Der Gesetzgeber hat Voraussetzungen gegen die Diskriminierung des sogenannten dritten Geschlechts geschaffen. Das hat auch Konsequenzen für HR-Manager. Die gesetzlichen Hintergründe erläutert Rechtsanwalt Hendrik Heitmann in einem Gastbeitrag.
Der Gesetzgeber hat einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, in dem neben dem weiblichen und dem männlichen Geschlecht auch ein drittes Geschlecht mit der Bezeichnung "divers" im Personenstandsrecht gesetzlich anerkannt wird. Das Gesetz soll zum Ende des Jahres in Kraft treten. Vorausgegangen war der Gesetzesvorlage eine Entscheidung des BVerfG vom 10. Oktober 2017 (1 BvR 2019/16).
Die Karlsruher Richter hatten entschieden, dass das geltende Personenstandsrecht gegen das Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG verstößt. Dem Gesetzgeber wurde mit dem Urteil aufgetragen, bis zum 31.12.2018 eine Neuregelung zu schaffen. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber nun nachgekommen. Das dritte Geschlecht bezieht sich auf Menschen, die Merkmale sowohl des männlichen als auch des weiblichen Geschlechts aufweisen. Diese Personen werden auch als Intersexuelle bezeichnet.
Das dritte Geschlecht wird vom AGG geschützt
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stellt neben der Religion, der Weltanschauung, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Behinderung, dem Alter und der sexuellen Identität auch das Geschlecht unter Schutz. Bezogen auf diese Rechtsgüter besteht ein klares Benachteiligungsverbot. Wird ein Mitarbeiter wegen seines Geschlechts etwa benachteiligt, stellt dies einen arbeitsvertraglichen Verstoß des Arbeitgebers dar, der Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrechte des Arbeitnehmers auslösen kann. Auch Schadensersatzpflichten können dem Arbeitgeber auferlegt werden.
Stellenausschreibungen weiterhin geschlechtsneutral
Das Benachteiligungsverbot bezieht sich nicht nur auf Arbeitnehmer, die bereits im Unternehmen beschäftigt sind, sondern auch auf Personen, die sich auf eine externe Stellenanzeige hin bewerben. Insoweit gilt das Benachteiligungsverbot auch für Stellenausschreibungen. Wie eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ermittelt hat, enthalten aktuell nur 2,2 Prozent von insgesamt 5.700 untersuchten Stelleninseraten diskriminierende Inhalte. Das AGG ist also offenbar in den Unternehmen angekommen.
Für HR-Abteilungen stellt sich allerdings künftig die Frage, wie Stellenanzeigen durch das dritte Geschlecht weiterhin AGG-konform gestaltet werden können. Dadurch, dass eine Benachteiligung im Sinne des AGG bereits dann vorliegt, wenn ein Geschlecht in einer Stellenanzeige nicht genannt wird, wird das dritte Geschlecht zukünftig mitaufzunehmen sein.
Wie genau müssen Stellenausschreibungen dann aussehen? Denkbar wäre, die Stelle etwa als Bürokaufmann/-frau auszuschreiben und in Klammern neben der Bezeichnung (m/w) die Bezeichnung "i" für intersexuell oder "d" für divers mitaufzunehmen. Zwar wird dann auch weiterhin die klassische Geschlechterbezeichnung bei der wörtlichen Stellenbenennung verwandt. Eine gerichtliche Festlegung, wie das dritte Geschlecht neben Mann und Frau nunmehr genau zu bezeichnen ist, existiert derzeit aber noch nicht. Vorstellbar wäre insoweit auch, diesem Problem aus dem Weg zu gehen, indem allgemeine Begrifflichkeiten benutzt werden. Gesucht wird dann etwa kein Geschäftsführer/in mehr, sondern die Stelle wird lediglich als Geschäftsführung ausgeschrieben mit der zusätzlichen Bezeichnung (m/w/i beziehungsweise d).
Unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts zulässig?
Weiterhin zulässig sind dagegen unterschiedliche Behandlungen wegen des Geschlechts, wenn sich dies aus den beruflichen Anforderungen ergibt. Es versteht sich von selbst, dass ein Versandhändler, der in seinem Versandkatalog Unterwäsche für Männer anbietet, dafür auch nur männliche Modells suchen und einstellen darf. In einer rein auf Männer ausgerichteten Stellenanzeige läge dann keine Benachteiligung von weiblichen Bewerbern.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch schwer vorstellbar, welche beruflichen Anforderungen speziell nur für Intersexuelle gelten sollen. Dies wird zukünftig sicherlich auch davon abhängen, inwieweit die Unternehmen Intersexuelle als neue Konsumentengruppe identifizieren und für diese besondere Angebote kreieren werden. Marketingkampagnen dürften dann im Sinne zielgruppenorientierter Ansprache mit intersexuellen Mitarbeitern besser durchzuführen sein. In Deutschland geht man derzeit von etwa 80.000 intersexuellen Menschen aus. Jedes 500. Baby kommt im Schnitt mit beiden Geschlechtsmerkmalen auf die Welt. Es handelt sich also auch betriebswirtschaftlich betrachtet um nicht zu vernachlässigende Zahlen.
Fazit: Mit der Veränderung im Personenstandsrecht erhält das dritte Geschlecht nunmehr seine notwendige Anerkennung. Ein nicht unbeträchtlicher Personenkreis wird nunmehr so akzeptiert wie er ist. Für die HR-Abteilungen bedeutet das, dass Stellenanzeigen auch weiterhin geschlechtsneutral auszuschreiben sind und diese mit der Erweiterung um das dritte Geschlecht bezeichnet werden müssen. Insoweit gilt es, kein weiteres – wie gerade kurz nach Einführung des AGG vermehrt anzutreffendes, aber noch nicht ganz verebbtes – AGG-Hopping auszulösen.