Der vorliegende Beitrag stellt die Ergebnisse einer quantitativen Inhaltsanalyse der gesundheitsjournalistischen Artikel von fünf überregionalen Tageszeitungen aus dem Zeitraum 1. März 2010 bis 28. Februar 2011 vor. Gemessen wurde die journalistische Qualität von insgesamt 923 Artikeln aus den Blättern Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt, Frankfurter Rundschau und die tageszeitung. Fünf Qualitätsdimensionen wurden erhoben: Vielfalt, Vollständigkeit, Relevanz, Verständlichkeit und Sachlichkeit. Die Berichterstattung der Tageszeitungen erwies sich im Untersuchungszeitraum als sehr sachlich, eher verständlich, weniger vielfältig oder vollständig und lieferte nur bedingt einen konkreten Nutzwert für Leser und Leserinnen. Die Stärken lagen bei der nicht-emotionalisierenden, nicht-dramatisierenden, gut gegliederten Berichterstattung unter Berufung auf Quellen mit hoher Reputation. Meist wurde bei wissenschaftlichen Studien darauf geachtet, wesentliche Angaben (Stichprobe, Untersuchungsdesign, Ergebnisse) mitzuteilen. Die Berichterstattung erwies sich aber auch als wenig anregend, prägnant und als eher kompliziert. Weitere Schwächen: Risiken und Nebenwirkungen von Therapien und Medikamenten wurden zu selten berichtet, ebenso verschiedene Aspekte von Krankheiten (Prophylaxe, Diagnose, Therapie und Forschungsergebnisse). Aktuelle Bezüge waren Mangelware, was auch für weiterführende leseradressierte Hinweise oder anderslautende Meinungen im Sinne der Ausgewogenheit der Berichterstattung galt.
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Es wurden alle Artikel einbezogen, die die Begriffe Gesundheit, Krankheit und Medizin enthielten. Unbereinigt ist die Stichprobe deshalb, weil nicht-medizinische Gebrauchsweisen dieser Begriffe nicht ausgemustert, synonyme Formen, zusammengesetzte Substantive oder Pluralkonstruktionen nicht berücksichtigt wurden. Es handelt sich also bei der Messmethode um einen „groben Schätzer“ der Häufigkeit dieser Termini in den Tageszeitungen.
Zu den bisherigen Ergebnissen des Projekts, vgl. den Beitrag von Wormer und Anhäuser in diesem Band. Dort werden auch Vergleichsdaten aus angelsächsischen Referenzprojekten referiert.
Die Studie beschränkte sich auf die Wissenschaftsrubriken, da dort das Gros der gesundheitsjournalistischen Berichterstattung stattfindet und weil gesundheitspolitische oder -wirtschaftliche Berichterstattung im Politik- oder Wirtschaftsteil teils ganz anderen Gesetzen gehorcht. Dies mit zu erfassen, hätte den Rahmen der Studie gesprengt.
Auf das methodische Vorgehen und die Güte des Untersuchungsinstruments ist bereits an anderer Stelle eingegangen worden (vgl. Reineck und Hölig 2013). Hier sei lediglich darauf hingewiesen, dass die Reliabilitätswerte der Inhaltsanalyse im akzeptablen Bereich waren und dass die Interkorrelationen zwischen den genannten Dimensionen als unproblematisch eingestuft werden können, d. h. die verschiedenen Dimensionen (Vielfalt, Vollständigkeit, Relevanz, Verständlichkeit, Sachlichkeit) sind, wie angenommen, unabhängig voneinander.
FAZ und taz gehörten also varianztechnisch zu beiden Gruppen. Hier und an anderen Stellen kann vermutet werden, dass die Homogenität von FAZ und taz mit den anderen Blättern evtl. durch die kleineren Stichproben beeinflusst wird, d. h. dass diese Blätter sich deshalb in bestimmten Kategorien als homogen mit den Beiträgen anderer Blätter erwiesen, weil der paarweise Vergleich in diesen Fällen insgesamt auf weniger Fällen basiert als bei den anderen Zeitungen.
Diese Kategorien intersubjektiv nachvollziehbar zu messen stellte mit Abstand die größte Herausforderung bei der Erstellung des Untersuchungsinstruments dar. Um dennoch eine ausreichende Reliabilität zu gewährleisten, wurde, entgegen dem ursprünglichen Modell von Langer et al., statt einer Fünf-Punkte-Skala eine Drei-Punkte-Skala eingesetzt. Letztlich unterliegen die Kategorien aber weiterhin bis zu einem gewissen Grad dem persönlichen Empfinden der Codierer/innen.
Vgl. allerdings Grimm und Wahl in diesem Band zu den berechtigten Vorbehalten gegenüber der journalistischen Ausgewogenheit, wenn sich die Alternativen zu einer Therapie als dubios herausstellen.