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2019 | Buch

Rechtliche Herausforderungen moderner Verfahren der Intervention in die menschliche Keimbahn

CRISPR/Cas9, hiPS-Zellen und Mitochondrientransfer im deutsch-französischen Rechtsvergleich

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Über dieses Buch

Dieses Buch befasst sich mit der rechtlichen Bewertung von modernen Verfahren der Intervention in die menschliche Keimbahn, d.h. von gentechnischen Veränderungen am Menschen, die an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden. Neuartige Methoden wie die CRISPR/Cas9-Technik, der Mitochondrientransfer und die Möglichkeit der Herstellung artifizieller Gameten aus hiPS-Zellen stellen das Recht vor neue Herausforderungen. Insbesondere ist fraglich, ob die aktuell bestehenden Gesetze diese neuen Verfahren noch erfassen oder ob gesetzliche Lücken entstanden sind. Dieses Buch analysiert in diesem Zusammenhang die Rechtslage in Deutschland und Frankreich. Es behandelt dabei sowohl genetische Veränderungen an menschlichen Keimbahnzellen zur Forschung in vitro als auch solche, die in der Geburt von Menschen münden. Zudem wird der Frage nachgegangen, ob das deutsche Verfassungsrecht einer Anwendung dieser Verfahren grundsätzlich entgegensteht oder ob eine gesetzliche Zulassung in der Zukunft unter bestimmten Voraussetzungen möglich wäre. Auf der Grundlage des Rechtsvergleichs sowie der verfassungsrechtlichen Untersuchung formuliert das Buch einen Regelungsvorschlag, sowohl zur Beseitigung aktuell bestehender rechtlicher Lücken und Unklarheiten als auch im Hinblick auf eine (künftige) mögliche Anwendung der Verfahren.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1 Einleitung
Zusammenfassung
„Ein Bauer, der mit dem Wetter niemals zufrieden war, hatte sich vom lieben Gott die Gnade ausgebeten, daß er einmal ein Jahr lang die Witterung nach seinem Gutdünken bestimmen dürfe. Diese Bitte wurde ihm gewährt. Nun bat er, so oft es ihm zum Gedeihen der Früchte nötig schien, abwechselnd bald um Regen, bald um Sonnenschein und die Saaten schienen sich gut dabei zu befinden. Als er aber sein Getreide geerntet und gedroschen hatte, fand sich's, daß die Körner alle taub waren und keinen Mehlstoff enthielten. Der Bauer beschwerte sich nun beim lieben Gott, daß seine Frucht, obwol es ihr nie an Regen noch an Sonnenschein gefehlt habe, doch so schlecht ausgefallen sei. Der liebe Gott aber sagte: „Du hast nur um Regen und Sonnenschein gebeten, aber niemals um ,Wind‘, der doch zum Gedeihen der Frucht ganz notwendig ist.“
Silvia Deuring
Kapitel 2 Grundlagen der Humangenetik
Zusammenfassung
Das Verständnis von Entstehung, Zusammensetzung und Wirkungsweise des menschlichen Genoms ist für die juristische Bewertung der verschiedenen gentechnologischen Verfahren unerlässlich. Es folgt eine Einführung in die Humangenetik
Silvia Deuring
Kapitel 3 Der Keimbahneingriff
Zusammenfassung
Gentechnische, die DNA einer Zelle verändernde Eingriffe können sowohl bei Körperzellen (somatische Zellen) als auch bei Zellen der Keimbahn vorgenommen werden. Bei somatischen Geneingriffen werden Gene in Zellen eines Gewebes oder Organes eines Menschen gezielt verändert. Diese Eingriffe wirken sich nur beim behandelten Individuum aus und werden nicht an Nachkommen weitervererbt. Bei einem Keimbahneingriff hingegen erfasst die Veränderung solche Zellen, die die genetische Information an die nachfolgende Generation weitergeben. Als spezielle sich auf die Keimbahn auswirkende Verfahren werden im Folgenden die Verwendung von CRISPR/Cas9 an Keimbahnzellen („Genom-Editierung“), der Mitochondrientransfer und die Verwendung von aus hiPS-Zellen hergestellten Gameten erläutert. Neben den naturwissenschaftlichen Erklärungen soll zudem durch Heranziehung internationaler Stellungnahmen ein Blick auf die gesellschaftliche Resonanz hinsichtlich der Anwendung dieser Verfahren geworfen werden. Zudem werden erste Anwendungsfälle dargestellt.
Silvia Deuring
Kapitel 4 Internationale Vorgaben im Überblick
Zusammenfassung
Vererbliche Keimbahneingriffe sind kein rein nationales Thema. Werden derartige Eingriffe in einem bestimmten Land vorgenommen, bleiben die Auswirkungen aufgrund der Vererbbarkeit nicht zwingend nur auf dieses eine Land beschränkt. Auch sind rein nationale Verbote (buchstäblich) nur in Grenzen wirksam. Menschen, die die Vornahme solcher Maßnahmen wünschen, die in ihrem Land aber verboten sind, können sich einfach in ein anderes Land begeben, wo der gewünschte Eingriff erlaubt ist. Selbiges gilt für Forschung an Embryonen. Solcher „Medizin-Tourismus“ ist bereits bei in Deutschland nicht erlaubten Fortpflanzungsmethoden wie der Eizellspende oder der Leihmutterschaft zu beobachten. Allgemeingültige internationale Standards sind folglich begrüßenswert.
Silvia Deuring
Kapitel 5 Nationale Regelungen im Vergleich – Deutschland und Frankreich
Zusammenfassung
Im Folgenden soll untersucht werden, welchen Regelungen neuartige Methoden der Keimbahnintervention in Deutschland und Frankreich unterfallen. Die verschiedenen Arten des Keimbahneingriffs werden entsprechend der zu Beginn der Arbeit vorgestellten Systematik wieder wie folgt unterteilt: Auf der einen Seite werden die Anwendung von CRIPSR/Cas9 an Keimbahnzellen zur Festlegung bestimmter Eigenschaften des Nachwuchses und der Mitochondrientransfer untersucht (Keimbahneingriffe zur Bestimmung der genetischen Konstitution der Nachkommen). Auf der anderen Seite steht die Anwendung von CRIPSR/Cas9 zur Reparatur genetischer Defekte in Spermatogonien, die zur Unfruchtbarkeit eines Mannes führen, sowie die Verwendung künstlicher, aus hiPS-Zellen hergestellter Gameten (Keimbahneingriffe zur Ermöglichung der Fortpflanzung). Innerhalb beider Kategorien wird nochmals differenziert zwischen einer Anwendung der Techniken im Rahmen bloßer Grundlagenforschung oder präklinischer Forschung und einer Anwendung mit Auswirkung auf geborene Menschen.
Silvia Deuring
Kapitel 6 Verfassungsrechtliche Bewertung von Keimbahneingriffen mit Auswirkung auf geborene Menschen
Zusammenfassung
Der folgende Abschnitt widmet sich der verfassungsrechtlichen Bewertung von Keimbahneingriffen mit Auswirkung auf geborene Menschen. Es gilt zu erörtern, ob die derzeitigen Forschungs- und Anwendungsverbote im deutschen Recht auch in Zukunft – unter Zugrundelegung technologischer Verbesserungen zugunsten einer höheren Anwendungssicherheit – von Verfassungs wegen verboten sein müssen oder, jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen, erlaubt werden können bzw. müssen. Hierfür muss untersucht werden, in welche grundrechtlichen Schutzbereiche die Verbote eingreifen und ob der Eingriff aufgrund einer Abwägung mit Rechten und verfassungsrechtlich relevanten Belangen gerechtfertigt werden kann. Diese Untersuchung dient als Grundlage für einen Handlungsvorschlag an den Gesetzgeber.
Silvia Deuring
Kapitel 7 Verfassungsrechtliche Bewertung von Keimbahneingriffen im Rahmen von Grundlagen- und präklinischer Forschung
Zusammenfassung
Es gilt nun die Frage zu beantworten, wie Forschung an Keimbahnzellen verfassungsrechtlich zu bewerten ist. Derzeit gilt ein Verbot, überzählige Embryonen und solche, die zu Forschungszwecken hergestellt wurden, zu Forschungszwecken genetisch zu verändern sowie zu Forschungszwecken Embryonen aus genetisch veränderten Gameten zu erzeugen. Die Frage ist, ob dieses Verbot verfassungsrechtlich zwingend ist oder der Gesetzgeber auch eine andere Regelung treffen könnte.
Silvia Deuring
Kapitel 8 Rechtsrahmen des hypothetisch erlaubten Keimbahneingriffs
Zusammenfassung
Eine hypothetische Streichung der Vorschriften, die der Durchführung von Keimbahneingriffen in der in dieser Arbeit untersuchten Form entgegenstehen, wirft aber die Frage auf, welche derzeit existierenden anderen rechtlichen Regelungen in Deutschland die tatsächliche Durchführung dieser Verfahren erfassen würden und ob insofern ein Regulierungsbedarf besteht.
Silvia Deuring
Kapitel 9 Regulierungsvorschlag
Zusammenfassung
Im Folgenden wird dargestellt, wie Regelungen zur Zulassung der in dieser Arbeit untersuchten gentechnischen Verfahren in den durch das Verfassungsrecht gezogenen Grenzen ausgestaltet sein sollten. Die Darstellung beschränkt sich dabei auf die wesentlichen Eckpunkte dieser Regelungen hinsichtlich der erlaubten Durchführung selbst. Nebenaspekte, wie etwa familienrechtliche Regelungsbedürfnisse zu Fragen der Zuweisung der Elternschaft, bleiben außer Betracht. Ebenso bleiben Regelungen zur Gentechnik und zum Sozialrecht unberücksichtigt. Zunächst wird dargelegt, wie der Gesetzgeber das aktuelle ESchG zur Schließung der aufgezeigten Regelungslücken reformieren könnte. Anschließend wird ein neues Konzept vorgestellt, mit welchem der Gesetzgeber die Fortpflanzungsmedizin im allgemeinen und damit zusammenhängende Bereiche, wie die Forschung an Embryonen, regeln könnte.
Silvia Deuring
Kapitel 10 Gesamtfazit
Zusammenfassung
Eingriffe in die menschliche Keimbahn mit Auswirkung auf geborene Menschen mittels CRISPR/Cas9, durch Verfahren des Mitochondrientransfers sowie durch Verwendung von hiPS-Zellen zu Reproduktionszwecken haben sich als nicht kategorisch unzulässig erwiesen, sondern können, sofern Sicherheitsfragen hinreichend geklärt sind, einer begrenzten Erlaubnis zugeführt werden.
Silvia Deuring
Erratum zu: Nationale Regelungen im Vergleich – Deutschland und Frankreich
Silvia Deuring
Backmatter
Metadaten
Titel
Rechtliche Herausforderungen moderner Verfahren der Intervention in die menschliche Keimbahn
verfasst von
Silvia Deuring
Copyright-Jahr
2019
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-59797-2
Print ISBN
978-3-662-59796-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-59797-2