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02.03.2020 | Privatkunden | Schwerpunkt | Online-Artikel

Kontogebühr ist kein Allheilmittel gegen Strafzinsen

verfasst von: Barbara Bocks

3:30 Min. Lesedauer

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Ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht in Sicht. Viele Banken versuchen dies durch Verwahrentgelte bei Konten auszugleichen. Dabei bieten auch Gebühren im Wertpapiergeschäft oder für Betreuung- und Beratungsleistungen interessante Ertragsquellen.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat bei seiner zweiten Sitzung Ende Januar keine weiteren geldpolitischen Schritte beschlossen. Damit bleibt der Einlagenzins auf seinem Niveau von minus 0,5 Prozent. "Die Mehrheitsmeinung im EZB-Rat ist weiterhin, dass die Eurozone auf die Stimulanz durch Negativzinsen und Anleihekäufe bis auf Weiteres nicht verzichten kann. Nur eine wirklich kräftige Konjunkturerholung könnte ein Umdenken bringen. Und die ist derzeit noch nicht in Sicht." Zu diesem Schluss kommt Friedrich Heinemann, Professor und Leiter des Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim.

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Niedrigzinsen: Folgen und Gefahren

Die – gemessen am Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) – expansive Geldpolitik hat zu Niedrigzinsen geführt. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate und des Zinsabschlages ergeben sich für Spareinlagen und Bundesanleihen negative Renditen, sprich Substanzverluste.

Auch für Gunther Tichy ist vorerst kein Ende der Niedrigzinsphase absehbar. Dafür verantwortlich macht er unter anderem die hohen Sparüberschüsse, wie er in der Juni-Ausgabe des Bankmagazins "Sind die Niedrigzinsen der EZB ökonomisches Gesetz?" schreibt. "Die Evidenz spricht dafür, dass die EZB-Politik des Quantitative Easing zwar die Tendenz zu niedrigen Zinsen verstärkt haben mag, dass der weltweite und auch der EU-weite Sparüberschuss gemeinsam mit den gesenkten Wachstumsraten jedoch viel mächtigere Triebkräfte waren", erklärt der Professor vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung in Wien. "Das bedeutet, dass wir auch in Zukunft mit niedrigen Zinssätzen rechnen müssen. Die Sparüberschüsse werden anhalten, und auch an den im Vergleich zur zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts geringeren Wachstumsraten wird sich wenig ändern", glaubt Tichy.

190 Institute erheben Verwahrentgelte

Das hat natürlich auch Folgen für die Kreditinstitute und deren Kunden. Derzeit erheben zwar laut einer Umfrage des Portals biallo.de von Januar 2020 nur 190 von 1.300 Banken und Sparkassen Verwahrentgelte für ihre Kunden. "Aber bis Ende des Jahres werden fast alle Banken diese Entgelte für Geschäftskunden einführen", sagt Oliver Mihm, Chef der Strategieberatung Investors Marketing, gegenüber springerprofessional.de. Und im Privatkundengeschäft würden die Institute innerhalb der kommenden ein bis zwei Jahre über diesen Schritt entscheiden. Davon werden dann aus Sicht des Experten bis zu 80 Prozent der vermögenden Privatkunden betroffen sein.

"Für Neukunden in diesem Segment dürften Gebühren auf breiter Front anfallen, also auch für kleine Summen auf Giro-, Tages- und Festgeldkonten", glaubt Mihm. Bei Bestandskunden werden sich Verwahrentgelte nur in Teilen durchsetzen lassen. Denn bei dieser Kundengruppe müssten die Institute die Verträge anpassen und benötigen deren Zustimmung. Auch die Fintech-Branche sei keine echte Alternative. "Vielmehr geht der Trend dahin, dass auf Sparen und Geldanlage fokussierte Fintechs wie Weltsparen und Zinspilot Kooperationen mit Banken und Sparkassen eingehen", so Mihm. 

Durch neue Anbieter, auch aus dem Ausland, könnte Konkurrenz entstehen, wenn es preiswerter werde über die  Einlagenseite Neukunden zu gewinnen als über Girokonten oder Kredite. "Denn es gilt noch immer: Über die Einlagenseite lassen sich erheblich schneller neue Kundenbestände aufbauen, als über alle anderen Bankprodukte im Retailgeschäft", argumentiert der Experte.

Banken müssen alternative Ertragswege erschließen

Es ist allerdings aus Sicht des Experten nicht möglich, die im Einlagengeschäft entgangenen Erträge rein aus höheren Gebühren für Girokonten oder anderen Dienstleistungen zu ersetzen. Dies gelte für nahezu alle Institute im Bereich der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Privatbanken. Auch im Wertpapiergeschäft könnten die Institute durch Gebührenerhöhungen ihre Erträge steigern. Allerdings sei das nur ein Bruchteil im Verhältnis zu höheren Gebühren für Girokonten.

Eine andere Option ist es aus Mihms Sicht die Beratung und Betreuung von Kunden sowie andere Services stärker zu bepreisen. Als Beispiel nennt er die Raiffeisenbank in Oberursel, die für ein Full-Service-Konto inklusive Beratungsleistungen eine Gebühr von monatlich 30 Euro erhebt. Bei einem Online-Konto entfalle zwar der monatliche Grundpreis. Jedoch berechnet die Bank dann Beratungsdienstleistungen mit 25 Euro pro 15 Minuten. Ein solches Modell ist aber aus Sicht des Experten "bislang ein Einzelfall und wird sich in der Breite eher nicht durchsetzen". 

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