Sortier- und Detektionstechnologien sind notwendig, um Altkunststoffe noch genauer zu kategorisieren und wiederverwerten zu können. Sort4Circle ist ein solcher Sortierprozess. Wie er funktioniert, erläutert Robin Just von Polysecure im Interview.
springerprofessional.de: Das Unternehmen Polysecure arbeitet an Lösungen für eine zuverlässige Kunststoffsortierung und hat neue Ansätze zur Erkennung und Separierung von Kunststoffarten und -verbunden entwickelt. Wie funktionieren die Sort4Circle- and Tracer-Based-Sorting (TBS)-Technologien?
Just: TBS ist eine Detektionstechnologie, die auf anorganischen Fluoreszenzmarkern basiert. Dabei wird dem Objekt im Herstellungsprozess eine vordefinierte Kombination verschiedener Tracer (Tracercode) beigefügt. Die Kunststoffmatrix erhält so neben ihren inhärenten Eigenschaften ein zusätzliches, eindeutiges Unterscheidungskriterium, das zur Differenzierung von Untergruppen sowie zur Erkennung von Füllstoffen und deren Gehalt genutzt werden kann.
Bei Sort4Circle (S4C) handelt es sich um einen innovativen Sortierprozess. Nach einer konventionellen Vorbehandlung wie Schreddern und der Entfernung von Metallen und Blechen werden die Objekte vereinzelt und in ihrer Position fixiert (zum Beispiel auf Schalen- oder Stollenbändern). Anschließend werden sie in einem Schritt mittels sensorgestützter Detektionsverfahren (unter anderem VIS, NIR, MIR und ggf. Tracercode) analysiert und danach manuell oder automatisch durch Abklappen des Schalenbandes den entsprechenden Fraktionen zugeordnet. Durch das Kombinieren der Detektionsverfahren erhöht sich die Informationstiefe vehement, sodass eine erheblich verbesserte Identifikationsgenauigkeit erreicht wird.
Wie genau unterscheiden sich die beiden genannten Sortierverfahren für Kunststoffabfälle von bisherigen Verfahren?
Hier muss erwähnt werden, dass es sich bei TBS nicht um ein Sortierverfahren, sondern um ein Verfahren der Identifizierung bzw. Detektion handelt. Durch das Einbringen von Tracern werden den Kunststoffen weitere eindeutige Unterscheidungskriterien gegeben.
Die S4C-Technologie verfolgt einen grundlegend neuen Sortierprozess unter Einbindung industriebewährter und neuer Identifikationsverfahren. Der aktuelle Stand der Kunststoffabfallsortierung umfasst einen mehrstufigen Prozess, der auf sensorbasierten optischen Methoden, insbesondere der Nahinfrarotspektroskopie (NIR), beruht. Diese Technologie ermöglicht die Identifizierung verschiedener Polymere, die anschließend mithilfe von Druckluftventilen sortiert werden. Jeder neue Kunststofftyp erfordert dabei mindestens eine zusätzliche Sortierstufe. Im Gegensatz dazu setzt Sort4Circle auf einen einstufigen Prozess, bei dem alle Objekte einzeln erfasst, auf Basis der kombinierten Detektionsverfahren identifiziert und in einem Schritt sortiert werden, was die Effizienz und Flexibilität der Sortierung erheblich steigert.
Welche Rolle spielen die Tracer und damit die recyclinggerechte Konstruktion (Design for Recycling) für die Leistungsfähigkeit der neuen Verfahren?
Das D4R ist unabhängig der Tracer-Based-Sorting-Technologie eine Basisanforderung, um Kunststoffe möglichst sortenrein trennen zu können. Der Einsatz der Tracer ermöglicht eine detaillierte Differenzierung innerhalb einzelner Kunststofffraktionen, was eine wesentliche Voraussetzung für einen echten Closed-Loop ist.
In einer Machbarkeitsstudie der Hyundai Motor Group, Polysecure und dem Kunststoff-Zentrum (SKZ) sind die neuen Kunststoff-Sortiertechnologien untersucht worden. Welches Ziel hatte die Studie und wie war sie aufgebaut?
Ziel der Studie war es, die Anwendbarkeit der Tracer- und Sortiertechnologie für Bereich der Altfahrzeugverwertung zu demonstrieren und die Leistungsfähigkeit zu bewerten. Untersucht wurden drei Bereiche: Die Detektion von Tracern beziehungsweise Tracercodes in Kunststoffen der Automobilindustrie, der potenzielle Einfluss der Tracer auf mechanische Eigenschaften ebendieser und die Sortierprozess für geschredderte Reststücke.
Welche Ergebnisse lassen sich aus der Studie ableiten?
Hinsichtlich der Detektion von Tracercodes in Automobilkunststoffen konnte eine zuverlässig detektierbare Anzahl von 21 Tracercodes für den untersuchten Probenumfang belegt werden. Darüber hinaus wurde durch Untersuchungen des SKZ belegt, dass der Einsatz von TBS-Fluoreszenztracern keine Auswirkung auf die mechanischen Eigenschaften der getesteten Kunststoffe hat und einem Einsatz aus materialtechnischer Sicht nichts im Wege steht. Tests zu Ermittlung der Sortiergenauigkeit der Sort4Circle erzielten bei der Sortierung markierter und unmarkierter Kunststoffproben eine Reinheit von 99,9 % bei Polypropylen (PP) und Polyamid 6 (PA6), mit einer Sortierausbeute von über 90 %.
Die Ergebnisse der Studie waren überaus zufriedenstellend und zeigen, dass der Einsatz von TBS-Fluoreszenztracern in Automobilkunststoffen nicht nur technisch machbar ist, sondern auch die hohe Sortiergenauigkeit des Sort4Circle-Systems unterstützt, ohne die Materialeigenschaften zu beeinträchtigen. Damit bietet Sort4Circle eine effiziente Lösung für die präzise Trennung von Kunststoffen, die den Anforderungen der Automobilindustrie gerecht wird.
Welche Relevanz haben die Sortierverfahren für das Recycling in der Automobilindustrie, im Maschinenbau und darüber hinaus?
Gemeinsam mit der Hyundai Motor Group sind wir uns einig, dass die in der Studie untersuchte, tracerbasierte Sortiertechnologie für die Automobilindustrie von großer Bedeutung sein kann. Die Branche steht aufgrund ihrer enormen Vielfalt an Kunststoffen, Untergruppen und Füllstoffen sowie strenger gesetzlicher Vorgaben zur Altfahrzeugverwertung und zum Rezyklateinsatz unter erheblichem Druck. Standardisierung und recyclinggerechtes Design verbessern die Situation, doch die hohen Anforderungen der Industrie verlangen nach hochwertigen Rezyklaten. Diese Qualität kann jedoch nur erreicht werden, wenn es gelingt, Altkunststoffe präzise nach ihrem Material zu kategorisieren. Angesichts des steigenden Bedarfs an Rezyklaten bei gleichbleibend hohen Standards sind fortschrittliche Sortier- und Detektionstechnologien notwendig, um Altkunststoffe noch genauer zu identifizieren.