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2008 | Buch

Politische Diskurse im Internet und in Zeitungen

Das Beispiel Genfood

verfasst von: Dieter Rucht, Mundo Yang, Ann Zimmermann

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
De. Einleitung
Auszug
Einzelne Vorteile des Internet stehen außer Zweifel. Man denke etwa an den schnellen Zugriff auf eine nahezu unendliche Fülle von angebotenen Informationen, die weltweit mögliche und bequeme Kommunikation per e-mail sowie die kommerzielle Nutzung des Netzes für Preisvergleiche und den Kauf bzw. die Verbreitung von Gütern und Diensten. Daneben wird das Internet, ursprünglich „eine US-amerikanische Erfindung aus der Zeit des Kalten Krieges“ (Ramonet 2005: 1), aber auch als ein Medium der politischen Kommunikation und vor allem der offenen, diskursiven und egalitären Meinungsbildung gepriesen. „Vom Internet wird erwartet, es werde ein ideales Instrument zur Förderung der Demokratie sein - und diese Erwartung gibt es noch immer.“ (Castells 2005: 165) Vielfach wird behauptet oder zumindest vermutet, das Internet habe eine Reihe von Eigenschaften, die einer aktiven Teilnahme der Bürgerschaft an öffentlichen politischen Debatten besonders förderlich seien. Insbesondere biete das Internet im Vergleich zu anderen Medien den Raum für ein breiteres Spektrum von Sprechern bzw. Akteuren, bilde damit auch ein differenzierteres Meinungsspektrum ab und erlaube insgesamt eine dezentrale und interaktive Kommunikation. Damit würden, so eine These, die Möglichkeiten für „civic learning and engagement“ vervielfacht (Bimber 2000: 323) und die Zivilgesellschaft gestärkt. Zudem ermögliche das Internet, mit den herkömmlichen Medien kritischer umzugehen: „The monopoly of the traditional mass media will erode. No longer will the news editors and anchorpersons of television networks and newspapers solely determine what the mass audience learns and thinks about current events. An increasingly skeptical audience will be able to compare raw news reports with the predigested, incomplete, out-of-context and sometimes biased renditions offered by televisions and newspapers.“
1. Theoretische Grundlagen und Forschungsstand
Auszug
Fragt man nach der Art und Weise, in der das Internet politische Kommunikationsprozesse verändert, so ist zunächst zu klären, auf welche spezifische Form von politischer Kommunikation man sich bezieht. Den Gegenstand unserer Untersuchung bildet politische Kommunikation im Sinne solcher Diskurse. Nach der Darstellung der Funktionen und Strukturen öffentlicher Diskurse in modernen demokratischen Gesellschaften (vgl. 1.1) wenden wir uns der Frage zu, wie das Internet diese Strukturen verändern könnte (vgl. 1.2). Anhand eines Überblicks über die wissenschaftliche Diskussion werden positive und negative Erwartungen aufgezeigt, die mit dem neuen Medium verbunden werden. Vor dem Hintergrund einer kritischen Diskussion des empirischen Forschungsstands wird das eigene methodische Vorgehen skizziert.
2. Der Risikodiskurs um Genfood
Auszug
Die Fokussierung auf das Thema Genfood bietet erstens den Vorteil, dass es sich dabei um ein relativ klar abgrenzbares Themenfeld handelt, wodurch eine systematische Informationssuche im Internet erleichtert wird. Zweitens stellt es einen Gegenstand aktueller Debatten dar, sodass eine Echtzeitrecherche möglich ist. Schließlich spricht die Genfood-Thematik ein breites Publikum an, da sie alle Bürger in ihrer Eigenschaft als Konsumenten betrifft. Vor allem handelt es sich hierbei um einen Risikodiskurs, der ein hohes gesellschaftliches Konfliktpotential in sich birgt, wodurch von einer relativ breiten Aufmerksamkeit auszugehen ist. Zunächst werden die allgemeinen Eigenschaften von Risikokommunikation dargestellt, dann Ursprung, Entwicklung, Inhalte und Folgen der Debatte über Genfood in Deutschland nachgezeichnet und schließlich die politischen und rechtlichen Regulierungen skizziert.
3. Empirische Untersuchungen
Auszug
Unsere empirische Untersuchung orientiert sich an Hypothesen, die sich aus der Debatte um das politische Potential des Internet ableiten lassen (vgl. Abschnitt 3.1). Unser empirische Analyse gliedert sich in drei Teile: Den ersten Teil (Abschnitt 3.4) bildet einerseits eine Inhaltsanalyse von Texten, die durch die Verwendung der Suchmaschine Google im Internet gefunden wurden. Zum Vergleich wird andererseits eine Inhaltsanalyse von Zeitungsartikeln durchgeführt. Im zweiten Teil (Abschnitt 3.5) wird die Struktur der Hyperlinkverweise auf den Webseiten politischer Akteure untersucht. Der dritte Teil (Abschnitt 3.6) besteht aus einer Webseitenanalyse von Online-Angeboten politischer Akteure.
4. Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse
Auszug
An das Internet wurden in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre überwiegend euphorische Erwartungen gerichtet. Es soll zur breitenwirksamen Information, diskursiven Meinungsbildung und Demokratisierung beitragen. Inzwischen hat mehr Zurückhaltung und Nüchternheit Platz gegriffen. Zwar wird das Internet zunehmend, und insbesondere von der jüngeren Generation, intensiv genutzt. Aber nur ein sehr kleiner Bruchteil der Nutzung bezieht sich auf politische Kommunikation im weitesten Sinne des Wortes.116 Viele derer, die ohnehin politisch interessiert sind und schon von den bisherigen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben, beziehen das Internet als ein zusätzliches und effizientes Medium ein. Andere Gruppen dagegen nutzen das Internet gar nicht oder ausschließlich für Zwecke der Unterhaltung, der privaten E-Mail-Kommunikation oder des Konsums.
5. Fazit
Auszug
Auch wenn wir nur einen kleinen Ausschnitt für unsere Studie gewählt haben, so lassen sich doch, gestützt auch durch Befunde anderer Untersuchungen, einige verallgemeinernde Feststellungen treffen: Als Medium der politischen Kommunikation bietet das Internet wohl vor allem denen Vorteile, die genau wissen, was sie suchen bzw. die einen bereits bestehenden Kreis von Kommunikationsteilnehmern ansprechen wollen. Entgegen verbreiteter Behauptungen (z.B. Léon/ Burch/Tamayo 2001) dürfte das Internet als Medium der politischen Mobilisierung nur eine geringe Bedeutung haben. Zwar nutzen politisch Motivierte und Engagierte das Internet als eine Informationsquelle für anstehende Proteste und Kampagnen, doch hat die Überzeugungsarbeit dafür in der Regel außerhalb des Internet (im Freundeskreis, bei Treffen von Gruppen und Organisationen) stattgefunden.
Backmatter
Metadaten
Titel
Politische Diskurse im Internet und in Zeitungen
verfasst von
Dieter Rucht
Mundo Yang
Ann Zimmermann
Copyright-Jahr
2008
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-90948-6
Print ISBN
978-3-531-15942-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-90948-6