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2017 | Buch

Politische Ethik unter Realitätsbedingungen

Die Welt von Gewalt, Lügen und Skandalisierungen

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Über dieses Buch

Dieses Buch ist ein praxisorientierter Leitfaden durch wesentliche Grundfragen der politischen Ethik. Es wurde für die 2. Auflage grundlegend aktualisiert und erweitert. Politische Ethik ist die kritische Reflexion von moralischen Normen in politischen Zusammenhängen. Normvorstellungen prägen die praktische Politik und die Gesetzgebung und sind damit dem Rechtssystem und dem politischen System vorgelagert. Sie sind zum Teil durch Tradition überliefert, zu einem zunehmend größeren Teil werden sie aber durch aktive Moralunternehmer neu geprägt und in der Öffentlichkeit durchgesetzt. Hier spielen Zufall, Überlieferung und politische Durchsetzungsenergie durchweg eine größere Rolle als die von politischen Philosophen geforderte Rationalität. Deshalb kann ein solches in permanenter Dynamik befindliches Moralsystem keineswegs widerspruchsfrei sein und enthält oftmals schädliche, gar explosive Elemente.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Chapter 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die theoretische Grundlage dieses eher praxisorientierten Bandes ist das Spätwerk von John Rawls. Dort wird das Element des Politischen in den Vordergrund gerückt. Der Hauptstrom in der aktuellen politischen Ethikdiskussion dagegen arbeitet lieber mit mehr oder weniger komplexen Ableitungen aus Fundamentaltheorien. Diese haben in einer pluralen und zunehmend pluraler werdenden politischen Wirklichkeit den Nachteil, nicht allgemein geteilt werden zu können. Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Grenzen der Ableitungsethik und tritt stattdessen für eine politische Institutionenethik ein, welche der Komplexität des Politischen eher gerecht werden kann.
Walter Reese-Schäfer
Chapter 2. Grundfragen politischer Ethik an Problemsituationen und Fällen durchdiskutiert
Mit gelegentlichen Handlungsempfehlungen für Praktikerinnen und Politikberater
Zusammenfassung
Der zweite Teil behandelt in weitgehend kasuistischer Weise einige der wichtigsten Grundfragen politischer Ethik der Gegenwart. Es geht um gewaltlose Demokratisierungsstrategien, um die Probleme, die politische Idealisten zu lösen haben, wenn sie an die Macht kommen, sowie um die extreme Gefährlichkeit und den Zynismus von Gewaltaufrufen, auch wenn sie antikolonialistisch begründet sind. Weitere Kernthemen sind die Lüge in der Politik, vor allem in jenen Grenzbereichen, in denen es eine Pflicht zur politischen Lüge geben könnte, und die Wahrheitsregeln in Untersuchungsausschüssen. Spitzelwesen, Staatssicherheit und das Verhältnis von Egoismus und aufgeklärtem Eigeninteressen sind weitere Themen. Ebenso die Rolle von Skandalen und der richtige Umgang mit ihnen, Korruption, die Berufung auf das dunkle Innere des eigenen Gewissens, Risikobewertung, Zivilcourage, Ungleichheit als moralisch-politisches Problem, Respekt als archaische Formel, sowie die Abgründe des kleineren Übels. Die militante Demokratie der Post-Weimar-Welt, die Auseinandersetzung mit dem politischen Rassismus und eine Bewertung von Vergangenheitspolitik schließen dieses extrem stoffhaltige Kapitel ab.
Walter Reese-Schäfer
Chapter 3. Kann politische Ethik gegen reale Interessen gewinnen?
Zusammenfassung
Im dritten Teil folgen einige sehr viel weiter ausholende Analysen. Am Anfang steht die Frage, ob politische Ethik gegen reale Interessen gewinnen kann. In einem Kabinettsstück politischer Ideengeschichte wird dies an der Antisklavereibewegung und deren Auswirkungen auf die Menschenrechtsdiskussion durchdekliniert. Weitere Themen sind das Verhältnis von Mehrheitsentscheidungen und Minderheitenrechten sowie, gut Habermasianisch, die Rolle von Verstehen und Verständigung in politischen Strukturen.
Walter Reese-Schäfer
Chapter 4. Probleme der Globalisierung und des Kapitalismus
Zusammenfassung
Der vierte Teil setzt sich mit aktuellen Fragen der Globalisierung und des Kapitalismus auseinander. Ausgehend von der Krise als Stunde der Politik wird die Frage der sogenannten „Postdemokratie“ aufgeworfen, die Diktatur des Kunden und der Gelegenheit in einer zunehmend freizügiger werdenden Warenwelt gegen die traditionelle Vorherrschaft der Produktionsseite besprochen sowie die Frage behandelt, ob die vielfachen Forderungen und Überforderungen einer zunehmend dynamischer werdenden Wirtschafts- und Politikwelt krankheitsverursachend wirken können. Die Zukunft der Globalisierung sowie eine recht skeptische Sicht auf die wieder recht abstrakte Frage, ob eine Art globale, weltweite politische Ethik denkbar ist, schließen diesen Teil ab.
Walter Reese-Schäfer
Chapter 5. Schluss
Zusammenfassung
Im Schlussabschnitt werden, jetzt wieder stärker theoretisch und methodisch ausgerichtet, die Optionen einer politischen Ethik zwischen überzogenem Normativismus einerseits und einem eher realpolitisch ausgerichteten politischen Realismus andererseits ausgelotet. Das hier vorgelegte Modell einer politischen Ethik unter Realitätsbedingungen sucht einen Weg jenseits des in der akademischen Welt derzeit vorherrschenden postulativen Konstruktivismus, um den Eigengesetzlichkeiten politischer Prozesse besser gerecht werden zu können, ohne in eine repetitive ideengeschichtliche Machiavellismusdiskussion zurückzufallen. Die Vorzüge des moralrealistische Paradigmas gegenüber dem immer noch überwiegenden reinen Normativismus, aber auch gegenüber der sogenannten Realpolitik werden auf diese Weise nochmals zusammenfassend herausgestellt.
Walter Reese-Schäfer
Backmatter
Metadaten
Titel
Politische Ethik unter Realitätsbedingungen
verfasst von
Walter Reese-Schäfer
Copyright-Jahr
2017
Electronic ISBN
978-3-658-16631-1
Print ISBN
978-3-658-16630-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-16631-1