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20.03.2023 | Risikosteuerung | Kolumne | Online-Artikel

SVB agierte mit enormen Lücken im Risikomanagement

verfasst von: Christian Piller

3:30 Min. Lesedauer

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Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) und anderer Regionalbanken in den USA hat die Finanzmärkte erschüttert. Das Versagen des Instituts geht Hand in Hand mit dem Scheitern des Risikomanagements und der drei Verteidigungslinien der Bank.

Der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) und einiger regionaler Player hat binnen weniger Tage Angst vor einer globalen Bankenkrise ausgelöst. Längst werden Parallelen zum Zusammenbruch von Lehman und dem nahen Zusammenbruch weiterer Institute in 2008 gezogen. Es kommen Fragen auf, ob das aktuelle Beben begünstigt wurde durch eine Phase der Deregulierung in den USA, da besonders in der Ära Trump Maßnahmen im Rahmen des Dodd-Frank Acts peu à peu zurückgedreht wurden. Insbesondere der Regionalbanken Sektor genoss zuletzt große Freiheiten. Dabei muss jedoch zunächst betrachtet werden, dass zum einen das Geschäftsmodell der SVB speziell war - gleichzeitig hat das Risikomanagement des Geldhauses auf geradezu erschreckende Weise versagt. 

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Löcher im Riskmanagement

Das Scheitern der ersten Verteidigungslinie im Risikomanagement zeigt sich durch die fast fahrlässige Risikobereitschaft der SVB beziehungsweise deren Konzentration von Anlagen in zinssensitiven Instrumenten und Verbindlichkeiten. Auf der Aktivseite standen hauptsächlich Forderungen gegenüber Start-ups, eine in Krisenzeiten nicht tragfähige Praxis. 

Auch die zweite Verteidigungslinie hat versagt, da die von den Aufsichtsbehörden auferlegten Mindeststandards nicht ausreichend streng waren - auch als Folge der Absenkung der Standards in den Jahren der Trump-Regierung. Zudem wurden bewährte Praktiken des Asset Liability Managements und des allgemeinen Risikomanagements nicht oder nur kaum eingehalten. 

Auch die dritte und letzte Verteidigungslinie, die interne und externe Revision, hat versagt. So wurden weder die Bewertungen angepasst, noch Korrekturmaßnahmen an die Bank weitergegeben. 

Schließlich kumulierte das Versagen darin, dass die Unternehmensleitung es gänzlich versäumt hat, die Risikokultur in der Bank zu fördern und keine Maßnahmen zur Ermittlung und Steuerung des Risikoprofils ergriffen hat. 

Handlungsbedarf auf Seiten der Regulatoren

Sicherlich ist davon auszugehen, dass die Lage Ende März 2023 auch den Regulator auf den Plan rufen wird. So sehen wir aktuell, dass auch Institute in Europa leiden. Gerade Deutschland, mit den drei getrennten Säulen ist jedoch mit den USA nicht direkt vergleichbar. Abrupte Sprünge des Leitzinses haben jedoch auch in Europa Anleiheanlagen unter Druck gebracht. So gibt es vermehrt Institute, die teilweise große Abschreibungen auf Ihr Anlageportfolio durchführen müssen oder bereits mussten. 

Doch die Regulatorik ist in Europa strenger. Risiken, die bei der SVB schlummerten, gibt es bei etablierten Häusern nicht. Letztendlich sind hierzulande die meisten Bankbücher besser diversifiziert. Das mangelhafte Riskmanagement europäischer Neobanken hat allerdings in der Vergangenheit mehrfach die Bafin auf den Plan gerufen. Es ist zu erwarten, dass die Behörde künftig strenger auf das Rechenwerk dieser Häuser schauen wird. 

USD Coin im gefährlichen Fahrwasser

Einmal mehr in den Fokus gerieten außerdem auch Stablecoins: So hat sich mit dem USD Coin nun auch der zweitgrößte Stablecoin in gefährliches Fahrwasser manövriert: Die Silicon Valley Bank, wie auch die anderen geschlossenen Institute Signature und Silvergate, waren eng mit dem Coin verbunden. Der Stablecoin-Anbieter Circle war über Einlagen von acht Milliarden USD mit regionalen US-Banken verflochten. 

Klar ist, dass diese Verbindungen zusätzliche Risiken in den Markt bringen. Das vorgesehene Arbitrage-Konzept drohte zwischenzeitlich zu versagen und konnte nur mit Mühe abgesichert werden. Die Vorfälle müssen das Interesse der Regulatoren in diesem Bereich noch einmal bestärken. 

Tech- und Start-up-Branche sind die Verlierer

Mit den Problemen im Silicon Valley wird ohne Zweifel das innovative Herz der US-Wirtschaft hart getroffen. Der Innovationsmotor dürfte in den nächsten Monaten und Jahren deutlich ins Stottern geraten, hatte doch gerade die SVB eine zentrale Stellung inne, weil sie elementar für die Finanzierung zahlreicher Start-ups war. Banken werden ihre Kreditvergabe deutlich auf den Prüfstand stellen (müssen). Der Industrie droht infolgedessen eine harte Dürreperiode, da auch die großen Banken die aufgerissene Lücke bei der Wachstumsfinanzierung nicht ohne Weiteres ausfüllen werden. 

Die SVB war mit ihrem strengen Fokus auf wachsende Tech-Player lange sehr profitabel und einzigartig. Klar ist nun aber, dass das mit einem hohen Risiko einhergeht. Mit dieser Erkenntnis dürfte sich der Zugang zu Finanzmitteln noch einmal deutlich schwieriger gestalten. Dies gilt für die USA und wird auch auf den hiesigen Markt ausstrahlen. 

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