Skip to main content

1991 | Buch

Risiko und Sicherheit technischer Systeme

Auf der Suche nach neuen Ansätzen

herausgegeben von: Prof. Jörg Schneider

Verlag: Birkhäuser Basel

Buchreihe : Monte Verità

insite
SUCHEN

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Auf der Suche nach neuen Ansätzen

Auf der Suche nach neuen Ansätzen
Zusammenfassung
An der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich wird 1991 ein Forschungsprojekt unter dem Titel „Risiko und Sicherheit technischer Systeme“ (siehe Seiten 271 ff) in Angriff genommen. Dieses — der Finanzierungsmodalitäten wegen als Polyprojekt bezeichnete — Forschungsprojekt soll sich einem brennenden Zeitproblem annehmen und gleichzeitig die interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Hochschule und zwischen Hochschule und externen Institutionen fördern. In dieses Projekt sollen vier bis sechs Jahre lang jährlich mehr als eine halbe Million Franken fliessen.
Jörg Schneider

Standortbestimmung und Problemerfassung

Frontmatter
Sicherheitsbedürfnisse und Lebensrisiko
Zusammenfassung
Ich beginne mein Referat mit einem zusammengeschnittenen Zitat von E.M. Cioran: „Den Aberglauben an das Beste erfunden zu haben, die Vorstellung, daß jeder Schritt vorwärts einen Sieg über das Böse bedeutet, das ist unser verderbliches Privileg. Zweifelsohne kommen wir voran, aber wir machen keine Fortschritte. Zahlen müssen wir für alles. Für jede Tat müssen wir büßen. Der geringste Schritt vorwärts wird eines Tages bereut, denn all unsere Errungenschaften wenden sich letztlich gegen uns. Wir hätten die Dinge auf sich beruhen lassen sollen. Der Mensch hätte sich nicht der Tat verschreiben, sondern in die Passivität eintauchen sollen und selber mit einer einzigartigen Gleichgültigkeit anfangen und enden sollen. Die ‘Zivilisation’ ist im Grunde ein Irrtum und der Mensch hätte in enger Verbindung mit den Tieren, kaum von ihnen unterschieden leben sollen. Auf keinen Fall hätte er das Stadium des Hirten überschreiten sollen. Die Krönung eines Lebens läuft letztlich auf ein tadelloses Mißlingen hinaus.“ [1].
Marianne Gronemeyer
Sicherheitsphilosophischer Konsensbedarf als Herausforderung für Politik und Wissenschaften
Zusammenfassung
Ja, vielen Dank Herr Schneider. Meine Damen, meine Herren, unter uns sitzen sicherlich viele, die Bücher geschrieben haben und auch Opfer des Ansinnens von Verlagen geworden sind, für Klappentexte zur Person mit einem Satz zu sagen, wer man sei. Ich bin gern bemüht, die gegebene kurze Beschreibung dessen, was ich mache und gemacht habe, in meinem Vortrag zu erläutern. Dabei konzentriere ich mich auf die Arbeitsfelder, die mir einen Zugang zu dem Tagungsthema erlauben, das Professor Schneider für den heutigen ersten Tag unserer Arbeitstagung formuliert hat.
Reinhard Ueberhorst
Die Gefahrenbewältigung in einem gesellschaftlichen Spannungsfeld Standortbestimmung und Ausblick
Zusammenfassung
Gefahren sind allgegenwärtig. Wir können ihnen nicht entrinnen, denn was wir oder andere auch tun, alles ist mit Gefahren verbunden. Sicher kann daher niemals risikolos bedeuten. Doch diese Binsenwahrheit scheint heute noch alles andere als Allgemeingut zu sein. Man staune mit mir über eine kürzliche Abstimmungsparole in Basel: „Risiko Null.“ — „‘Ja’ zu Sicherheit und zu ‘Null Risiko’“(Bild 1). In dieser Aussage steckt schon viel von der Problematik, die uns diese Tage beschäftigen soll.
Andreas F. Fritzsche
Backmatter

Beschreibung von Risiken

Frontmatter
Beschreibung Nuklearer Risiken — Ein Lehrstück?
Zusammenfassung
Die Ausgangssituation der Kernenergie (denen erläutert, die auf diesem Gebiet nicht ganz zu Hause sind), stellt sich wie folgt dar: Man sieht sich mit einer grossen Menge und einer hohen Konzentration potentiell gefährlicher Stoffe konfrontiert. Richtzahl etwa 1 Curie pro Watt thermisch; in einer grossen Anlage sind also etwa eine Milliarde Curie radioaktiver Stoffe angesammelt. Man hat sehr früh die Notwendigkeit sicherheitstechnischer Anforderungen realisiert und in Sicherheitsvorkehrungen umgesetzt. Dennoch sind Unfallszenarien mit katastrophalen Folgen möglich; die Bedingungen dafür sind wegen der Vorkehrungen von vornherein extrem unwahrscheinlich: Man weiss, dass die Bedingungen dafür Kernschmelzen und ein frühes Containment-Versagen sein müssen, und wenn man an die Umgebung denkt, auch noch ungünstige Ausbreitungsbedingungen.
Wolfgang Kröger
Zur Charakterisierung von Risiken
Zusammenfassung
Die folgenden Ausführungen erfolgen aus der Sicht des praktischen Anwenders der Risikodenkweise. Seit den 60er Jahren haben wir versucht, in einem Team von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern diese Denkweise in den verschiedensten Bereichen der Technik einzuführen. Unser Hauptanliegen war es, die entsprechenden Ansätze in der Praxis zu erproben und aufgrund der gemachten Erfahrungen weiterzuentwickeln. Als massgebendes Kriterium galt in erster Linie, ob die Risikodenkweise dazu beiträgt, den EntScheidungsprozess transparenter zu gestalten.
Thomas Schneider
Risikobewertung im Verwaltungshandeln
Zusammenfassung
„Nichts geht ohne Risiko, doch ohne Risiko geht auch nichts“ [1]. Diese klassische Tautologie zeigt auf ihre Art, wie in unserer Industriegesellschaft mit Risiken umgegangen wird: Auf eine banale, verharmlosende, dennoch von bedrohlichem Unterton, falls man sich dieser Meinung verschließt, begleitete Art. Dabei ist klar, daß unsere Einstellung, Erkenntnisse sowie Verhaltensoder Nicht-Verhaltensweise diese Risikogesellschaft mitprägen.
Gustav W. Sauer
Beurteilung der Sicherheit im Hinblick auf soziale Wohlfahrt
Zusammenfassung
Den erwarteten totalen Reingewinn zu maximieren — das klassische utilitaristische Ziel — wird als Ziel der Regulierung gefährlicher Technologien im öffentlichen Interesse vorgeschlagen. Insbesondere werden zwei sehr ähnliche Kriterien für die Einschätzung des Reingewinns eines Vorhabens, eines Projekts oder einer vorgeschlagenen Vorschrift vorgeführt: das HDI Kriterium, abgeleitet vom Entwicklungsindex (“Human Development Index” — HDI) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), und das von grundlegenden Indikatoren in dieser Arbeit hergeleitete LPI Kriterium. Die Anwendung wird durch ein Beispiel veranschaulicht.
Niels C. Lind
Backmatter

Fragen der Risiko-Akzeptanz

Frontmatter
Technische Kompetenz und die Semantik des Risikos Paradoxien im Verhältnis zwischen ‘Technik’ und ‘Lebenswelt’
Zusammenfassung
Es gibt Menschen, die mißtrauen Menschen, wenn es um die Technik geht. Ein Beispiel dafür ist Prof. Rudolf Schulten, der „Vater“ des Thorium-Hochtemperatur-Reaktors. Nach Schultens Ansicht ist der Betrieb des T-H-T-R völlig sicher — vorausgesetzt allerdings, daß man keinen Menschen in die Anlage läßt. Wenn nur Technik die Technik kontrolliere, sei diese Technik völlig sicher.
Jürgen Markowitz
Versuche zur Definition eines akzeptablen Risikos — Das Beispiel der Kernenergie
Zusammenfassung
Ursprünglich wurde „sicher“ durch technische Prinzipien (z.B. Redundanz, Diversität, fail safe) und durch auf Erfahrung beruhende Sicherheitszuschläge zu den rein technisch notwendigen Dimensionierungen bestimmt. Zusätzlich wurden Störfälle angenommen, die durch die Auslegung der Anlage beherrscht werden müssen. Für trotzdem auftretende Vorfälle wurden entweder Schuldige gesucht, oder sie wurden als unvorhersehbar (Akt Gottes) eingestuft. Durch das Gefährdungs-potential moderner Grosstechnologien wurde es notwendig, den deterministisch definierten Begriff Sicherheit durch eine probabilistische Beschreibung zu ergänzen. Eine Vielzahl von Studien hat sich in diesem Zusammenhang mit der Kernenergie beschäftigt. Die verschiedenen Ansätze werden im folgenden in chronologischer Reihenfolge zusammengefasst
Friedrich E. Niehaus
Über die Herstellung politisch akzeptierter Risiken und das Fehlen einer Auseinandersetzung um deren Akzeptabilität — das Beispiel Biotechnologie
Zusammenfassung
Die legislativen Gremien der Bundesrepublik Deutschland haben vom November 1989 (Vorlage eines Gesetzentwurfes durch die Bundesregierung) bis zum Mai 1990 (Zustimmung der Länderkammer, des Bundesrats, zu dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz nebst mehreren essentiellen Rechtsverordnungen [1]) in einem knappen halben Jahr ein Gentechnikgesetz (GenTG) beraten und beschlossen. Nach Dänemark ist die BRD der zweite industrialisierte Staat des Nordens [2], in dem der wissenschaftliche und wirtschaftliche Umgang mit neueren molekular- und zellbiologischen Methoden sowie der gentechnischen Veränderung von Organismen [3] gesetzlich geregelt worden ist.
Stephan Albrecht
Backmatter

Kommunikation zwischen den Beteiligten

Frontmatter
Technologiepolitische Verständigungsprozesse als Herausforderung für neue parlamentarische Arbeitsformen
Zusammenfassung
Ich nicke eigentlich immer (Gelächter). Ich nicke immer soll heißen: ich bin selbstverständlich gerne bereit, wenn aus der Häfele-Gruppe eine Bitte kommt, sie im Plenum aufzunehmen, die — Herr Caccia und ich hatten vorgestern schon darüber sprechen können — im engeren Sinne, wie es die Gruppe Häfele ansprechen wollte, die Situation in den europäischen Parlamenten betrifft. Ich hoffe, daß auch Herr Caccia auf diesen Fragenkomplex in seinem Abendvortrag eingeht, um deutlich zu machen, daß wir als frühere oder jetzige Parlamentarier Erfahrungen machen und auch Probleme sehen, unabängig von verschiedenen Parteizugehörigkeiten. Es geht um die Qualität der parlamentarischen Technologiepolitik und um die Frage, ob unsere gewachsene Institution Parlament in der Lage ist, das zu leisten, was wir von ihr erwarten.
Reinhard Ueberhorst
Kompetenz und Mitbestimmung: Die Verantwortung, eine Zukunft zu wählen
Die technologischen Optionen auf dem Prüfstand der gesellschaftlichen Auseinandersetzung
Zusammenfassung
James Lovelock sieht GAIA, die Erde, als einen Gesamtorganismus, ausgestattet mit raffinierten Mechanismen der Selbstregulierung, die für das Leben vorteilhafte Bedingungen aufrecht erhalten. Der Mensch hat dabei ein ständig zunehmendes Gewicht. Immer mehr ersetzt er die natürlichen Regelungssysteme durch künstliche. In der Landwirtschaft beispielsweise unterliegt die Population der Schädlinge nicht mehr dem Wettstreit der Gattungen, sondern dem Einsatz chemischer Produkte. GAIA ist ohne Hilfe des Menschen nicht mehr überlebensfähig. Kann der Mensch, so die Frage Lovelocks, das „Gewissen GALAS“ sein? Wir sind dazu verdammt, unseren ganzen Planeten zu verwalten. Werden wir dazu imstande sein?
Fulvio Caccia
Risikokommunikation: Bedingungen und Probleme eines rationalen Diskurses über die Akzeptabilität von Risiken
Zusammenfassung
Risikokommunikation ist zu einem Zauberwort in der aktuellen Debatte um die Akzeptabilität von technischen und anderen zivilisatorischen Risiken geworden. Während die eine Seite hofft, mit Hilfe kommunikativer Strategien die von Risiken potentiell betroffenen Bürger davon zu überzeugen, daß es in ihrem Interesse ist, diese Risiken zugunsten des damit verbundenen Nutzens zu akzeptieren, glaubt die andere Seite, daß Kommunikation zu einer Mobilisierung der Bevölkerung und damit zu einer vermehrten Akzeptanzverweigerung führen würde. Diese gegensätzliche Erwartung an die Wirkungen der Kommunikation hat viel zur gegenwärtigen Verwirrung über die Funktion und Leistungsfähigkeit des Konzeptes „Risikokommunikation“ beigetragen.
Ortwin Renn
Risiko, Unsicherheit, Undeutlichkeit — eine Arbeit am Begriff —
Zusammenfassung
Der Begriff Risiko ist in der Alltagssprache mit dem Wagnis eines Einsatzes für zukünftigen Gewinn verbunden. Im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich sind mit diesem Begriff mögliche zukünftige Folgen eines gegenwärtigen und andauernden Gewinns aus dem Einsatz bestimmter technischer Mittel oder bestimmter Naturereignisse gemeint. Eine derartige Bestimmung des Risikobegriffes ist erst in jüngster Zeit von Wissenschaft und Politik ausdrücklich aufgegriffen worden: „Vorwegdenken“ (Antizipation) möglicher Folgen von Ereignissen wie Naturkatastrophen oder von menschlichem Handeln wie Produktion und Distribution von Gütern blieb so lange irrelevant, wie diese Folgen nicht durch gezielte Maßnahmen beeinflußt oder verändert werden konnten. Naturkatastrophen, Unfälle, Hungersnöte und Seuchen galten jahrhundertelang als von Gott, Natur oder Schicksal ausgelöste Ereignisse, auf die der Mensch nicht vorausschauend agieren kann und für die er keine direkte Verantwortung trägt — es sei denn, er versteht sie als Strafe Gottes für sündiges Verhalten.
Wolf Häfele
Backmatter

Schlussberichte, Abschlussdiskussion und Kommentare

Frontmatter
Schlussberichte aus den Arbeitsgruppen
Jörg Schneider
Abschlussdiskussion
Zusammenfassung
Die Aufgabe für uns in dieser letzten Stunde wäre, zusammenzutragen, was nicht gesagt wurde, vielleicht, sich zu äussern in einer ganz persönlichen Art und Weise, vielleicht auch, weitere Anregungen zu geben. Ich glaube nicht, dass wir Resolutionen fassen sollten.
Jörg Schneider
Der Rückblick eines Pressemannes
Zusammenfassung
Die Tagung war in sich selber eine Übung in Kommunikation zwischen Wissenschaftern verschiedener Disziplinen. Sie ermöglichte es, Schwierigkeiten in der Praxis zu erleben und gemeinsam nach Lösungsansätzen zu suchen. Den Referenten kam im gewählten Konzept weniger Gewicht zu als den Gesprächen, die über die jeweils gleichen Themen zunächst innerhalb von sechs Gruppen und abschliessend im Plenum geführt wurden. Erfolgreich verlief die Tagung insofern, als die rund 60 Teilnehmer mit wenigen Ausnahmen während der ganzen Zeit anwesend waren -was bei der heutigen Tendenz, im geeigneten Augenblick Präsenz zu markieren und sich dann unauffällig abzusetzen, nicht mehr selbstverständlich ist.
Walter Schiesser
Nachlese des Herausgebers
Zusammenfassung
Gehört und auf genommen habe ich während der Tagung in Ascona nur bruchstückweise, denn ich war als Leiter der Tagung mit organisatorischen Fragen und mit der Aufgabe, den Tagungsablauf im Zeitplan zu halten, recht belastet. Was im Plenum gesagt wurde, habe ich mir demnach vor allem durch Lesen der Vorträge, der Berichte aus den Arbeitsgruppen und der Nachschriften der Diskussionen nähergebracht. Dies ist also eine Nachlese, und vielleicht eine Lesehilfe, jedoch sicher keine Zusammenfassung. Dass ich hier auch meinen eigenen Ansichten Platz gebe, wird man mir nicht verübeln, ebensowenig meinen Verzicht auf den Anspruch, allen Beiträgen zu dieser Tagung durch ausdrückliche Erwähnung gleichermassen gerecht zu werden.
Jörg Schneider
Backmatter
Metadaten
Titel
Risiko und Sicherheit technischer Systeme
herausgegeben von
Prof. Jörg Schneider
Copyright-Jahr
1991
Verlag
Birkhäuser Basel
Electronic ISBN
978-3-0348-7206-5
Print ISBN
978-3-0348-7207-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-0348-7206-5