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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

Relevanz der Medieneffekte auf Angeklagte und Zeugen für Urteile in Strafverfahren

verfasst von : Hans Mathias Kepplinger, Pablo Jost

Erschienen in: Litigation-PR

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Medienberichte über Strafverfahren können sich direkt auf das Urteil auswirken, weil sie einen Einfluss auf Staatsanwälte und Richter besitzen. Sie können sich aber auch indirekt im Urteil niederschlagen, weil sie das Verhalten von unter anderem Zeugen verändern. Mehr als ein Drittel der Richter und Staatsanwälte hat bei ihren Verfahren einen starken Einfluss der Medien auf Zeugen beobachtet. Dabei wurde meist festgestellt, dass Zeugen eingeschüchtert wurden, was sich oft auf ihre Aussagen auswirkte. Zwei Drittel der Richter und Staatsanwälte, die Medieneinflüsse auf Zeugen berichten, haben in ihren Verfahren beobachtet, dass das einen Einfluss auf das Urteil hatte. Bestätigt wird ihre Beobachtung von einer statistischen Analyse der Zusammenhänge: Je mehr Medienbeiträge die Richter und Staatsanwälte über ihre Verfahren verfolgen, desto mehr Medieneinflüsse auf das Urteil stellen sie fest, desto bewusster ist ihnen zudem, dass dies auch durch Beeinflussung von Zeugen geschieht.

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Fußnoten
1
Priming-Effekte entstehen durch die gezielte Fokussierung der Aufmerksamkeit auf zum Beispiel einzelne Personen oder Probleme, die besonders wichtig erscheinen. Sie können die Antworten künstlich in die Höhe treiben.
 
2
Die Befragung wurde Winter 2017/18 mit Unterstützung der CONSILIUM Rechtskommuniaktion GmbH anonym in Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen online durchgeführt. Die Fragebögen gingen online an die zuständigen Behörden und wurden von ihnen online verteilt. Die Antworten der Befragten wurden automatisch an uns online übermittelt. Sie lassen keine Rückschlüsse auf deren Herkunft zu.
 
3
Trotzdem ist die aktuelle Umfrage gut mit der früheren Umfrage vergleichbar. Das zeigen die sehr ähnlichen Antworten auf einige unveränderte Fragen.
 
4
Vgl. dazu die Dokumentation der Ergebnisse unter www.​kepplinger.​de. Dort unter „Forschung“.
 
5
Grundlage der Aussagen der Befragten über Medieneffekte sind ihre Beobachtungen bei eigenen Verfahren. Sie können mit zwei gegenläufigen Fehlern verbunden sein. Zum einen können die Befragten Wirkungen von seltenen oder kaum auffälligen Medienberichten übersehen oder unterschätzen. Das dürfte vor allem bei den vielen kurzen und unspektakulären Verfahren der Fall sein. Zum anderen können sie Wirkungen von häufigen und auffälligen Medienberichten überschätzen. Das dürfte vor allem bei den wenigen langen und spektakulären Verfahren der Fall sein. Einer dieser Wahrnehmungsfehler dürfte die öffentliche Diskussion der Medieneinflüsse auf Strafverfahren prägen: Die Bedeutung der häufigen Effekte auf unspektakuläre Verfahren wird unterschätzt.
 
6
Idealerweise müsste man alle relevanten Beiträge über alle Strafprozesse an deutschen Gerichten in den letzten Jahren untersuchen und den Medien zuordnen, die die befragten Richter und Staatsanwälte nutzen, um sich über ihre Verfahren zu informieren. Das ist jedoch mit vertretbarem Aufwand praktisch nicht möglich. Deshalb verwenden wir als Indikator die Nutzung von sechs viel genutzten Offlinemedien.
 
7
Die Antworten zur Nutzung der hauptsächlich verfolgten Offlinemedien (Abb. 5) wurde mit fünfstufigen Skalen ermittelt (1 = „nie“, 5 = „sehr häufig“). Die sechs Antworten zu den einzelnen Medien wurden zu einem Mittelwertindex verdichtet (M = 2,65; SD = 0,84; Cronbachs Alpha = ,77). Die Antworten auf die Frage nach einem Medieneinfluss auf die Aussagen von Zeugen und Angeklagten (Abb. 3) wurden mit fünfstufigen Skalen ermittelt (1 = „trifft voll und ganz zu“ bis 5 = „trifft überhaupt nicht zu“). Die Antworten wurden zu einem Mittelwertindex zusammengefasst (M = 2,20; SD = 1,06; Cronbachs Alpha = ,83). Die Antworten auf die Frage nach dem Einfluss der Medien auf das Urteil (Abb. 4) wurde mit fünfstufigen Skalen ermittelt (1 = „trifft voll und ganz zu“ bis 5 = „trifft überhaupt nicht zu“). Sie wurden zu einem Mittelwertindex verdichtet (M = 1,34; SD = 0,67; Cronbachs Alpha = ,82).
 
8
Vgl. dazu die wegweisende Untersuchung von Davison (1983, S. 1–15). Sie hat eine kaum noch überschaubare Zahl von Nachfolgestudien ausgelöst, die die theoretischen Annahmen und empirischen Beobachtungen bestätigt, erweitert und modifiziert haben.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Davison, W. P. (1983). The third-person effect in communication. Public Opinion Quarterly, 47, 1–15.CrossRef Davison, W. P. (1983). The third-person effect in communication. Public Opinion Quarterly, 47, 1–15.CrossRef
Zurück zum Zitat Thomas, W. I. (1928). The child in America: Behavior problems and programs (S. 553–576). New York: Alfred A. Knopf. Thomas, W. I. (1928). The child in America: Behavior problems and programs (S. 553–576). New York: Alfred A. Knopf.
Metadaten
Titel
Relevanz der Medieneffekte auf Angeklagte und Zeugen für Urteile in Strafverfahren
verfasst von
Hans Mathias Kepplinger
Pablo Jost
Copyright-Jahr
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-27497-9_19