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2021 | Buch

Rechtsweggarantie im vergleichenden Verwaltungsrecht

Wechselseitige Einflüsse zwischen Rechtsordnungen am Beispiel des Zugangs zum Gericht gegen das Handeln der Exekutive im deutschen, französischen, europäischen und internationalen Recht – Influences mutuelles entre ordres juridiques à l’exemple du droit d’accès au juge contre les actes du pouvoir exécutif en droits allemand, français, européen et international

herausgegeben von: Layla Kristina Jaber, Dr. Stefanie Lüer, Dr. Anne-Marie Thévenot-Werner

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht

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Über dieses Buch

Dieses Buch befasst sich mit aktuellen Fragen des Zugangs zu nationalen und internationalen Gerichten im Verwaltungsrecht aus einem rechtsvergleichenden Blickwinkel. Der diesem Buch zugrundeliegende Ansatz ist das Zusammenführen der deutschen, französischen und unionsrechtlichen oder völkerrechtlichen Sicht auf ausgewählte Themenbereiche, in denen der Gerichtszugang gewissen Besonderheiten unterliegt. Dabei handelt es sich um den Zugang zum Gericht von Umweltschutzvereinigungen, in Asylrechtsstreitigkeiten, im Vergaberecht, von Beschäftigten und Vertragspartnern internationaler Organisationen und von Betroffenen außerhalb internationaler Organisationen.

Wissenschaftler und Praktiker arbeiten die wechselseitigen Einwirkungen heraus, und behandeln Top-Down-Prozesse, Bottom-Up-Prozesse und horizontale Prozesse in deutsch- und französischsprachigen Kapiteln. Abschließend wird aufgezeigt, ob und wie es zu einer Annäherung des deutschen, französischen, europäischen und internationalen Rechts kommen kann.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Frontmatter
Der Zugang zum Gericht im Spannungsfeld zwischen verschiedenen Rechtsordnungen
Résumé
Le droit d’accès au juge administratif constitue un pilier des droits fondamentaux à l’égard du pouvoir exécutif. Toutefois, les différents systèmes juridictionnels à l’échelle nationale – en France et en Allemagne –, européenne et internationale rencontrent parfois des obstacles pour garantir cet accès et permettre un contrôle juridictionnel du pouvoir exécutif. C’est face à ces difficultés que le travail de comparaison du droit apporte une plus-value appréciable. En effet, les différents systèmes juridiques ne sont pas hermétiques les uns aux autres. Des influences ascendantes, descendantes et horizontales peuvent être observées, même s’il existe également des situations dans lesquelles les systèmes développent une résistance aux influences extérieures. L’étude du droit de l’environnement, de l’asile et des marchés publics, ainsi que du droit interne des organisations internationales relatif à leurs relations avec des personnes privées permet d’observer ces influences ainsi que les différentes façons de les traiter.
Layla Kristina Jaber, Stefanie Lüer, Anne-Marie Thévenot-Werner
Der Zugang zum Gericht nach internationaler Rechtsprechung
Die Rechtsprechung des EGMR zu den auch im Verwaltungsverfahren in der Regel einzuhaltenden Garantien der Artikel 6 und 13 EMRK
Résumé
Le texte de l’article 6 de la Convention européenne des droits de l’homme ne prévoit un droit à un procès équitable que pour les « contestations sur les droits et obligations de caractère civil » et pour le « bien-fondé de toute accusation en matière pénale ». Mais, même si les droits administratifs ne sont pas mentionnés, la Cour les a progressivement inclus dans son interprétation de l’article 6 de la Convention. Par ailleurs, la Cour a créé un droit d’accès à un tribunal qui n’était pas non plus mentionné explicitement dans la version originale de la Convention. L’expansion de la notion des « droits et obligations de caractère civil » dans la jurisprudence de la Cour est casuiste et pas toujours facilement prévisible. Mais malgré la revendication d’ouvrir l’étendue de l’article 6 à toutes sortes de litiges, il y a de solides arguments pour continuer avec une approche au cas par cas. Dans ce contexte, cette contribution examine le sens et le but de l’article 6 de la Convention ainsi que le message à tirer des travaux préparatoires et les conséquences potentielles d’une ouverture complète de l’article 6 à tous les conflits de droit administratif.
Angelika Nußberger

„Top-down“-Prozesse beim Zugang zum Gericht von Umweltschutzvereinigungen

Frontmatter
L’accès au juge des associations de protection de l’environnement – une perspective européenne et internationale
Zusammenfassung
In Deutschland und in Frankreich, wie in vielen Rechtssystemen, konzentriert sich die Frage nach dem Zugang von Verbänden zur Justiz auf ihr „berechtigtes Interesse“ (locus standi). Sie sind mit der Schwierigkeit konfrontiert, das Bestehen eines Kausalzusammenhanges zwischen dem angeblichen Verschulden und dem erlittenen Schaden zu rechtfertigen. Umweltschäden können entweder subjektiv in Bezug auf die direkt betroffenen Personen oder objektiv auf die Zivilgesellschaft, die öffentliche Gesundheit oder auf die Natur bezogen werden. Umweltschutzverbände, als juristische Personen des Privatrechts, verfolgen eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit im Namen des allgemeinen Interesses oder zumindest einer Personengruppe. Da sie aus diesem Grund nicht behaupten können, Opfer von individuellen und direkten Schäden zu sein, was eine unabdingbare Voraussetzung für die Umsetzung des Haftungsrechts ist, können sie in diesem Zusammenhang nicht berechtigt sein, Maßnahmen zu ergreifen.
Auf internationaler, europäischer oder nationaler Ebene hat das Umweltrecht keinen eigenen Gerichtshof. In den meisten Staaten werden umweltrechtliche Streitigkeiten von Verwaltungs-, Zivil- oder Strafgerichten verhandelt. Umweltschutzverbände unterliegen daher denselben Kriterien wie jede natürliche oder juristische Person, um Zugang zur Justiz zu erhalten. Die Verteidigung eines allgemeinen Interesses gewährt ihnen selten einen Sonderstatus und ihr berechtigtes Interesse wird oft nicht ausreichend nachgewiesen. Die Europäische Union und der Europarat zeichnen sich durch ihre Verfahrensoffenheit gegenüber Nichtregierungsorganisationen aus, die sich für den Umweltschutz einsetzen.
Aurélien Raccah
Der Gerichtszugang von Umweltschutzvereinigungen – eine deutsche Perspektive
Résumé
En Allemagne, l’accès au juge administratif sert à la protection des droits subjectifs. Un recours altruiste d’associations n’est pas prévu dans la loi sur la juridiction administrative. Depuis 1979, les Länder ont introduit dans leurs lois sur la protection de la nature un recours pour des associations reconnues. En 2002, le législateur fédéral a suivi. Ce recours est limité à des types de décisions spécifiques et au contrôle des manquements à des exigences des lois sur la protection de la nature. En 2006, le législateur fédéral a promulgué la loi portant sur les recours en matière d’environnement (Umweltrechtsbehelfsgesetz). Cette loi règle l’accès au juge des associations de protection de l’environnement. Le but était d’aligner la situation juridique aux exigences de la Convention d’Aarhus et les actes correspondants de l’Union européenne selon une stratégie minimaliste. Depuis, le législateur était obligé à plusieurs reprises d’amender cette loi à cause des manquements aux exigences du droit international et européen. Aussi l’amendement en 2017 n’était qu’un alignement minimal au droit international et européen. Ainsi, l’accès au juge des associations de protection de l’environnement reste un cas exceptionnel et peu apprécié dans le système juridique allemand ayant pour but suprême la protection des droits subjectifs.
Ute Mager
L’accès au juge des associations de protection de l’environnement – une perspective française
Zusammenfassung
Die Entwicklung des Zugangs zum Verwaltungsgericht für Umweltschutzvereinigungen ist in Frankreich alles andere als eindeutig und eine konstante Verbesserung des Gerichtszugangs ist nicht ersichtlich. Die Rechtstexte und die Rechtsprechung schaffen ein Paradox. Während im Genehmigungsverfahren offenbar der Zugang für bestimmte Umweltschutzvereinigungen zum Richter erleichtert wird, muss man feststellen, dass dieser Zugang in Wirklichkeit für die Gesamtheit der Umweltschutzvereinigungen beschränkt ist.
Auch wenn man ohne Weiteres nachvollziehen kann, dass ein uneingeschränkter Zugang zur Justiz unvorstellbar ist, und man weiterhin nachvollziehen kann, dass in Hinblick auf eine Umweltschutzpopularklage (actio popularis) die Staaten versuchen, den Zugang zum Richter einzuschränken, was auch in der Aarhus Konvention so vorgesehen ist, so kann man doch anhand der Entwicklung des Verwaltungsprozessrechts folgende Frage stellen : Verändert nicht die begrenzte Zulässigkeit von Klagen der Umweltschutzvereinigungen aufgrund ihres Statuts und damit ihrer eigenen Zielsetzung das eigentliche Interesse der Vereinsgründung ? Wird nicht im Grunde durch den bestehenden Rahmen des Zugangsrechtes zum Richter die Vereinsfreiheit im Umweltschutz geschwächt ?
Auch wenn man zunächst feststellt, dass das geltende Recht den Zugang einiger Umweltschutzvereine zum Richter erleichtert, so ist es doch angebracht, die somit implizierte Begrenzung des Zugangs der gesamten Umweltschutzvereine zum Richter zu hinterfragen.
Ariane Meynaud-Zeroual

„Top-down“-Prozesse beim Zugang zum Gericht in Asylrechtsstreitigkeiten

Frontmatter
L’accès au juge en matière d’asile – une perspective européenne
Zusammenfassung
Die Europäische Union hat Bemühungen unternommen, einen Rechtsrahmen für die Festlegung einer gemeinsamen Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz auf europäischer Ebene zu schaffen. Trotz der Tatsache, dass der in den Verträgen festgelegte Rechtsrahmen hinreichend weit ist, um Maßnahmen zu ergreifen, die auf eine vollständige und ausgewogene Umsetzung der gemeinsamen Asylpolitik der Europäischer Union abzielen und die uneingeschränkte Wahrung des Rechts auf Zugang zu Gerichten und wirksame Rechtsbehelfe von Personen gewährleisten, die internationalen Schutz beantragen, bleiben die Mitgliedstaaten für die korrekte Anwendung der Bestimmungen verantwortlich, die sich aus Rechtsakten der Union ergeben.
Der Zugang zu Gerichten in Asylsachen – die ebenfalls im Lichte des Artikel 47 der Charta der Grundrechte ausgelegt werden müssen – das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, ist in vielen Rechtsakten vorgesehen, wie zum Beispiel der Dublin-III-Verordnung, der Richtlinie zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und der Richtlinie zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen. In der Tat sind in den Rechtsakten der Europäischen Union mehrere Verfahrensgarantien vorgesehen, die eine wichtige Grundlage für einen wirksamen Zugang zur Justiz bilden. Nach der Migrationskrise in den Jahren 2015 und 2016 hat die Europäische Kommission eine Reihe von Normen für die Aufnahme von Asylsuchenden vorgelegt, um eine neue Phase der Asylpolitik einzuleiten. Es ist wünschenswert, dass der Unionsgesetzgeber Rechtsakte verabschiedet, die einen deutlichen Fortschritt für die weitere Harmonisierung der nationalen Vorschriften in diesem Bereich und eine Verbesserung des Rechts auf Zugang zur Justiz für die Antragsteller auf internationalen Schutz darstellen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist im Hinblick auf das Recht auf Zugang zum Gericht und auf einen wirksamen Rechtsbehelf von großer Bedeutung, da der EuGH anlässlich mehrerer Vorabentscheidungsersuchen der Gerichte der Mitgliedstaaten hilfreiche Hinweise gegeben hat.
Antonio Caiola
L’accès au juge en matière d’asile – une perspective allemande
Zusammenfassung
Nach der sogenannten „Flüchtlingskrise“ des Sommers 2015 und der Ankunft von über einer Million schutzsuchenden Menschen in Deutschland ist die Arbeitslast des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erheblich angestiegen. Die Behörde hat als Kernaufgaben die Schutzsuchenden zu registrieren, sie anzuhören, sowie eine Entscheidung über das Asylgesuch zu treffen und diese den Betroffenen mitzuteilen. Über die Überforderung der Behörde in den letzten drei Jahren wurde bereits häufig in den Medien berichtet. Was weniger präsent ist, aber parallel ebenfalls drastisch zugenommen hat, sind die Klagezahlen von Schutzsuchenden und Asylantragstellern. Diese können mit der Untätigkeitsklage gegen das BAMF vorgehen, wenn dieses keine Bescheide erlässt oder die Einladung zur Anhörung nicht versendet, oder mit der Anfechtungsklage gegen die häufig negative Entscheidung der Behörde vor die ordentliche Verwaltungsgerichtsbarkeit ziehen. Der Beitrag wird sich den folgenden Leitfragen widmen : Welche Verfahrensregeln gelten in Deutschland im Bereich des Asylrechts und des Zugangs zum Gericht für die Betroffenen ? Wie funktioniert die konkrete Anwendung dieser Regeln in der Praxis ? Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede können zwischen Frankreich und Deutschland festgestellt werden ? Schließlich stellt sich die Frage inwieweit ein standardisiertes Rechtsarsenal, sowie gemeinsame Gerichtsbarkeiten auf europäischer Ebene zur Erhöhung der Effektivität des Zugangs zum Gericht in asylrechtlichen Angelegenheiten beitragen könnten.
Adèle Goetsch
L’accès au juge en matière d’asile – une perspective française
Zusammenfassung
In Frankreich hatte man sich dazu entschieden, die Asylrechtsstreitigkeiten einer speziellen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu übertragen, an die Cour nationale du droit d’asile. Die Cour nationale du droit d’asile wurde damit schrittweise gerichtlich verankert. Eine zunehmende Anzahl an Rechtsstreitigkeiten hat nunmehr eine Modernisierung zur Folge, die durchaus kritisch betrachtet werden kann. Beschränkt sich der Verwaltungsrichter darauf, nur eine Auffang-Zuständigkeit in Asylfragen auszuüben, dann führt seine Kontrolle dazu, dass die Erlangung des Asylrechts erschwert wird. Denn dieses Recht ist abhängig vom Zugang zum französischen Hoheitsgebiet oder von einer Überstellung nach dem Dublin-Verfahren.
Francesco Martucci

„Top-down“-Prozesse beim Zugang zum Gericht im Vergaberecht

Frontmatter
L’État acheteur, un acteur sur le marché comme un autre ?
L’ouverture du prétoire aux concurrents évincés des marchés publics en Allemagne et ses retentissements
Zusammenfassung
Die europarechtlichen Impulse zum Vergaberechtsschutz haben im deutschen Recht grundlegende Neuerungen hervorgebracht. Im Unterschied zum französischen Recht ist dem deutschen Recht die Behandlung einer jedweden Verwaltungsentscheidung als anfechtbarer Akt fremd, da es bei der Frage der Anfechtbarkeit nicht auf das Vorliegen einer Entscheidung, sondern auf die Verletzung eines subjektiven Rechts abstellt. Das EU-Recht machte es daher notwendig, allen Bietern ein subjektives Recht auf Einhaltung der Vergaberegeln durch die Verwaltung einzuräumen. Diese Entwicklung hatte nicht nur weitreichende Folgen für die Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter im Vergaberecht, sondern führte darüber hinaus zu der Erkenntnis, dass sämtliches Verwaltungshandeln, egal ob in verwaltungs- oder privatrechtlicher Form und gleich zu welchem Zweck, Sonderbindungen unterliegt. Damit ist eine „Flucht ins Privatrecht“ nicht mehr denkbar. Diese Erkenntnis betrifft das gesamte Verwaltungshandeln im Bereich der vormals als „fiskalische Hilfstätigkeiten“ bezeichneten „sekundären“ Verwaltungsaufgaben. Hiermit wurde im Ergebnis anerkannt, dass die Verwaltung niemals mit Privaten gleichzusetzen ist. Das deutsche Recht nähert sich aufgrund des Einflusses des europäischen Rechts somit der Konzeption des französischen Rechts an, wonach die Verwaltung bei jeglichem Handeln – sei es formal dem Privatrecht oder dem Verwaltungsrecht zugeordnet – einem speziellen, sich von dem auf Private anwendbaren Regime unterscheidenden Rechtsregime unterworfen ist, welches sich durch Sonderrechte und -bindungen und damit einhergehende Rechtsschutzmöglichkeiten auszeichnet.
Hanna Schröder

„Bottom-up“ und „horizontale“ Prozesse beim Zugang zum Gericht im Recht der internationalen Organisationen

Frontmatter
L’accès au juge en droit des marchés publics internationaux
Zusammenfassung
Das Verhältnis zwischen der Immunität internationaler Organisationen und dem Recht auf Zugang zu einem Gericht war Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen und wissenschaftlicher Untersuchungen. Während die Gerichte und die Literatur die Legitimität der Immunität von Gerichtsbarkeit und Vollstreckung anerkennen, die internationalen Organisationen (in ihren Gründungsverträgen) gewährt wird, beanspruchen sie ihre Beschränkung in Ermangelung eines etablierten alternativen Rechtsmittels. Angesichts dieser Situation und um sich an die internationalen Normen anzupassen, haben sich einige internationale Organisationen veranlasst gesehen, spezifische Rechtsmittel zu schaffen, insbesondere im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens.
Gisela Süß
La justiciabilité des actes unilatéraux des organisations internationales financières ou techniques
Zusammenfassung
In manchen Fällen möchten Personen, die mit der Autorität finanzieller oder technischer internationaler Organisationen konfrontiert werden, deren einseitige Rechtsakte anfechten. Obwohl die gerichtliche Kontrolle einseitiger Rechtsakte notwendig ist, um das Risiko einer Rechtsverweigerung zu vermeiden, ist die gerichtliche Kontrolle einseitiger Rechtsakte dieser Organisationen nur begrenzt möglich, so dass das Recht der betroffenen Personen auf Zugang zur Justiz nicht immer uneingeschränkt wirksam ist.
Die interne Kontrolle einseitiger Rechtsakte internationaler Organisationen wird nicht immer von Gerichten durchgeführt. Zusätzlich zu den traditionellen Verwaltungsverfahren wurden mehrere ständige Mechanismen eingerichtet (Inspection Panel der Weltbankinspektion und andere individuelle Beschwerdemechanismen, Kontrollkommission der INTERPOL-Akten, Weltbank-Sanktionsrat, Beschwerdekammer der Europäischen Schulen, Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts), die nicht immer gerichtlicher Natur sind.
Wenn auch theoretisch möglich, stößt eine externe gerichtliche Kontrolle oft auf unüberwindbare Hindernisse. Auf internationaler Ebene kommt aufgrund der fehlenden Zuständigkeit der ständigen Gerichte nur ein Schiedsverfahren in Frage, welches aber selten zwingend vorgeschrieben ist. Auf nationaler Ebene ist die Rechtsprechung zwar etwas fortgeschrittener, Entscheidungen über die Begründetheit bleiben jedoch eine Seltenheit. Trotz der Beschränkung der Immunität internationaler Organisationen durch das Recht auf Zugang zu einem Gericht unter der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der Tendenz, dessen Anwendungsbereich einzuschränken, verhindert ebendiese Immunität – kombiniert mit anderen verfahrensrechtlichen Hindernissen – fast systematisch, dass bei Vorfall eines Rechtsstreits die materielle Rechtmäßigkeit geprüft wird.
Emanuel Castellarin
Loin de l’Union, loin des juges ? – Sur les voies de recours juridictionnelles dans le cadre des activités de sécurité et de défense extraterritoriales de l’Union européenne
Zusammenfassung
Die Europäische Union (EU) entsendet seit dem Jahr 2003 Friedensmissionen im Rahmen ihrer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit dem Ziel, Krisenregionen zu stabilisieren und weiteren Konflikten vorzubeugen, insbesondere durch Beratung und Training. In den bisher knapp 30 EU-geführten Friedenseinsätzen in Osteuropa, im westlichen Balkan, in Sub-Sahara Afrika, in Südostasien und im Mittleren Osten haben mehr als 85 000 Personen Dienst getan. Diese extraterritorialen Aktivitäten zur Friedenssicherung machen zahlreiche Entscheidungen und Maßnahmen administrativer Natur notwendig, sei es in der Personalführung, bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen oder bei möglichen Schadensersatzansprüchen. Diese Entscheidungen administrativen Charakters haben nicht selten Auswirkungen auf Dritte – was wiederum die wichtige Frage aufwirft, welche Rechtswege Betroffenen offenstehen, um Entscheidungen anzufechten oder für nichtig erklären zu lassen. Der Beitrag kartografiert (zum Teil) die bestehenden Rechtswege in Kontext dreier unterschiedlicher Rechtsbehelfssituationen, nämlich bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, bei Entschädigungsverfahren sowie im Falle von Disziplinarverfahren. Anhand dieser drei unterschiedlich gelagerten Fallkonstellationen arbeitet der Beitrag den jeweiligen Rechtsrahmen sowie die institutionellen und prozeduralen Verfahren heraus, die sich auch durch jüngere Rechtsprechung klarer abzeichnen.
Carolyn Moser
Conclusion générale
Zusammenfassung
Das Kolloquium hat die Vielfalt des Zugangs zu einem Verwaltungsgericht in einem bestimmten Fachgebiet, aber auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Rechtssystemen behandelt. Die Pluralität möglicher Interferenzen zwischen diesen verschiedenen Rechtsordnungen wurde untersucht, sowohl national als auch international. Darüber hinaus wurde die Frage aufgeworfen, ob auf europäischer Ebene Instrumente wie die Europäische Menschenrechtskonvention und die Europäische Charta der Grundrechte, die jeweils durch eine eigene Rechtsprechung in ihrer Anwendung garantiert werden, tatsächlich einen Prozess der Harmonisierung der nationalen Gesetze in Gang gesetzt haben. Diese Fragen führten zu den folgenden Überlegungen in Bezug auf die wechselseitigen Bezüge der Rechtsordnungen zueinander insbesondere hinsichtlich des Zugangs zu einem Gericht. Die erste betrifft die Art und Weise und die Voraussetzungen des Zugangs zum Gericht. Die zweite die schrittweise Annäherung der Lösungen, die die verschiedenen Rechtsordnungen, insbesondere die französische und die deutsche, bieten. Die dritte schließlich bezieht sich auf die herausragende Rolle, die den europäischen Richtern, den Richtern des Gerichtshofs der Europäischen Union, aber zweifellos noch mehr den Richtern des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, bei der Harmonisierung der angenommenen rechtlichen Lösungen zukommt, um den Zugang zum Recht gegenüber Handlungen der Exekutive so weit wie möglich zu gewährleisten.
Pierre-Marie Dupuy
Metadaten
Titel
Rechtsweggarantie im vergleichenden Verwaltungsrecht
herausgegeben von
Layla Kristina Jaber
Dr. Stefanie Lüer
Dr. Anne-Marie Thévenot-Werner
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-62098-4
Print ISBN
978-3-662-62097-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-62098-4