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14.04.2023 | Rentenversicherung | Kolumne | Online-Artikel

An einer Aktienrente führt kein Weg mehr vorbei

verfasst von: Robert Peres

4:30 Min. Lesedauer

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Die Altersvorsorge in Deutschland steuert mittelfristig auf einen Crash zu. Insbesondere die Säule der gesetzlichen Rentenversicherung zeigt eine besorgniserregende Entwicklung. Die Zeit drängt für die Aktienrente, meint Robert Peres, Rechtsanwalt und Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre.

Die Zahlen sind erschütternd: Im letzten Jahr überstieg der Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung bereits die Marke von 100 Milliarden Euro. Schon in wenigen Jahren werden zwei Beitragszahler einen Rentner finanzieren müssen. Berechnungen zeigen, dass - wenn nicht eingegriffen wird - der Bundeshaushalt 2050 zu knapp 60 Prozent von Rentenzahlungen aufgefressen wird. Diese Erkenntnisse sind leider nicht neu. Die demografische Entwicklung war bereits vor 30 Jahren absehbar. Seit dem gab es sukzessive Leistungseinschränkungen bei einem bis dahin sehr komfortablen System. Umso mehr braucht es möglichst rasch und dringender denn je ein einfaches und kostengünstiges Vorsorgeangebot für die Bürger.

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Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Altersvorsorge

Finanzierungsverfahren der Altersvorsorge lassen sich in Systeme ohne und mit Vorausfinanzierung der Rentenleistungen unterteilen, repräsentiert durch das Umlageverfahren und das Kapitaldeckungsverfahren. Beim Umlageverfahren sind die erworbenen Rentenansprüche nicht, beim Kapitaldeckungsverfahren gänzlich durch Vermögen besichert. Zwischen Umlagefinanzierung und Kapitaldeckung gibt es drei Teilkapitaldeckungsverfahren, die von Versorgungswerken der öffentlich-rechtlichen Altersvorsorge verwendet werden: das Zeitabschnittsdeckungsverfahren der Beamtenversorgung, die ewige Umlage der Zusatzversorgung und das offene Deckungsplanverfahren der berufsständischen Versorgung. Diese Systeme sind flexibel und können Risiken der demografischen Entwicklung und des Kapitalmarkts ausgleichen.

Rentenniveau und -beitragssatz langfristig stabilisieren

Auf Betreiben der FDP wurde daher im Koalitionsvertrag der Ampelregierung der Einstieg in die Aktienrente beschlossen. Die Regierung will nun zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und -beitragssatz in eine "teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen". Dies soll über einen dauerhaften Fonds geschehen, der global anlegt und "von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet" wird.

Der Vorschlag sieht nun vor, dass zunächst ein Kapitalstock von zehn Milliarden Euro an der Börse investiert wird. Langfristig gesehen soll sich diese im Verhältnis doch sehr geringe Summe dann erhöhen. Bisher ist nur von einem Bürgerfonds die Rede, noch nicht von einer eigenen Verwaltung des Portfolios, etwa wie in den USA. Die erwirtschafteten Erträge eines solchen extern verwalteten Bürgerfonds sollen in die Rentensumme fließen. Abzuwarten bleibt, ob später auch eine eigene Portfolioverwaltung dazukommt.

Privatbanken könnten es nicht leisten

Ein wichtiger Aspekt ist die Gestaltung der externen Verwaltung des Bürgerfonds. Soweit bislang ersichtlich, plant der deutsche Staat die Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Lösung. Herkömmliche Privatbanken könnten das Ganze allerdings ohnehin nicht leisten, da sie privatwirtschaftlich organisiert sind und gewinnorientiert arbeiten. Der Bürgerfonds soll ja keine Gewinne für Anteilseigner erzielen, sondern diese in das Rentensystem abführen.

Wie es gut und sinnvoll laufen könnte, zeigt das oft zitierte "schwedische Modell". Das funktioniert neben der staatlichen Umlagefinanzierung und sieht eine Höchstgrenze von 2,5 Prozent des Einkommens zur Einzahlung von kapitalgedeckten Fonds vor. Die Versicherten haben dabei die Wahl zwischen 800 offiziell zugelassenen Fonds mit verschiedenen Risikoprofilen, aus denen bis zu fünf verschiedene Fonds kombiniert werden können. Ansonsten gibt es eine Standardlösung des schwedischen Staates, den sogenannten Fonds AP 7, dessen Sparoptionen auf das Alter des Arbeitnehmers zugeschnitten sind. Dieser Fonds wird von einer Gruppe von etwa 25 Assetmanagern verwaltet. Damit werden die Verwaltungskosten auf ein Minimum reduziert. 

Doch könnte dieser skizzierte Ansatz auch in Deutschland tatsächlich eine umsetzbare Lösung sein? Die Antwort ist komplex und vielschichtig: Denn dazu müssen erfahrene Portfoliomanager gefunden werden, die das Geld risikominimiert anlegen. Neben der Sicherheit gibt es zudem weitere besondere Anforderungen an das Asset Management von Rentengeldern. Hierzu gehören unter anderem die Transparenz und die öffentliche Rechenschaftspflicht. 

Zahlreiche Stakeholder sorgen für Komplexität

In Deutschland gibt es bereits einen Staatsfonds, der sogar eine gute Rendite erwirtschaftet. Dabei handelt es sich um den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, kurz Kenfo. Dieser soll nach dem Atomausstieg in Deutschland die Beseitigung radioaktiven Mülls finanzieren. Die Regierung denkt daran, auch den zukünftigen Rentenfonds von dieser Institution verwalten zu lassen. Bei der Aktienrente gibt es zudem viele Stakeholder und damit eine besondere Komplexität: den Staat, die Bürger, die handelnde Bank, womöglich die Bafin und natürlich die Politik. 

Fakt ist: Die Rente einfach weiter mit Steuergeldern zu finanzieren, führt in eine Sackgasse. Die einzige Lösung ist, die Kapitaldeckung voranzutreiben - nicht nur in der Rentensäule. Auch in der privaten Vorsorge muss der Bürger in der Lage sein, Vermögensbildung über Wertpapiere zu leisten. Doch Deutschland ist ein Land mit schwach ausgeprägter Aktienkultur und einer mangelnden Erfahrung der Bürger mit Wertpapieren. Das Auf und Ab des Marktes verschreckt viele Sparer und daher liegt die Aktienbesitzquote in Deutschland nur bei rund 18 Prozent. Allerdings tendieren mittlerweile jüngerer Menschen dazu, sich über Apps und Plattformen am Aktienmarkt zu beteiligen. 

Klare Kommunikation steigert Akzeptanz der Aktienrente

Wie ernst die Lage ist, zeigen mit Blick auf das Thema Aktienrente auch repräsentative Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa, die von der Initiative Minderheitsaktionäre in Auftrag gegeben wurde: Mit 83 Prozent hat der Großteil der Menschen in Deutschland kein Vertrauen in die Stabilität und Sicherheit der gesetzlichen Rentenversicherung, wie sie in ihrer derzeitigen Form besteht. Über die Hälfte der Befragten befürwortet die Einführung einer Aktienrente, vor allem die Jüngeren.

Um eine dauerhaft breite Akzeptanz der Öffentlichkeit zu erreichen, wird es umfangreicher und klarer Kommunikation bedürfen. Stichwort: finanzielle Bildung. Das Bundesfinanzministerium und das Bundesbildungsministerium haben gerade Eckpunkte für eine Verbesserung der Finanzbildung in Deutschland vorgelegt. Am Ende müsste aber auch die Besteuerung von Aktienbesitz zurückgenommen werden. Der Koalitionsvertrag trug die Überschrift "Mehr Fortschritt wagen". Das sollte auch im Bereich der Altersvorsorge spürbar werden.

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