Skip to main content

2008 | Buch

Politik und Religion in einer sich globalisierenden Welt

verfasst von: Willfried Spohn

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
I.. Globalisierung, Religion und Fundamentalismus — Zu den kulturellen Konfliktlagen gegenwärtiger Weltpolitik
Auszug
Seit dem 11. September 2001 vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht mit einem Ereignis im Großen wie im Kleinen konfrontiert werden, das im Zusammenhang mit der Politisierung von Religion oder der religiösen Aufladung von Politik steht. Es ist nicht lange her, dass Papst Benedikt XVI. aufgrund eines islamkritischen Zitats eines mittelalterlichen Kaisers heftig aus der muslimischen Welt angegriffen wurde und nur durch deutliche ökumenische Schritte und Gesten die Wogen glätten konnte. Die Kopftuchdebatte schlägt in den meisten westeuropäischen Einwanderergesellschaft immer neue Wellen. Im vormalig ostdeutschen Berlin-Hellersdorf mobilisieren sich Hunderte, um den schon genehmigten Bau einer Moschee „im Namen des Volkes“ zu verhindern. Ein Pfarrer aus Erfurt verbrennt sich aus Protest gegen die für ihn nicht ausreichend erkannte Gefahr der Islamisierung Europas. Die Lage im Irak wird durch die sich intensivierende ethnisch-religiöse Gewalt immer prekärer. Ebenso beginnt sich die Lage in Afghanistan wieder zu verschlechtern, seitdem die Taliban wieder verstärkt militärisch auftreten. Somalia und Sudan sind Dauerkrisenherde. Ebenso scheint der nationalistischzivilisatorische Konflikt zwischen Israel und Palästina in Form einer auf-und abebbenden Gewaltspirale kaum lösbar.
II.. Nationalismus, Religion und Fundamentalismus in einer sich globalisierenden Welt — Ein multipler Modernitätsansatz
Auszug
Glaubensmotivierter Radikalismus ist keineswegs ein neues Phänomen in der Weltgeschichte und zumal nicht in der Epoche der Moderne, doch hat er sich in der gegenwärtigen Welt global verbreitet und intensiviert. Wie ich hier argumentiere, ist glaubensmotivierter Radikalismus vor allem mit zwei spezifischen sozio-kulturellen Mächten verwoben: Religion und Nationalismus (Spohn 2003a, b). Sowohl Religion als auch Nationalismus können als sakral-glaubensorientierte Formen von Gemeinschaft und Identität interpretiert werden, und beide können sich auf der Grundlage dieses Glaubens in der Form eines religiösen Fundamentalismus, eines nationalistischen Extremismus oder einer Kombination beider als radikaler religiöser oder radikaler säkular-religiöser Nationalismus dynamisieren (Marty/Appleby 1991–1995, Bielefeld/Heitmeyer 1998, Juergensmeyer 1993, Riesebrodt 1995). Zugleich stellt die Radikalisierung eines solchen religiösen oder nationalen Glaubens lediglich ein Potential dar und keineswegs eine evolutionäre Notwendigkeit, und die Aktualisierung dieses Potentials hängt ab nicht nur von den Formen der Religion wie des Nationalismus, sondern auch von den gesellschaftsgeschichtlichen Kontexten, in denen sie verankert sind und mobilisiert werden.
III.. Europäisierung, Religion und kollektive Identitäten — Zur kulturellen Konfliktdynamik europäischer Erweiterung und Integration
Auszug
Religion spielt nicht nur global, sondern auch in den europäischen Gesellschaften und der EU-Politik eine zunehmend konfliktträchtige Rolle. Dafür sind aus meiner Sicht drei miteinander zusammenhängende Gründe verantwortlich. Erstens rekonstituierte sich nach dem Zusammenbruch des Sowjetkommunismus und der Wiedervereinigung des geteilten Europas der umfassende strukturelle und kulturelle Pluralismus der europäischen Zivilisation — charakterisiert durch vielfältige Formen von Religion und Säkularität und deren unterschiedliche Wirkungen auf Staaten, Nationen, ethnische Gruppen und entsprechende kollektive Identitäten. Zweitens transformieren sich europäische Gesellschaften aufgrund wachsender internationaler Migration und Immigration in stärker multikulturell und religiös diversifizierte Gesellschaften. Drittens ist die gegenwärtige Globalisierungsphase begleitet von einer Intensivierung inter-zivilisatorischer und inter-religiöser Interaktionsbeziehungen in kooperativen und kompetitiven sowie auch, namentlich zwischen der islamischen und der christlich-säkularisierten Welt, in ausgeprägt konfliktiven Formen.
Backmatter
Metadaten
Titel
Politik und Religion in einer sich globalisierenden Welt
verfasst von
Willfried Spohn
Copyright-Jahr
2008
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91134-2
Print ISBN
978-3-531-16076-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91134-2