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2025 | Buch

Produktionstheorie 5

Technik entwerfen

verfasst von: Wilhelm Dangelmaier

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

In dem mehrbändigen Werk zur „Produktionstheorie“ sollen erstmalig die heute aus der Praxis geborenen Produktionsmodelle und –verfahren mathematisch begründet hergeleitet und so auch der Produktionswirtschaft eine wissenschaftliche Grundlage gegeben werden. Dem „wir haben unser Unternehmen halt so organisiert und das hat sich bewährt“ soll eine konstruktivistische Sicht beiseite gestellt und so die vielen deskriptiv angelegten „Fabrikbetriebslehren“ abgelöst werden.

Im vorliegenden Band 5, „Technik entwerfen“ wollen wir eine Theorie des Entwerfens von Technik angehen und uns Gedanken über das Denken und Handeln des Ingenieurs machen. Dieses Denken und dieses Handeln sind immer rekursiv: Wir entwerfen ein Technisches System‘ zur Herstellung eines Technischen Systems‘‘ zur Herstellung eines Technischen Systems‘‘‘. Das könnte bspw. das Entwerfen eines Produktionssystems zur Herstellung von Spritzgussmaschinen zur Herstellung von Haushaltföhns sein, wenn dabei initial nur festliegt, welchen Föhn der Markt letztendlich verlangt. Natürlich gibt es hier eine riesige Bandbreite möglicher Lösungen; wir brauchen nur eine, die für uns beste. Den dafür notwendigen Entscheidungs- und Auswahlprozess soll dieses Buch vorbereiten und/oder begleiten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Aussagen. Mengen. Relationen
Zusammenfassung
Eine Sache vollständig zu beschreiben, wird uns bei allem Bemühen nicht gelingen. Wir können immer zusätzliche Eigenschaften, zusätzliche Verhaltensformen unter neuen Umweltbedingungen, neue Einsatzgebiete Technischer Systeme, usw. generieren. Aber das, was wir über eine Sache aussagen, sollte verifizierbar, widerspruchsfrei und allgemein verständlich sein. Schlüsse müssen logisch korrekt sein, Aussagen und Definitionen aufeinander aufbauen, unabhängig davon, ob eine Sache bereits real existiert oder erst entworfen werden soll. Als kategorischer Imperativ sollte daher über jeder schöpferischen Ingenieurstätigkeit Wer nicht sagen kann, was er meint, meint niemals, was er sagt (Bernardo Bertolucci: Der letzte Kaiser; Film, 1987) stehen. Dabei können wir das „Sagen“ weit fassen; das gesprochene Wort, eine technische Zeichnung, der Fließtext eines Pflichtenhefts, eine Berechnung der technischen Mechanik, ein Ausdruck der Prädikatenlogik usw. Daher soll dieses Kapitel die Grundlage dafür legen, dass wir in den späteren Kapiteln Technik und Sachsysteme anhand einer gemeinsamen Basis korrekt beschreiben können.
Wilhelm Dangelmaier
2. Systeme

Ein System ist eine Menge (im mathematischen Sinn) von Elementen, zwischen denen Wechselbeziehungen bestehen [VBer72]. Eine zweite Stelle betont noch als zusätzlichen Aspekt die Abgeschlossenheit: Ein System ist eine Gesamtheit von aufeinander bezogenen Elementen, die nach außen hin abgegrenzt als Struktur organisiert ist [MSBI21]. Beide Definitionen vereinbaren ein System als eine mathematische Menge von Elementen mit gegenseitigen Relationen, ohne jeden Bezug zur Realität. Der Bezug zur Realität entsteht erst, wenn wir diese Menge von Elementen und Relationen bspw. als Elemente eines Atoms und deren Beziehungen untereinander interpretieren. Damit ist ein so definiertes System keine Realität, kein Atom, noch nicht einmal eine Beschreibung eines Atoms, es ist lediglich ein formales Schema, das wir strukturierend nutzen, um eine Beschreibung eines Atoms in einer gewissen Ordnung, nach einem bestimmten Vorbild, nach einem Muster zu erhalten. Ein „Produktionssystem“ ist ein Formalismus, den wir nutzen können, um diese modellhafte Beschreibung interpretierend zu „systematisieren“. Und wenn wir diese Beschreibung als Modell verstehen, dann haben wir die gegenseitige Stellung von System und Modell in ihren Grundzügen bereits angesprochen: Ein System ist der Repräsentant einer Klasse von Modellen, die wir uns anhand dieses Systems gestaltend aneignen, operationalisieren; am Ende des Entwerfens steht immer ein Modell, kein System. Damit gilt: Wir reden beim Entwerfen immer über ein Bild, über ein Modell einer Realität. Wir reden nicht über einen Windpark, sondern über die Vorstellung, die wir von einem Windpark haben. Wir systematisieren unsere Modelle anhand eines Systems; das Modell ist ein Abbild der Wirklichkeit oder ein Modell von einem Modell der Wirklichkeit, wenn es diese Wirklichkeit noch gar nicht gibt.

Wir teilen dieses Kapitel nach dem Bezug zur Realität ein, nach unserer Sicht, die wir beim Interpretieren einnehmen wollen: Wir beginnen völlig abstrakt, ohne jede Einschränkung, um am Ende Handlungssysteme mit dem Menschen im Mittelpunkt zu besprechen. Jeglicher Interpretation sind dann durch die Fähigkeiten des Menschen Grenzen gesetzt.

Wilhelm Dangelmaier
3. Auswahl eines Sachsystems – Leistungsanforderung und -angebot
Zusammenfassung
Entwerfen ist zu einem ganz wesentlichen Teil ein Entscheiden für oder gegen Handlungsalternativen, ein zielgerichtetes Ausscheiden von Wahlmöglichkeiten. Und um diese Entscheidungen treffen zu können, müssen wir wissen, was wir wollen, und uns dann in einem sozialen Prozess auf gemeinsame Anforderungen, auf möglichst präzise und widerspruchsfrei formulierte Kompromisse einigen. Zum anderen erfordert jede Entscheidung eine möglichst vollständige Information. Also müssen wir uns so viel Wissen wie möglich oder nötig über mögliche Alternativen und über deren Eigenschaften und Konsequenzen verschaffen. Weil Anforderungs- und Angebotsbeschreibungen aber in unterschiedlichen Domänen entstehen, individuell unterschiedlich nominale oder funktionale Sichtweisen sowie unterschiedliche Begriffe und Benennungen verwenden, muss dem Bewertungsprozess ein Übersetzungs- und Interpretationsschritt vorgeschaltet werden. Erst dann können wir die Leistungen und Eigenschaften der Handlungsalternativen messen und auf die Anforderungen abbilden. Die Bewertung können wir eindimensional mit Kostenkriterien und/oder anhand multidimensionaler Zielsysteme in einer Nutzwertanalyse durchführen. Ergebnis dieser Bewertung ist eine Rangfolge der Handlungsalternativen.
Wilhelm Dangelmaier
4. Entwerfen eines Sachsystems
Zusammenfassung
Die Namen Archimedes, Schwarz, Otto und Kaplan – um nur einige zu nennen – wurden durch die Erfindungen der Träger dieser Namen unsterblich. Alle diese Erfindungen sollen „zufällig“ zustande gekommen sein, im Bad, in der Küche, aus Dilettantismus, nach einer feuchtfröhlichen Feier. Diese Erfindungen haben aber alle eine zweite Gemeinsamkeit: Ihre „Erfinder“ konnten eine zufällige Beobachtung in einen Rahmen einordnen, der eine Tragweite weit über das singuläre Ereignis erschloss. Ohne diese Fähigkeit, ohne dieses Vorgeprägtsein hätten sie beim nächsten Bad weniger Wasser eingelassen, beim nächsten Mal ein anderes Rezept zur Herstellung von Gold erprobt, andere Motorenkonzepte getestet oder vor einer Feier den Laborschlüssel abgegeben – und die Idee, die „Erfindung“ wäre verlorengegangen. Dabei ist völlig klar, dass es keine allgemeine Vorgehensweise für das Erfinden von Technik sein kann, dass es nicht ausreicht, sich in die Badewanne zu legen oder sich zu betrinken, um dann auf die Erleuchtung, auf den Geistesblitz zu warten. Der „Einfall“ hatte auch in diesen Fällen harte Arbeit, die Aufbereitung und Kenntnis eines Problemfelds zur Voraussetzung: Nur so konnte ein zufällig eingetretener „Effekt“ als „Lösungsprinzip“ erkannt und begriffen werden.
In diesem Kapitel wird ausgehend von dem in den Kognitionswissenschaften eingeführten Begriff des persönlichen Konstrukts aufgezeigt, wie wir ausgehend von elementarstem Denken rekursiv Schemata für das Entwerfen nutzen und erarbeiten können. Damit soll zum einen das Hoffen und Warten auf den zufälligen Einfall, auf die Erfindung des „Ingenieurs“ soweit als möglich ausgeschaltet werden. Zum anderen aber soll auch deutlich werden: Wenn wir auf keine Schemata, auf keine persönlichen Konstrukte zurückgreifen können und ohne eigenes Wissen und Können nur stumpf nacheinander die Schritte einer Konstruktions- oder Entwurfsmethodik abarbeiten, dann wird das Ergebnis unseres Bemühens ein Kompendium gerade angelesenen Schulbuchwissens, aber kein guter Entwurf, geschweige denn eine Erfindung sein – eine Schöpfung aus dem Nichts übersteigt menschliche Fähigkeiten.
Wilhelm Dangelmaier
Backmatter
Metadaten
Titel
Produktionstheorie 5
verfasst von
Wilhelm Dangelmaier
Copyright-Jahr
2025
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-69038-3
Print ISBN
978-3-662-69037-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-69038-3

    Marktübersichten

    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.