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2018 | Buch

Professionalisierte politische Kommunikation

Empirische Analysen der Wahlkampfkommunikation auf Länderebene

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Über dieses Buch

Zu welchem Ausmaß stellen Wahlkämpfe professionalisierte politische Kommunikation dar? Die These der Professionalisierung von Wahlkämpfen ist gerade im Hinblick auf die Wirkung von Kontextfaktoren – also im Vergleich von Staaten oder über Zeit hinweg – noch nicht systematisch untersucht worden. Die Beiträge in diesem Band analysieren unterschiedliche Aspekte der Professionalisierung von Wahlkämpfen auf der Ebene der deutschen Bundesländer – über Länder hinweg, über die Zeit und zwischen Parteien in einem Land. Dieser erste systematische Test der Professionalisierungsthese in einem föderalen System ermöglicht es, besonders die Wirkung von Kontextfaktoren auf die – stark variierende – Nutzung von Elementen der Professionalisierung in den Vordergrund zu rücken. Mit seinen Erkenntnissen, die auf innovativen empirischen Datenerhebungen beruhen, ist der Band für die wissenschaftliche und praktische Diskussion von größter Bedeutung.
Der InhaltKampagnenstruktur • Kandidaten und ihre Partei • Kampagnenstrategie
Der HerausgeberDr. Bernd Schlipphak ist Professor für empirische Methoden der Sozialwissenschaft am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Münster.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Die Professionalisierung der Wahlkampfkommunikation auf Länderebene
Zusammenfassung
In diesem einleitenden Kapitel werfen wir die grundsätzliche Frage auf, ob sich die vielerorts diskutierte Professionalisierung politischer Kommunikation auch in der Wahlkampfkommunikation auf Ebene der Bundesländer beobachten lässt. Wir skizzieren dafür die theoretische Konzeption von Professionalisierung und grenzen sie von anderen Begriffen wie Amerikanisierung oder Mediatisierung ab. Nach dieser Konzeptualisierung argumentieren wir, dass die Erwartung einer linearen Entwicklung der Pro-fessionalisierung über unterschiedliche Kontexte hinweg aus unserer Sicht nicht der Realität entspricht. Stattdessen vermuten wir, dass wir gerade auf der Ebene der Wahlkämpfe auf Länderebene ein Verhalten politischer Akteure beobachten sollten, dass der Shopping-These entspricht – also das kontext-bedingte Aufgreifen verschiedener Elemente professionalisierter Wahlkämpfe. Am Ende des Kapitels stellen wir die Beiträge des Bandes insbesondere vor dem Hintergrund dieses Argumentes vor.
Sophie Garbe, Bernd Schlipphak

Kampagnenstruktur

Frontmatter
Professionell strukturiert oder strukturell anders?
Die Professionalisierung im Wahlkampf von FDP und Grünen auf Landesebene
Zusammenfassung
Dieses Kapitel untersucht die Frage, ob sich auf Ebene der Kampagnenstruktur eine Professionalisierung und damit eine systematische Angleichung der Wahlkämpfe von FDP und Grünen über die Zeit hinweg beobachten lässt. Zur Beantwortung dieser Fragestellung generieren die Autoren zunächst Hypothesen aus der theoretischen Diskussion der Literatur. Anschließend testen die Autoren die Hypothesen anhand eines eigenständig erhobenen Datensatzes zu den Wahlkampfausgaben von FDP und Grünen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zwischen 1990 und 2012. Die empirischen Befunde zeigen, dass eine homogene Entwicklung hin zu einer stärkeren Professionalisierung der Kampagnenstruktur über Länder und Parteien hinweg nicht stattfindet. Nach einer Kontextualisierung ihrer Ergebnisse schließen die Autoren mit einem Ausblick auf verbleibende Forschungsdesiderate.
Maximilian Keller, Nils Leder

Kandidaten und ihre Partei

Frontmatter
Kommunikative Professionalisierung allerorten?
Die (Nicht-)Beteiligung von Direktkandidat*innen an Kandidat*innenbefragungen
Zusammenfassung
Voting Advice Applications (VAAs) – online verfügbare Anwendungen, die einen Abgleich der Wähler*innen-Positionen mit denen der Parteien und Kandidat*innen ermöglichen – scheinen gerade für politische Akteure eine perfekte Möglichkeit zur direkten Kommunikation der eigenen Positionen zu sein. Dennoch beteiligen sich lange nicht alle Kandidat*innen an solchen VAAs. Am Beispiel der Nutzung des Kandidatencheck im NRW-Landtagswahlkampf 2017 untersucht dieses Kapitel mögliche Gründe für die (Nicht-)Nutzung. Die Autorinnen verwenden dafür einen eigenständig erhobenen Datensatz. Die gewonnenen empirischen Erkenntnisse – welche auf signifikante Effekte der Parteienmitgliedschaft und der Mandatsinhaberschaft für die Nutzung der VAA hinweisen – deuten sie zum Teil als Bestätigung der Professionalisierungsthese, verweisen aber auf die Notwendigkeit weiterer Forschung.
Katharina Theißing, Isabelle Paul
Einsame Kandidaten
Wie und warum sich DirektkandidatInnen (nicht) anders positionieren als die eigene Partei
Zusammenfassung
Ein professionalisierter Wahlkampf zeichnet sich unter anderem durch eine konsistente Positionierung der Partei und ihrer KandidatInnen aus. Dieses Kapitel untersucht, ob sich eine solche einheitliche Positionierung von Parteien und KandidatInnen im NRW-Landtagswahlkampf nachvollziehen lässt. Anhand eines eigenständig erhobenen Datensatzes zeigt der Beitrag, dass sich insbesondere CDU-KandidatInnen im Wahlkampf in unterschiedlichen Sachfragen stark von ihrer Partei abgegrenzt haben. Dabei zeigt sich, dass insbesondere die Mandatsinhaberschaft sowie das Alter der KandidatInnen eine Rolle dafür spielen, ob diese sich zur Parteiposition bekennen oder nicht. Zusammenfassend lassen diese Erkenntnisse darauf schließen, dass eine Professionalisierung stattfindet, deren Ausmaß aber durch Charakteristika von Partei und Kandidaten moderiert wird.
Lennart Langenhövel, Gregor Christiansmeyer
Zentral organisiert oder individuelle Vorlieben?
Die Nutzung von Social Media durch Kandidaten im Wahlkampf
Zusammenfassung
Wer nutzt social media im Wahlkampf? Die Professionalisierungsthese erwartet für die Nutzung sozialer Medien eine Homogenisierung aller KandidatInnen. Ausgehend von der Strategie der Partei- bzw. der Wahlkampfzentrale sollten alle KandidatInnen (bestimmte) Kanäle nutzen oder nicht. Eine stärker auf die individuelle Charakteristiken eingehende Perspektiven hingegen würde immer noch starke Unterschiede in der generellen Nutzung der sozialen Medien erwarten. Unser innovativer Datensatz zur Nutzung sozialer Medien von DirektkandidatInnen von CDU und SPD im NRW-Lantagswahlkampf 2017 führt zu Ergebnissen, die eher für die zweitere Perspektive sprechen. Wir finden zwar Indizien dafür, dass die Nutzung von Facebook grundlegend von einer zentralen Stelle vorgegeben wird. Im Gegensatz dazu ist die Nutzung von Twitter stark auf persönliche Faktoren der KandidatInnen zurück zu führen. Die Professionalisierung des Wahlkampfes im Bereich der social media-Nutzung wird also durch die Person der KandidatInnen eingeschränkt.
Bernd Schlipphak, Alejandro Cordero, Johannes Terhaar

Kampagnenstrategie

Frontmatter
Kandidat vor Inhalt?
Eine Analyse der Wahlplakatkampagnen zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017
Zusammenfassung
Die Personalisierung wird als ein wesentlicher Teil der Professionalisierung politischer Kommunikation wahrgenommen. Dieser Beitrag untersucht das Ausmaß, vor allem aber die Art der Präsentation von Personen im NRW-Landtagswahlkampf 2017. Dazu verwenden die Autorinnen ein ikonographisches Verfahren, anhand dessen sie ausgewählte Wahlplakate von SPD, CDU, Grüne, FDP, Die Linke und der AfD untersuchen. Aufgrund ihrer Ergebnisse konstatieren die Autorinnen, dass die Personalisierung im Wahlkampf nur für einige Parteien gegeben scheint. Hinzu kommt, dass üblicherweise mit der Personalisierung verknüpfte Folgen wie die Entideologisierung und Privatisierung politischer Kommunikation nur in Ansätzen zu bestätigen ist.
Michèle Meditz, Andrea Säckl
Professionalisierte Wahlplakate?
Personalisierung und Inhaltsverkürzung in Landtagswahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen
Zusammenfassung
Welche Entwicklungen im Hinblick auf Personalisierung und Inhaltsverkürzung lassen sich in Landtagswahlkämpfen beobachten? Dieser Beitrag beantwortet diese Fragestellung mit einer quantitativen Analyse von Wahlplakaten in NRW-Wahlkämpfen zwischen 1980 und 2017. Da die aus der Literatur abgeleiteten Hypothesen teilweise eine unterschiedliche Entwicklung des Einsatzes von Personalisierung und Inhaltsverkürzung für große versus kleine Parteien erwarten, konzentriert sich der Beitrag auf die Entwicklungen für CDU und Bündnis 90/Die Grünen. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass eine lineare Entwicklung hin zu verstärkter Personalisierung und Inhaltsverkürzung nicht stattfindet. Vielmehr weisen die Resultate auf starke Effekte des Kontexts hin, innerhalb dessen die spezifische Wahlkampagne konzipiert und durchgeführt wird.
Karolin Eisenbraun, Robin Schmitz
Extremes Negative Campaigning
Die Linke und AfD im NRW- Wahlkampf 2017
Zusammenfassung
Nutzen Parteien an den Rändern des politischen Spektrums öfter Negative Campaigning? Und unterscheidet sich dies für Parteien am rechten und linken Rand? Dieser Beitrag thematisiert beide Fragen, indem er den Einsatz von Negative Campaigning in den Wahlkampagnen von AfD und Die Linke im NRW-Landtagswahlkampf 2017 untersucht. Dafür nutzt er eine eigenständig kodierte Datenbank, die über bisherige Analysen durch den Einbezug ganz unterschiedlicher Wahlkampfkanäle (Pressemitteilungen, Wahlplakate, TV-Spots und TV-Duelle) hinausgeht. Die Ergebnisse zeigen, dass extreme Parteien tatsächlich häufiger Negative Campaigning einzusetzen scheinen, und dass dies für rechte Parteien stärker gilt als für Linke – insbesondere was unsachliche Angriffe angeht.
Charlotte Ude, Amelie Wendorf
Professionalisierte Stimmenmaximierung?
Einflussfaktoren auf die Erst- und Zweitstimmen-Kampagnen im NRW-Landtagswahlkampf 2017
Zusammenfassung
Jeder kennt die Plakataufkleber, die eine Erst- und/oder Zweistimmenkampagne der jeweiligen Partei signalisieren. Aber was veranlasst eine Partei dazu, in einem professionalisierten Wahlkampf eine solche Kampagne (nicht) zu nutzen? In der Beantwortung dieser Frage widmet sich der Beitrag einem bis dato gänzlich unerschlossenen Themenfeld. Er systematisiert zunächst die Kampagnenformen im Rahmen eines Zweistimmensystems und fragt dann vor dem Hintergrund der Professionalisierungsthese, welche Akteure und Faktoren maßgeblich für den (Nicht-)Einsatz einer solchen Kampagne verantwortlich sind. Die Ergebnisse zeigen, dass der Entscheidungsort – ein zentrales, kleines Gremium – auf eine Professi-onalisierung auch der Erst- und/oder Zweitstimmenkampagne hindeutet. Diese Professionalisierung wird aber eingeschränkt durch die unterschiedlichen, zum Teil grundlegenden ideologischen oder persönlichen Faktoren, welche die Entscheidung pro oder contra Kampagne bedingen.
John Heidecker, Lukas Weber

Fazit

Frontmatter
Die Professionalisierung von Wahlkämpfen auf der Landesebene: Eine erweiterte Shopping-These
Zusammenfassung
Wie professionalisiert sind Wahlkämpfe auf Länderebene in Deutschland? Keiner der Beiträge in diesem Sammelband beantwortet diese Frage mit der Antwort ‚zu einem hohen Grad‘. Stattdessen sind die Antworten: Es lässt sich keine einheitliche Entwicklung erkennen, und: Es kommt darauf an. Angesichts dessen, dass die Modernisierung in Deutschland im Staatenvergleich relativ weit fortgeschritten ist, hätten wir bei Gültigkeit der These von der Professionalisierung als notwendiger Folge von gesellschaftlicher und technischer Modernisierung ein anderes Ergebnis erwarten sollen. Die Ergebnisse, die wir nun verkürzt nochmals zusammenfassen, verweisen hingegen eher auf eine erweiterte Form der Shopping-These.
Bernd Schlipphak, Sophie Garbe
Metadaten
Titel
Professionalisierte politische Kommunikation
herausgegeben von
Prof. Dr. Bernd Schlipphak
Copyright-Jahr
2018
Electronic ISBN
978-3-658-20656-7
Print ISBN
978-3-658-20655-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-20656-7