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2017 | Buch

Raum-Akustik und Lärm-Minderung

Konzepte mit innovativen Schallabsorbern und -dämpfern

verfasst von: Prof. Dr. Helmut V. Fuchs

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : VDI-Buch

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Über dieses Buch

Die 4. Auflage dieses inzwischen als Standardwerk anerkannten Fachbuchs greift wieder aktuelle Probleme bei der Gestaltung von Raum-Akustik, Freifeld-Prüfständen und Kanal-Auskleidungen auf. Zu deren nachhaltiger Lösung werden Materialien und Bauteile sowie Auslegungskonzepte nach neuestem Stand des Wissens allgemein verständlich dargestellt. Aufbauend auf den Grundlagen wird das Konzept vertieft. Mehr als 100 Fallbeispiele zeigen, welche konstruktiven und baulichen Maßnahmen schnell und kostengünstig zum Ziel führen können.

Akustiker in der Praxis und Forschung sowie entwerfende und planende Architekten, Bauingenieure und Haustechniker finden neben den Grundlagen und Konzepten besonders auf für bisher vernachlässigten Bereich der tiefen Frequenzen wichtige Hinweise. In Darstellung und Lösung akuter schalltechnischer Probleme stellt der Autor auch neue Erkenntnisse und Konzepte zur Verfügung, bei denen stets das praktisch Nützliche im Vordergrund steht. Für die eingeführten Normen werden Problemlösungen ebenso behandelt wie die Grenzen der Anwendung, wo weiterführende Lösungen gesucht werden. Für Lärmprobleme in Arbeits- und Freizeit-Räumen liefert das Buch eine Fülle konstruktiver Anregungen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einführung
Zusammenfassung
Die Lärmbelastungen im häuslichen Bereich haben, auch in den bereits hoch entwickelten Ländern, in den vergangenen 25 Jahren allgemein eher kontinuierlich zu- als abgenommen. Nach den jüngsten Erhebungen des Umweltbundesamts liegt der Straßenverkehr gemäß Abb. 1.1 mit etwa 54 % kaum verändert an erster Stelle, obwohl hier, dank sukzessiv abgesenkter Grenzwerte, die Emissionsschallleistungspegel (L W) in dB(A) bei den einzelnen Quellen Pkw, Krafträdern bzw. Lkw in Europa inzwischen im Mittel um etwa ∆L Q = 6, 9 bzw. 12 dB(A) deutlich reduziert werden konnten. Dieser scheinbare Widerspruch hat mehrere Gründe: Zum einen hat die gleichzeitig stark gestiegene Anzahl n der Kfz-Bewegungen die immissionswirksamen Pegel (L i) in dB(A) gemäß
$$ {{L}_{\text{i}}}={{L}_{\text{W}}}-\Updelta {{L}_{\text{Q}}}-\Updelta L\ +\ 10\,\lg \,n $$
(1.1)
angehoben.
Helmut V. Fuchs
2. Problemschwerpunkt tiefe Frequenzen
Zusammenfassung
Aus dem Emissionsschallleistungspegel L W einer Quelle Q, den man unter Freifeldbedingungen nach DIN 45 635-1984 bzw. ISO 3745-2003 bestimmen kann, lässt sich der Immissionsschalldruckpegel L in ihrer näheren oder weiteren Umgebung, hier freilich nur schematisch, beschreiben durch:
$$ \begin{aligned}L=\,&{{L}_{\text{W}}}-\Updelta {{L}_{\text{Q}}}+\text{DI}\ +10\,\lg \,\nu +10\,\lg \,n \\ & -20\,\lg \,s-\sum\limits_{i}{{{D}_{i}}} \\ & -20\,\lg \,f\,m\, \\ & -10\,\lg \,A+\Updelta {{L}_{\text{R}}}+\Updelta {{L}_{\text{S}}}+\Updelta {{L}_{\text{T}}}+\,\text{const.} \end{aligned} $$
(2.1)
Darin bedeuten die ersten fünf Terme Eigenschaften der Quelle(n) selbst, die folgenden zwei den Ausbreitungsweg im Freien, der achte den Schalldurchgang durch ein Bauteil, die verbleibenden Terme den Einfluss des Empfangsraums und die Konstante steht für Details der jeweiligen Übertragung. ∆L Q(f) symbolisiert eine mögliche (frequenzabhängige) Lärmminderung an der Quelle, bei einem Gerät z. B. durch direkten Eingriff in den Entstehungsmechanismus, durch Kapselung oder/und Schalldämpfer. Da es leichter fällt, den weltweit allein maßgeblichen A‑bewerteten Schallpegel durch Maßnahmen bei höheren Frequenzen zu senken, verschieben Minderungsmaßnahmen das Maximum in den Lärmspektren regelmäßig zu niedrigeren Frequenzen.
Helmut V. Fuchs
3. Grundlagen für den Lärmschutz und die raumakustische Gestaltung
Zusammenfassung
Neben der Lenkung, Streuung und Dämmung (Unterbindung der Ausbreitung) von Luftschallwellen steht die Dämpfung (Umwandlung ihrer Energie in Wärme) meist im Zentrum aller Maßnahmen zur Lärmbekämpfung und Raumakustik. Trifft eine Welle mit der Schallleistung P i, dem Schalldruck p i, der Schallschnelle v i und Frequenz f auf ein gegenüber ihrer Wellenlänge λ großes Hindernis (Abb. 3.1), so wird sie teilweise reflektiert (P r; u. U. auch gebeugt und gestreut), durchgelassen (P t), als Körperschall fortgeleitet (P f), aber auch absorbiert (P a) mit
$$ {{P}_{\mathrm{i}}}={{P}_{\mathrm{r}}}+{{P}_{\mathrm{t}}}+{{P}_{\mathrm{f}}}+{{P}_{\mathrm{a}}}. $$
(3.1)
Handelt es sich bei dem Hindernis z. B. um eine Wand (oder Decke), deren flächenbezogene Masse \( m^{\prime\prime}_{\mathrm{W}}\) groß gegenüber der in der auftreffenden Welle mitbewegten flächenbezogenen Luftmasse \( m^{\prime\prime}_{\mathrm{A}}\) ist,
$$ m^{\prime\prime}_{\mathrm{W}} \gg m^{\prime\prime}_{\mathrm{A}}=\frac{1}{2\pi f}\frac{{{p}_{\mathrm{i}}}}{{{v}_{\mathrm{i}}}}=\frac{1}{2\pi f}{{Z}_{0}}=\frac{{{\rho }_{0}}\lambda }{2\pi }, $$
(3.2)
mit dem Wellenwiderstand
$$ {{Z}_{0}}={{\rho }_{0}}\,{{c}_{0}}=408\,\mathrm{Pa}\,\mathrm{s}\,{{\mathrm{m}}^{-1}}\quad (\text{bei}\,20\,^\circ \mathrm{C} \, \text{und} \, {{10}^{5}}\,\mathrm{Pa}), $$
(3.3)
Helmut V. Fuchs
4. Passive Absorber
Zusammenfassung
Die nach Anwendungsbreite und Marktvolumen weitaus größte und wichtigste Gruppe von Schallabsorbern folgt dem Prinzip, den Schallwellen bei ihrem Auftreffen nach Abb. 3.1 einen möglichst geringen Widerstand W entgegenzusetzen. Wäre die Schichtdicke d des passiven Absorbers sehr groß, so hinge
$$ W={{\rho }_{0}}\,{{c}_{0}}\frac{\sqrt{\chi }}{\sigma }\sqrt{1-j\frac{\sigma \,\Xi }{2\,\pi \,f\,{{\rho }_{0}}\,\chi }} $$
(4.1)
nur von drei Materialkennwerten ab (Lotze 2006):
a)
Porosität σ mit dem akustisch wirksamen Luftvolumen im Absorber V L und dem Gesamtvolumen des Absorbers V A
 
$$ \sigma =\frac{{{V}_{\text{L}}}}{{{V}_{\text{A}}}}<1, $$
(4.2)
b)
Strukturfaktor χ mit dem an der Kompression V K bzw. Beschleunigung V B beteiligten Luftvolumen
 
$$ \chi =\frac{{{V}_{\text{K}}}}{{{V}_{\text{B}}}}\ge 1, $$
(4.3)
c)
längenbezogener Strömungswiderstand Ξ mit dem Druckabfall ∆p bei gleichmäßigem Durchströmen einer Absorberschicht der Dicke ∆x mit der Geschwindigkeit v
 
$$ \Xi =\frac{\Updelta p}{v\Updelta x}. $$
(4.4)
Für sehr kleine Strömungswiderstände oder sehr hohe Frequenzen vereinfachen sich die Gl. 4.1, und
$$ \Xi \ll 2\,\pi \,{{\rho }_{0}}\,f\quad \to \quad W={{\rho }_{0}}\,{{c}_{0}}\frac{\sqrt{\chi }}{\sigma }\quad ;\quad \alpha =\frac{4}{2+\frac{\sigma }{\sqrt{\chi }}+\frac{\sqrt{\chi }}{\sigma }}, $$
(4.5)
Helmut V. Fuchs
5. Platten-Resonatoren
Zusammenfassung
In Kap. 4 ging es einleitend – darin der historischen Entwicklung folgend – um die passiven Absorber. Entsprechend ihrer im Markt dominierenden Präsenz nehmen sie in allen zitierten Standarddarstellungen von Schallabsorbern und -dämpfern den weitaus größten Raum ein. Im Zusammenhang mit der als Rieselschutz üblichen Abdeckung von Faserabsorbern mit Folien als vorgesetzte luftundurchlässige Schichten sollte deren Masse nach Gl.  eine gewisse Grenze nicht überschreiten, um den Schalleintritt in das poröse Material als dem eigentlichen Absorber möglichst wenig zu behindern. In Abschn. 6.2 wird beschrieben, wie mit nur teilweiser, z. B. streifenförmiger Abdeckung eines hinter den so gebildeten Eintrittsschlitzen dicht gepackten porösen oder faserigen Materials sehr breitbandig wirksame Absorber für mittlere Frequenzen geschaffen werden können. Im Folgenden werden reaktive Absorber behandelt, die dem Schallfeld eine undurchlässige Schicht entgegensetzen, deren flächenbezogene Masse m″ nicht klein, sondern groß gegenüber der in der auftreffenden Welle mitbewegten Luftmasse nach Gl.  ist. Eine solche Masse kann mit dem Schallfeld reagieren, wenn sie als Teil eines Resonanzsystems anregbar gemacht wird.
Helmut V. Fuchs
6. Helmholtz-Resonatoren
Zusammenfassung
In Abschn. 4.1 ist das Verhalten von Loch- oder Schlitzplatten als vorgesetzte schalldurchlässige Schichten für den Sicht- oder Berührungsschutz diskutiert worden. Dort sollte die effektive Plattendicke t eff bzw. das Lochflächenverhältnis σ nach Gl.  bestimmte Grenzen nicht über- bzw. unterschreiten, um den Schalleintritt in das poröse Material als dem eigentlichen Absorber möglichst wenig zu behindern. Anhand konventioneller und innovativer Plattenresonatoren wurde in Kap. 5 gezeigt, wie auch mit schweren Stahlplatten abgedeckte Schichten durch Resonanzmechanismen zu sehr breitbandigen Absorbern werden.
Helmut V. Fuchs
7. Interferenz-Dämpfer
Zusammenfassung
Schalldämpfer und Kapselungen müssen, je nach Schallquelle und Einsatzbedingungen, auf unterschiedliche Geräuschspektren, u. U. auch schmalbandig, abstimmbar sein und oft extremen mechanischen, chemischen und thermischen Belastungen möglichst dauerhaft standhalten. Hier bringt fast jede neue Anwendung den Zwang zu innovativen Problemlösungen, sei es um Druckverluste zu minimieren oder einen Wärmestau zu vermeiden. Allein die Verschmutzungsproblematik verhindert immer noch bereichsweise den Einsatz geeigneter Schallschutzmaßnahmen in Kanälen und an Maschinen, während bei einfacheren Randbedingungen, insbesondere hinsichtlich der hohen Frequenzen, oft schon übertrieben wird. Weil besonders das Austragen und Verschmutzen der faserigen oder porösen Dämpfungsmaterialien neue Probleme schafft, besteht hier dringender Bedarf für alternative, faserfreie Absorbertechnologien (Fuchs 2001).
Helmut V. Fuchs
8. Absorber mit aktiven Komponenten
Zusammenfassung
Die vorstehend behandelten passiven und reaktiven Schallabsorber und Schalldämpfer dienen seit Langem dem Lärmschutz und der akustischen Behaglichkeit. Mit den Verbundplattenresonatoren in Abschn. 5.3, den Membranabsorbern in Abschn. 6.3 sowie den Rohrschalldämpfern in Abschn. 7.3 wurden auch bereits einige neuartige Varianten vorgestellt, die eine besonders hohe und breitbandige Wirksamkeit bei tiefen Frequenzen aufzuweisen haben und faserfrei aufgebaut werden können. In den Medien erregt aber die aktive Lärmminderung, auch als Antischallmaßnahme tituliert, immer wieder ein viel größeres Interesse. Weil diese aber einen sehr hohen elektronischen Aufwand erfordert, blieb ihr praktischer Einsatz bisher auf wenige Sonderfälle wie z. B. in Kopfhörern von Hubschrauberpiloten beschränkt. Hier soll dagegen ein relativ einfach funktionierendes Prinzip zur aktiven Unterstützung reaktiv wirksamer Absorber vorgestellt werden, das sich bereits als hochwirksame Schalldämpfereinheit, besonders bei tiefen und mittleren Frequenzen, für kompakte Klimageräte und an Heizungsanlagen in großer Stückzahl bewährt hat.
Helmut V. Fuchs
9. Mikroperforierte Absorber
Zusammenfassung
Im Vorangegangenen wurde zunächst in Kap. 4 ein Überblick gegeben über alle klassischen Materialien für und Bauformen von Schallabsorbern. Diese bestehen überwiegend aus den verschiedensten faserigen/porösen Stoffen, die sich Luftschallwellen gegenüber passiv verhalten. Allerdings rücken heute diverse Resonatoren immer mehr in den Vordergrund, die mit dem sie anregenden Schallfeld auf sehr unterschiedliche Weise reagieren (Kap. 5–8). Ob letztere nun materiell mit Platten, Folien oder Membranen (Kap. 6 und 8) oder nur mit unterschiedlich ausgeformten Luftvolumina (Kap. 7 und 8) zum Mitschwingen veranlasst werden: Auch deren Wirksamkeit kann (mit Ausnahme nur des Membranabsorbers) durch das Anbringen bzw. Einbringen einer kleineren oder größeren Menge akustischen Dämpfungsmaterials aktiviert bzw. optimiert werden. Im folgenden und längsten Kapitel über neuartige Schallabsorber geht es um solche, die grundsätzlich ganz ohne Dämpfungsmaterialien eine relativ breitbandige Wirkung entfalten. Die Idee für die Nutzung der Reibung in kleinen Löchern und Schlitzen zur Absorption von Schallenergie ist älter als der Einsatz von extrem dünnen Mineralfasern für den gleichen Zweck und geht ursprünglich auf russische Arbeiten von Rschevkin et al. (1941, 1959) sowie Veliszhanina (1951) zurück. Aber dem Altmeister der chinesischen Akustiker, Maa (1975), war die Theorie zu verdanken, nach welcher vor 22 Jahren der Einsatz des ersten mikroperforierten Absorbers (MPA) in einem spektakulären raumakustischen Sanierungsfall gelang (Fuchs et al. 1993). Inzwischen sind neben diesem transparenten Acrylglasabsorber eine ganze Familie faserfreier Akustikbauteile aus diversen Metallen, Kunststoffen, Holz und in jüngster Zeit sogar aus Flachglas entwickelt worden.
Helmut V. Fuchs
10. Integrierte und integrierende Schallabsorber
Zusammenfassung
In den ersten drei einführenden Kapiteln dieses Kompendiums zur technischen Akustik wird der akute Bedarf für schalldämpfende Maßnahmen an Maschinen und Anlagen sowie in Gebäuden beschrieben. Darin wird das besondere Problem bei den tiefen Frequenzen deutlich gemacht. Die Kap. 4–9 geben einen aktuellen Überblick über die verschiedenen Wirkungsweisen und Bauarten altbekannter, aber auch einiger neuartiger marktgerechter Luftschallabsorber. Dabei steht die Erläuterung der im Einzelnen sehr unterschiedlichen physikalischen Dämpfungsmechanismen ordnend im Vordergrund. In Tab. 10.1 werden die wichtigsten zehn Absorberfamilien ganz grob mit ihrem charakteristischen Frequenzbereich, in dem sie ihre Wirksamkeit besonders gut entfalten können, dargestellt. Das heißt aber nicht, dass nicht auch z. B. reaktive Membranabsorber oder Plattenresonatoren mit entsprechend geringer Masse als Schalldämpferkulissen in Kanälen für Frequenzen um 500 Hz (Abb. 18.1 und 18.2) oder gar im Kilohertzbereich (Abb. 18.14 und 18.15) und passive Materialien mit entsprechend großer Bautiefe als „bass traps“ in Tonstudios für Frequenzen bis unter 100 Hz ausgelegt werden können (Everest 1994).
Helmut V. Fuchs
11. Raumakustische Grundlagen für größere Räume
Zusammenfassung
In Kap. 1 bis 10 wird ein aktueller Überblick über Materialien und Bauteile gegeben, die es beratenden und planenden Ingenieuren und Architekten ermöglichen, Lärmschutz und Raumakustik nach dem neuesten Stand der Technik zu gestalten. Dabei wird der Schwerpunkt auf die Schalldämpfung bei tiefen Frequenzen und den Einsatz von Absorbern mit glatten, möglichst geschlossenen Oberflächen gelegt. Etwa 70 % des dortigen Stoffs behandeln neuartige Werkzeuge und Hilfsmittel zur Lösung akuter Probleme der technischen Akustik.
In Kap. 11 bis 18 geht es darum, die praktische Anwendung konventioneller wie innovativer Konzepte und Bauteile in ausgewählten Arbeitsbereichen exemplarisch darzustellen. Für die Auslegung und den Bau von Schalldämpfern (Kap. 17) wird ein detailliertes, aber einfach handhabbares Rechenprogramm zugrunde gelegt, das dem Berater oder/und Planer lufttechnischer Anlagen bei der Erfüllung der jeweiligen, natürlich stets frequenzabhängigen Emissions- oder Immissionsanforderungen nach den allgemein und strikt geltenden Normen und Richtlinien die nötige Sicherheit gibt. Auch das komplexe Simulationsprogramm für Freifeldräume zielt zusammen mit einem innovativen Auslegungs- und Auskleidungskonzept (Kap. 15) auf die akribische Einhaltung der von den einschlägigen internationalen Standards vorgegebenen, sehr engen Toleranzen, wiederum selbstverständlich frequenzabhängig und auf Bruchteile eines dB genau. Diese sowie Hallräume und andere Bauakustikprüfstände (Kap. 16) müssen hinsichtlich ihrer Raumkonditionierung ebenfalls sehr engen Normvorgaben genügen.
Helmut V. Fuchs
12. Fallbeispiele akustischer Gestaltung größerer Räume
Zusammenfassung
Nur unter marktüblichen Randbedingungen, Termin- und Preisdruck können innovative Problemlösungen und alternative Konzepte ihren notwendigen Praxistest bestehen. Durch die folgende Beispielsammlung aus anwendungsbezogener Forschungs- und Entwicklungstätigkeit im Fraunhofer-Institut zieht sich, wie ein roter Faden, die Bedämpfung der tiefen Frequenzen, auch und gerade wo es um die Königsdisziplin der Akustik, die Raumakustik repräsentativer Säle für anspruchsvolle kulturelle Darbietungen und Veranstaltungen für bzw. mit vielen Menschen, geht. Natürlich konnte oder wollte man nicht jedem dieselbe Akustik verpassen, aber fast alle konnte man schalltechnisch aufwerten, indem man ihnen mehr Dämpfung im Bassbereich angedeihen ließ, als sonst allgemein üblich ist. Viele der Neubau- und Sanierungsprojekte wurden in enger Zusammenarbeit mit den Herstellern der jeweils zum Einsatz gebrachten Akustikbausteine durchgeführt. Wie in Kap. 11 wiederholt betont wird, kann man sich bei dieser Arbeit auf keine verbindliche Norm berufen, wie etwa im Bereich der Bauakustik auf die DIN 4109. Die entsprechende DIN 18041 (s. Abschn. 13.4) war und ist, damals wie heute, mit ihrer Bass-rise-Toleranz dabei eher hinderlich als förderlich.
Helmut V. Fuchs
13. Raumakustische Grundlagen für kleinere Räume
Zusammenfassung
Vieles, was in Kap. 11 grundlegend ausgeführt ist, gilt auch für kleinere Räume, auch wenn Architekten und Fachplaner der akustischen Gestaltung in diesem Baubereich eine noch deutlich geringere Bedeutung beimessen. Geht es z. B. nur um Klassenzimmer, Büro-, Konferenz- oder Speiseräume, denken die meisten zwar an Schalldämmung (Minimierung der Übertragung von außen nach innen und hier von Raum zu Raum) aber kaum an Schalldämpfung (geeignete Absorption von Nutz- und Störschall im selben Raum). Ein Grund für diese Missachtung ist sicherlich, dass es für die Raumakustik leider keine baurechtlich verbindlichen Normen und Richtlinien gibt, wie sie seit Langem in DIN 4109-1989 und VDI 4100-2012 für die Bauakustik vorliegen. Dabei werden z. B. in Orchestergräben, Proben- und Unterrichtsräumen vielfach Schallpegel erzeugt, die weit über den an gewerblichen Arbeitsplätzen zulässigen liegen. Aber auch in vielen anderen Arbeitsbereichen mit hochqualifizierten und motivierten Arbeitnehmern herrschen unnötig hohe, ergonomisch und funktionell nicht zu verantwortende Dauerschallpegel. Es lässt sich leicht abschätzen, wie enorm der dadurch verursachte Verlust an Produktivität, die Zunahme von Fehlern, Ermüdung und Krankmeldungen ist (s. z. B. Stephenson 2009). Deshalb werden hier den kleinen Räumen zwei eigene Kapitel gewidmet, in denen es wieder um etwas von vorherrschenden Lehrmeinungen abweichende raumakustische Konzepte, um neuartige Schallabsorber sowie (Kap. 14) um mustergültige Fallbeispiele geht, die leicht zugänglich sind.
Helmut V. Fuchs
14. Fallbeispiele akustischer Gestaltung kleinerer Räume
Zusammenfassung
Die eindeutig höchsten akustisch-funktionellen Anforderungen stellen nach Erfahrung des Autors alle Arten von Räumen für Unterricht, Schulung, Besprechung und Unterhaltung dar. Hier wartet gemäß Abb. 13.16 auch, nach den Büros, die bei Weitem größte Zahl von ganz unterschiedlich strukturierten und genutzten Räumen auf eine adäquate raumakustische Aufwertung – eine echte Herausforderung für Beratungsbüros und ein großer Markt für einen zeitgemäßen Innenausbau mit Zukunftsperspektive. Nur wenn man dafür sorgt, dass jedes Wort vom Sprechenden und dem oder den Angesprochenen möglichst glasklar wahrgenommen werden kann, schafft man für alle Teilnehmer an einer vielstimmigen Kommunikation die Möglichkeit, ihre Stimmen dem jeweiligen Zweck (im einen Fall Ansprache an alle; im anderen Fall vertrauliches Gespräch im kleinen Kreis) gezielt anzupassen. Dazu gehört neben einem nicht zu hohen Fremdgeräusch auch eine gewisse Disziplin aller Beteiligten. Aber nur in einem akustisch richtig konditionierten Raum wird diese belohnt, indem Sprache, aber ebenso auch Musik, ganz entspannt fließen kann und sich durch viele gleichzeitig angemessen Sprechende im Raum ein angenehmer Grundpegel einstellt, der dann auch für die erforderliche Vertraulichkeit von Gesprächen sorgt. Niemand sollte ernsthaft daran zweifeln, dass für diese Nutzungsart Kommunikation die unterste Kurve von Abb. 13.10c (oben) und der Toleranzbereich (unten links) angestrebt werden sollte, und zwar für Sprache wie für Musik (s. Abschn. 11.3 bis 11.6)! Die folgenden Beispiele zeigen einige erfolgreiche akustische Sanierungen mit konventionellen sowie alternativen Konzepten und Bauteilen in Räumen unterschiedlichster Konstruktion und Nutzungsart. In keinem Fall gab es dabei Widerstand von Architekten oder Bauträgern, aber stets dankbare Akzeptanz der Nutzer. Trotzdem ist die Bereitschaft der Verantwortlichen, etwas zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den kleineren Räumen zu tun, im Alt- wie im Neubau noch unterentwickelt. Da v. a. das Kostenargument weitere Umsetzungen bremst, bleiben Bauschaffende und ihre Berater herausgefordert, nach effizienten, aber auch preiswerten Problemlösungen zu suchen.
Helmut V. Fuchs
15. Raumakustische Grundlagen für schalltechnische Prüfstände
Zusammenfassung
In den Kap. 11 bis 14 geht es im Wesentlichen um den Einfluss seines Nachhalls auf die Nutzbarkeit eines Raums, also stets um die Erzielung einer optimalen Rückwirkung desselben auf die darin stattfindenden akustischen Ereignisse. Wenn es um die akustische Behaglichkeit von Menschen in geschlossenen Räumen geht, tut man demnach zwar gut daran, starke Reflexionen zu vermeiden, erstens um die Schallpegel in diesen Räumen möglichst zu begrenzen, zweitens um schädliche Überlagerungen von Schallwellen zu vermeiden, drittens aber auch um schlechter Kommunikation (oft als Folge hoher Pegel und starker Interferenzen im Raum) entgegenzuwirken (s. Abschn. 13.1.6 und 13.5). In keinem der behandelten Beispiele ging es aber darum, den Raumeinfluss etwa ganz auszuschalten. Selbst bei den nach oben offenen Amphitheatern in Abschn. 11.8 spielen nützliche Reflexion und Absorption zusammen. Die richtige Raumrückwirkung kann Sprechern wie Musikern helfen, sich ihrem Auditorium optimal mitzuteilen.
Helmut V. Fuchs
16. Fallbeispiele akustischer Gestaltung schalltechnischer Prüfstände
Zusammenfassung
Alle Bauschaffenden sind, normalerweise in guter Zusammenarbeit mit ihren schalltechnischen Beratern, nach baurechtlich verbindlichen Normen verpflichtet, für einen Mindest-, gegebenenfalls auch erhöhten Schallschutz (sprich Schalldämmung gegenüber von außen oder innen erzeugten Geräuschen) zu sorgen. Die Schalldämpfung der von den Nutzern selbst verursachten Geräusche unterliegt dagegen, weder im gewerblichen noch im privaten oder öffentlichen Hochbau, vergleichbar strengen Normen (s. Abschn. 13.4). Für reflexionsarme Räume in jeglichen Forschungs-, Entwicklungs- und Prüfzentren liegen sehr detaillierte Richtlinien für Planung und Ausführung bereit, anhand derer die Betreiber der Räume und Anlagen die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Anforderungen verbindlich machen können. Durch die sehr unterschiedlichen Geometrien und Nutzungsbedingungen der Räume ergeben sich so sehr verschiedene akustische Gestaltungen, insbesondere wenn diese sich die in Abschn. 15.4 beschriebenen Absorberbausteine zunutze machen.
Helmut V. Fuchs
17. Grundlagen für Schalldämpfer in Strömungskanälen
Zusammenfassung
In den Kap. 4 bis 10 wurden schallabsorbierende Bauteile hinsichtlich ihrer
a)
akustischen Wirksamkeit,
 
b)
mechanischen Belastbarkeit und
 
c)
optischen Erscheinung
 
in zahlreichen Ausformungen und in Verbindung mit anderen Funktionen beschrieben. Bei ihrer Installation in geschlossenen Räumen (s. Kap. 11 bis 16) spielt der mit a) eng zusammenhängende Raumbedarf, insbesondere für tiefe Frequenzen, bereits eine große Rolle, weil er auf die Rohbaukosten der Gebäude einen direkten Einfluss hat. Die Haltbarkeit b) empfindlicher poröser/faseriger Dämpfungsmaterialien lässt sich hier durch akustisch transparente Abdeckungen und Verkleidungen nach Bedarf erhöhen. Die Eigenschaften a) und b) gewinnen zusammen eine um ein Vielfaches höhere Bedeutung, wenn Schallabsorber als Auskleidungen oder/und Kulissen in Kanäle eingebaut werden, in denen sie einer starken turbulenten Umströmung eines u. U. auch chemisch aggressiven Fluids und vielleicht zusätzlich noch Erschütterungen ausgesetzt sind. Wenn das Strömungsmedium Schwebteile, z. B. Reststäube, mit sich führt, besteht außerdem die Gefahr, dass Ablagerungen an solchen Schalldämpfern ihre Wirksamkeit a) mindern. Hier bieten verhautete Materialien (vgl. Abschn. 4.2), aber besonders die reaktiven, rundum versiegelten Metallkassetten nach Abschn. 6.3 und 10.9 eindeutige Vorteile. Die beiden Letztgenannten können, ebenso wie der gesinterte Glasschaum nach Abschn. 4.3, auch sehr hohen Temperaturen im Kanal standhalten.
Helmut V. Fuchs
18. Fallbeispiele akustischer Gestaltung von Schalldämpferanlagen
Zusammenfassung
Die schalltechnische und energetische Auslegung von Schalldämpfern in Strömungskanälen mit konventionellen Mineralfaserfüllungen ist nach Kap. 17 so einfach, dass hier nur Alternativen für besondere akustische und mechanische Anforderungen diskutiert werden sollen. Die Serie von insgesamt über zehn faserfreien Absorbern, wie sie im Vorwort aufgelistet wurde, begann einmal mit dem Absorber ganz aus Kunststofffolien von Abschn. 5.1. Seine Präsentation als Ersatz für Mineralwolleanwendungen in der Raumakustik 1983 auf der Hannover Messe führte zu einem Entwicklungsauftrag für einen nur aus Aluminium herzustellenden Dämpfer für den Einsatz in Strömungskanälen. Bei der wohl größten Einzelanwendung mit dem daraus entstandenen Absorber nach Abschn. 6.3, dem Windkanal des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (Abschn. 16.4), kam dieser außer als Schalldämpfer in den Kanälen auch in der reflexionsarmen Auskleidung der Messhalle zum Einsatz. Diese gegenseitige Befruchtung von Aufgaben zum Schallschutz und zur Raumakustik blieb typisch für die nachfolgenden Innovationsprozesse im Fraunhofer-Institut, auch wenn mal der eine, mal der andere Problembereich auslösend war.
Helmut V. Fuchs
Backmatter
Metadaten
Titel
Raum-Akustik und Lärm-Minderung
verfasst von
Prof. Dr. Helmut V. Fuchs
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-53163-1
Print ISBN
978-3-662-53162-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-53163-1