und wie sich Prozesse in diesem Kontext verbessern lassen. Bei der Suche und Einstellung neuer Beschäftigter – gerade im IT-Bereich – wird es vor diesem Hintergrund daher immer wichtiger, Menschen zu gewinnen, die zum einen eine ausgeprägte "Komplexitätskompetenz" aufweisen. Die zum anderen aber auch die Fähigkeit und Lust mitbringen, Menschen komplexe Strukturen verständlich zu vermitteln und andere hier hindurchzuführen. Vielleicht werden künftig IT-Fachkräfte auch direkt in anderen Abteilungen wie beispielsweise dem Personalbereich sitzen und müssen dann Interesse und Verständnis für deren spezifische Themen mitbringen, damit die digitale Transformation gelingt. Und dann kommt meines Erachtens noch ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu: Je höher die Komplexität, desto wichtiger wird es für diese "digitalen Guides", auch den Blick auf das Wesentliche nicht zu verlieren. Sonst besteht allzu leicht die Gefahr der Professionalisierung des Falschen. 

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„Es wird immer wichtiger, Menschen zu gewinnen, die eine ausgeprägte Komplexitätskompetenz aufweisen“

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Sind Unternehmen auf diese Herausforderungen bereits ausreichend eingestellt?

Leider nein. Unternehmensprozesse sind ja ohnehin schon sehr viel komplexer als früher und nun kommt für viele Unternehmen noch der Druck hinzu, sich schnellstmöglich mit den Trendthemen Digitalisierung etc. auseinanderzusetzen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, um am Markt mithalten zu können. Zwar bin ich überzeugt, dass die wenigsten Unternehmen sich dem bewusst verschließen, trotzdem habe ich mehr denn je den Eindruck, dass die meisten nach wie vor mit den Anforderungen unserer sogenannten VUKA-Welt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität geprägt ist, regelrecht überfordert sind. Weil Prozesse, Strategien etc. nach wie vor an veralteten, starren Strukturen anstatt zukunftsfähig ausgerichtet sind. So wird beispielsweise bei Auswahlprozessen im IT-Bereich weiterhin auf Akademiker gesetzt, obwohl längst klar ist, dass echte "Vollblutinformatiker" nicht in unseren Hochschulen ausgebildet werden, sondern zu einem großen Teil "selfmade" sind. Gerade HR-Abteilungen haben es sich speziell beim Recruiting in den letzten Jahren eher gemütlich gemacht und somit einige relevante Entwicklungen, wie zum Beispiel den Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt, verschlafen oder diesen zumindest unterschätzt. Und damit sind wir beim Kernproblem der Prioritätensetzung. Denn wenn ein mittelständischer Unternehmer darüber klagt, dass er keine Fachkräfte bekommt, die Themen Employer Branding und professionell aufgestellte Personalsuche allerdings auch nicht ganz oben auf der To-do-Liste stehen, darf sich niemand wundern, wenn sich an den Strukturen nichts ändert. [...]

Was ist wichtiger: Persönlichkeit oder Fachwissen?

In den vergangenen Jahrzehnten wurde in der Personalauswahl und -entwicklung der Schwerpunkt ganz klar auf Fach-Kompetenzen und -Qualifikationen gelegt. Dieser Fokus war auch in meiner aktiven Zeit als Headhunter meist das erste relevante Selektionskriterium. Der Begriff Kompetenz ist interessanterweise bis heute nicht eindeutig geklärt. Gerade im universitären Umfeld gibt es nach wie vor pädagogische Studiengänge, die dieses Thema permanent umkreisen. Im Allgemeinen verstehen wir unter Kompetenz das Vorhandensein von Wissen und Fähigkeiten, um bestimmte Aufgaben lösen zu können, wie übrigens auch die Bereitschaft, dies auch zu tun. Und genau hier liegt das Dilemma. Denn was ist heutiges Wissen in einer so schnelllebigen und immer komplexeren Welt morgen noch wert? Natürlich sind Kompetenzen oftmals wichtige Voraussetzungen, um einen Job ausüben zu können. Aber rein fachliche Kompetenzen genügen bei Weitem nicht mehr. Was längst als mindestens ebenso wichtiger Faktor erkannt wurde, sind Erfahrungs- und Lebenskompetenzen – sprich die Persönlichkeit eines Menschen und dessen Potenzial. Auch deshalb, weil Fachwissen jederzeit erlernbar und ausbaubar ist, während die Persönlichkeit dagegen ein relativ stabiler Faktor ist. Menschen ändern sich nicht grundlegend. Genau deshalb ist es wichtiger denn je, dass die Persönlichkeit im Mittelpunkt steht. Die Recruitingfrage "Was muss er/sie heute können?" wird also abgelöst durch "Was muss er/sie morgen können?". [...] (Zur Persönlichkeit) gehören auch Stärken und Talente. Die aktuellen Forschungsergebnisse im Bereich der Positiven Psychologie zeigen beispielsweise auf, dass die Passung von Persönlichkeit und Job, vorwiegend die Deckung der individuellen Charakterstärken mit den Jobanforderungen erfolgsentscheidend ist. Das gilt auch für den IT-Bereich, selbst wenn es hier natürlich nicht ohne grundlegende Fachkenntnisse geht. Persönliche Eigenschaften wie beispielsweise Flexibilität, Urteilsvermögen, Kreativität, Ausdauer und Selbstregulation werden künftig bei der Besetzung von Fach- und Führungspositionen mehr denn je ausschlaggebend sein.

Das komplette, ausführliche Interview mit Brigitte Herrmann und weitere Artikel zum Thema Komplexität lesen Sie im Springer-Magazin Wirtschaftsinformatik & Management (2/2017).

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