Für Anoden von Lithium-Ionen-Batterien ist Graphit das Material der Wahl. Zwar steht dem steigenden Graphitbedarf ein Ausbau der Produktionskapazitäten gegenüber, dennoch drohen vorübergehende Lieferengpässe.
Die Deutsche Rohstoffagentur hat die Versorgungslage für Graphit untersucht. Besonders marktprägend werden Anoden für Lithium-Ionen-Batterien.
Nischaporn
Mit der Zahl der Elektrofahrzeuge wächst auch der Bedarf an Batterierohstoffen. Im Fall von Graphit haben sich Anoden für Lithium-Ionen-Batterien (LIB) bereits zum wichtigsten Nachfragetreiber entwickelt. Mit jährlichen Wachstumsraten von circa 37 % wächst der Bedarf an Graphit für Batterieanwendungen um ein vielfaches stärker als die Bedarfe in den bislang dominierenden Graphitanwendungsgebieten Feuerfestwerkstoffe und Elektroden für die Stahlerzeugung.
Bis zum Jahr 2030 dürfte die Herstellung von Anoden für die Elektromobilität mit einem Jahresbedarf von 961.000 t zum wichtigsten Markt für Graphitmaterialien aufsteigen, wie die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) in einer aktuellen Studie feststellt. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 lag der Bedarf noch bei unter 22.000 t. Demgegenüber steht eine weltweite Produktionskapazität für Graphit von heute 3,2 Millionen t, die bis zum Jahr 2030 voraussichtlich um weitere 2 Millionen t steigen könnte. Dennoch warnt die Dera: Aus dem pauschalen Vergleich von künftigen Bedarfen und Produktionskapazitäten lässt sich nicht schließen, dass die Versorgung mit Anodenmaterial für Lithium-Ionen-Batterien gesichert ist.
Nicht jede Form von Graphit für Anoden geeignet
Grund dafür ist die große Vielfalt an Graphitmaterialien. Die zahlreichen Spezifikationen unterscheiden sich in Reinheit, Partikelgröße oder Homogenität. Nicht jede Form von Graphit eignet sich für jede Anwendung, und einzelne Anwendungen erfordern in der Regel sehr spezifische Graphiteigenschaften. Für leistungsstarke, schnellladefähige und ladezyklenstabile Anoden eignen sich zwar sowohl natürlicher als auch synthetischer Graphit, doch auch diese müssen über genau passende Werkstoffeigenschaften verfügen.
So kommt im Bereich des natürlichen Graphits, der durch konventionellen Bergbau gewonnenen wird, nur der vergleichsweise reine und kohlenstoffhaltige Flockengraphit für die Anodenfertigung in Frage. In der Türkei, dem Land mit den weltweit reichsten Graphitvorkommen, findet sich beispielweise kaum Flockengraphit, während es in westafrikanischen Lagerstätten die vorherrschende Form ist.
40 % natürlicher, 60 % synthetischer Graphit
Synthetischer Graphit wird in der Regel aus Nebenprodukten der Erdölverarbeitung erzeugt. Durch eine gezielte Prozesssteuerung wird er bereits in der Herstellung kundenspezifisch auf die Endanwendung angepasst. Die Nachfrage bestimmt dabei die angebotene Menge. Angesichts der stark steigenden Herstellmenge von Lithium-Ionen-Batterien übersteigt der Bedarf an synthetischem Graphit jedoch absehbar die vorhandenen Produktionskapazitäten, weswegen diese ausgeweitet werden müssten.
In der Fertigung von Anoden wird das Graphit in einem Verhältnis zwischen 10:1 bis 30:1 mit Lithium interkaliert und auf eine Kupferfolie aufgebracht. Über alle Anwendungen in der Anodenfertigung gemittelt, kommen dabei zu circa 40 % natürlicher und zu 60 % synthetischer Graphit zum Einsatz. Der natürliche Flockengraphit ist etwas günstiger und wird deswegen bevorzugt in Batterien mit geringeren Leistungsansprüchen eingesetzt, während sich das homogenere und reinere synthetische Graphit für höherwertige Anwendungen eignet.
China ist wichtigster Graphitproduzent
Wie bei etlichen anderen Rohstoffen auch, führen chinesische Unternehmen den globalen Graphitmarkt an. Knapp drei Viertel des weltweit gehandelten natürlichen und die Hälfte des synthetischen Graphits stammten zuletzt aus China. Durch die Ausweitung von Bergwerkskapazitäten in Ostafrika, Kanada und Australien dürfte sich die Länderkonzentration für natürlichen Graphit in Zukunft künftig etwas abschwächen.
Für synthetischen Graphit plant China jedoch den Ausbau der eigenen Produktion, wodurch hier mit einer weiter steigenden Länderkonzentration zu rechnen ist. Dazu kommt, dass China auch die nachgelagerte Wertschöpfungskette dominiert: Drei Viertel der globalen Produktion von Anodenmaterialien und nahezu 100 % von Spherical Graphite, einem wichtigen Vorprodukt auf Flockengraphitbasis, liegen bereits bei chinesischen Unternehmen, und auch in diesen Bereichen will das Land die eigenen Kapazitäten weiter ausbauen. Zugleich unterliegen Exporte von Anodenmaterialien aus China einer staatlichen Genehmigungspflicht.
Maßnahmen für eine sicherere Lieferkette
Die Dera weist abschließend auf Möglichkeiten hin, wie sich das Versorgungsrisiko für europäische Zellhersteller mindern lässt. So könne der Bezug von natürlichem Graphit infolge neuer Bergbauprojekte außerhalb von China diversifiziert werden. Weiterhin böten langfristige Lieferverträge und eine Rückwärtsintegration, beispielsweise über Joint Ventures, zusätzliche Planungssicherheit. Dennoch könnten aufgrund der hohen Zahl an Graphitspezifikationen, der lagerstättenspezifischen Variationen im natürlichen Graphit und der hohen Länderkonzentration auf China vorübergehende Engpässe für bestimmte Anwendungen nicht ausgeschlossen werden.