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1998 | Buch

Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft

Ein Handbuch mit Lexikonteil

herausgegeben von: Otfried Jarren, Dr. phil., Ulrich Sarcinelli, Dr. phil., M.A., Ulrich Saxer, Dr. phil.

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Zur Einführung

Frontmatter
„Politische Kommunikation“ als Forschungs- und als politisches Handlungsfeld: Einleitende Anmerkungen zum Versuch der systematischen Erschließung

Das Verhältnis von Politik und Medien war und bleibt — zumal in demokratisch verfassten Gesellschaften — ein gewichtiger Gegenstand des kritischen Raisonnements. Dies gilt nicht nur für den wissenschaftlichen, sondern auch für den gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Dabei geht es anhaltend um die Frage, wie „Politische Kommunikation“ so organisiert werden kann, dass sie einerseits demokratietheoretisch bestimmten Idealen und andererseits funktional den jeweiligen gesellschaftlichen Erfordernissen entspricht. Es versteht sich von selbst, dass sich das Interesse an Fragen „Politischer Kommunikation“ nicht auf den akademischen Bereich beschränkt. „Politische Kommunikation“, darauf verweisen schon die Lehren zur politischen Rhetorik in der Antike, ist nicht lediglich Ausdrucks- und Verständigungsmittel. Sie hatte und hat immer auch mit politischer Macht zu tun.

Otfried Jarren, Ulrich Sarcinelli
System, Systemwandel und politische Kommunikation

Über „Politische Kommunikation“ werden im angelsächsischen Bereich Hand- und Jahrbücher publiziert, und es gibt auch in Europa Zeitschriften, wissenschaftliche Vereinigungen und allenthalben Kongresse, die sich ausschließlich auf sie konzentrieren. „Politische Kommunikation“ hat sich mithin als internationales Forschungsfeld etabliert und wird von einer entsprechenden scientific community bearbeitet, aber was ist eigentlich, genauer genommen, der Gegenstand dieser Erkenntnisbemühungen? Schon die oberflächliche Durchsicht von unter dieser Überschrift Veröffentlichtem verrät ja sofort, dass hier von einem einvernehmlich und klar definierten wissenschaftlichen Gegenstand keine Rede sein kann, vielmehr ein offenbar hyperkomplexes Beziehungskonglomerat anvisiert wird, das zudem sachlich nur schwer stringent ab- und einzugrenzen, eben zu „definieren“ ist.

Ulrich Saxer
Ideengeschichte (Politische Philosophie)

Trotz aller disziplinären, methodischen und historischen Unterschiede ist der Gegenstandsbereich von politischer Ideengeschichte und politischer Philosophie vergleichbar: Immer geht es um politisches Denken, politische Normen und normativ orientiertes Verhalten von Menschen. Dabei können die relevanten Normen ganz unterschiedlicher Art sein: Normen des positiven Rechts, des rationalen Marktes oder der Offenbarung, schließlich die Normativität im Politischen selbst, etwa Ideen der Freiheit und Gleichheit, der Menschenrechte usf., stehen hier nebeneinander.

Herfried Münkler, Marcus Llanque
Öffentliche Meinung

„Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition für öffentliche Meinung.“ Mit diesem Satz eröffnete der langjährige Direktor der Journalistenschule der Columbia-Universität, New York, W. Phillips Davison, seinen Artikel über öffentliche Meinung in der 1968 erschienenen „International Encyclopedia of the Social Sciences“. „Dennoch“, fuhr er fort, „nimmt der Gebrauch dieses Begriffs immer mehr zu.“

Elisabeth Noelle-Neumann

Theoretische Grundlagen und Zugangsweisen: Der Beitrag der Disziplinen

Frontmatter
Politische Kommunikation — Politikwissenschaftliche Perspektiven

Politische Wissenschaft und politische Kommunikation haben den Gegenstand „Politik“ gemeinsam. Insofern könnte man vermuten, dass es zwischen beiden viele Gemeinsamkeiten, ja geradezu Identitäten in den Forschungsbemühungen gäbe. Dieser Eindruck trügt jedoch, wenn man die politikwissenschaftliche Forschung in ihrer Breite betrachtet. Lediglich die Frage nach den Medienwirkungen, einer der großen Schwerpunkte der Kommunikationsforschung, setzt einen allerdings mikrosozialwissenschaftlichen Akzent, der sich im Schnittpunkt von Politikwissenschaft und Soziologie, also der Politischen Soziologie, fachnah kristallisieren konnte. Entsprechend hat die Politikwissenschaft politische Kommunikation mit einer beachtlichen historischen Kontinuitätslinie als Wahlkampfkommunikation zum Thema gemacht. Damit waren theoretisch und methodisch jedoch Anleihen bei Soziologie, Sozialpsychologie und Psychologie gleichsam vorprogrammiert. Als entsprechend schwierig, ja gelegentlich geradezu künstlich erwies es sich, analytisch politische Kommunikation lediglich unter dem Blickwinkel der Politikwissenschaft zu betrachten. Nur auf dem Hintergrund dieser Vorgabe ist die diesem Beitrag zugrunde liegende Entscheidung zu verstehen, die Darstellung nach einer im Fach einigermaßen etablierten Heuristik zu gliedern. In funktionalistischer Perspektive und unter besonderer Berücksichtigung von Aspekten des internationalen Vergleichs wird zwischen dem politischen System (Politie), dem dynamischen Konstrukt des politischen Prozesses (politics) und dem Sonderaspekt von Politiken (policies, hier natürlich unter Bezug auf das Politikfeld Massenmedien) unterschieden.

Max Kaase
Politische Kommunikation — Publizistik- und kommunikationswissenschaftliche Perspektiven

Beiträge der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zum Thema „politische Kommunikation“ gibt es so lange wie das Fach selbst. Wenn wir davon ausgehen, dass es als eigene wissenschaftliche Disziplin im ersten Drittel dieses Jahrhunderts in Europa und den USA entsteht, dann fällt auf, wie eng bereits diese Etablierung mit „politischen“ Fragestellungen verknüpft ist. Sie heißen etwa: Aufwelche Weise lenkt die Presse unseren Blick auf Gegenstände der öffentlichen Diskussion (vgl. schon Lippmann 1922)? Wird die Tageszeitung ihrer „Sprechsaal“-, ihrer Forums-Funktion für die öffentliche Meinung gerecht (Groth 1928)? Welchen Einfluss haben die Massenmedien auf Wahlen (vgl. vor allem Lazarsfeld/Berelson/Gaudet 1944)?

Klaus Schönbach
Politische Kommunikation — Soziologische Perspektiven

„Politische Kommunikation“ muss trotz verschiedener Untersuchungen und Forschungsergebnisse als ein vergleichsweise „schlecht definiertes Forschungsfeld“ gewertet werden; diese disziplinunabhängig gemachte Aussage Saxers (1983) gilt auch aus soziologischer Sicht (vgl. zu Definitions- und Abgrenzungsproblemen von politischer Kommunikation auch ausführlich McLeod/Kosicki/McLeod 1994: 125ff.). Das verwundert insofern, als die Soziologie mit der Kategorie des sozialen Handelns immer auch schon Kommunikationsprozesse zumindest indirekt im Blick hatte und zugleich eine soziologische Sichtweise politischen Handelns oder politischer Systeme Tradition hat. Während aber spätestens seit den Arbeiten von Talcott Parsons, Karl W. Deutsch, David Easton oder Niklas Luhmann sich ein relativ stabiler internationaler Konsens in den Sozialwissenschaften festhalten lässt, dass „Politik“ am ehesten als ein kompliziertes „System“ von Entscheidungsagenturen und Entscheidungsprozessen betrachtet und untersucht werden soll (vgl. Käsler 1991), wurden die Prozesse der Kommunikation innerhalb der Soziologie lange nicht als Erkenntnisgegenstand selbst, sondern eher im Hinblick auf die ihnen zugeschriebenen Folgen aktualisiert. Erst durch die Entwicklung von Institutionen zur Produktion und Distribution von Aussagen ergab sich ein zunächst formales Interesse an Kommunikationsprozessen, wobei sich dieses Interesse primär auf solche Kommunikationsprozesse, die über Medien vermittelt ablaufen, auf Massenkommunikation also, richtete.

Michael Schenk, Thomas Döbler
Politische Kommunikation — Rechtswissenschaftliche Perspektiven

Ein Handbuch über politische Kommunikation in einer demokratischen Gesellschaft bezieht sich auf das politische und das publizistische System und ihre Interdependenzen. Die Teilelemente sowie deren Verbindung werden durch das Recht geprägt. Recht und Politik sind durch in der Verfassung und in den Gesetzen festgelegte Verfahren — in der Terminologie der Systemtheorie — strukturell gekoppelt (vgl. Luhmann 1994: 470ff.). Auch vom publizistischen System sind zahlreiche Verbindungen zum Recht zu erkennen. Das Medienrecht versucht, die Produktion von publizistischen Inhalten mit zu steuern, anderseits ist aber auch das Recht in seiner Durchsetzung auf (massen-)kommunikative Vermittlung angewiesen oder kann durch massenkommunikative Prozesse gestört werden. Der folgende Beitrag befasst sich in erster Linie mit den Einflussmöglichkeiten des Rechts auf den Bereich politischer Kommunikation unter weitgehender Ausblendung von Beeinflussungen in umgekehrter Richtung.

Wolfgang Hoffmann-Riem, Wolfgang Schulz
Politische Kommunikation — Wirtschaftswissenschaftliche Perspektiven

Im Drei-Wörter-Ausdruck „politisch-ökonomische Kommunikation “ steht das Wort Kommunikation für menschliche Versuche, mittels sinnhafter Informationen und thematisierter Mitteilungen zu verstehen. Politisch nennt man Kommunikationen, die im Falle von Demokratien über Recht verlaufen und auf kollektiv bindende Entscheidungen ausgerichtet sind. Als ökonomische Kommunikationen gelten in einer marktförmig verfassten Gesellschaft jene, die über Geld verlaufen, kürzerfristig und haushaltförmig auf die Vorsorge durch Güter und Dienstleistungen abzielen, längerfristig und gesellschaftsförmig auf Verbesserungen der Produktions- und Verbrauchszustände.

Manfred Rühl
Politische Kommunikation — Sprachwissenschaftliche Perspektiven

Die mannigfachen Beiträge der Sprachwissenschaft zur Erforschung politischer Kommunikation sind in den Nachbardisziplinen, die sich mit demselben Gegenstandsbereich — wenn auch aus anderer Perspektive und mit anderen Methoden — beschäftigen, bisher wenig zur Kenntnis genommen worden. Das muss verwundern. Denn politische Kommunikation konstituiert sich ungeachtet zunehmender Wichtigkeit der visuellen Dimension primär in sprachlicher Form. Darum ist die linguistische Analyse politischer Sprache und Sprachverwendung (Politolinguistik) eine Basisdisziplin im wissenschaftlichen Umgang mit politischer Kommunikation. In der Politolinguistik wird ein weiter Begriff des Politischen und der politischen Kommunikation verwendet. Die Mehrzahl der Untersuchungen gilt dem öffentlichen Gebrauch der sog. „politischen Meinungssprache“ durch Politiker/innen, politische Institutionen und Medien. Daneben stehen in wachsendem Maße einerseits Arbeiten zur institutioneninternen Sprachkommunikation und andererseits auch zum Alltagsdiskurs von Bürgern/innen zu politischen Themen.

Josef Klein
Politische Kommunikation — Kommunikationspsychologische Perspektiven

Die Frage nach dem Beitrag der Psychologie zur politischen Kommunikation zielt transdisziplinär nach dem Schnittpunkt zwischen „Psychologie“, „Politik“ und „Kommunikation“ bzw. zwischen „Politischer Psychologie“, „Medienpsychologie“ sowie „Politischer Kommunikationsforschung“ und ist dementsprechend schlecht definiert, weil von verschiedenen Seiten Zugänge möglich und Erträge erarbeitet worden sind, und zwar mit je unterschiedlich weit ausgeprägtem und je anders akzentuiertem disziplinärem Hintergrund.

Heinz Bonfadelli
Politische Kommunikation — Pädagogische Perspektiven

Pädagogik (griechisch: pais agein, meint wörtlich „Führung des Knaben bzw. Kindes vom Haus zur Übungsstätte“) beschäftigt sich in reflektierender Theorie wie anwendender Praxis mit der Erziehung und Bildung aller Altersgruppen, von den Kindern über die Erwachsenen bis zu alten Menschen. Diese Erziehungsprozesse finden statt in unterschiedlichen, im Lauf der Geschichte immer weiter ausdifferenzierten pädagogischen Feldern wie Familie, Schule, Berufsausbildung, Freizeit, Medien etc. Die Wurzeln der grundlegenden Handlungen „Erziehung“ und „Bildung“ als strategisch-bewußte oder zufällig-unbewußte Einwirkung Erwachsener auf Kinder sind schwer rekonstruierbar. Erziehung und Bildung als spezifisch menschliche Tätigkeiten haben eine bis in die Anfänge des alten Europa zurückreichende Tradition (Blättner 151980; Dolch 31971; Paulsen 21896/1897). Allerdings ist Pädagogik in der europäischen Geschichte erst relativ spät eine eigenständige Disziplin geworden. Schon Platon und Aristoteles reflektierten pädagogische Fragen im Rahmen ihrer politischen Entwürfe; bei Quintilian ist Pädagogik Bestandteil der Rhetorik, und in der Theologie, von Thomas von Aquin bis in die reformatorischen Schriften, war Erziehung Teil der Theologie. Während im Politischen eher die sozialen Ansprüche an die Erziehung zur Geltung kommen, wird im religiösen Feld Erziehung verstanden als Hilfe, den Einzelnen auf den Weg des Heils zu bringen. Die griechische Tradition einerseits (der Mensch als zu erziehendes politisches Wesen) und die christliche Tradition andererseits (der Mensch auf dem Weg zum Heil) bestimmen in ihrer Polarität wichtige pädagogische Kernargumente bis heute (Lenzen 21989b: 1105ff.).

Dieter Baacke

Politik und Kommunikationssystem

Frontmatter

Demokratietheoretische Bezugsgrößen

Legitimität

Legitimität bezeichnet die soziale Anerkennungswürdigkeit eines Gemeinwesens und seiner Herrschaftsordnung. Eine politiktbeoretiscbe Zentralkategorie stellt die Legitimitätsidee insofern dar, als sie — historisch sich wandelnde und theoretisch unterschiedlich begründete — Kategorien und Maßstäbe zur Beurteilung des Geltungsanspruchs politischer Herrschaft beinhaltet. Kommunikationstbeoretiscbe Relevanz gewinnt Legitimität insoweit, als sie auf die Frage nach der Qualität kommunikativ vermittelter Herrschaft verweist. Dabei ist grundsätzlich zwischen materialen und prozeduralen Geltungsansprüchen zu unterscheiden (vgl. Kielmansegg 1971; Mandt 1995). Während materiale Geltungsansprüche vor allem auf die Durchsetzung und Einhaltung von politischen Grundnormen abzielen, rekurrieren prozedurale Geltungsansprüche — die Geltung von Normen voraussetzend oder vernachlässigend — auf die Verbindlichkeit von Verfahren der Entscheidungsbildung.

Ulrich Sarcinelli
Öffentlichkeit

Der Begriff Öffentlichkeit ist erst im 18. Jahrhundert aus dem Adjektiv öffentlich gebildet worden (zur Begriffsgeschichte vgl. Hölscher 1979). Die dann erfolgte schnelle Karriere des Begriffs,sowohl in der politischen Kommunikation als auch in der politischen Philosophie, hängt eng mit gesellschaftlichen Strukturveränderungen und Demokratisierungsprozessen zusammen: Die Vorstellungen, dass jeder einzelne Bürger als freier Bürger sich eine Meinung über die staatlichen Angelegenheiten bilden kann und soll, und dass politische Herrschaft von den Willensbekundungen der Bürger abhängig und durch sie legitimierbar ist, bilden die Voraussetzungen für die Entfaltung des Begriffs Öffentlichkeit. Dabei bleibt der Begriff selbst relativ unbestimmt. Zum einen werden mit Öffentlichkeit die aggregierten Meinungen der Bürger einer Gesellschaft bezeichnet, zum anderen meint Öffentlichkeit ein wie immer auch genau zu bestimmendes Kollektiv, das gleichsam der Souverän politischer Entscheidungen sein soll. Immer aber hat der Begriff nicht nur eine deskriptive, sondern auch eine normative Bedeutung. Ihm haftet von Beginn an der aufklärerische Impetus einer Vorstellung einer normativ richtigen Öffentlichkeit an: Politische Entscheidungsfindungen sollen für die Allgemeinheit transparent sein, sie sollen durch Diskussion und Argumentation der Bürger hergestellt und nicht durch absolutistische Beschlussfassung festgelegt werden.

Jürgen Gerhards
Pluralismus

Pluralismus kennzeichnet empirisch das Vorhandensein einer gesellschaftlichen Bedürfnis-, Interessen- und Organisationsvielfalt sowie normativ die Umsetzung dieser Vielfalt in die Inhalte der politischen Gestaltung. In Verbindung mit dem Demokratieprinzip erweist sich der Pluralismus als Ausfüllung der Volkssouveränität. Er sorgt dafür, dass sich die Mitwirkung des Bürgers an den öffentlichen Angelegenheiten nicht darauf beschränkt, alle vier oder fünf Jahre Einfluss darauf zu nehmen, wer regieren soll. Diese „individuelle Demokratie“ des Wahlzettels wird wirksam ergänzt durch die „kollektive Demokratie“ der Interessenorganisationen. Mittels Mitgliedschaft und Mitarbeit in diesen Gebilden hat der Bürger die Möglichkeit, an der Regelung der Alltagsfragen teilzunehmen, die ihn unmittelbar berühren. Die pluralistische Demokratie beruht somit auf zwei Integrationsmitteln: Einmal auf der freien Diskussion bzw. Auseinandersetzung von Gegensätzen, die dann im politisch-administrativen System verbindlich entschieden werden, zum anderen auf der Artikulation von Kollektivforderungen und deren möglicher Berücksichtigung durch die staatlichen Entscheidungsträger (vgl. Fraenkel 1991: 45, 64, 275).

Joachim Detjen
Politische Partizipation

Zu den konstitutiven Merkmalen der Demokratie gehört die Beteiligung der Bevölkerung an der Ausübung der Staatsgewalt. Gemäß Art. 20 Abs. 2 GG geht in Deutschland die Staatsgewalt vom Volke aus und wird von diesem unmittelbar durch die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen oder mittelbar durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Soweit die politischen Entscheidungskompetenzen Parlamenten und Regierungen übertragen sind, hat die Bevölkerung konstitutionell garantierte Rechte zur Einflussnahme auf das Handeln dieser Organe.

Oscar W. Gabriel, Frank Brettschneider
Repräsentation

Demokratie in der Moderne bedeutet repräsentative Demokratie in unterschiedlichen Ausprägungen: parlamentarische und präsidentielle Demokratie, Wettbewerbsdemokratie und Konkordanzdemokratie, unitarische und föderale Demokratie. Gemeinsam ist diesen Formen die umfassende Geltung des Repräsentationsprinzips: Ohne Repräsentation keine Kontrolle politischer Macht und keine Kommunikation zwischen Wählern und Gewählten.

Paul Kevenhörster
Responsivität

Der Begriff Responsivität hat sich seit etwa drei Jahrzehnten in der Politikwissenschaft eingebürgert. Wie sein englischer Ursprung, „responsiveness“, bedeutet Responsivität im Deutschen so viel wie „Aufnahmefähigkeit“. Politikwissenschaftlich ist damit die Fähigkeit von Repräsentanten, vor allem von Parlamentsabgeordneten gemeint, aufgeschlossen zu sein gegenüber den Wünschen, Erwartungen oder Interessen der Wählerschaft, diese zur Kenntnis zu nehmen und in die politischen Entscheidungen einfließen zu lassen. Ob und in welchem Maße das tatsächlich geschieht, lässt sich mit dem Konzept der Responsivität systematisch untersuchen. Insofern hat dieser Begriff wesentlich dazu beigetragen, empirische, insbesondere verhaltensanalytische Fragestellungen und Methoden in die bisher vornehmlich verfassungsrechtlich-institutionalistisch orientierte Parlamentarismus-Forschung einzuführen. Er hat darüber hinaus die kritische Diskussion über die tatsächliche Funktionsweise wie auch über die Funktionsprobleme demokratisch-repräsentativer Systeme nachhaltig beeinflusst. Nicht zuletzt liegt seine Bedeutung aber auch darin, gewisse populistisch-simplifizierende Vorstellungen über die gegenwärtigen Prozesse der politischen Interessenvermittlung zu überwinden und zu einem realistischen Verständnis moderner parlamentarischer Repräsentativsysteme vorzustoßen.

Dietrich Herzog
Vertrauen / Glaubwürdigkeit

Vertrauen kann in Anlehnung an Luhmann (21973: 23ff.) als Mechanismus zur Reduktion von Komplexität, als riskante Vorleistung bestimmt werden. Während sich Vertrauen im interpersonalen Bereich beim Kleinkind als „Urvertrauen“ bildet und in der Erwachsenenwelt als „persönliches Vertrauen“ eine Grundlage aller sozialer Beziehungen bildet, wird Vertrauen in der Informations- und Kommunikationsgesellschaft vor allem als „öffentliches Vertrauen“ wichtig. „Öffentliches Vertrauen“ kann definiert werden als ein kommunikativer Mechanismus zur Reduktion von Komplexität, in dem öffentliche Personen, Institutionen und das gesamte gesellschaftliche System in der Rolle des Vertrauensobjekts fungieren. Öffentliches Vertrauen konstituiert und verändert sich innerhalb eines medienvermittelten Prozesses, in dem die Vertrauenssubjekte zukunftsgerichtete Erwartungen haben, die gleichzeitig von vergangenen Erfahrungen geprägt sind (vgl. Bentele 1994).

Günter Bentele

Prozesse, Dimensionen, Strategien politischer Kommunikation

Politische Kommunikation als Entscheidungskommunikation

Die Betrachtung von „politischer Kommunikation als Entscheidungskommunikation“ beruht auf der Annahme, dass massenmedial vermittelte politische Kommunikation tatsächlich entscheidungsrelevant ist. Diese Annahme ist keineswegs trivial. Denn einerseits besteht die Funktion der Massenmedien gerade nicht darin, politische Entscheidungen zu treffen oder herbeizuführen. Die durch sie vermittelte politische Kommunikation ist vom Zwang zur Entscheidung entlastet; erst dadurch entwickeln Medien ihr spezifisches Leistungsvermögen. Und andererseits wird zuweilen bezweifelt, dass die Kommunikationsbemühungen der Politik überhaupt mit der Herstellung von politischen Entscheidungen korrespondieren. Seit Murray Edelmann (1976) den Begriff der symbolischen Politik populär machte, wurde die politische Elite bisweilen in ihrer Beschränkung auf die symbolische Darstellung von Politik wahrgenommen. Dabei wurde den Politikern — auch angesichts einer wachsenden Skepsis bezüglich der Steuerungsfähigkeit des Staates — gelegentlich die Fähigkeit zu effektiver Entscheidungspolitik abgesprochen.

Klaus von Beyme, Hartmut Weßler
Politische Kommunikation als formeller und als informeller Prozess

Mit „Kommunikation“ wird allgemein eine Beziehung oder Verbindung zwischen Menschen beschrieben, bei der Informationen übermittelt werden. Dies kann unmittelbar („interpersonal“) erfolgen oder über Medien — wie Zeitungen, Bücher, Hörfunk, Fernsehen, neue elektronische Medien (vgl. Kleinsteuber 1992: 352).

Göttrik Wewer
Politische Kommunikation als Marketing

In der Literatur gibt es „eine außergewöhnliche Vielfalt an Marketingbegriffen“ (Scheuch 21987: 31). Es besteht aber dahingehend Konsens, dass Marketing als das Management von Austauschvorgängen und Austauschbeziehungen bzw. als Stellgröße im Rahmen der Steuerung zwischenmenschlicher und gesellschaftlicher Prozesse verstanden wird (vgl. Kotler 41989: 16; Nieschlag/Dichtl/Höschgen 131983: 10). Marketing-Management im politischen Bereich ist damit der bewusste Versuch, erwünschte Austauschvorgänge mit den „Zielmärkten“, d.h. der Öffentlichkeit bzw. relevanten Teilöffentlichkeiten herbeizuführen. Die zentralen Marketing-Instrumente bzw. Elemente des Marketing-Mix im politischen Bereich sind Public Relations und Werbung (vgl. Schenk/Donnerstag/Höflich 1990: 4ff.), wobei als Äquivalent zum persönlichen Verkauf im klassischen Marketing-Mix die Individual-PR angesehen werden kann, „mittels derer politische Akteure sich mit Hilfe von PR-Firmen ein optimal dienliches Image erarbeiten“ (Saxer 1991: 274). Werbung ist nicht-personale Kommunikation, die von bezahlten Medien übermittelt wird, wohingegen PR die Bemühungen umfasst, durch die Selbstdarstellung von Interessen die Öffentlichkeit bzw. relevante Teilöffentlichkeiten zu beeinflussen (vgl. Kunczik 21994: 14).

Michael Kunczik
Politische Kommunikation als Sozialisation

Politische Kommunikation als Sozialisation oder politische Sozialisation durch (Massen-)Kommunikation ist ein schwierig definierbarer, nach aussen schlecht abgrenzbarer und dementsprechend disparater Forschungsbereich, dem es an präziser Gegenstandsbestimmung mangelt. Er befindet sich im Schnittpunkt verschiedenster sozialwissenschaftlicher Disziplinen, die dazu Beiträge liefern, freilich unter je anderer Fragestellung, Perspektive und Begrifflichkeit. Zu nennen wären: 1. politische Sozialisation und politische Psychologie in der Politikwissenschaft, 2. (politische) Jugendforschung in der Soziologie, 3. Sozialisationsforschung zum Bereich Politik in der Sozialpsychologie und 4. politische Kommunikation als Teil der Publizistik-, Medien- oder Massenkommunikationswissenschaft. Freilich nehmen diese Sozialwissenschaften und ihre entsprechenden Teilbereiche kaum oder nur begrenzt und selektiv die Beiträge ihrer Nachbardisziplinen zum Problembereich „politische Kommunikation und Sozialisation“ bzw. „Kommunikation und politische Sozialisation“ zur Kenntnis.

Heinz Bonfadelli
Politische Kommunikation als Partizipation

Die heute allseits beklagte Politikverdrossenheit wie ebenso der umgekehrte Vorwurf der Politik gegenüber der Anspruchsmentalität der Bürger mögen ihre Ursache auch darin haben, dass die erforderliche Balance zwischen verständigungsorientiertem und erfolgsorientiertem kommunikativem Handeln in der Beziehung zwischen Politik und Lebenswelt gestört ist. Die Lebenswelt der Bürger wird zunehmend von politischen Einflüssen durchsetzt und das Alltagsleben durch professionalisierte Eliten fremdbestimmt. Soziale Verständigungsprozesse verkümmern häufig zu Ritualen der kollektiven Orientierung, Solidarität äußert sich nur noch in massenwirksamen Aktionen organisierter Interessen, und soziales Vertrauen bildet sich allenfalls noch im primären Kreis von Verwandten und Freunden, während die Außenwelt als zunehmend anonym und bedrohlich empfunden wird.

Ortwin Renn, Bettina Oppermann
Politische Kommunikation als Persuasion

Die Persuasionsforschung befasste sich ursprünglich fast ausschließlich mit den psychologischen Mechanismen der Beeinflussung von Menschen. Im Mittelpunkt standen dabei kurzfristige Effekte. Der Begründer der „wissenschaftlichen Rhetorik“, Carl I. Hovland, hat vier Faktorenbündel unterschieden, die Medieninformationen, die Prädispositionen der Rezipienten, die Informationsverarbeitung durch die Rezipienten sowie die Wirkungen der Medieninformationen. Jedes der vier Faktorenbündel besteht aus einzelnen Elementen, deren relative Wirkung in Laborexperimenten untersucht wurde. Ein Beispiel hierfür sind die Vor- und Nachteile von einseitigen Botschaften. Die meisten dieser Befunde besitzen bis heute Geltung und bilden einen Kernbestand der Medienwirkungsforschung (vgl. Schenk 1987: 45–103).

Hans Mathias Kepplinger
Politische Kommunikation als Risikokommunikation

Angesichts schwindender Glaubwürdigkeit von politischen Institutionen und Experten begannen seit Anfang der 80er in den USA, Regierung und Unternehmen zielorientiert über Akzeptabilität politischer Entscheidungen im Kontext technischer Innovationen zu kommunizieren. Nicht zuletzt die Medien machten den Begriff des Risikos in den achtziger Jahren zum öffentlichen Thema, Soziologen sprachen sogar von Risikogesellschaft.

Georg Ruhrmann
Politische Kommunikation als Sprachstrategie

Sprachstrategien dienen in der Politik primär dazu, die Zustimmung der für den politischen Erfolg relevanten Adressaten zu erlangen. Mit ihrer Hilfe sollen die Adressaten erstens überzeugt werden, dass der Kommunikator ihren Präferenzen näher steht und eher in der Lage ist, die politischen Probleme zu meistern als die politische Konkurrenz, und zweitens, dass die Äußerungen des Kommunikators glaubwürdig, relevant, informativ und klar sind — zumindest mehr als die Äußerungen der Konkurrenten. Unter den Bedingungen politischer Konkurrenz ist der Erfolg politischer Kommunikation nicht zuletzt davon abhängig, wer über die leistungsfähigeren sprachlichen Ressourcen verfügt; daraus resultieren Sprachstrategien mit dem Zweck, die eigenen sprachlichen Ressourcen zu stärken und die der Konkurrenz zu schwächen. Vor diesem Hintergrund lassen sich drei Haupttypen von Sprachstrategien unterscheiden: 1.Basisstrategien: Sie dienen der Orientierung an den Präferenzen relevanter Adressatengruppen, der Aufwertung eigener und/oder der Abwertung konkurrierender Positionen und der Abstimmung auf die massenmedialen Gegebenheiten.2.Kaschierstrategien: Sie dienen dazu, Verstöße gegen die Präferenzen relevanter Adressatengruppen und/oder gegen die kommunikationsethischen Normen der Informativität, der Wahrheit, der Relevanz und der Klarheit vor den Adressaten möglichst zu verbergen (vgl. Grice 1979: 248ff.).3.Konkurrenzstrategien: Sie dienen der Stärkung eigener und der Beeinträchtigung gegnerischer Sprachressourcen.

Josef Klein
Politische Kommunikation als Wahlkampfkommunikation

Wahlkämpfe sind Kommunikationsereignisse, in denen sich die Interaktion zwischen Parteien und Wählern verdichtet. Die Parteien intensivieren ihre Bemühungen, die Bürger von ihrem programmatischen und personellen Angebot zu überzeugen. Gleichzeitig findet auch eine Politisierung der Bürger statt. Latente politische Einstellungen werden aktiviert und möglicherweise bestehende Ambivalenzen zugunsten der eindeutigen Präferenzäußerung am Wahltag entschieden.

Hans-Dieter Klingemann, Katrin Voltmer

Akteure und Institutionen

Bürger — Publikum

Die Bedeutung der Begriffe Bürger und Publikum im Kontext politischer Kommunikationsprozesse verweist auf die Spannung zwischen der aktiven Teilnahme der Bürger am politischen Prozess und der passiven Rolle des Publikums als Empfänger politischer Botschaften. Die Begriffe werden in der gegenwärtigen Diskussion über politische Kommunikationsvorgänge synonym gebraucht. Gleichwohl zeigt die Etymologie, dass die Begriffe unterschiedliche Konnotationen haben: Bürger bezeichnet eine politische Rolle und einen Status, der an das Individuum sowie dessen Rechte und Pflichten innerhalb eines Gemeinwesens gebunden ist. Die Semantik von Publikum bezieht sich auf eine kollektive Größe im Rahmen von (nicht notwendigerweise politischen) Kommunikationsprozessen.

Barbara Pfetsch
Journalismus

Die Kommunikatorforschung als Teilgebiet der Kommunikations- und Medienwissenschaft, das sich mit Journalismus beschäftigt, orientierte sich in den vergangenen Jahrzehnten an unterschiedlichen Leitbildern. Die normativ-ontologische Publizistikwissenschaft konzentrierte sich auf journalistische Persönlichkeiten als „geistige Gestalter“ von Medienangeboten. In materialistisch ausgerichteten Studien stand der Journalismus als Produktionsbetrieb von (Informations-)Waren im Zentrum der Analyse. Organisationssoziologisch und systemtheoretisch inspirierte Ansätze schließlich beschäftigten sich vornehmlich mit Rollenaspekten und redaktionellen Entscheidungsprozessen. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die Kommunikatorforschung — wie gerade die Gatekeeperforschung zeigt — grundlegend gewandelt: von einer individuumzentrierten zu einer systemischen Beschreibung des Journalismus.

Klaus-Dieter Altmeppen, Martin Löffelholz
Mediensystem

Massenmedien, ihre Organisation und ihre Leistungen sind Ausdruck kulturellen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Mediensysteme spiegeln deshalb soziale und politische Strukturen. Aus den daraus abzuleitenden Funktionserfordernissen haben sich in enger Abhängigkeit von technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen differenzierte Mediensysteme entwickelt. Erfindungen wie der Druck und seine Beschleunigung durch die Schnellpresse, das bewegte Bild des Films, elektromagnetische Wellen, die Bildröhre, die Computertechnologie und Satelliten waren technische Vorbedingungen für eine Massenverbreitung von publizistischen Produkten, das Entstehen neuer Medien sowie Expansion und Vielfalt des Angebots. Entscheidende Impulse für die Nachfrage nach Informationen und damit für das Entstehen von Medienmärkten gingen historisch einerseits von den Bedürfnissen aufgrund gesteigerter internationaler Handelsbeziehungen aus; andererseits förderten Alphabetisierung und steigende Bildung ebenso wie die Interessen eines politisch aufstrebenden Bürgertums und schließlich die Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse immer breiterer Schichten die Entwicklung der Presse und machten den Handel mit Nachrichten zum Geschäft (vgl. Gerhards 1995: 85).

Beate Schneider
Parlamentskommunikation

Keine politische Institution trägt ihren auf Kommunikation ausgerichteten Zweck so klar im Namen wie das Parlament. Eine Unterredung bezeichneten die ersten altfranzösischen und auch deutschen Belege des Wortes (vgl. Brunner/Conze/Koselleck 1978: 649), und im Begriff des „Parlamentärs“ herrscht die Aufgabe, Kommunikation herzustellen, bis heute vor. Jene Vertretungskörperschaften, die in England seit dem 13. Jahrhundert und heute allgemein Parlament heißen, entwickelten sich zu äußerst wichtigen und sehr leistungsfähigen Knotenpunkten im Netzwerk politischer Kommunikation. Sie schoben sich zwischen Regierende und Regierte und gaben vierfach zum Entstehen weiterer Kommunikationsnetzwerke Anlass. Erstens bildeten sie Binnenstrukturen aus: hochdifferenzierte Systeme von Ausschüssen, Fraktionen, Arbeitskreisen, Steuerungsgremien und parlamentarischen Hilfsdiensten. Zweitens entwickelten sich komplexe Kommunikationsbeziehungen zwischen Regierung und Vertretungskörperschaft, entstand zumal die kommunikativ zusammengehaltene Funktionseinheit von Regierung und Parlamentsmehrheit im parlamentarischen Regierungssystem mit ihren angelagerten Koalitionsrunden und informellen Gremien. Drittens entstanden zwischen Parlament und Gesellschaft zunächst Cliquen politisch Gleichgesinnter, später Wahlvereine, schließlich Parteien als politische Vernetzungsinstanzen. Desgleichen wurden Parlamente wichtige Adressaten gesellschaftlicher Interessengruppen aller Art, was sie in dauerhaften — ggf. von der „Lobby“ erzwungenen — kommunikativen Kontakt mit letztlich allen Gesellschaftsbereichen bringt.

Werner J. Patzelt
Parteienkommunikation

Parteienkommunikation muss vom Doppelgesicht der Parteien, der durch freiwillig Aktive und Ehrenamtliche getragenen Mitgliederorganisation und der durch Berufspolitiker und hauptamtliche Stabsexperten beherrschten professionellen Machterwerbsorganisation, aus betrachtet werden. Unter Parteienkommunikation sind solche Handlungen einseitiger und wechselseitige Kommunikation zu verstehen, die von Akteuren und Wortführern bestimmter politischer Parteien ausgehen und mit dem Ziel der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme gesteuert werden, um für die zum Ausdruck gebrachten politischen Überzeugungen, Ansichten, Zielvorstellungen, Interessen, Handlungspläne und Aktionen Gehör, Zustimmung und Unterstützung zu finden.

Elmar Wiesendahl
Politische Eliten

Im sozialwissenschaftlichen Sprachgebrauch werden politische Eliten als Personen mit Einfluss auf die politische Meinungs- und Willensbildung definiert. Bei Untersuchungen politischer Willensbildungsprozesse steht dabei in der Regel der Organisationsbezug im Vordergrund, d.h. man betrachtet die Inhaber politischer Herrschaftspositionen (politische Eliten im engeren Sinne) sowie die Inhaber von Führungspositionen in anderen gesellschaftlichen Sektoren (v.a. in Verwaltung, Wirtschaft, Medien, Wissenschaft, Interessengruppen; politische Eliten im weiteren Sinne). Da Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung weniger formalisiert und stärker an persönliche Attribute wie Prestige, herausragende kulturelle und wissenschaftliche Leistungen, Überzeugungskraft usw. gebunden ist, geraten hierbei zwangsläufig informelle und personale Faktoren stärker ins Blickfeld.

Ursula Hoffmann-Lange, Thomas König
Oppositionskommunikation

Opponieren heißt Gegenposition beziehen. Im Zentrum des verbalisierten oppositionellen Agierens stehen das Wort der Regierenden, das Widerwort der Opponierenden, das „Wiederwort“ der Regierenden und so fort. Auf diese Weise vollzieht sich auf Wechselseitigkeit bezogene Kommunikation. Wo ein derartiges, kritikorientiertes Opponieren unterbunden, wo es unterdrückt wird, besteht die unmittelbare Gefahr ungezügelter Agitation und somit von Manipulation, d.h. die einer einseitigen, unbeantwortbar bleibenden Kommunikation seitens der Regierenden. Oppositionskommunikation hat es demzufolge mit der Positionsdarstellung der Regierenden, der Kritik und Darlegung von Gegenpositionen, der Selbstrechtfertigung der Kritisierten, der Gegenkritik der Opponierenden — also insgesamt mit streitiger Auseinandersetzung zu tun.

Winfried Steffani
Regierungskommunikation

Mit dem Begriff „Regierungskommunikation“ verbindet man herkömmlich vor allem Öffentlichkeitsarbeit und Informationspolitik, im Schwerpunkt also Politikvermittlung im Sinne von Entscheidungsrechtfertigung nach innen und außen.

Klaus-Eckart Gebauer
Kommunikation (Neuer) Sozialer Bewegungen

Soziale Bewegungen sind kollektive Handlungssysteme der gesellschaftlichen Interessenartikulation. Kulturorientierten Sozialen Bewegungen geht es primär um handlungspraktische Lebensreform; ihre Aktivitäten richten sich in erster Linie nach innen, sind eher selbstbezogen. Machtorientierte Soziale Bewegungen zielen demgegenüber darauf ab, politische Entscheidungen zu beeinflussen; ihre Aktionsorientierung ist instrumentell (vgl. Raschke 1985). Als „Herausforderer“ machen sie Anliegen geltend, die im Prozess der politischen Willensbildung systematisch ausgeblendet werden. Sie stehen daher in konflikthafter Interaktion mit etablierten Akteuren — Institutionen und Organisationen — aus dem politisch-administrativen System.

Rüdiger Schmitt-Beck
Verbändekommunikation

Verbände sind Vereinigungen, die vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Interesses der Mitglieder bestimmte nach außen oder innen gerichtete Ziele verfolgen. Dabei kann unterschieden werden zwischen einer weiteren und einer engeren Bestimmung von Verbänden: Die weitere Definition umfasst sowohl Vereinigungen, deren Ziele nach innen gerichtet sind (Vereinigungen mit sozialen, kulturellen oder anderweitigen Selbsttätigkeitszwecken, z.B. kulturelle und Freizeitvereinigungen), als auch Vereinigungen mit einer über den Verband hinausweisenden, also nach außen gerichteten Zielrichtung. In der engeren Bestimmung schließt der Begriff Verband nur die Vereinigungen ein, die über eine innere Zielsetzung hinaus ihre Interessen aktiv gegenüber anderen Akteuren nach außen vertreten. Weitere Kennzeichen einer solchen spezifischeren Definition von Verband sind neben der Gemeinsamkeit des Interesses und der nach außen gerichteten, politischen Zielrichtung die formale Zugehörigkeit der Mitglieder und eine ausdifferenzierte Organisationsstruktur. In dieser spezifischen Definition wird der Verband im Allgemeinen auch als Interessengruppe oder als Interessenverband bezeichnet. Von den politischen Parteien unterscheiden sich Verbände dadurch, dass sie nicht an allgemeinen Wahlen teilnehmen und dass sie keine Übernahme von Regierungsverantwortung anstreben.

Rolf Hackenbroch
Verwaltungskommunikation

Mit der allgemeinen gesellschaftlichen Bedeutungszunahme von „Kommunikation“ hat auch die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Verwaltung an Gewicht gewonnen. Die Verwaltungskommunikation wird inzwischen als eine zentrale Staatsfunktion verstanden, über die administrative Prozesse vorbereitet, gesteuert, durchgesetzt und gerechtfertigt werden. Sie stellt eine spezifische Form sozialer Interaktion dar, durch die eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Akteure in Kontakt zueinander gebracht werden. Auch wenn nicht geleugnet werden kann, dass die öffentliche Verwaltung in vielerlei Hinsicht noch immer ein intransparentes soziales System darstellt, so bedarf diese Intransparenz jetzt doch einer kommunikativen Absicherung bzw. einer kommunikativen Ergänzung. In diesem Sinne fällt der Verwaltungskommunikation die allgemeine Funktion zu, die Geschlossenheit des Verwaltungsgeschehens auf mehr Offenheit umzustellen.

Edwin Czerwick
Staaten im internationalen System

Eine Annäherung an unser Thema — der beschreibenden Darstellung von Aspekten des Handelns von Staaten1 im internationalen System unter Gesichtspunkten der politischen Kommunikation — versuchen wir zunächst mit einem Begriff der Praxis, Public Diplomacy, und mit einer Praktikerdefinition: „I define public diplomacy as a government’s process of communicating with foreign publics in an attempt to bring about understanding for its nation’s ideas and ideals, its institutions and culture, as well as its national goals and current policies“, schreibt Hans N. Tuch in einem memoirenähnlichen Bericht über 35 Berufsjahre im amerikanischen diplomatischen Dienst als Presse- und Kulturattaché und als Direktor der Voice of America (Tuch 1990: 3).

Benno Signitzer

Probleme politischer Kommunikation auf verschiedenen Handlungsebenen und in Politikfeldern

Politische Kommunikation in Mehrebenenstrukturen: Zwischen Internationalem System und nationalstaatlichen Handlungsfeldern

Politische Prozesse als symbolische Kommunikation innerhalb von und zwischen Systemen zu betrachten, ist nicht neu. Die Entwürfe von Deutsch (1969) oder Luhmann (1985) sind weithin bekannt. Seit den 60er und 70er Jahren übten solche systemtbeoretiscben Perspektiven nicht nur einen starken Einfluss auf die politikwissenschaftliche Theoriebildung im allgemeinen aus, sondern insbesondere auch auf die Analyse staatlicher Politiken. Eine Tendenz systemtheoretisch inspirierter Analysen von Politikentwicklungen war jedoch häufig, öffentliche Politiken als eher technische gesellschaftliche Problemlösungen zu interpretieren, in denen das politisch-administrative System die Rolle einer kybernetischen, informationsverarbeitenden Einheit spielt, die gesellschaftliche Inputs (demands, supports) fast automatisch in staatliche Programme und diese in politische Outputs zu transformieren hat. Während dieses analytische Grundschema von vielen theoretischen Perspektiven unterschiedlichster Provenienz für bare Münze genommen wurde, gab es jedoch auch Warnungen, diese Sichtweise zu ontologisieren (vgl. Mayntz 1982: 74).

Volker Schneider
Außenpolitische Kommunikation

Außenpolitische Kommunikation umfasst denjenigen Teil bilateraler, multilateraler und auch globaler Kommunikation, der zwischen Regierungen und anderen, direkt staatlich zuzuordnenden Institutionen und Organisationen verläuft. Zu unterscheiden ist dabei Kommunikation, die direkt ausgetauscht wird, und Kommunikation, die nicht unmittelbar, sondern vermittelt über andere Instanzen (die Medien, die internationale Öffentlichkeit) verläuft. Außenpolitische Kommunikation lässt sich unterscheiden in direkte außenpolitische Kommunikation (Diplomatie) und vermittelte, also indirekte außenpolitische Kommunikation (politische Öffentlichkeitsarbeit). Sie besteht aus den Aktionen und Interaktionen zwischen politischen Systemen und funktional angeschlossenen gesellschaftlichen Umfeldern, nicht aber den direkten Interaktionen zwischen gesellschaftlichen Akteuren, die außerhalb staatlicher Zuordnung verlaufen. Diese werden als transnationale Kommunikation bezeichnet. Welche Akteure in diesem Kontext dem politischen System angeschlossen sind, kann aus ihrer territorialen Anbindung und erwarteten Wirkung auf das politische System analysiert werden.

Thomas Jäger
Sicherheitspolitische Kommunikation

Sicherheitspolitische Themen haben in der öffentlichen Agenda einen nachgeordneten Stellenwert, Sachfragen anderer Politikfelder finden höhere Aufmerksamkeit (vgl. Hoffmann 1992: 34f.; 1995: 15). Besonderes Interesse gilt diesen Themen im Publikum zumeist, wenn sie unmittelbare Sorgen und Ängste auslösen können. So führten die Lagerung von gefährlicher Munition, die Stationierung schwerer Waffen, der Lärm durch Tiefflüge, die Nähe zu Truppenübungsplätzen oder die Entsendung deutscher Soldaten in Krisengebiete zu lebhaftem Meinungsaustausch, auch zu Protesten und Demonstrationen. Bei jungen Männern entwickelt sich starke Betroffenheit aus der gesetzlichen Pflicht zum Wehrdienst und ihrer bevorstehenden Einberufung. Die Diskussion zu Fragen der Sicherheit ist bei unmittelbarem Erleben von Unsicherheit, Gefahr, Gewalt, Misstrauen oder Machtmissbrauch zugleich so stark von Empfindungen begleitet, dass regierungsamtliche Sprecher eine öffentliche Erörterung möglichst meiden. Sie fürchten, solche Verknüpfung der Sachfragen mit Gefühlen könnte die Bewältigung anstehender Konflikte erschweren.

Horst Prayon
Innenpolitische Kommunikation

Unter innenpolitischer Kommunikation sind alle sprachlichen Äußerungen oder Handlungen mit anderen Symbolsystemen zu verstehen, die mit Bezug auf die innere Politik eines Staates von dessen Angehörigen getan werden. Der Begriff innenpolitische Kommunikation umfasst also sowohl die Regierungserklärung des Bundeskanzlers wie das Stammtischgespräch über Politik, das Abspielen der Nationalhymne bei einem Länderfußballspiel wie auch den Sozialkundeunterricht in der Schule. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das adressierte Publikum ein überwiegend inländisches ist. Mit dem Voranschreiten des europäischen Integrationsprozesses und der wachsenden Internationalisierung der Politik und damit auch der politischen Kommunikation wird die Abgrenzung zwischen innenpolitischer und außenpolitischer Kommunikation, zwischen dem nationalen, transnationalen und internationalen Kommunikationsrahmen immer schwieriger.

Wolfgang Bergsdorf
Rechtspolitische Kommunikation

Da sich Politik im demokratischen Rechtsstaat überwiegend in den Formen des Rechts darstellt, ist Rechtspolitik nicht mit rechtsförmiger Politik gleichzusetzen. Vielmehr ist Rechtspolitik das Einwirken auf die Rechtsordnung mit dem Ziel, die Rechtsstellung des Einzelnen bzw. von Gruppen in der Gesellschaft und gegenüber dem Staat zu verbessern. Wichtige Felder der Rechtspolitik sind der Schutz von Freiheit und Eigentum, von Ehe und Familie (Scheidungsrecht, elterliches Sorgerecht), von Kindern und Frauen vor Gewalt (z.B. Frauenhäuser) und Diskriminierung, des Angeklagten vor Gericht sowie der Zugang zum Gericht. Das Machtungleichgewicht zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber, Versichertem und Versicherer, Verbraucher und Hersteller soll im Wege der Rechtspolitik durch gesetzliche Regeln abgebaut werden (z.B. AbzahlungsG). Recht fungiert in solchen Fällen als gesellschaftliches Unterstützungssystem (vgl. Ziegert 1983: 266ff.), mit dessen Hilfe sich die Ansprüche gesellschaftlich Benachteiligter stärken und ggf auch durchsetzen lassen. Üblicherweise geschieht dies im Wege der Gesetzgebung. Recht ist dabei zugleich — neben dem Geld — das wichtigste Steuerungsmedium der Politik (vgl. Voigt 31993: 205ff.). Dies verliert jedoch nicht zuletzt wegen der großen zahlenmäßigen Zunahme der Rechtsnormen und ihrer zumindest scheinbaren Beliebigkeit immer mehr an Durchsetzungskraft, sodass flankierende Maßnahmen hinzukommen müssen. Nicht zufällig gibt es daher neben Gerichten (insbes. das Bundesverfassungsgericht [BVerfG]), Verwaltungsbehörden und anderen staatlichen Stellen die massenmediale Öffentlichkeit.

Rüdiger Voigt
Wirtschaftspolitische Kommunikation

Wirtschaftspolitik ist der Teil der allgemeinen Politik, der sich auf das System „Wirtschaft“ bezieht, auf das System, in dem Entscheidungen über die Allokation der Ressourcen, über Produktion, Distribution und Konsum von Gütern und Dienstleistungen getroffen werden, auf das System, dessen Entscheidungsbereich direkt oder indirekt auf den Maßstab des Geldes reduziert werden kann. Wirtschaftspolitik ist mithin das Handeln, durch das die Akteure, die Entscheidungsträger und die Einflussträger das Wirtschaftsgeschehen und seine Ergebnisse zu beeinflussen versuchen. Entscheidungsträger sind die, denen die Gesellschaft die Befugnis zuerkannt hat, wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen; Einflussträger haben nur die Möglichkeit der Einflussnahme (vgl. Berg/Cassel 51992: 210). Wirtschaftspolitische Kommunikation ist mithin der Prozess der Vermittlung von Interessen und Entscheidungen der Akteure der Wirtschaftspolitik.

Jürgen Heinrich
Umwelt- und energiepolitische Kommunikation

Umweltpolitik, die Politik zum Schutz und zur Pflege der natürlichen Lebensgrundlagen, ist ein historisch neues Politikfeld. Administrative Maßnahmen zum Umweltschutz sind zwar schon aus früheren Jahrhunderten bekannt (z.B. Code Napoléon zur Registrierung luftverschmutzender Anlagen in Frankreich im Jahr 1808 und königliche Kommissionen zur Luftreinhaltung im England des 13. Jahrhunderts); ein zusammenhängendes Politikfeld „Umwelt“ bildete sich aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg seit der Mitte der sechziger Jahre in den USA und Japan, später in Mitteleuropa und anderen Regionen aus. Vermittelt durch die Diskussion über Smog, Waldsterben und Klimaschutz gewannen dabei Komponenten der Energiepolitik an Bedeutung, sodass heute vom Politikfeld der Umwelt- und Energiepolitik gesprochen wird.

Volker von Prittwitz
Verkehrspolitische Kommunikation

Definitionen und Abgrenzungen von Politikfeldern sind selbst Gegenstand und Ergebnis politischer Kommunikation und unterliegen deren spezifischen Prozessen und ihren ergebnisbedingenden Faktoren. Die verkehrspolitische Kommunikation wird in diesem Kontext als ein komplexes, interdependentes Wirkgefüge verstanden, bei dem vor allem die Akteure, Institutionen, Strukturen und Prozesse von besonderer Relevanz sind, die bei der Herstellung, Durchsetzung und Begründung dieses Aufgabenfeldes eine entscheidende Rolle spielen. In Abgrenzung zu anderen politischen Kommunikationsfeldern stehen hier alle auf den Verkehr bezogenen Theorien, Konzepte, Akteure, Institutionen und Prozesse in ihren kommunikativen Dimensionen im Mittelpunkt. Grundsätzlich ergibt sich als Problemstellung die Frage, inwieweit verkehrspolitische Kommunikation als Inszenierung von verkehrspolitischer (Schein-)Wirklichkeit eine Substitutionsfunktion übernimmt oder ob sie Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse fördert und mitbestimmt, die zu tragfähigen Lösungen der komplexen Verkehrsprobleme führen.

Johann Friedrich Colsman, Fritz Marz
Sozial- und gesellschaftspolitische Kommunikation

Benennungen und Abgrenzungen von Politikfeldern sind selbst Gegenstand und Resultat politischer Kommunikation und unterliegen deren Konjunkturen. Mitte der 90er Jahre findet sich in der Bundesrepublik Deutschland ein Politikfeld „Sozialpolitik“, nicht jedoch eines namens „Gesellschaftspolitik“. Der Versuch, Sozialpolitik als Gesellschaftspolitik, als gesamtgesellschaftlich gestaltende Politik zu begründen, ist mit dem Ende der Vollbeschäftigungs- und Reformära bereits Mitte der 70er Jahre gescheitert. Seitdem hat sich der Bedeutungsgehalt des weiterhin vereinzelt gebrauchten Begriffs Gesellschaftspolitik zunehmend verflüchtigt. Von einem institutionell oder thematisch abgrenzbaren Feld kann nicht die Rede sein — entsprechende Fragen firmieren heute in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit wie auch in der Sozialwissenschaft unter der Bezeichnung Sozialpolitik.

Frank Nullmeier
Gesundheitspolitische Kommunikation

Unter Gesundheitspolitik verstehen wir das auf die Entwicklung des medizinischen Versorgungssystems und die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung gerichtete Handeln staatlicher, parastaatlicher und verbandlicher Akteure. In dieser Definition ist bereits angedeutet, dass wichtige Determinanten der Gesundheit außerhalb des medizinischen Versorgungssystems liegen und Ansatzpunkte für die Förderung der öffentlichen Gesundheit (Public Health) liefern. Neben der Gesundheitspolitik als Ressortpolitik sind damit andere Politikbereiche (Arbeits- und Sozialpolitik, Wohnungspolitik, Verkehrspolitik, Umweltpolitik) für die Bewältigung von Gesundheitsrisiken mitverantwortlich.

Manfred Groser
Bildungspolitische Kommunikation

Der Begriff Bildung kennzeichnet den Vorgang der Entfaltung der Individualität eines Menschen, seine geistige Entwicklung in Auseinandersetzung mit den Gegenständen der Kultur und Umwelt. Die begrifflichen Grenzen zwischen Bildung und Erziehung sind fließend und auch institutionell (Schule — Eltern) nicht bestimmbar; sie sind beide Teil desselben pädagogisch-sozialisatorischen Prozesses. Erziehung bezieht sich dabei eher auf die Entwicklung weltanschaulicher, ethischer und ästhetischer Einstellungen und Verhaltensdispositionen, während Bildung stärker auf die Aneignung von in Lernprogrammen festgelegten Qualifikationen abhebt (vgl. Reuter 1987; Gudjons 41995). Bildungspolitik bezeichnet das Handeln vornehmlich staatlicher Akteure auf dem Gebiet institutionalisierter Bildung. Bildungspolitik hat eine formale, inhaltliche und prozessuale Dimension; die Erstere ist auf die zumeist in Verfassungen und Gesetzen festgelegten Rahmenbedingungen, Strukturen und Institutionen des Bildungssystems bezogen, die Zweite auf die Ziele und Inhalte von Handlungsprogrammen und die Letztere auf die meist konflikthafte Formulierung, Durchsetzung und Vermittlung bildungspolitischer Konzepte.

Lutz R. Reuter
Forschungspolitische Kommunikation

Forschungspolitik wird als ein soziales Handeln begriffen, das auf kollektiv verbindliche Entscheidungen im Hinblick auf Forschung abzielt. Durch Forschung — sozialer und kognitiver Kern jeder Wissenschaft — wird in systematischer Weise originäres und nachprüfbares Wissen gewonnen, mit dem Phänomene beschrieben, erklärt und vorausgesagt werden. Forschungspolitik kann unter drei Aspekten gesehen werden. Versteht man Forschungspolitik vor allem als eine Gestaltung von Forschung durch Entscheidungen, so treten die gesellschaftlichen Folgen von Forschungspolitik, ihre Leistungen und Leistungsdefizite ins Blickfeld; es rücken die forschungspolitischen „Inhalte“ in den Mittelpunkt (policy-Aspekt). Sieht man in Forschungspolitik vor allem eine Auseinandersetzung um Entscheidungen, so treten die forschungspolitischen Akteure und ihre Konstellationen ins Blickfeld; es rücken die forschungspolitischen „Kräfte” in den Mittelpunkt (politics-Aspekt). Betrachtet man Forschungspolitik vor allem als eine Ordnung von Entscheidungen, so treten die forschungspolitischen Normen und Institutionen ins Blickfeld; es rücken die forschungspolitischen „Formen“ in den Mittelpunkt (polity-Aspekt).

Gerhard Vowe
Technologiepolitische Kommunikation

Technologie bezeichnet die Lehre oder die Wissenschaft von der Technik und ihren wissenschaftlichen Regeln, Prozessen und Erfahrungen. Technik beinhaltet die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntisse in konkrete Anwendungs- und Verwertungsprozesse zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Dieser Versuch einer definitorischen Zuordnung ist weder eindeutig noch unumstritten. Beides liegt daran, dass der Technik-Begriff auch in anderen Kontexten Verwendung findet, etwa als Methode zur Erzielung spezieller Leistungen oder als besondere Fertigkeit (z.B. Planungstechnik, sportliche Technik), zum anderen wird der Terminus in vielen anderen Zusammenhängen eingebracht (z.B. Technokratie, technischer Staat). Im Zusammenhang dieser Darstellung kann es nur um erstgenannte Begriffsbestimmung gehen, zumal dieser ein klar umrissenes Feld politischen Handelns zugeordnet werden kann.

Hans J. Kleinsteuber
Medienpolitische Kommunikation

Die Begriffe Medienpolitik und Kommunikationspolitik werden vielfach synonym gebraucht. Der Begriff Medienpolitik hat sich erst Ende der 60er Jahre in der Bundesrepublik etabliert, als die politischen Parteien begannen, eigene medienpolitische Programme zu verabschieden (vgl. Ellwein 31994). Der Begriff ist deshalb in der praktischen Politik sowie in der Politikwissenschaft gebräuchlich (vgl. Kleinsteuber 1989). Der Begriff Kommunikationspolitik hingegen wurde von Ronneberger (1966) als analytisches Konzept in die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft eingeführt. Kommunikationspolitik ist als Teilbereich innerhalb dieser Disziplin zwischenzeitlich anerkannt, wenn auch nur schwach institutionalisiert. Als Begriff ist Kommunikationspolitik in der öffentlichen Kommunikation weniger gebräuchlich.

Otfried Jarren
Backmatter
Metadaten
Titel
Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft
herausgegeben von
Otfried Jarren, Dr. phil.
Ulrich Sarcinelli, Dr. phil., M.A.
Ulrich Saxer, Dr. phil.
Copyright-Jahr
1998
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80348-1
Print ISBN
978-3-322-80349-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80348-1