Dienstleistungen bieten dem Maschinenbau ein vielversprechendes Wachstumsfeld. Doch die Nutzung von XaaS in der Fabrik wird schnell sehr komplex. Laut Fraunhofer IPA braucht es deswegen Service-Orchestratoren als Vermittler.
Zu ihren Produkten können die Hersteller im Kontext der Industrie 4.0 zahlreiche Smart Services anbieten
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Seit Jahrzehnten feiert der deutsche Mittelstand mit der Entwicklung und dem Verkauf von Maschinen Erfolge. Doch der stark produktgetrieben Umsatz wird künftig nicht mehr allein für den unternehmerisches Wohlergehen sorgen können. So jedenfalls argumentieren die Autoren des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in ihrem kürzlich veröffentlichten Whitepaper "Serviceorientierte Produktion der Zukunft". Vielmehr seien es serviceorientierte Geschäftsmodelle, die in Zukunft Wachstum, Umsatz und damit nachhaltigen und langfristigen Erfolg von Industrieunternehmen sicherten.
Die Maschinenbauindustrie steht den Autoren zufolge vor einem Paradigmenwechsel. Maschinen, Infrastruktur, Hard- und Software bis hin zu menschlicher Intelligenz sollten künftig in Everything-as-a-Service-Modellen, oder kurz XaaS-Modellen, angeboten werden. Als gelungenes Beispiel nennen die Autoren das 2022 eingeführte Pay-per-Part-Modell des Werkzeugmaschinenbauers Trumpf, in dem der Kunde ausschließlich die gefertigten Gut-Teile bezahlt, während Trumpf den Betrieb der Maschine verantwortet und sämtliche Risiken und Zusatzkosten im Betrieb übernimmt.
Dennoch profitiert auch Trumpf von dem Geschäft, da er dadurch Daten und Wissen über seine bei unterschiedlichen Kunden eingesetzten Maschinen erlangt und in der Folge einzelne Kunden beispielsweise bedarfsgerecht zusammengestellte Hardware- und Softwarepakete anbieten kann. Damit partizipiert Trumpf als Maschinenanbieter am größer werdenden Geschäftspotenzial seiner Kunden, während sich zugleich die Vernetzung mit dem Kunden verstärkt.
XaaS erfordert Zusammenspiel zahlreicher Akteure
Nicht notwendigerweise müssen dabei produzierte Gut-Teile Basis eines XaaS-Geschäftsmodells sein. Mögliche Wertversprechen wären beispielsweise auch garantierte Verfügbarkeiten von Maschinen, das Einhalten festgelegter Fertigungsqualitäten oder Vereinbarungen zur Steigerung der Prozesseffizienz.
Damit XaaS-Modelle auf breiter Front einsatzbar werden, braucht es das Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure: Neben den Fabrikbetreibern und den Anlagenanbietern müssen beispielsweise auch Komponentenhersteller dafür sorgen, das ihre zugelieferten Technologien Daten erheben können. Grundlegende Technologien liefern und betreiben zudem Anbieter von ERP- oder MES-Softwarelösungen, IoT-Infrastruktur- und Plattformanbieter und nicht zuletzt auch Banken und Versicherungen, die Teile der Finanzierung und der Risiken übernehmen.
Service-Orchestratoren als vermittelnde Plattform
Für Anwender von Servicemodellen – die Fabriken – bedeutet das vor allem eines: Sie brauchen Ressourcen und Kompetenz auf diesem Feld, um einerseits XaaS-Lösungen im eigenen Betrieb zu organisieren und andererseits den Überblick über den Markt zu behalten. Die mit der Zahl der genutzten XaaS-Lösungen steigende Komplexität könnte Anwender letztlich überfordern.
Damit entsteht der Bedarf an einem Orchestrator, eine dritte Partei, die zwischen Anbieter von XaaS-Lösungen und deren Anwendern vermittelt. Dem Service-Anwender dient der Orchestrator dabei als zentrale Plattform, über die verschiedene XaaS-Angebote zugänglich sind. Der Orchestrator stellt die Serviceangebote unterschiedlicher Anbieter bedarfsgerecht für einzelne Anwender zusammen und stellt während des Betriebs die Leistung der gekauften Angebote transparent dar.
Auch für Service-Anbieter zeigt sich der Service-Orchestrator als zentrale Plattform, über die sie Anwendern XaaS-Angebote und Komponenten zur Verfügung stellen können. Auch in rechtlicher Hinsicht dürften Service-Orchestratoren eine besondere Rolle einnehmen, beispielsweise wenn sie Service-Anbieter hinsichtlich ihrer Servicequalität, dem Umgang mit fremden geistigen Eigentum oder Beschäftigungsdaten zertifizieren.