2008 | OriginalPaper | Buchkapitel
Regieren mit und ohne Richtlinienkompetenz — Handlungsspielräume der Bundeskanzler in Deutschland und Österreich
verfasst von : PD Dr. Stephan BrÖchler
Erschienen in: Führen Regierungen tatsächlich?
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Führen Regierungen wirklich? Die Frage thematisiert einen Kernbereich politikwissenschaftlicher Forschung: Wie wird unter den Herausforderungen moderner Staatsaufgaben das Geschäft der Lenkung, Führung und Koordination eines Gemeinwesens besorgt? Die Frage nach den Bedingungen des Regierens, die Wilhelm Hennis für die deutsche Politikwissenschaft bereits in den 60er Jahren aufwarf
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, hat angesichts des sich vollziehenden Formwandels von Staatlichkeit (Benz 2004; Mayntz 2004) zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht an Bedeutung für die politikwissenschaftliche Forschung, insbesondere für die Regierungslehre, eingebüßt. In die Sprache der Governanceforschung übertragen, stellt sich heute die Frage, wie der Staat angesichts der gewachsenen Bedeutung von Verhandlungssystemen Interdependenzen managt. Der folgende Beitrag greift einen Aspekt dieser umfassenden Leitfrage heraus: Wie werden Regierungen geführt? Im Mittelpunkt des Interesses steht die Analyse der Rolle der Regierungschefs als wichtige Akteure der Steuerung und Koordination der Regierung. Für Deutschland und Österreich wird untersucht, welche Handlungsspielräume die Bundeskanzler in beiden Ländern besitzen. Die Analyse der Rolle beider Kanzler ist deshalb interessant, weil ihre Handlungsspielräume extrem unterschiedlich eingeschätzt werden. Während der deutsche Bundeskanzler als starker Regierungschef gilt, wird sein österreichischer Amtskollege lediglich als kleiner schwacher Bruder taxiert. Begründet wird diese Einschätzung häufig damit, dass der Bundeskanzler in Berlin über das steuerungsmächtige Instrument der Richtlinienkompetenz verfüge, während sein alter ego in Wien lediglich einen Primus inter pares darstelle.