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27.11.2019 | Projektmanagement | Interview | Online-Artikel

"HR-Manager sollten Treiber der agilen Transformation sein"

4 Min. Lesedauer
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Interviewt wurde:
Brigitte Ehmann

ist selbstständige Trainerin, Beraterin, Moderatorin und Autorin sowie zertifizierter systemischer Business Coach und ausgebildete Agile-Change-Trainerin. 

Agile Methoden haben kaum Einzug ins Human Resources Management gehalten. Expertin Brigitte Ehmann erklärt, woran das liegt und welche Arbeitsweisen sich für die agile Transformation eignen.

springerprofessional.de: Studien attestieren Personalern, noch wenig agil zu sein. Woran liegt das Ihrer Erfahrung nach?

Brigitte Ehmann: Veränderung ist immer schmerzhaft. Jede Abweichung vom Gewohnten bedeutet eine Anstrengung und ein Verlassen der persönlichen Komfortzone. Das ist bei Personalern nicht anders. Hinzu kommt, dass HR-Manager als Schnittstelle verschiedenster Interessen in einem besonderen Spannungsverhältnis tätig sind. Ein Alleingang im eigenen HR-Bereich macht bei agilem Arbeiten nur bedingt Sinn. Ein weiterer Grund liegt in den Erwartungen der Unternehmensleitung. In vielen Unternehmen soll die Personalabteilung für die standardisierte administrative Abwicklung von Personalangelegenheiten zuständig sein. Dann braucht es agiles Arbeiten nicht.

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Wie sollte Human Resources vorgehen, um agile Methoden in der eigenen Abteilung zu etablieren?

Nach dem Motto: Wie isst man einen Elefanten? In kleinen Stücken. Zuerst empfehle ich, sich einen Überblick zu verschaffen: Welche Methode ist für was gut? Wie sehen konkrete Anwendungsbeispiele aus? Welche Mitarbeiter braucht es? Welche Unternehmenskultur ist notwendig? Eine Kombination von Literatur, Youtube-Videos und Ein-Zwei-Tages-Trainings sind hier eine gute Grundlage. Ein absolutes Muss ist der kontinuierliche Austausch mit anderen Unternehmen und Personalern auf Messen, Meet-ups in lokalen oder internationalen HR-Netzwerken oder organisierten Austauschgruppen. Der Einsatz externer Trainer für das Grundlagentraining und für die punktuelle Begleitung bei der Einführung ist dabei oft sinnvoll. Grundsätzlich gilt aber: Intern vor Extern. Die treibende Initiative und Umsetzung muss immer von innen kommen.

Welche agilen Arbeitsweisen haben sich im HR-Management bewährt und welche Vorteile bieten diese?

Die bekanntesten sind: Design Thinking, Business Model Generation, Lean Start-up, Scrum und mit Abstrichen Kanban. Design Thinking eignet sich etwa zur Entwicklung eines Talentmangement-Systems, für die Verbesserung des Recruiting-Prozesses oder die Einführung flexibler Arbeitszeit. Dabei steht zu Beginn oft keine konkrete Aufgaben- und Zielbeschreibung wie im klassischen Projektmanagement fest. Es gilt zunächst herauszufinden, welche Schmerzpunkte der Kunde mit dem aktuellen Produkt oder der Dienstleistung hat. Erst danach definiert der Dienstleiter, in dem Fall die HR-Abteilung, das Problem und prüft mit dem Kunden, ob das auch wirklich das Problem ist. Im Anschluss werden in einem offenen Brainstorming möglichst viele Lösungsideen generiert. Quantität vor Qualität. Die besten Lösungen gehen dann in die Umsetzung.

Welche Möglichkeiten bietet Lean Start-up Personalabteilungen?

Viele HR-Abteilungen entwickeln mit Lean Start-up erfolgreich Mentoring-Konzepte. Die Kunst ist es, einen Prototyp, mit dem ein erstes Arbeiten möglich ist, beziehungsweise ein umsetzbares Mentoren-Konzept für Mentoren und Mentees zur Verfügung zu stellen. Mit dem Feedback der Mentoren und Mentees sowie mit neuen Erkenntnissen vom Markt werden dann die Mentoren-Programme kontinuierlich in sogenannten iterativen Schleifen verbessert.

Welche agilen Methoden funktionieren in Personalabteilungen hingegen überhaupt nicht und warum?

Den geringsten HR-Bezug hat die Kanban-Methode. Kanban stammt aus der Automobilproduktion und wurde 1947 bei Toyota vom Logistikexperten Taiichi Ohno erfunden. Kanban heißt übersetzt Karte, Tafel oder Beleg. Auf diesen kleinen Karten wurde den Mitarbeitern der Produktionsprozess optisch zum Nacharbeiten dargestellt, Material wurde ebenso durch Karten nachbestellt und geliefert. So konnte der ununterbrochene Just-in-time-Produktionsfluss nach dem Hol-Zufuhr-Pull-Prinzip sichergestellt werden. In der Produktion hat sich die Methode bewährt und findet in digitalisierter und komplett automatisierter Form Anwendung. Bei den agilen Arbeitsweisen in HR hat sich nur das Kanban-Board durchgesetzt, um Aufgaben übersichtlich darzustellen. 

Wie können Personalabteilungen dabei unterstützen, das Unternehmen insgesamt agiler werden?

Agil ist längst nicht mehr der neue heiße Scheiß, sondern Standard und Voraussetzung für Unternehmenserfolg. HR-Verantwortliche sollten zukünftig Initiatoren und Treiber der agilen Transformation sein. Daran werden sie sich messen lassen müssen. Um eine Organisation von der klassischen in eine agile Unternehmenskultur zu wandeln, braucht es Vertrauen, Mut und den festen Willen zur Veränderung. Der Start ist idealerweise ganz oben. Die Unternehmensleitung sollte Role Model sein und agiles Arbeiten vorleben. Für Führung heißt das unter anderem, loszulassen, den Mitarbeitern Verantwortung zu übertragen und nur als Coach und Unterstützer zur Verfügung zu stehen: Servant Leadership.

Wie können HR-Manager die agile Transformation vorantreiben?

Die Initiativen der Personalabteilung können vielfältig und je nach Unternehmenskultur, Branche, Größe, Kunden und Reifegrand der Organisation unterschiedlich ausfallen. Sie reichen von Vernetzungsinitiativen zwischen Geschäftsbereichen, über konkrete erste agile Pilot-Projekte in heterogen Team bis hin zu Besuchen anderer Unternehmen, die agile Arbeitsweisen bereits leben. Fail fast & learn. Alle Maßnahmen müssen der Belegschaft transparent zugänglich gemacht werden, um Verständnis, Akzeptanz sowie Mehrwert zu vermitteln und um Lust zu machen auf eine spannende, abwechslungsreiche Arbeitsweise.

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