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03.07.2018 | Public Relations | Schwerpunkt | Online-Artikel

Deutsche Bank will sich mit Kampagne retten

verfasst von: Johanna Leitherer

5 Min. Lesedauer

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Mit Markenbotschaftern, authentischen Geschichten und neuen Medien versucht die Deutsche Bank, ihr Image bei den Stakeholdern wiederherzustellen. Inwieweit die Kampagne wirklich einen Neustart einläuten kann, ist jedoch ungewiss.

Die Deutsche Bank befindet sich in der tiefsten Krise ihrer Geschichte, konstatieren Medien und Finanzexperten einstimmig. Etliche Skandale und Verfehlungen wie etwa horrende Manager-Boni trotz roter Zahlen haben dem Unternehmensruf nachhaltig geschadet. An der Börse äußert sich das in einer rasanten Talfahrt: Seit Jahresbeginn ist der Aktienwert um historische 44 Prozent gesunken. Die US-Behörde FDIC reagiert auf die Instabilität des Geldhauses mit einer Herabstufung, die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) tat es ihr kurz darauf gleich. Nachdem auch der Ratinganbieter Moody's den Ausblick herabgesetzt hatte, droht nun auch eine Abstufung der Bonitätsnote durch Fitch. Die Ratingagentur hatte kürzlich den Ausblick von "Stable" auf "Negative" herabgesetzt, weil mit einem Umsetzungsrisiko der Deutschen Bank zu rechnen sei, sollten die anstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen das Geschäftsmodell nicht verbessern. 

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Die programmatische Neuausrichtung will das größte deutsche Kreditinstitut gegenüber seinen Kunden derzeit unter anderem mit einer großangelegten Mulitmedia-Markenkampagne dokumentieren, die das Unternehmen eigenen Angaben zufolge einen zweistelligen Millionenbetrag kostet. Diese ist im klassischen Fernsehen, in Print-Magazinen online und auf sozialen Netzwerken zu sehen. Neben einem globalen Markenfilm liegt der Fokus dabei auf multimedialem Storytelling, das die Deutsche Bank auf den Geschichten verschiedener Testimonials gründet. Dazu gehören etwa Privat- und Geschäftskunden. "Wir haben in der Vergangenheit zu viel über uns und unsere Ambitionen geredet, das wollen wir ändern und die Beziehung zu unseren Kunden deutlicher machen", erklärt Lareena Hilton, Verantwortliche für die Markenkommunikation der Deutschen Bank, gegenüber dem Handelsblatt. 

Mit Geschichten überzeugen

Das filmisch aufbereitete Abenteuer von Laura Dekker ist dabei nach Angaben der Deutschen Bank das "Herzstück" der deutschen Marken- und Marketingkampagne. 2010 umsegelte die Niederländern im Alter von nur 14 Jahren alleine die Welt. Dieser Traum wäre jedoch beinahe geplatzt, denn Behörden wollten der Minderjährigen erst verbieten, ohne Begleitung eines Erwachsenen in See zu stechen. Ausgerechnet ihr Vater war es, der alle Sorgen um seine unmündige Tochter für unbegründet erklärte und es schließlich schaffte, das Einverständnis des Jugendamtes zu erwirken. "Wer viel vorhat, braucht einen, der mehr möglich macht", lautet der Abbinder, der zugleich die Deutsche Bank als Werbetreibende offenbart. Indem sich das Institut erst zum Ende des Spots zu erkennen gibt, rücken konkrete Werbeabsichten für den Rezipienten in den Hintergrund. 


Kampagne richtet sich an Interne und Externe

Im Grunde genommen hat Laura Dekkers Reise mit der Deutschen Bank nichts zu tun, denn die Niederländerin gehört nicht einmal zum Kundenkreis. Doch das Institut sieht in der Geschichte der mittlerweile 22-Jährigen sowohl seine eigene Unternehmensphilosophie als auch seine Aufgabe widergespiegelt: Kunden wie Dekker bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen und sich dabei nicht in den Vordergrund zu spielen – wie ein fürsorglicher Vater. Die Kampagne trägt daher den Namen "#positiverbeitrag", ein markenspezifisches Hashtag, wie es in sozialen Netzwerken zur Verschlagwortung verwendet wird. Auf diese Weise werden externe wie interne Stakeholder sogleich zur Partizipation auf den Social Media aufgefordert. 

"Echte Vorbilder wie Laura Dekker inspirieren unsere Kunden und motivieren unsere Mitarbeiter, täglich einen positiven Beitrag zu leisten", begründet Tim Alexander, Marketing-Chef der Privat- und Firmenkundenbank der Deutschen Bank, die Testimonial-Wahl. Daneben treten in der Kampagne das japanische Technologieunternehmen Cyberdyne, der britische Infrastruktur-Investor Rock Rail, eine deutschen Privatkundin und das Berliner Start-up Babbel auf. Weitere Filme sind in naher Zukunft geplant. Ziel ist es, das seit jeher existierende, jedoch nicht öffentlich kommunizierte Engagement der deutschen Bank sichtbar zu machen, heißt es in einer Mitteilung zum Kampagnenstart.

Testimonials als alternative Beziehungsträger

Tatsächlich ist die strategische Ausrichtung der Markenkampagne für die Deutsche Bank möglicherweise die einzige Chance, um ihr angekratztes Image mittels Marketing aufzupolieren. Denn aktuell erweisen sich klassische Herangehensweisen, wie etwa das eigene Unternehmen positiv zu inszenieren, als wenig erfolgversprechend: Interne und externe Stakeholder könnten eine solche Kampagne als wenig authentisch und weichgezeichnet empfinden. Die Markenbotschafter sind als Identifikationsfiguren dagegen noch nicht vorbelastet und haben gute Chancen, die Rezipienten mit ihren Geschichten zu berühren und dadurch eine Bindung aufzubauen. 

"Und genau hierin liegt die entscheidende Parallele zur Markenführung. Eine Parallele, die bis heute noch vollkommen vernachlässigt worden ist. Und zwar der Bindungsaspekt. Denn das ist es, was gute Geschichten schaffen: sie binden die Menschen an sich. Und das ist es, was gleichermaßen eine jede Marke erreichen will: eine starke Bindung zu den Menschen aufzubauen", schreibt Springer-Autor Marco Ruckenbrod im Buchkapitel "Markenbindung durch Dramaturgie – Welchen Einfluss narrative Muster auf die Beziehung zwischen Mensch und Marke haben" (Seite 254).

Zwischen "Ist-" und "Soll-Image"

Eine Geschichte oder ein Narrativ können somit eine Unternehmensstrategie auf alternativem Wege an die verschiedenen Stakeholder herantragen. Doch Alexandra Palzkill-Vorbeck weist im Buchkapitel "Diskussion: Geschäftsmodell-Resilienz – neue Anknüpfungspunkte für unternehmerische Narrative in der Transformation" auch auf die Grenzen des strategischen Storytellings hin: "Das Unternehmen selbst kann immer nur versuchen seine Reputation durch ein "Soll-Image" zu beeinflussen. Die Aufladung der Marke von Seiten der Öffentlichkeit ist allerdings immer ein Aushandeln von internen und externen Perspektiven, die für das Unternehmen übersetzt werden müssen", so die Springer-Autorin (Seite 171).

Intern hat die Deutsche Bank bereits große Erfolge zu verzeichnen, was die Resonanz auf die Markenkampagne betrifft. Die Kampagnen-Seite im Intranet wurde bereits von mehr als 75.000 Mitarbeitern aufgerufen. 14.000 haben sich darüber hinaus bereits aktiv beteiligt und insgesamt 3.500 Beiträge unter Verwendung des Hashtags #positiverbeitrag gepostet. Ob diese Euphorie auf externe Stakeholder übergehen wird, bleibt allerdings abzuwarten. Die Image-Probleme der Deutschen Bank sind schließlich nicht durch verpasste Trends oder eine aufmerksamkeitsstarke Konkurrenz entstanden, sondern rühren von weitreichenden Fehlern her, die in der Vergangenheit begangen wurden. Inwieweit eine Kampagne diese Fauxpas auszubügeln vermag, ist derzeit noch offen. Für das Traditionsinstitut geht es nun darum, seine Versprechen mit Leistung unter Beweis zu stellen.

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