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15.01.2020 | Produktion + Produktionstechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Effiziente Produktion im Dilemma

verfasst von: Thomas Siebel

3 Min. Lesedauer

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Mit dem Green Deal will die EU auch den Ressourcenverbrauch in der Industrie senken. Eine freie Software hilft Betrieben nun, effizienter zu produzieren. Dennoch stecken Effizienzstrategien in einem Dilemma.

Mit dem kürzlich vorgestellten Green Deal will die EU-Kommission bis 2050 das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln. Damit rückt sie auch die Rolle der Industrie und deren Bedarf an Energie und Rohstoffen in den Fokus. So geht laut Kommission derzeit die Hälft der gesamten weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Rohstoffgewinnung zurück. Diese sei neben der Verarbeitung von Materialien, Brennstoffen und Lebensmitteln zudem für mehr als 90 % des Verlusts an biologischer Vielfalt und der Wasserknappheit verantwortlich.

Mit einem frei verfügbaren Online-Tool können produzierende Unternehmen nun leichter Potenziale zum Einsparen von Ressourcen in ihren Prozessen erkennen. Anhand des Material- und Energieverbrauchs in einem Betrieb berechnet das vom VDI Zentrum Ressourceneffizienz angebotenen Tool dabei den kumulierten Energie- sowie Rohstoffaufwand (KEA und KRA) und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen. Eine übersichtliche Darstellung der Kostenstruktur zeigt dann den Anteil der Material- und Energiekosten in den unterschiedlichen Bereichen eines Unternehmens, was als Grundlage für die Planung von Einsparmaßnahmen dienen kann.

10,4 Tonnen Material für eine Tonne Aluminium

Der KEA umfasst dabei den Energieaufwand für die Herstellung von Gütern von der Mine oder dem Bohrloch bis zum fertigen Produkt, während der KRA sämtliche bei der Gewinnung der Rohstoffe und der Aufbereitung hin zum marktfähigen Stoff verbrauchten Materialien aufsummiert, wie der Springer-Autoren Henning Friege und Christina Dornack im Buch Nachhaltiges Management erläutern. Für die Erzeugung einer Tonne Stahl, beispielsweise, müssen insgesamt 4,5 Tonnen Material bewegt werden, für eine Tonne Aluminium 10,4.

Zahlreiche Beispiele von Energie- und Materialeinsparungen in produzierenden Unternehmen finden sich im Buch 100 Betriebe für Ressourceneffizienz. Den 106 erfassten Unternehmen aus Baden-Württemberg, von denen etwa die Hälfte aus Maschinenbau, Metallverarbeitung und Automobilbau stammen, ist es mittels Effizienzmaßnahmen in den Jahren 2014 bis 2017 gelungen, zusammen jährlich unter anderem 33.600 MWh Strom, 55.000 Liter Diesel und 92 Tonnen Steinkohle einzusparen, sowie über 3300 Tonnen an Stahl- und Eisenmetallen, 270 Tonnen Nichteisenmetall und über 8100­ Tonnen Aluminium.

Die Effizienz und ihr Reboundeffekt

Dennoch stecken die Effizienzstrategien in Unternehmen in einem Dilemma, denn ein verringerter Energieverbrauch spart Kosten; diese Einsparungen werden unternehmensseitig oftmals in eine Ausweitung der Produktion investiert – wodurch der Energieverbrauch wieder steigt – oder es wird der Produktpreis gesenkt – was Verbraucher teils zum Kauf weiterer Produkte verführt, die in der Fertigung ebenfalls Energie verbrauchen. Dieses Reboundeffekt genannte Phänomen beschreiben die Autoren um Mario Schmidt im Kapitel Effizienz, Ressourcen und der Reboundeffekt. In energieintensiven Industrien kann der Reboundeffekt vereinzelt bis zu 30 % betragen, so die Autoren. Das heißt 30 % der eingesparten Energie wird direkt durch neuentstehende Verbräuche kompensiert. Der Reboundeffekt für einen effizienteren Materialeinsatz liegt, je nach Studie, zwischen 2,5 und 54 %. Allerdings erst wenn der Reboundeffekt 100 % oder mehr beträgt, müsste eine Effizienzmaßnahme grundsätzlich in Frage gestellt werden.

Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass der Reboundeffekt schwer vorhersagbar und empirisch bezifferbar ist, da er aus einem komplexen ökonomischen Wirkgeflecht resultiert. Entsprechend  gehen die Meinungen in der Fachwelt über die Höhe eines Reboundeffekts auch auseinander. Dass der Effekt existiert, ist jedoch unstrittig.

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