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05.05.2025 | Reporting | Schwerpunkt | Online-Artikel

EU-Omnibus-Paket will ESG-Berichtspflichten lockern

verfasst von: Sylvia Meier

5 Min. Lesedauer

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Die EU plant im Rahmen des sogenannten Omnibus-Pakets, die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu vereinfachen. Während viele Unternehmen auf Entlastung hoffen, warnen Kritiker vor einem Rückschritt in Sachen Transparenz und Klimaschutz.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist eine Mammutaufgabe für viele Unternehmen. Durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wurden Regularien getroffen, die vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) im Reporting in den kommenden Jahren in die Pflicht nehmen. Bereits den Jahresabschluss zu erstellen, ist für Firmen ein erheblicher Aufwand. Laut CSRD müssen diese hierbei nun auch zwingend über ihre ESG-Aktivitäten (Environment, Social, Governance) berichten. Das ist mit umfangreichen Datenerhebungen, der Ermittlung von Kennzahlen und nicht zuletzt einer technologischen Umsetzung verbunden.

Die vielen mit der CSRD-Umsetzung verbundenen bürokratischen Hürden haben den Ruf vor allem mittelständischer Unternehmen nach Entlastung immer lauter werden lassen. Sie beklagen den mit der Aufgabe verbundenen Kostendruck in einer wirtschaftlich angespannten Lage, die fehlenden Erfahrungswerte und zahlreiche Datenlücken, ein Berichtswesen, das vielerorts noch nicht konsolidiert ist, die enorme personelle Belastung sowie das Fehlen von Mitarbeitern mit spezifischen Kenntnissen zur Nachhaltigkeit im Rechnungswesen. Auch die oft notwendige Beratung und neue Software sind teuer und deren Finanzierung für viele KMU kaum zu stemmen. 

Mögliche Kehrtwernde auf EU-Ebene

Nun zeichnet sich auf EU-Ebene eine mögliche Kehrtwende ab: Das Omnibus-Paket sieht Änderungen in mehreren relevanten Rechtsvorschriften vor:

  • Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
  • Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
  • CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Adjustment Mechanism, CBAM)
  • InvestEU-Verordnung

Im April 2025 haben das EU-Parlament und der EU-Rat dem Vorschlag "Stop-the-Clock" zur zeitlichen Verschiebung der Erstanwendung der CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung zugestimmt. Diese Richtlinie muss bis 31. Dezember 2025 in nationales Recht umgesetzt werden.

KMU fallen nicht mehr unter CSRD-Anwendungsbereich

Ursprünglich sollten auch börsennotierte KMU verpflichtet werden, umfangreiche Nachhaltigkeitsdaten zu liefern - ab 2027 oder nach Aufschub ab 2028. KMU mit bis zu 1.000 Beschäftigten und einem Umsatz von maximal 50 Millionen Euro laut der aktuellen Pläne im Rahmen des Omnisbus-Pakets jedoch vom Anwendungsbereich der CSRD ausgenommen.

Und für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten, aber einem Umsatz unter 450 Millionen Euro, soll die Taxonomie-Berichterstattung freiwillig werden. Diese Option bleibt auch Unternehmen erhalten, die nicht unter die CSRD-Pflichten fallen. Weitere Vereinfachungen betreffen unter anderem Sorgfaltspflichten, CSDDD, Meldepflichten, die Green Asset Ratio für Banken und das CBAM.

Der EU-Rat hat im April 2025 bereits dem Stop-the-Clock-Mechanismus grünes Licht gegeben. Damit wird der Geltungsbeginn bestimmter Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Sorgfaltspflichten von Unternehmen sowie die Frist für die Umsetzung der Bestimmungen zur Sorgfaltspflicht verschoben.

EU-Pläne versprechen weniger Bürokratie

Mit dem EU-Vorhaben würde sich die Zahl der Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, um etwa 80 Prozent verringern. Zudem wird der zeitliche Rahmen, insbesondere durch Stop-the-Clock, deutlich entzerrt. 

"Das erste Omnibus-Paket zum Bürokratieabbau ist ein Hoffnungsschimmer für unsere Wirtschaft, aber nicht mehr", stellt DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov klar und führt aus:

Unternehmen brauchen dringend weniger Bürokratie, klarere Regeln und eine praxisnahe Ausrichtung der Vorgaben. Die Unternehmerinnen und Unternehmer sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und die nachhaltige Transformation mitzugestalten. Doch es muss realistisch umsetzbar sein und darf die Innovationskraft der Wirtschaft nicht einschränken." 

Kritik an der Initiative

Die Meinungen zu den EU-Plänen gehen jedoch weit auseinander. "Die Bemühungen der Kommission, wichtige Gesetze zur Unterstützung des Green Deal abzuschwächen, werden als 'Vereinfachung' getarnt, schaffen aber in Wirklichkeit regulatorische Unsicherheit für Unternehmen", kritisiert Natalie Milde, ESG & Impact Lead bei Future Energy Ventures. "Ich habe keine Hinweise darauf gesehen, dass die Reduzierung der Risiken, die sie in ihrer Lieferkette berücksichtigen müssen oder die Abschaffung bestimmter Berichtspflichten den Wettbewerbsvorteil von EU-Unternehmen deutlich verbessern wird."

Milde fürchtet, dass der Omnibus-Vorschlag zulasten von Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Wirtschaft hinsichtlich der Klimaauswirkungen geht:

Es wäre für Investoren, Verbraucher und Aufsichtsbehörden schwieriger, die Nachhaltigkeitsleistung und -risiken von Unternehmen zu bewerten. Unternehmen würden weniger genau geprüft, verlieren aber auch die Möglichkeit, ihre Führungsrolle in Sachen Nachhaltigkeit unter Beweis zu stellen. Die Nachteile überwiegen die Vorteile", betont die Expertin.

Nachhaltigkeitsberichterstattung lohnt sich

Was bedeutet der Vorschlag für Unternehmen, die sich bereits intensiv auf die CSRD vorbereitet haben und künftig womöglich gar nicht mehr zur Berichterstattung verpflichtet wären? Milde stellt fest: "Der Omnibus-Vorschlag sendet ein negatives Signal, indem er Nachzügler belohnt und Vorreiter bestraft." Unternehmen, die frühzeitig in die Vorbereitung auf die CSRD investiert haben, seien jedoch besser aufgestellt, um zukünftige Nachhaltigkeitserwartungen zu erfüllen, selbst wenn die Berichtspflicht um ein, zwei Jahre oder auf unbestimmte Zeit verschoben wird. "Investoren priorisieren zunehmend nachhaltige Unternehmen, sodass diese wahrscheinlich einen Wettbewerbsvorteil haben werden."

Diese bereits geleistete Arbeit war also nicht umsonst. Der digitale und nachhaltige Wandel fordert Unternehmen heraus und muss aktiv gestaltet werden. Gerade die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung kann dabei zum strategischen Vorteil werden - als Innovationsmotor, zur Stärkung der Markenreputation und zur Positionierung gegenüber investoren- und kundengetriebenen Nachhaltigkeitsanforderungen. Milde stellt klar:

Langfristig bin ich davon überzeugt, dass nur eine grüne Wirtschaft eine prosperierende Wirtschaft ist und dass die erfolgreichsten Unternehmen nicht diejenigen sein werden, die zur Klimazerstörung beitragen, sondern diejenigen, die den Wandel annehmen und Lösungen anbieten."

Neuregelungen mit ESG-Fokus im Blick halten

Die geplanten EU-Maßnahmen lassen jedenfalls viele Unternehmen Aufatmen. Kosten- und Zeitdruck brachten nicht wenige Finanzabteilungen an ihre Grenzen - gerade in Zeiten einer schwächelnden Konjunktur. Auch der im April 2025 veröffentlichte Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD unterstützt die Omnibus-Initiative. Dort heißt es:

Wir unterstützen das europäische Omnibusverfahren zur Lieferkettensorgfaltspflicht (CSDDD), zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), Taxonomie und CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und setzen uns dabei für eine bürokratiearme Lösung insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen ein. Wir schaffen dabei Rechts- und Planungssicherheit und unterstützen die Unternehmen bei einer guten Rechtsumsetzung."

Weniger bürokratische Vorgaben sind zu begrüßen, sollten jedoch nicht zulasten von Nachhaltigkeitsmaßnahmen gehen. Gerade in Zeiten regulatorischer Entlastung bleibt es entscheidend, ökologische, soziale und Governance-Maßnahmen als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie zu begreifen - nicht nur als Pflichterfüllung.

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