Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels verwundert es, wie nachlässig Firmen oft bei der Einarbeitung ihrer neuen Mitarbeiter vorgehen. Dabei nutzen gute Onboarding-Konzepte beiden Seiten.
Wer einen neuen Job antritt, möchte sich willkommen fühlen. Viele Firmen machen Neulingen den Einstieg aber ganz schön schwer.
BrianAJackson / Getty Images / iStock
Stellenbesetzungen sind für Unternehmen aufwändig. Auch die Bewerber investieren in der Regel Zeit und Mühe, um ihren Traumjob zu ergattern. Ist der Einstellungsvertrag dann unterschrieben, sollte ein gezielter Onboarding-Prozess folgen, um den Erfolg abzusichern. Doch hier hakt es in vielen Firmen, wie die Stepstone-Studie "Onboarding im Fokus" feststellt.
So ergab die Online-Befragung von 13.000 Fach- und Führungskräften in Deutschland im zweiten Quartal 2018, dass nur die Hälfte der Neuzugänge an ihrem ersten Tag von ihrem Vorgesetzten persönlich begrüßt wird. Bei jedem sechsten Befragten war noch nicht einmal das Team über den Arbeitsbeginn des neuen Kollegen informiert. Zudem erhalten nur 37 Prozent der Fachkräfte innerhalb der ersten zwei Wochen eine Einführungsschulung, wobei die Quote bei Young Professionals mit 41 Prozent etwas höher liegt.
Lieber nicht "ins kalte Wasser werfen"
Gleichwohl bearbeiten der Umfrage zufolge 31 Prozent der neuen Mitarbeiter bereits nach einem Monat Projekte eigenverantwortlich. Unternehmen, die auf die "Ins-kalte-Wasser-werfen-Methode" setzen statt auf solide Einarbeitung, gehen gerade in solchen Fällen ein erhebliches Risiko von Misserfolg und Unzufriedenheit ein. Stepstone-Geschäftsführer Dr. Sebastian Dettmers betont daher: "Erfolgreiche Rekrutierung endet nicht mit der Vertragsunterschrift. Sondern erst wenn der neue Kollege im Team integriert und fachlich eingearbeitet ist.“ Es gehe für Unternehmen schließlich nicht nur darum, die richtigen Mitarbeiter finden, sondern diese auch schnell in die Lage versetzen, ihre Fähigkeiten effektiv einzubringen.
Ein wesentlicher Teil der Einarbeitung ist das Kennenlernen des Unternehmens, der Kollegen und der Aufgaben. Nicht selten zeigen sich aber bereits in dieser Phase Dissonanzen, die zum Bruch führen: Jeder dritte Mitarbeiter hat schon einmal in der Probezeit gekündigt, weil etwa Stellenbeschreibung und Arbeitsrealität sich nicht deckten oder die Kommunikation nicht stimmte. Zu denken gibt in diesem Zusammenhang unter anderem, dass nur die Hälfte der Befragten in der Probezeit ein Feedbackgespräch erhielt. Dem stehen 70 Prozent gegenüber, die ein solches Gespräch hilfreich finden.
Die ersten Tage sind entscheidend
Selbst wenn die wenigsten Unternehmen soweit gehen, einen Feel Good Manager zur "Unterstützung des Personalmanagements" beim Onboarding einzusetzen, dürfte den meisten Personalverantwortlichen klar sein, dass die ersten Tage im neuen Job für Mitarbeiter entscheidend sind für ihre weitere Zufriedenheit. "Fehler, die in dieser ersten wichtigen Zeit begangen werden, sind später teilweise nicht mehr oder nur mit vermehrtem Aufwand wieder zu beheben", erklärt Jessica Lange (Seite 117/118).
Auch die Springer-Autoren Wolfgang Immerschitt und Marcus Stumpf halten die "Einstiegsphase neuer Mitarbeiter" für einen sehr sensiblen Zeitabschnitt, der von Arbeitgebern häufig unterschätzt werde. "Neue Mitarbeiter, die sich willkommen fühlen, können rasch zu Leistungsträgern werden. Solche, für die das nicht gilt, sind rasch wieder weg", warnen sie (Seite 167) und weisen zugleich auf das im letzteren Fall verlorene Investment hin.
Gute Gründe für strukturiertes Onboarding
Doch nicht nur um den bestmöglichen kandidatenbezogenen Return on Investment zu erzielen, sollte ein gezieltes Onboarding für Unternehmen selbstverständlich sein. Weitere, nicht nur betriebswirtschaftliche Gründe sprechen ebenfalls dafür: Laut der Stepstone-Studie erhöht sich die Produktivität des Personalmanagements. Die Kosten sinken, weil häufige Neubesetzungen vermieden werden. Die Mitarbeiterzufriedenheit und das Unternehmensimage verbessern sich. Die strukturierte Einarbeitung spart Zeit.
Vor dem Hintergrund des War for Talents und der von Recruitern oft unterschätzten Wechselbereitschaft neuer Mitarbeiter rät die Stepstone-Studie Firmen, ihr gesamtes Onboarding zu prüfen und gegebenenfalls zu optimieren. Die Springer-Autoren Immerschmitt und Stumpf stellen hierfür folgende möglichen Maßnahmen vor (169ff):
Onboarding-Maßnahmen für neue Mitarbeiter | |
Preboarding-Phase (von der Vertragsunterzeichnung bis zum Stellenantritt) |
|
Onboarding (von der Begrüßung am ersten Arbeitstag über die nachhaltige, fachliche Einarbeitung und soziale Integration bis zum Ende der Probezeit)
| Erster Arbeitstag
Einarbeitungsphase
|