Digitale Marketing- und Vertriebstools sind für Unternehmen nicht nur unverzichtbar, sondern müssen auch stetig an aktuelle Anforderungen angepasst werden. Welche Martech jetzt und in Zukunft wichtig sind, entschlüsselt eine umfangreiche Studie.
Die passenden Marketing-Tools auszuwählen und vor allen Dingen strategisch einzusetzen, bleibt eine konstante Aufgabe für Marketing-, Vertriebs- und Serviceteams.
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Martech, also die Gesamtheit der in einem Unternehmen genutzten Technologien für Marketing- und Vertriebsaktivitäten sowie -prozesse, befinden sich weiterhin im Aufschwung. Und das obwohl im Angesicht der globalen Krisen eher düstere Zukunftsprognosen die Branche beherrschten. Der Bedarf an ausgefeilten Strategien zur datengetriebenen Kundeninteraktion steigt.
Um zu erfahren, wie Unternehmen aktuell aufgestellt sind und wie sie ihre technologiegeprägte Zukunft sehen, wurden im diesjährigen Marketing Tech Monitor 2025 insgesamt 1.754 Marketingverantwortliche, Vorstandsmitglieder sowie Online-Marketer aus der DACH-Region befragt. Die Studie zeigt deutlich, wie resistent sich der globale Markt für Technologien in Marketing, Vertrieb und Service aktuellen Krisen entgegenstellt.
Martech- und Salestech-Boom
Durch den Aufschwung von
- Künstlicher Intelligenz (KI),
- Maschinellem Lernen,
- Echtzeit-Datenanalysen sowie
- mobilen Anwendungsszenarien
gewinnt Martech an Dynamik. Das Marktpotenzial für Marketing- und Vertriebstools in Zentraleuropa wird daher bis 2027 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 17 bis 19 Prozent steigen, lautet die Prognose der Studie.
Im Marketing Tech Monitor wird außerdem auf das globale Marktforschungsinstitut IMARC verwiesen, demzufolge auch der globale Markt speziell für Sales-Tech mit einer jährlichen Wachstumsrate von rund 14 Prozent immer größer wird. Noch macht der Anteil von Technologie- und Systemkosten bei der Mehrheit der Unternehmen etwa zwölf bis 14 Prozent des Gesamtbudgets aus. In den nächsten zwei bis drei Jahren rechnen die meisten Befragten jedoch bereits mit 20 bis 25 Prozent .
"Outside-in" als CX der Zukunft
Mit den eingesetzten Marketing-Technologien verfolgen Unternehmen vor allem zwei wesentliche Ziele, wie in der Studie betont wird: Vertriebseffizienz und Personalisierung. Um diese Bereiche optimieren zu können, müssen die Grenzen zwischen den Funktionen Marketing, Vertrieb und Service zunehmend verschwimmen – sowohl auf Prozessebene als auch im Hinblick auf die eingesetzten IT-Anwendungen. Unternehmen, die diese Zusammenarbeit bereits gut praktizieren, wachsen um 32 Prozent schneller, so ein Analyseergebnis der Aberdeen Group, die im Marketing Tech Monitor zitiert wird.
Auch das Forschungs- und Beratungsunternehmen Forrester hat ermittelt, dass solche Unternehmen ein um 19 Prozent schnelleres Umsatzwachstum und eine um 15 Prozent höhere Rentabilität verzeichnen. Damit wird klar: Silos haben ausgedient. Eine wesentliche Triebkraft hierfür ist der Bedarf nach einer ganzheitlichen Customer Experience (CX), die "Outside-in", also vom Kunden her, gedacht wird. Das klassische Bild einer abteilungsspezifischen Sicht auf den Kunden ("Inside-out") kann demnach in der Zukunft nicht bestehen.
Tools abteilungsübergreifend nutzen
Für die nötige Verschmelzung von Marketing, Vertrieb und Service können optimierte End-to-End-Prozesse sorgen. Sie ermöglichen es, Kundenbedürfnisse entlang der Customer Journey abteilungsübergreifend zu bearbeiten. Dazu braucht es entsprechende IT-Anwendungen. Tatsächlich nutzen Betriebe die zur Verfügung stehenden Tools häufig nur zur internen Prozessteuerung und Kontrolle, nicht aber zur direkten, digitalen Kundeninteraktion, wie der Marketing Tech Monitor zeigt.
So dienen CRM-Systeme primär als zentrale Kundendatenbank (80 Prozent). Weitere bevorzugte Anwendungsfälle von Martech beziehungsweise Salestech im Vertrieb veranschaulicht die folgende Studiengrafik.
Wenn es um die Intensivierung des Kundenkontakts geht, besteht bei den genutzten Tools im Vertrieb noch reichlich ungenutztes Potenzial.
CX krankt an Wissenslücken
Das CX-Management prägt also nicht umsonst die Umfrageergebnisse der vergangenen fünf Jahre. Marketingverantwortlichen gelingt es allerdings nur selten, "diesem Konzept auch in der Realität Leben einzuhauchen", wie es in der Studie heißt. So verortet sich der Großteil der Unternehmen in der "Optimierungsphase", und 40 Prozent der befragten Betriebe präsentieren sich zudem eher gleichgültig in Bezug auf ihre Zufriedenheit mit dem gewählten CX-Ansatz. Lediglich 37 Prozent sind nach eigenen Angaben "eher zufrieden". Euphorie sieht anders aus.
Die Herausforderung wittern die Studienautoren an der Basis, nämlich bei der Übertragung in operative, bereichsübergreifende Prozesse. Vor allem bei der Bearbeitung der Customer Journey verschlafen Marketingverantwortliche wertvolle Chancen: Nur knapp 25 Prozent der Studienteilnehmer geben an, dass sie ihre Customer Journey sowohl auf Makro- als auch Mikroebene definiert und Nutzermodelle dokumentiert haben. Die Folge sind unvollständige Einblicke. Emotionale Reaktionen der Kunden an einzelnen Kontaktpunkten werden nicht erfasst.
Gen AI chancenreich für Vertrieb
Während früher der Aufbau grundlegender Datenplattformen im Vordergrund stand, dreht es sich in Marketing und Vertrieb nun zunehmend um KI im Allgemeinen und Generative KI (Gen AI) im Speziellen. Im Kapitel "Künstliche Intelligenz in der Nussschale" seines Buchs "Künstliche Intelligenz im Vertrieb" liefert Springer-Autor Manuel Beck auf Seite 21 eine einschlägige Erklärung dafür:
Generative KI ist wie geschaffen für den Vertrieb, da sie enorme Mengen an unstrukturierten Daten – etwa E-Mail-Korrespondenz, Telefonaufzeichnungen und Videos persönlicher Gespräche – analysieren und verarbeiten kann. Die inhärent kreative und flexible Natur des Vertriebs bietet Generativer KI eine einzigartige Plattform, um diese Daten zu interpretieren, daraus zu lernen, Verbindungen herzustellen und sich an neue Informationen anzupassen."
KI-Nutzung spielt sich ein
KI hat sich bei 43 Prozent der Unternehmen zur Effizienzsteigerung etabliert. Ebenfalls beliebte Einsatzgebiete sind Prognosen von Konsumentenverhalten, also Predictive Analytics, (52 Prozent) und die Automatisierung wiederkehrender Prozesse (51 Prozent).
Häufig genutzte KI-Anwendungen, die für den Kunden als solche sichtbar sind, Content-Management-Anwendungen (81 Prozent) und Conversational AI im Kundenservice wie beispielsweise Chatbots (68 Prozent).
Höherwertige Szenarien wie Marketing-Mix-Modellierung oder Kausalitätsanalysen (Causal AI) sind dagegen kaum verbreitet. Letzteres meint eine Technik der Künstlichen Intelligenz, die nicht nur Rückschlüsse auf Basis von Korrelation ziehen kann, sondern auch kausale Zusammenhänge herstellt, was die Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten weiter vergrößert.
KI-Agenten können den Vertrieb entlasten
Ebenso zukunftsweisend sind KI-Agenten. Wie im Marketing Tech Monitor betont wird, sind die autonom handelnden Systeme imstande, komplexere Aufgaben zu lösen, indem sie mit ihrer Umgebung interagieren, Daten verarbeiten und selbstständig Entscheidungen treffen. KI-Anwendungen heben sich damit deutlich von herkömmlichen Gen-AI-Anwendungen ab, die wie Chatbots agieren.
Im Vertrieb könnten KI-Agenten einen echten Unterschied machen und etwa mit A/B-Testings oder automatisiert versendeten E-Mails die Fachkräfte entlasten. Auch im Kundenservice schlummert weiteres Automatisierungspotenzial, das sich mithilfe von KI-Agenten heben lässt. Doch zwischen den Möglichkeiten der Martech und der praktischen Umsetzung klaffen grundsätzlich Lücken: Wie die Studie ergeben hat, wirkt die Vielzahl an Tools eher noch überfordernd auf Betriebe.