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05.11.2024 | Rechnungswesen | Interview | Online-Artikel

"Aktuell gilt es, auf die finale Version des Schreibens zu warten"

verfasst von: Alexander Lorber

3:30 Min. Lesedauer

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Quo vadis, E-Rechnung? Im Interview erklärt Finanzexperte Stephan Hüttmann, warum die Umsetzung der neuen Regelungen zur E-Rechnungspflicht für den deutschen Mittelstand eine echte Herausforderung werden könnte.

Herr Hüttmann, wie bewerten Sie den Entwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Einführung der E-Rechnung ab 1. Januar 2025?

Der Entwurf eines BMF-Schreibens ist ein Aufschlag, der grundsätzlich in die richtige Richtung geht. Es ist sehr zu begrüßen, dass eine Regelung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern eingeführt werden soll. Allerdings zeigt er einige Ungereimtheiten und Unschärfen, die Nachbesserungen notwendig machen.

Was sind Ihre Kritikpunkte und wo sehen Sie den größten Anpassungsbedarf?

Es wäre wichtig, einen einheitlichen nationalen und grenzüberschreitenden Rechnungsverkehr zu gewährleisten. Im Zuge dessen sollte es möglich sein, einen vollwertigen, komplett durchlaufenden Rechnungsprozess abzubilden. Schon jetzt ist Peppol (Pan-European Public Procurement Online) als technischer Standard verfügbar und könnte dafür die Basis bilden. Und das idealerweise in einem für die gesamte EU einheitlichen Format, gerade im Hinblick auf ViDA (VAT in the digital age). Daher sollte das Format Provider-unabhängig sein und weder regionale bzw. nationale noch Branchenunterschiede zulassen. Aus unserer Sicht böte sich hier die XRechnung an. Dieses Format berücksichtigt bereits alle gesetzlichen Anforderungen und ist für die Rechnungsstellung an die öffentliche Verwaltung schon heute vorgeschrieben.

Eine weitere Forderung gilt einem einheitlichen und fest definierten Transportweg. Die parallele Einführung und Pflege verschiedener, individuell vereinbarter Übertragungswege bringt für die Unternehmen hohe Kosten mit sich. Daher sollte es nur genau einen Übertragungsweg geben. Bis Ende 2027 kann der E-Mail-Versand für die Übermittlung noch als Brückentechnologie dienen. Danach sollte zum Beispiel Peppol der einzige Übertragungskanal sein, oder gegebenenfalls ein zentrales deutsches Melde- und Clearingsystem im Rahmen der ViDA-Umsetzung. Schließlich wären durchgängige Prozesse zur Reduzierung des Erfüllungsaufwands für die Unternehmen wichtig. Aus DSAG-Sicht ist hier ein Prozess erforderlich, der zumindest in der EU eine nationale und grenzüberschreitende Rechnungsstellung und Umsatzsteuer-Abbildung ermöglicht. Damit ist das Ziel verbunden, den Aufwand der bereits bestehenden Meldepflichten deutlich zu reduzieren. 

Warum wird die Umsetzung vor allem für den Mittelstand eine echte Herausforderung?

Mit der im Entwurf des BMF vorgesehenen, weitgehenden Formatfreiheit - analog dem Wachstumschancengesetz - würde Effizienz noch schwieriger erreichbar. Denn es wären massive Investitionen und/oder die Mitwirkung von Drittunternehmen zur Konvertierung erforderlich. Das würde insbesondere für mittelständische Unternehmen eine echte Herausforderung darstellen. Großunternehmen hingegen werden ihre Marktmacht nutzen, um in ihrem Zuliefer-Netzwerk ihre individuellen Standards durchzusetzen. Damit würde vermutlich eine weitreichende Formatvielfalt entstehen, und kurzfristige Veränderungen auf der Lieferantenseite würden erschwert: Jeder neue Lieferant müsste erst einmal in der Lage sein, das entsprechende Format zu bedienen. Zudem wird die Digitalisierung quasi zum Hemmschuh, der nachhaltige Verbesserungen von Geschäftsprozessen ausbremst, anstatt sie zu beschleunigen.

Nach der aktuellen Planung ist der 1. Januar 2025 als Startzeitpunkt der E-Rechnung geplant. Dies ist zeitlich zu knapp, um die Inhalte des hoffentlich nachgebesserten BMF-Schreibens umzusetzen. Entsprechend haben wir gefordert, dass nach dem Tag der amtlichen Veröffentlichung im Bundessteuerblatt sowohl den Softwareherstellern als auch den Anwenderunternehmen mindestens sechs Monate Zeit für die Umsetzung bleiben.

Wie sollten mittelständische Unternehmen das Thema "E-Rechnung" jetzt am besten angehen?

Aktuell gilt es, auf die finale Version des Schreibens zu warten. Und dann ist erforderlich, dies genau zu analysieren und eine für das jeweilige Unternehmen passende Lösung zu finden. Hier sind die Hersteller der Enterprise-Resource-Planning-Systeme (ERP) gefordert, entsprechende Lösungen zeitnah bereitzustellen. Das wird mit Kosten verbunden sein. Entsprechend kann es je nach Betriebsgröße auch sinnvoll sein, eine entsprechende Konvertierungslösung auf Basis von Pay-per-use einzusetzen. In jedem Fall werden sich die Prozesse von Rechnungsstellung und Rechnungsempfang ändern. Damit sind auch die jeweiligen Abschnitte der schriftlich fixierten Ordnung in den Unternehmen anzupassen.

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