Japan ist eines der weltweiten Zentren der Robotik, nicht zuletzt kulturell: Der vermeintlich stumpfsinnige Blechkamerad begegnet einem dort auch im Alltag in Situationen, die in Europa noch weitgehend unbekannt sind. So gibt es zum Beispiel in Tokio bereits Hotels, deren gesamtes Personal aus Robotern besteht. Auch als Assistenten und Gesprächspartner in Krankenhäusern oder als Kinderspielzeug sind die künstlichen "Arbeiter" beliebt.
Der Haupttreiber der Entwicklung ist jedoch nach wie vor die Industrie: 2016 wurde in Japan mit 155.000 Einheiten ein neuer Höchststand bei der Produktion von Industrierobotern erreicht, wie die International Federation of Robotics (IFR) notierte. Auch bei der Ausfuhr stellten die Japaner mit knapp 115.000 Einheiten einen neuen Rekord auf, vor allem dank der steigenden Nachfrage aus dem sich weiter industrialisierenden China.
Roboter ist nicht gleich Roboter
Doch was ist überhaupt ein Roboter, wie lässt er sich konzeptionalisieren, um mit seiner Hilfe bestimmte Aufgaben zu lösen? Im "Handbuch Robotik" fasst Springer-Autor Matthias Haun den Roboter möglichst allgemein als EVA-Architektur auf (Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe): "Bei diesem Black-Box Ansatz erhält ein Robotersystem eine Menge von Eingaben, die es über eine entsprechende Wahrnehmungskomponente in Form von Sensoren aufnimmt. Es verarbeitet diese Eingaben und erzeugt eine Ausgabe über Aktoren, die üblicherweise Interoperationen auslösen." (Seite 187 f.)
Um komplexe Aufgaben lösen zu können, muss das Robotersystem also Intelligenz besitzen, das heißt Informationen auf der Basis von Wissen so verarbeiten, dass geeignete, zielgerichtete Aktionen vorgenommen werden können. Haun spricht von intelligenten Systemen der ersten Generation, die bereits in der Lage sind, zu schlussfolgern. Wissen wird dabei wie folgt operationalisiert (Seite 191):
- Überzeugungen enthalten die grundlegenden Ansichten eines Robotersystems bezüglich seiner Umwelt.
- Wünsche leiten sich direkt aus den Überzeugungen ab. Sie beinhalten die Beurteilungen zukünftiger Umweltsituationen aus der Sicht des Robotersystems.
- Ziele stellen diejenige Untermenge der Wünsche eines Robotersystems dar, an deren Erfüllung es prinzipiell arbeiten könnte. Im Gegensatz zu seinen Wünschen sollten die Ziele eines Robotersystems daher realistisch gesteckt sein und auch nicht in Konflikt zueinander stehen.
- Intentionen wiederum sind eine Untermenge der Ziele. Beschließt ein Robotersystem, ein bestimmtes Ziel zu verfolgen, so wird aus dem Ziel eine Intention.
- Pläne fassen die Intentionen eines Robotersystems zu konsistenten Einheiten zusammen.
Auf dem Weg zur kognitiven Robotik
Die allermeisten der hauptsächlich in der japanischen Automobilindustrie (36 Prozent) und Elektro-/Elektronikindustrie (28 Prozent) eingesetzten Industrieroboter führen jedoch gleichbleibende Bewegungsaufgaben mit geringen Freiheitsgraden aus. Dies wird sich jedoch zukünftig ändern. Wie Haun im Kapitel "Ausblick als Motivation" betont, wird die Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zu Robotern mit erweiterten kognitiven Fähigkeiten führen:
"Das Ziel der kognitiven Robotik besteht darin, Robotersysteme mit intrinsischen, kognitiven Fähigkeiten auszustatten, so dass sie nicht nur durch Nachahmung menschlicher Arbeitsweisen die ihnen zugeteilte Teilaufgaben autonom erledigen, sondern auch autonom Probleme lösen. […] In diesem Sinne erweitert sich der Begriff Robotik um die multidisziplinäre Zuwendung an bisher fremde Wissensgebiete und dies im Gegensatz zu einer rein ingenieurmäßigen Roboterentwicklung." (Seite 467 f.)