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27.07.2020 | Preiswahrnehmung | Interview | Online-Artikel

"Preiskommunikation hängt von der generellen Preispositionierung ab"

verfasst von: Eva-Susanne Krah

4:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Prof. Dr. Regine Kalka

lehrt Marketing und Kommunikation an der Hochschule Düsseldorf, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und ist seit 2018 Mitglied des Hochschulrates.

Prof. Dr. Andreas Krämer

ist Vorstandsvorsitzender der Exeo Strategic Consulting AG in Bonn und Professor für Pricing und Customer Value Management an der University of Applied Sciences Europe, Fachbereich Wirtschaft in Iserlohn.

Wie kommunizieren Unternehmen in Vertrieb und Marketing am besten ihr Pricing? Regine Kalka und Andreas Krämer erklären die Hebel in der Preiskommunikation und warum sie in der Corona-Krise besonders wichtig ist.

springerprofessional.de: Frau Kalka, Herr Krämer, die Preiskommunikation ist ein wichtiger Bestandteil des gesamten Pricing-Prozesses, wenn es um die Preissetzung geht, wie Sie in Ihrem neuen Buch anführen. Warum ist das Thema sowohl für Marketing als auch Vertrieb so sensibel und wirkt auch auf die Unternehmensreputation?

Regine Kalka: Preisbewegungen werden heute vor allem auch durch die Digitalisierung in allen Wirtschaftszweigen schneller und flexibler vorgenommen. Diese Dynamik erfordert neue Maßnahmen im Marketing und Vertrieb.

Andreas Krämer: Es ist durchaus möglich, dass eine Veränderung von Preisen aus Sicht der Anbieter und Kunden unterschiedlich erfolgt. Im schlimmsten Fall sind damit negative Wirkungen für die Unternehmensreputation verbunden. Unternehmen sehen sich in diesen Kontext häufig einem Handlungsdruck ausgesetzt. Die aktuelle Mehrwertsteuersenkung ist diesbezüglich ein gutes Beispiel.

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Dieses Buch zeigt, wie Preise im Gesamtzusammenhang der Digitalisierung, innovativer Preismodelle und neuer Erkenntnisse des Behavioral Pricing kommuniziert werden sollten.

Welche entscheidenden Faktoren sollten Unternehmen aus Ihrer Sicht in der strategischen Preiskommunikation beachten?

Andreas Krämer: Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Preiskommunikation nicht als isolierter letzter Schritt im Preismanagement-Prozess gesehen wird, sondern vielmehr als Parameter, der alle Schnittstellen im Pricing umfasst. 

Können Sie das konkretisieren?

Wenn ein Unternehmen bestimmte Ziele bezüglich einzelner Kundengruppen verfolgt, dann spielt die Kommunikation von Preisen in Richtung Kunden eine wichtige Rolle. Die verhaltenswissenschaftliche Forschung liefert wichtige Ansätze, die Wahrnehmung von Preisen aus Kundensicht zu beeinflussen.

Regine Kalka: Hinzu kommt noch der Aspekt, dass die Preis- und Leistungsveränderungen gegenübergestellt gestellt und abgeschätzt werden muss, ob der "Value-to-the-Customer", also der wahrgenommene Wert der eigenen Leistung aus Kundensicht, verändert werden soll oder nicht. Dies hat massive Auswirkungen auf die Art und Weise der Preiskommunikation. Kein Unternehmen sollte es anstreben, als Mogelpackung des Monats gekürt zu werden.

Dynamic Pricing, agiles und kundenindividuelles Pricing in Echtzeit liegen in bestimmten Branchen im Trend, um die Wertschöpfung pro Kunde zu steigern. Der Online-Handel macht es unbemerkt vom Verbraucher längst vor. Ist das aus Ihrer Sicht auch die Zukunft und eine Lösung für viele andere Unternehmen?

Andreas Krämer: Dynamic Pricing erscheint für Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen interessant, um die Rentabilität des Geschäfts zu erhöhen, zum Beispiel durch die Steuerung der Nachfrage und der Lagerbestände. Es darf allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass dies auf eine hohe Begeisterung bei den Kunden stößt. Die Kunden zeigen eine Präferenz für stabile Preise und vermuten indirekte Preiserhöhungen durch dynamische Preise. Unternehmen stellt dies vor große kommunikative Herausforderungen.

Regine Kalka: Bei Tankstellen, Fluggesellschaften, Hotels und Mietwagen ist dynamisches Pricing schon seit Jahren etabliert und von Verbrauchern auch überwiegend akzeptiert. Unsere Studien zeigen jedoch, dass dynamisches Pricing auch im Online-Handel bei weitem nicht in dem Maß umgesetzt wird, wie es technisch bereits möglich wäre.

B2B- wie B2C-Kunden nehmen die Preiskommunikation häufig durchaus sensibel wahr, etwa bei plötzlich veränderten Preisen. Nicht zuletzt die Corona-Krise hat das gezeigt. Für Unternehmen gibt es sicher Chancen und Risiken, wenn beispielsweise neue Preissysteme kommuniziert und am Markt durchgesetzt werden müssen. Wie sollten sie dabei handeln?

Regine Kalka: Gerade die aktuelle Corona-Krise hat gezeigt, dass Preiserhöhungen nur dann akzeptiert werden, wenn die Argumentation für die Preiserhöhung nachvollziehbar gewesen ist. Das gilt zum Beispiel bei erhöhten Rohstoff-Lieferkosten, Produktionskosten oder erhöhten Erntehelferkosten. Wenn die Preissteigerung jedoch als Ausnutzung der Krisensituation wahrgenommen wird, kann das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen oder Produkt verspielt werden. Konsumenten erwarten gerade in dieser Zeit eine gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen.

Andreas Krämer: Preissysteme, also eine komplette Veränderung der Preisstruktur und -höhen stellen eine besondere Herausforderung in der Preiskommunikation dar. Diese gehen deutlich über eine singuläre Veränderung der Preishöhe hinaus. Je stärker die Veränderungen im Preisgefüge sind, desto größer das Risiko für den Anbieter.

Welche Besonderheiten können in der B2B-Preiskommunikation eine Rolle spielen, zum Beispiel in verschiedenen Branchen, und welche im B2C-Bereich?

Andreas Krämer: In unserem Buch haben unterschiedliche Autoren die Herausforderungen der Preiskommunikation in B2B-Märkten dargestellt. Bei allen hervorgehoben wurde die Bedeutung der Sales Mitarbeiter als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden, die Überzeugung der Mitarbeiter, die Berücksichtigung der Konsistenz der Preisgestaltung, zum Beispiel im mehrstufigen Vertrieb. Häufig ist damit eine Automatisierung des Pricing-Prozesses verbunden.

Regine Kalka: Die Preiskommunikation im B2B-Bereich ist durch eine Vielfalt an Besonderheiten und Herausforderungen gekennzeichnet. 

Können Sie ein Beispiel nennen?

Regine Kalka: Die Preiskommunikation eines Porsche verlangt andere Mechanismen und Maßnahmen wie die eines Apfelsaftherstellers. Bei einem Multi-Channel-Händler steht die Preiskommunikation im Spannungsfeld zwischen Einheitlichkeit und kanalbezogener Preisdifferenzierung. Und die Preiskommunikation im Nah- und Fernverkehr muss sich einem größeren öffentlichen Interesse und einer hohen Emotionalität der betroffenen Kundengruppen stellen.

Wie unterscheidet sich strategische Preiskommunikation heute, wenn Unternehmen im Konsumgüter-, Discount- oder Luxussegment unterwegs sind, zum Beispiel in Hinblick auf den Vertriebskanal und Multikanal-Konzepte?

Die Preiskommunikation hängt immer von der generellen Preispositionierung ab. Discounter steuern die Nachfrage über den Preis und bauen damit ihr Preisimage auf. Im Luxussegment beispielsweise ist der Preis keine Stellschraube, um Nachfrage und Angebot zu regeln, sondern ein elementares Merkmal einer Luxusmarke.

Andreas Krämer: Am Beispiel von Luxusprodukten wird deutlich, dass selbst der Verzicht auf die Nutzung des Faktors Preis im Außenauftritt einen wichtigen kommunikativen Aspekt hat. Frei nach Watzlawick: Auch die Nicht-Kommunikation des Preises ist Preiskommunikation.

Alle tagesaktuellen Beiträge zur Corona-Krise finden Sie hier

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