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12.04.2017 | Personalmanagement | Interview | Online-Artikel

"Ein Werkvertrag im Graubereich ist seit 1. April riskanter"

verfasst von: Andrea Amerland

3 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Prof. Dr. Markus-Oliver Schwaab

lehrt Personalmanagement an der Hochschule Pforzheim und ist Mitinitiator des dortigen Human Resources Competence Center.

Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bringt einige Veränderungen für Zeitarbeits- und Einsatzunternehmen mit sich. Springer Professional sprach mit Markus-Oliver Schwaab über Chancen und Risiken der Reform.

Springer Professional: Seit 1. April ist die AÜG-Reform in Kraft. Besonders das Equal Pay-Thema bereitet Unternehmen Kopfzerbrechen. Vor welche Herausforderungen sind Unternehmen gestellt?  

Markus-Oliver Schwaab: Das Equal Pay-Thema ist meiner Einschätzung nach gar nicht so problematisch für die Unternehmen. Es hat auch in der Vergangenheit schon tarifliche Mechanismen der Lohnangleichung gegeben. Durch die Tariföffnungsklausel werden diese leicht modifiziert erhalten bleiben können. Neu hingegen ist die maximale Überlassungsdauer, die einen ziemlich willkürlichen Schnitt bei 18 Monaten zieht. Auch hier gibt es die Möglichkeit durch Tarifvertrag abzuweichen. Allerdings bleibt noch abzuwarten, wie diese Regelungen tatsächlich aussehen werden. Ich spüre in der Branche bei dieser Frage die deutlich größere Unruhe.   

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Das (gute) Recht der Zeitarbeit: Rechtliche Rahmenbedingungen im Überblick

Dieser Beitrag beschreibt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zeitarbeit in Deutschland. Er stellt dabei insbesondere die Veränderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sowie die Konsequenzen aus der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar. Untersucht werden die im Dreiecksverhältnis entstehenden drei Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Zeitarbeitsunternehmen, Zeitarbeitsunternehmen und Kundenunternehmen sowie Arbeitnehmer und Kundenunternehmen.


Als Konsequenz aus dieser strikten Reglementierung wollen Unternehmen zukünftig Zeitarbeit deutlich weniger und kürzer einsetzen, zeigt eine aktuelle Umfrage. Ist das eine gute oder eine schlechte Entwicklung? Und teilen Sie diese Prognose? 

Ich kenne diese Umfrage nicht, bin mir aber ziemlich sicher, dass die Realität anders aussehen wird. Denn gleichzeitig mit der Zeitarbeit sind auch die Werkverträge reguliert worden. Ein Werkvertrag im Graubereich ist seit 1. April riskanter als noch zuvor. Ich gehe daher davon aus, dass wir es tendenziell mit einem Rückgang bei den Werkverträgen und einer Flucht in die – rechtssichere – Zeitarbeit zu tun haben werden. Denn der Flexibilitätsbedarf der Unternehmen wird sich in absehbarer Zeit nicht verringern – eher im Gegenteil.  

Die Gesetzgebung von Frau Nahles (SPD) wird nicht für zusätzliche Einstellungen sorgen, sagen Kritiker. Wie schätzen Sie das ein?  

Eine schwierige Frage! Wenn Arbeitgeber zukünftig Mitarbeiter vermehrt selbst anstellen und nicht mehr auf flexible Dienstleister zurückgreifen, dann wird dies meines Erachtens weniger an der veränderten Gesetzgebung als vielmehr am Fachkräftemangel in vielen Teilen des Arbeitsmarkts liegen. Angesichts dieses Wettbewerbs um Talente kann eine unternehmerische Entscheidung Sinn machen, Mitarbeiter selbst dauerhaft zu beschäftigen, wenn man sie rekrutieren kann. Alle Unternehmen, die flexibel bleiben wollen und/oder keinen direkten Zugriff auf Fachkräfte haben, weil sie zum Beispiel als Arbeitgeber weniger bekannt sind, werden aber auch weiterhin auf Personaldienstleister setzen. Übrigens: Zeitarbeitnehmer sind bereits regelmäßig unbefristet beim Personaldienstleister angestellt – insofern fällt es hier schwer, von zusätzlichen Einstellungen zu sprechen.   

Gibt es Ihrer Ansicht nach auch positive Effekte durch das neue AÜG? Für Zeitarbeiter? Für Unternehmen?  

Zunächst denkt man da natürlich an die Equal-Pay-Regelung. Es wird jedoch sicherlich eine Herausforderung, den Mitarbeitern zu erläutern, wo der Vorteil liegen soll, wenn sie nach neun beziehungsweise 15 Monaten Einsatzzeit einen Anspruch auf Equal Pay erworben haben, sie diesen aber nach weiteren neun beziehungsweise drei Monaten wieder abgeben müssen, wenn der Einsatz dann endet. Wem diese Regelung wirklich nützt, ist vielen nicht klar. Aber sagen wir mal so: Wenn das neue Gesetz dazu führt, dass die Zeitarbeit wieder in Ruhe ihre Arbeit machen kann und auch in der Öffentlichkeit wie ein normaler Arbeitgeber wahrgenommen wird, dann kann man der Novellierung sicher auch etwas Positives abgewinnen.

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