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13.07.2022 | Rohstoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Lithium-Engpass könnte ab 2030 Elektromobilität ausbremsen

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer

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Laut einer Studie der Deutschen Rohstoffagentur droht ein Lithium-Engpass ab 2030. Das könnte den geplanten Hochlauf der Elektromobilität gefährden. Wenig Hoffnung setzt die Studie auf das Batterierecycling. 

Elektromobilität boomt: Allein im zweiten Halbjahr 2021 wurden im Vergleich zu den vorherigen sechs Monaten global 55 % mehr E-Autos verkauft, wie die zweite Edition des "EV Charging Index" von Roland Berger ergeben hat. In Deutschland sind laut dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) derzeit rund 1,2 Millionen Elektro-Pkw auf den Straßen unterwegs, weltweit sind es über 17 Millionen. Tendenz steigend. 

Eine wachsende Anzahl von Elektro-Pkw auf den Straßen bedeutet aber auch: Steigende Batteriestückzahlen und letztlich ein wachsender Rohstoffbedarf. "Bei Lithium-Ionen-Batterien, die allen Prognosen zufolge auch in den kommenden zehn Jahren das Maß der Dinge im Elektrofahrzeug sein werden, sind das vor allem die chemischen Elemente Grafit, Kobalt, Lithium, Mangan und Nickel", schreibt Richard Backhaus im Fokus Batterierohstoffe – Woher und wohin? aus der ATZ 9-2021

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Wasserstoff und Alkalimetalle: Elemente der ersten Hauptgruppe

Hier sind alle Elemente der ersten Hauptgruppe vereint, also Wasserstoff und sämtliche Alkalimetalle. Wasserstoff wurde vor 250 Jahren, die Metalle Lithium, Natrium und Kalium vor 200 Jahren entdeckt. Rubidium und Cäsium folgten 50 Jahre später, und Francium, dessen Isotope alle extrem kurzlebig sind, wurde 1939 erstmals beschrieben. Obwohl diese Elemente in vielen Publikationen genannt werden und daher ziemlich bekannt sind, haben wir auch hier eine interessante Elementenfamilie vor uns.

Verbrenner-Aus forciert E-Mobilität

Vor allem Lithium ist ein Schlüsselrohstoff für die Umsetzung der Verkehrswende. Das Leichtmetall gilt auf absehbare Zeit als unersetzlicher Ladungsträger, da kein anderes Element gleichartige Eigenschaften für Batterien in Fahrzeugen bietet. Dazu kommt: Trotz Weiterentwicklungen bei der Zellchemie soll sich der Gewichtsanteil von Lithium mit etwa 72 g/kg Zellgewicht Abschätzungen des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) zufolge in den kommenden zehn Jahren nicht wesentlich verringern lassen, schreibt Backhaus weiter. Doch was so wichtig ist, könnte bald knapp werden: Einer Studie der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) zufolge sind ab 2030 mit Versorgungsengpässen bei Lithium zu rechnen. 

Verschärft wird die Lage, da sowohl die Produktion als auch der Verkauf konventioneller Verbrennungsmotoren in einigen Ländern mittelfristig eingestellt werden soll. Die EU plant sogar ein komplettes Verbot ab 2035. "War das Thema bis vor wenigen Jahren ein überwiegend chinesisches, so entwickeln sich die USA, aber vor allem Europa, zu weiteren Hotspots für die Zellfertigung und die E-Mobilität", schreibt die Dera. Laut des Thinktanks Agora Verkehrswende soll Deutschland in der nächsten Dekade europaweit zum wichtigsten Standort für die Batteriezellproduktion werden. Bis 2030 sind Produktionskapazitäten von 405 GWh geplant. 

Bergbausektor steht vor großen Herausforderungen

Doch die Mobilitätswende wird nicht nur die gesamte Automobilbranche in den kommenden Jahren fundamental verändern, sondern auch entsprechend den Bergbausektor vor sehr große Herausforderungen stellen. So sollen laut Dera Fragen nach Verfügbarkeiten, Nachhaltigkeit in der Gewinnung und zukünftigen Preisentwicklungen weiter in den Fokus rücken.

Um zukünftige Preis- und Lieferrisiken bei der Versorgung mit Lithium besser zu identifizieren, hat die Dera in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) eine Rohstoffrisikobewertung für Lithium vorgenommen. Demnach werde die Gesamtnachfrage nach Lithium aktuell noch über das Primärangebot der Bergwerksförderung gedeckt. Der Sekundärsektor spiele in diesem Zusammenhang somit bislang keine Rolle. Doch mit Blick auf 2040 soll sich das verändern.

Mehr Lithiumförderung für steigende Bedarfe nötig

Laut Dera soll die globale Nachfrage nach Lithium, je nach Nachfrageszenario, auf circa 316.300 bis 558.800 t Li-Inh. [Lithium-Inhalt] bis zum Jahr 2030 steigen. Die Nachfrage werde im Jahr 2030 darüber hinaus vom Batteriesektor, speziell der Elektromobilität, dominiert werden (circa 90 %). Aktuell liege der Bereich der Batterien bei rund 67 % der Gesamtnachfrage.

Die Dera kommt zu dem Schluss, dass die Lithiumförderung in den kommenden Jahren um den Faktor 4 bis 7 ausgebaut werden muss, um die prognostizierten Bedarfe decken zu können. Dies allein werde den Bergbausektor und die verarbeitende Industrie vor enorme Herausforderungen stellen. Dabei ist Lithium an sich kein geologisch seltenes Material. Allerdings erfordern die benötigten Kapazitäten für die Rohstoffgewinnung und Weiterverarbeitung hohe Investitionen und jahrelange Vorbereitungen. Hinzu kämen Aspekte einer möglichst nachhaltigen Gewinnung, so die Dera.

Primärförderung von Lithium ist ein Oligopol

"Selbst wenn alle aktuell geplanten und im Bau befindlichen Projekte im Zeitplan umgesetzt werden und wir von einem mittleren Nachfragewachstum ausgehen, werden wir nicht genug Lithium haben, um die erwartete weltweite Nachfrage 2030 zu decken", erklärt Studienautor Michael Schmidt von der Dera in der BGR. Die Primärförderung von Lithium stelle ein Oligopol dar. "Das Angebot wird aktuell von zwei Ländern bestimmt. So stellten Australien und Chile knapp 75 % der globalen Bergwerksförderung im Jahr 2020. Je nach Szenario könnten weitere Länder erhebliche Marktanteile bis 2030 hinzugewinnen", erläutert Schmidt weiter.

In Europa wird Lithium im Moment nicht primär gewonnen, jedoch stünden der Dera zufolge nach aktuellem Stand potentielle Zellfertigungskapazitäten von bis zu 1.300 GWh (laut Agora Verkehrswende sogar bis zu 1.500 GWh) auf dem Papier. Falls es in Europa und speziell Deutschland zukünftig zu einer solchen Fertigung von Batteriezellen käme, wäre die hiesige Industrie auf den Import von Vorprodukten angewiesen. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass eine Selbstversorgung Europas aus Europa 2030 im aufgeworfenen Szenario nur zu etwa 27 bis 34 % möglich wäre. Das Recycling könnte lediglich circa 3 bis 10 % des Bedarfs in Europa im Jahr 2030 decken. Es würde daher immer noch zu einer hohen Importabhängigkeit kommen.

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