Die Kreislaufwirtschaft hat das Ziel, sämtliche Materialen so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten. Ein Springer-Autor kommt in seiner Arbeit jedoch zu dem Ergebnis, dass Recycling und die Circular Economy kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck sein sollten.
Um dem aktuellen linearen Entwicklungsmodell etwas entgegenzusetzen, das sich mit "Entnehmen, Produzieren, Konsumieren und Entsorgen" zusammenfassen lässt, wie es Simona Bonafé im Kapitel "Die Bedeutung des Kreislaufwirtschaftsmodells" des Springer-Fachbuchs "Kreislaufwirtschaft in der EU" beschreibt, müsse ein Kreislauf-Entwicklungsmodell eingeführt werden, das Materialien und ihren Wert so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf halte, schreibt er weiter. Dazu müsste der integrierte Abfallzyklus optimiert werden, um Ressourcen effizient zu nutzen. Bonafé erklärt: "Wiederverwendung, Recycling und Rückgewinnung werden zu den Schlüsselwörtern, um die ein neues Paradigma zur Förderung von Nachhaltigkeit, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit aufgebaut werden muss, damit Abfall kein Problem mehr darstellt, sondern zu einer Ressource wird."
Dabei ist das im Kapitel "Nachhaltige Rohstoffversorgung – Perspektive Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz" des Springer-Fachbuchs "Nachhaltiges Beschaffungsmanagement" aufgeführte Fazit sicher unbestreitbar: "Einer Sicherstellung der mittel- bis langfristigen Versorgung mit Rohstoffen sowie der Minimierung von schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt müssen sich Unternehmen in zunehmend komplexen, globalen Wertschöpfungsketten stellen." Ansatzprunkte dafür seien die Substitution von Material und Technik, der Einsatz effizienterer Produktionstechnologien, die Kreislaufführung von Materialien und die energetische Verwertung sowie Einsatz erneuerbarer Energien. Springer-Autorin Kathrin Hesse erklärt allerdings auch: "Eine nachhaltige ressourceneffiziente Rohstoffversorgung sollte jedoch die Wechselwirkungen unter den einzelnen Handlungsfeldern beachten. Beispielsweise kann die Verringerung des Materialeinsatzes, u. a. durch Miniaturisierung, oder die Materialsubstitution die Kreislaufführung eines Produkts erheblich erschweren.
Weit von einer geschlossenen Kreislaufführung entfernt
Dass eine Circular Economy, abgekürzt: CE, wie sie derzeit angestrebt werde, komplex sei, ja sogar noch einige Inkonsistenzen aufweise, schreibt Philipp Schäfer, Autor des Springer-Fachbuchs "Recycling – ein Mittel zu welchem Zweck?", in seiner "Einleitung". So werde in der Wissenschaft vermehrt darüber diskutiert, ob eine vollständige Kreislaufführung, die mittlerweile als Vision der CE verstanden werden könne, nicht einer Utopie gleichkomme. Suggeriert werde hingegen, dass die vollständige Schließung von Kreisläufen eine notwendige Bedingung geworden sei, dass perfekt geschlossene Kreisläufe möglich seien.
Fakt sei hingegen, dass die aktuelle Weltwirtschaft noch weit von einer geschlossenen Kreislaufführung der eingesetzten Rohstoffe entfernt sei. So kämen Analysen der globalen Stoffströme zu dem Ergebnis, dass lediglich sechs Prozent aller Rohstoffe, die im globalen Wirtschaftssystem benötigt werden, tatsächlich stofflich recycelt würden. Gründe dafür seien ein hoher fossiler Energieeinsatz und wachsende Materialbestände. Außerdem, so Schäfer: "Eine absolute Entkopplung des Ressourcenbedarfs vom Wirtschaftswachstum, wie es Boulding (1966) als zentrale Notwendigkeit seiner "spaceman economy" definiert hat, konnte bisher nur in sehr wenigen Fällen erzielt werden und scheint für den gesamten Ressourcenbedarf utopisch." Anhand von zahlreichen Beispielen und der Anführung vieler Studien zeigt Schäfer, "dass Recycling, wie wir es heute kennen – als Maßnahme des Umwelt- und Ressourcenschutzes – noch einer genauen Zielausrichtung bedarf." Er selbst nähert sich dem Inhalt mit dem konzeptionellen Ansatz der zielorientierten Ausrichtung des Recyclings und der CE anhand der Energiebedarfe.
Es braucht Forschung für klare Aussagen
Für Schäfer ist aber auch klar, dass Recycling und CE eine nachhaltige Entwicklung unterstützen sollen. Das "Wie?" müsse definiert werden. Doch, so ein Teil seines Fazits: "Stünde eine drohende Verknappung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe bevor, so wäre die Situation eine andere und es müsste alles getan werden, die Metalle und Materialien im Kreislauf zu halten. Doch das Narrativ der drohenden Verknappung der mineralischen Rohstoffe ist zu großen Teilen auf fehlinterpretierte Informationen und den Irrglauben gestützt, dass alle Vorkommen an mineralischen Ressourcen der Erde bereits genauestens kartographiert sind." Dabei sei jedoch keineswegs bekannt, wie groß die Ressourcenvorkommen tatsächlich sind, die aktuell und zukünftig abbauwürdig sein werden.
Er resümiert, dass es weitere Forschungen brauche, um die heute zur Verfügung stehenden Ergebnisse zu verbessern beziehungsweise, um die mit ihnen in Verbindung stehenden Unsicherheiten zu minimieren. Recycling und CE seien kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck – sie würden einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen der Metallbereitstellung und damit zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten, schreibt er. Doch um sicherzustellen, dass alle Recyclingaktivitäten diesen Zweck auch erfüllen und nicht das Gegenteil forcieren, müsste jeder Einzelfall untersucht werden. "Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern den empirischen Beweis, dass vollständig geschlossene Kreisläufe keineswegs das Ziel sein können. Dennoch sollten Recycling und CE neben anderen Klimaschutzmaßnahmen weiterhin gefördert werden, um die noch verbleibenden Potenziale des Recyclings auszuschöpfen – allerdings stets mit der klaren Zielorientierung anhand der Energiebedarfe", so Schäfer.