Volkswagen, die einst beliebte, familienfreundliche Traditionsmarke, kämpft nun schon seit zwei Jahren mit den Folgen des Dieselskandals und auch der Kartellverdacht diesen Sommer kratzt am Image. Mit Rabattaktionen und Abwrackprämien versucht VW, die enttäuschten Kunden wieder gnädig zu stimmen. Tatsächlich lassen sich viele Verbraucher auf die besonderen Angebote ein. Doch das verlorene Image lässt sich mit Geld allein nicht zurückkaufen.
"Auch, wenn sich die Krise wie bei VW nicht direkt in abnehmenden Absatzzahlen abbildet, ist die kollektive Vertrauensstruktur nachhaltig gestört. Misstrauen gegen das Unternehmen ist ab jetzt latent vorhanden", sind sich die Springer-Autoren Alexander Deichsel, Oliver Errichiello und Arnd Zschiesche im Buchkapitel "Marke als sozialer Wille" sicher (Seite 99). Besonders kritisch wird es, wenn Skandale an den Kernkompetenzen der Marke rütteln, so die Autoren. Enthüllungen über Glassplitter in Babygläschen, mit Pestiziden belastete Kräutertees oder explodierende Handy-Akkus etwa stellen die Professionalität ihrer Hersteller massiv in Frage.
Skandale können Vertrauen zerstören
Eine aktuelle Yougov-Studie hat häufige Fehltritte, die zum Boykott führen, konkretisiert. Demnach werden aus Kunden Marktverweigerer, wenn sich Produkte als gesundheitsschädlich entpuppen (51 Prozent), mit Tierversuchen und -misshandlungen in Verbindung gebracht werden (41 Prozent) oder weil Mitarbeiter des Unternehmens leiden (34 Prozent). Zwei Drittel der Deutschen haben aus Skandalen wie diesen bereits Konsequenzen gezogen und die verantwortlichen Marken gemieden. Drei Fünftel zeigen sich sogar so enttäuscht, dass ihr Boykott bis heute anhält. Laut den Studienautoren müssen sich Unternehmen ordentlich ins Zeug legen, um ihr Image aufzupolieren und einen Boykott abzuwenden.
Diverse Medien und soziale Netzwerke erschweren die Krise einer Marke zusätzlich, indem sie Skandalen eine gewisse Eigendynamik verleihen. Vage Informationen oder Gerüchte ufern so schnell zu komplexen Geschichten aus, die nicht immer auf Fakten basieren. Während Unternehmen ihre tatsächlichen Fehler beheben müssen, gilt es gleichzeitig, Falschmeldungen als solche aufzudecken und einen kühlen Kopf zu bewahren.
Fehler richtig ausbügeln
Anstatt nun große Kampagnen zu streuen, die die positiven Seiten des Unternehmens propagieren, ist es in vielen Fällen gewinnbringender, das Problem gebührend zu thematisieren. Im Idealfall kommen Marken mit gezielter Kommunikation reißerischen Schlagzeilen zuvor. "Krisen werden dann am überzeugendsten bewältigt, wenn man Herr über den Informationsfluss ist und aktiv das Geschehen beherrscht, anstatt nur zu reagieren", meint auch Springer-Autor Robert Deg im Buchkapitel Krisenkommunikation (Seite 231). Marken, die sich ehrlich und aufrichtig für ihre Fehler entschuldigen, wirken sympathischer als diejenigen, die um den heißen Brei herumreden oder ihre Fauxpas gar verschleiern wollen. Um enttäuschte Kunden individuell durch die Krise zu begleiten, bieten sich speziell eingerichtete Hotlines an, die sich ihrer Sorgen annehmen.
Diese bereuende Haltung darf nicht mit devotem Einknicken verwechselt werden. Ganz im Gegenteil: Ehrliche Entschuldigungen schließen nicht aus, dass Unternehmen auch in der Krise zuversichtlich und selbstbewusst kommunizieren sollten, dass es nach den Aufräumarbeiten mit neuem Schwung weitergeht. Wer sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft offen thematisiert, ist also in den meisten Fällen klar im Vorteil. "Ein Unternehmen kann mit Offenheit in der Krise am Ende sogar noch einen positiven Imagegewinn daraus ziehen", weiß Deg (Seite 231). Und so leuchtet selbst in Zeiten von Skandalen und Krisen ein kleines Licht am Ende des Tunnels: 85 Prozent der von Yougov befragten Boykottierer erwägen, Marken eine neue Chance zu geben, sobald diese ihre Fehler aus der Welt geschafft haben.