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2022 | Buch

Schlüsselwerke: Theorien (in) der Kommunikationswissenschaft

herausgegeben von: Ralf Spiller, Christian Rudeloff, Thomas Döbler

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Der Band gibt eine kompakte Übersicht zu zentralen Theorien (in) der Kommunikationswissenschaft. Insgesamt werden 28 Schlüsselwerke aus der Mikro-, Meso und Makro-Ebene vorgestellt. Ziel ist es, Studierende und Dozierende in den Stand zu versetzen, ein wesentliches Werk in dessen Kontext zu verstehen und in die jeweilige Fachdiskussion einzuordnen. Darüber hinaus wird in diesem Band die Frage diskutiert, welches analytische und empirische Potenzial von den „Klassikern“ in Zeiten digitaler Kommunikation ausgeht.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Mikro-Ebene

Frontmatter
The People’s Choice. How the Voter makes Up His Mind in a Presidential Campaign
von Paul Felix Lazarsfeld, Bernard Berelson & Hazel Gaudet (1944)
Zusammenfassung
Die hier vorgestellte „Two-Step-Flow Hypothese“ resultiert aus der häufig referierten Wahlkampagnenstudie mit dem Projekttitel „The People’s Choice. How the Voter Makes Up His Mind in a Presidentential Campaign.“ Lazarsfeld, Berelson und Gaudet (The people’s choice: how the voter makes up his mind in a presidential campaign, 3. Aufl. Columbia University Press, New York, 1948 und 1968) untersuchten Während der Präsidentschaftswahl 1940 in den USA untersuchte Lazarsfeld zusammen mit Berelson und Gaudet die Wirkung von Rundfunk und Presse auf die politische Meinungsbildung von Wähler*innen. Das überraschende Ergebnis ihrer empirischen Panel-Studie war, dass Wähler*innen in ihren politischen Entscheidungen durch Face-to-Face-Kontakte mit anderen Personen in ihrer unmittelbaren Umgebung stärker beeinflusst als durch die medialen Kampagnen und Medienberichte wurden. Aber nicht nur das Einflusspotenzial von direkter und kurzfristiger Beeinflussung durch Medien war deutlich geringer als soziale Kontakte in der unmittelbaren Umgebung, darüber hinaus setzten Wähler*innen sich selektiv denjenigen Medien und Kommunikatoren aus, die ihre existierenden Einstellungen und Überzeugungen stützten. Dieser Verstärkereffekt wurde auf die politische Homogenität der Gruppen zurückgeführt, denen die Befragten angehörten und in denen die Wähler*innen mit ihren Einstellungen verankert waren.
Michael Schenk
Mass communication and para-social interaction: Observations on intimacy at a distance
von Donald Horton und R. Richard Wohl (1956)
Zusammenfassung
In den 1950er-Jahren erlebt das Fernsehen in den USA einen rasanten Aufstieg. Das erfolgreiche Medium offeriert seinem rasch wachsenden Publikum ein zu diesem Zeitpunkt neues Rezeptionserlebnis: Innovative Unterhaltungs- und Late-Night-Shows ermöglichen die Illusion, zu der Person in der Moderationsrolle von Angesicht zu Angesicht eine regelmäßig auftretende soziale Beziehung zu unterhalten. Diese Beziehung kann nicht nur langfristig angelegt sein, sondern auch Züge einer Freundschaft annehmen. Der Soziologe R. Richard Wohl und der Anthropologe Donald Horton widmen diesem von ihnen identifizierten Phänomen einen Essay, der zu einem Meilenstein der Rezeptions- und Wirkungsforschung wird: Ihr Aufsatz Mass Communication and Para-Social Interaction. Observations on Intimacy at a Distance (1956) etabliert die heute weit verbreiteten Begriffe parasoziale Interaktion (PSI) und parasoziale Beziehung (PSB). Während das Konzept zunächst kein wissenschaftliches Echo hervorruft, beginnt es sich in den 1970er-Jahren allmählich zu etablieren. Heute ist die von Horton und Wohl aufgeworfene Thematik populärer denn je. Ihre Gedanken werden längst auch auf fiktionale Figuren sowie praktisch alle denkbaren Medien und Formate angewandt. Auch im digitalen Zeitalter ist die Theorie angekommen und wird erfolgreich auf die Kommunikation in sozialen Netzwerken sowie auf Avatare oder Influencer angewandt.
Alexander Godulla
The Structure of Foreign News
von Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge (1965)
Zusammenfassung
Wie wählen Nachrichtenmedien aus, worüber sie berichten? Dieser Frage versuchen Nachrichtenwertforschende seit vielen Jahren auf den Grund zu gehen. Die Nachrichtenwertforschung ist eine der traditionsreichsten Forschungsrichtungen der Journalismusforschung, die bis zum heutigen Tag aktuell ist. Begründet wurde sie bereits in den 1920er-Jahren von Walter Lippmann, internationale Bekanntheit erfuhr sie durch Johan Galtung und Mari Holmboe Ruge, die 1965 eine Liste von Nachrichtenfaktoren entwickelten und diese empirisch überprüften. Es folgten unzählige empirische Untersuchungen zu diesem Thema, die sich an einer Weiterentwicklung der Theorie versuchten. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Nachrichtenwertforschung und skizziert, was Forschende heutzutage an der Thematik interessiert.
Matthias Degen
Uses and Gratifications Research
von Elihu Katz, Jay G. Blumler, und Michael Gurevitch (1973)
Zusammenfassung
Der publikumszentrierte Uses-and-Gratifications-Ansatz stellt das individuelle Auswahl- und Nutzungsverhalten in den Vordergrund. Grundgedanke des Erklärungsmodells ist es, dass Rezipienten aktiv Medieninhalte auf Basis ihrer Motive auswählen. Ausgangsbasis bilden psychologische und soziale Bedürfnisse, die bestimmte Erwartungen an die Medien hervorrufen. Daraus resultieren konkrete Nutzungsmotive, die letztlich für die Wahl bestimmter Medienangebote ausschlaggebend sind. Werden die Erwartungen erfüllt, erhält der Rezipient die gewünschte Gratifikation, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass dasselbe Medienangebot auch zukünftig wieder ausgewählt wird. Der Uses-and-Gratifications-Ansatz, der durch das Schlüsselwerk von Katz, Blumler und Gurewitch (1973) einen wesentlichen Schub erfahren hat, geht somit davon aus, dass sich die Nutzer ihrer Motive bewusst sind und diese auch artikulieren können. Seit vielen Jahrzehnten bezieht sich die Nutzungs- und Wirkungsforschung auf den Uses-and-Gratifications-Ansatz und hat diesen im Kontext neuer Medien wieder aufleben lassen. Der Siegeszug des Internets hat dem Ansatz zahlreiche neue Impulse gegeben, denn die Publikumsaktivität ist durch digitale Nutzungs- und Navigationsoptionen enorm erweitert worden. Dennoch ist in den langen Jahren seiner Wirkungsgeschichte die Kritik an diesem Ansatz nicht gänzlich verstummt.
Birgit Stark, Pascal Schneiders
Der dynamisch-transaktionale Ansatz. Ein neues Paradigma der Medienwirkungen
von Werner Früh und Klaus Schönbach (1982)
Zusammenfassung
Der Beitrag nimmt – nach einer Vorstellung der Autoren Werner Früh und Klaus Schönbach – Bezug auf die Entwicklung des dynamisch-transaktionalen Ansatzes (im Folgenden als DTA abgekürzt) anhand des im Titel genannten Schlüsselwerks, stellt zentrale Eigenschaften vor und diskutiert die Wirkungen im Fach. Zudem wird durch die Übertragung der Denkweise des DTA auf neue Kommunikationszusammenhänge eine aktuelle Anwendbarkeit dokumentiert.
Björn Brückerhoff
The third-person effect in communication
von W. Phillips Davison (1983)
Zusammenfassung
Der Aufsatz „The Third-Person Effect in Communication“ von W. Phillips Davison stammt aus dem Jahr 1983. In dem Aufsatz entwickelt Davison auf sehr anschauliche Weise die Idee des Third-Person-Effekts. Dabei erörtert er unterschiedliche Deutungsweisen des Effekts, von denen sich eine durchgesetzt hat. Sie besteht aus zwei Kernannahmen: 1. Menschen gehen davon aus, dass andere Menschen stärker als sie selbst von Medien bzw. Medieninhalten beeinflusst werden. 2. Die Wahrnehmung starker Medieneinflüsse auf andere kann zu einer Beeinflussung des Verhaltens von Menschen führen. Mehrere Gründe sprechen dafür, den Text als ein Schlüsselwerk der Kommunikationswissenschaft einzuordnen: Die von Davison formulierten Ideen waren innovativ, auf vorhandene Belege aus der wissenschaftlichen Literatur konnte er kaum zurückgreifen. Ausschlaggebend für die Bedeutung des Textes ist zudem, dass die dort ausgearbeiteten zentralen Annahmen zum Third-Person-Effekt bis heute gültig und Gegenstand intensiver Forschung sind – wenn auch diese Forschung mittlerweile häufig unter dem Label des Influence of Presumed Influence durchgeführt wird. Hervorzuheben ist außerdem, dass Davison in seinem Text bereits Bezüge zwischen dem Third-Person-Effekt und anderen Wahrnehmungsphänomenen hergestellt und somit einer Verknüpfung dieser Ansätze frühzeitig den Boden bereitet hat.
Marco Dohle
„The Elaboration Likelihood Model of Persuasion“
von Richard E. Petty & John T. Cacioppo (1986)
Zusammenfassung
Das Elaboration Likelihood Model (ELM) ist eines der grundlegenden Modelle zur Vorhersage von Einstellungsänderungen, das breite Anwendung in der Persuasionsforschung findet. Als Zwei-Prozess-Modell modelliert das ELM zwei Routen der Verarbeitung persuasiver Botschaften. Es unterscheidet die zentrale Route mit starker Elaboration von der peripheren Route mit schwacher Elaboration. Die Elaborationsstärke wiederum besitzt Konsequenzen für die bewirkten Einstellungsänderungen. In ihrem im Jahr 1986 erschienen Artikel „The Elaboration Likelihood Model of Persuasion“ erläutern Richard E. Petty und John T. Cacioppo die sieben grundlegenden Postulate des Modells und stützen diese mit zahlreichen empirischen Studien. Das in der Sozialpsychologie entstandene Modell ist seit nunmehr etwa 40 Jahren ein zentrales Konzept zur Erklärung von Einstellungsänderungen in Abhängigkeit der Botschaft, der Rezipierenden und der Rezeptionssituation. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über den Inhalt des Artikels und setzt ihn in Bezug zum Gesamtwerk der Autoren. Außerdem wird auf die Wirkungsgeschichte sowie Kritik am Modell eingegangen.
Magdalena Rosset
Framing: Toward clarification of a fractured paradigm
von Robert M. Entman (1993)
Zusammenfassung
Dieser Beitrag setzt sich mit einem der bekanntesten Aufsätze zum Framing-Konzept auseinander, der vor fast 30 Jahren von dem Politikwissenschaftler Robert M. Entman verfasst wurde. Bekannt wurde Entmans Aufsatz vor allem für seine Unterscheidung von vier Frame-Elementen sowie zwei Definitionen; darüber entfaltete er beachtliche Reichweite. Zunächst werden die zentralen Inhalte des Aufsatzes vorgestellt und mit zeitgleich erschienenen oder früheren Arbeiten auch anderer Autor*innen in Verbindung gebracht. Danach wird Entmans Aufsatz in weitere Publikationen seines Gesamtwerks eingeordnet, in denen er sich ebenfalls mit Frames bzw. Framing oder mit verwandten Konstrukten beschäftigte. Abschließend geht es um die Wirkungsgeschichte des Aufsatzes, die man einerseits in konzeptionell-definitiorischer, andererseits in methodischer Hinsicht sehen kann. In beiden Fällen stellen sich auch kritische Fragen. Schließlich wird diskutiert, ob uns Entmans Aufsatz heute noch etwas zu sagen hat – etwa in der sozialwissenschaftlichen Beschäftigung mit aktuellen gesellschaftlichen Diskursen wie dem Klimawandel.
Bertram Scheufele

Meso-Ebene

Frontmatter
The presentation of self in everyday life
von Erving Goffman (1956)*
Zusammenfassung
Nach Hintergrundinformation zur Person Erving Goffmans und seiner soziohistorischen Einordnung, wird eines seiner zentralen Werke und theoretischen Konzepte vorgestellt. Anschließend wird „The presentation of self in everyday life“ zu Goffmans anderen Arbeiten in Bezug gesetzt, bevor abschließend Goffmans Rezeption skizziert und die Aktualität des dramaturgischen Modells diskutiert wird. Hierbei wird deutlich, dass sich die Selbstpräsentation in analogen und mediatisierten Kontexten vergleichsweise wenig unterscheiden, weshalb Goffman anschlussfähige Konzepte anbietet, die die kommunikationswissenschaftliche Forschung bereichern können. Seine Arbeiten zählen daher zu Recht zu den Schlüsselwerken der Kommunikationswissenschaft.
Marie-Kristin Döbler
Diffusion of Innovations
von Everett M. Rogers (1962)
Zusammenfassung
Das Etablieren der Diffusionstheorie als eigenständiger Forschungsansatz in der Kommunikationswissenschaft geht auf die 1962 erschienene Publikation von Everett M. Rogers, „Diffusion of Innovations“, zurück. Ursprünglich aus der Agrarsoziologie stammend entwickelte Rogers durch das Abstrahieren zahlreicher empirischer Befunde ein Modell für die Diffusion von Innovationen in sozialen Systemen. Die Theorie mittlerer Reichweite erlaubt es, diesen Prozess auf Mikro- und Makroebene zu modellieren: Es werden sowohl bestimmende Faktoren für eine individuelle Annahme einer Innovation als auch auf Systemebene genannt. Zudem stehen wahrgenommene Eigenschaften von Innovationen im Fokus, die eine Übernahme der Innovation für Individuen beschleunigen oder verlangsamen können. In der Kommunikationswissenschaft wird der Ansatz in zweierlei Hinsicht angewendet: Erstens ist die Diffusion von Innovationen ein im Wesentlichen durch Massenmedien und persönliche Netzwerke angetriebener Kommunikations prozess. Zweitens wird häufig die Übernahme von Medieninnovationen untersucht. Der Beitrag gibt sowohl Einblick in das Leben und Wirken von Everett M. Rogers als auch in die zentralen Inhalte der fünften überarbeiteten Auflage von „Diffusion of Innovations“ aus dem Jahr 2003. Darüber hinaus wird auf zentrale Kritikpunkte und Weiterentwicklungen des Werks eingegangen.
Cornelia Wolf
The social Construction of Reality: A treatise in the sociology of knowledge
von Peter L. Berger & Thomas Luckmann (1966)
Zusammenfassung
Bergers und Luckmanns 1966 publizierte Schrift „The social construction of reality“ gilt als eines der einflussreichsten soziologischen Bücher weltweit: Es wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt und allein die englischsprachige Ausgabe wurde über eine Million Mal verkauft.
Die zentrale Frage, die Berger und Luckmann in diesem Buch aufzuschlüsseln versuchen, ist, wie aus dem subjektiven Wissen eines Akteurs so etwas wie eine intersubjektive Vorstellung von der Wirklichkeit in einer Gesellschaft entstehen kann. Ausgehend von Überlegungen zum Alltagswissen zeigen sie auf, wie aus dem unterschiedlichen Wissen vieler Menschen eine gemeinsame Vorstellung von Wirklichkeit als Grundlage des sozialen Handelns wird. Grundgedanke ihrer sozialkonstruktivistischen Sichtweise ist, dass soziale Tatbestände nicht einfach gegeben sind, sondern in alltäglicher Interaktion in Prozessen der Habitualisierung und Institutionalisierung, also der Objektivierung sozialer Erfahrungen produziert werden. Über Verinnerlichung in Sozialisationsprozessen erlebt der einzelne Mensch schließlich die erzeugte Ordnung der Gesellschaft und seiner Umwelt als objektive Wirklichkeit, die er reproduziert, aber auch zu modifizieren, zu verändern vermag. In diesem Verständnis ist Gesellschaft für Berger und Luckmann etwas, dass sich in einem fortlaufenden dialektischen Wechselspiel als zugleich „objektive“ wie „subjektive“ Wirklichkeit herstellt.
Thomas Döbler
The Agenda-Setting Function of Mass Media
von Maxwell E. McCombs und Donald L. Shaw (1972)
Zusammenfassung
Maxwell McCombs und Donald Shaws Pionierstudie zum Agenda Setting-Ansatz ist theoretisch wie empirisch eher einfach gehalten, hat aber dennoch die Medienwirkungsforschung revolutioniert. Die Annahme, dass die Bevölkerung vor allem die politischen Sachthemen für relevant hält, über die die Massenmedien besonders häufig berichten, ist bis heute die meist untersuchte Hypothese der Medienwirkungsforschung. Der Ansatz ist in den vergangenen 50 Jahren zudem immer weiter ausdifferenziert worden und hat auch im Online-Zeitalter nicht an gesellschaftlicher Relevanz verloren. Der vorliegende Beitrag fasst zunächst die zentralen Befunde dieser Pionierstudie zusammen und skizziert dann die weitere Entwicklung des Agenda Setting-Ansatzes bis heute. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktuellen Entwicklungen im Kontext der Digitalisierung und auf den gesellschaftlichen Implikationen des Ansatzes.
Marcus Maurer
The Spiral of Silence. A Theory of Public Opinion
von Elisabeth Noelle-Neumann (1974)
Zusammenfassung
Die Theorie der Schweigespirale gehört zu einer der international sichtbarsten Theorien der deutschen Kommunikationswissenschaft und wurde in den 1970er-Jahren von Elisabeth Noelle-Neumann entwickelt. Sie ist ein Versuch, Prozesse und Funktionen der öffentlichen Meinung im Zusammenhang mit demokratischen Willensbildungsprozessen zu beschreiben und letztlich auch zu messen. Noelle-Neumann stellt in ihrer Studie fünf Hypothesen auf, die sich auf die Ursachen und Bedingungen beziehen, nach denen Menschen bereit sind, ihre eigene Meinung öffentlich zu äußern – oder nicht. Außerdem beschrieb Noelle-Neumann die Auswirkungen öffentlicher Meinungsäußerungen und die Rolle der Massenmedien in diesem Prozess. Die Hypothesen wurden durch mehrere repräsentative Befragungen empirisch überprüft. Die Schweigespirale erklärt, wie Meinungen von Minderheiten mittel- bis langfristig zu Mehrheitsmeinungen werden können und damit Einfluss auf politische Machtverhältnisse und Entscheidungen nehmen können. Dabei spielen zwei sozialpsychologische Phänomene eine wesentliche Rolle: 1) die Angst der Menschen vor sozialer Isolation und 2) die Fähigkeit von Menschen Veränderungen der öffentlichen Meinung „quasi-statistisch“ wahrzunehmen.
Florian Haumer
Living with Television: The Violence Profile
von George Gerbner & Larry Gross (1976)
Zusammenfassung
Der Aufsatz „Living with television: The violence profile“ stellt die inhaltliche Idee und methodische Umsetzung der Kultivierungsforschung vor. Das Fernsehen nimmt im Kultivierungsansatz auf Grund seiner Verbreitung, kostengünstigen Nutzung und realitätsnahen Darstellungen eine zentrale Rolle ein. Die Autoren vermuten, dass diejenigen, die besonders viel fernsehen, in ihrem Weltbild näher an der Abbildung der „Fernsehrealität“ liegen, während Wenigseher*innen ein Bild von der Welt haben, das näher an der tatsächlichen Realität ist. In ihrem Aufsatz zeigen sie, dass Fernsehen Vorstellungen (Kultivierung 1. Ordnung) und Einstellungen (Kultivierung 2. Ordnung) des Publikums wie vermutet beeinflusst. Bis heute ist Kultivierung einer der wichtigsten Ansätze kommunikationswissenschaftlicher Forschung. Viele von Gerbners ursprünglich angenommenen besonderen Aspekte des Fernsehens treffen auch im heutigen Zeitalter noch zu. Neue technische Entwicklungen bieten fruchtbare Perspektiven für Aspekte der Kultivierungsforschung, die bisher vernachlässigt wurden oder deren Umsetzung methodisch nur schwer möglich war. Für die moderne Kultivierungsforschung gilt es nach wie vor, die Produktionsinstanzen, die in den Sendungen vermittelten Botschaften und deren Wirkung auf das Publikum zu erforschen.
Christine E. Meltzer
Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ceremony
von John W. Meyer & Brian W. Rowan (1977)
Zusammenfassung
Die Entwicklung des soziologischen Neo-Institutionalismus ist ohne den Beitrag von John W. Meyer nur schwer vorstellbar. In einem der meistzitierten Aufsätze der Organisations- und Managementforschung hinterfragen Meyer & Rowan (1977) die herkömmliche Perspektive auf die Organisation als arbeitsteilige Zweckorganisation und erzwingen den Blick hinter die Fassade auf implizite Erwartungsstrukturen, rituelles Handeln und Entkopplung. Der „neue“ Institutionalismus ist phänomenologisch geprägt und grenzt sich so von kontingenztheoretischen Erklärungsansätzen ab und betont stattdessen den Einfluss impliziter kultureller Erwartungen und Normen. Auf makrosoziologischer Ebene gilt Meyer als Begründer der „World Society“-Forschung, die in der Tradition Max Webers stehend die Globalisierung organisationaler Strukturen untersucht.
Für die Medien- und Kommunikationswissenschaft steht der Neo-Institutionalismus als Gegenpol zu realistisch-funktional geprägten Ansätzen und betont die Bedeutung gesellschaftlicher Logiken, institutioneller Arrangements sowie kultureller Prägungen für Medienstrukturen und Kommunikationsprozesse.
Swaran Sandhu
What makes communication ‘organizational’? How the many voices of a collectivity become the one voice of an organization
von J. R. Taylor und F. Cooren (1997)
Zusammenfassung
Dieser Beitrag skizziert in Grundzügen den Artikel „What makes communication ‘organizational’? How the many voices of a collectivity become the one voice of an organization“ von James R. Taylor und François Cooren (1997) und ordnet ihn in seiner Bedeutung ein, insbesondere für die Organisationskommunikationsforschung. Der Artikel wurde grundlegend für eine Theorieperspektive, die heute unter dem Begriff der „Communicative Constitution of Organization“ (CCO) bekannt ist und welche das internationale Forschungsfeld der Organisationskommunikation stark geprägt hat. Kernidee der CCO-Perspektive ist ein Blickwechsel auf das Verhältnis von Kommunikation und Organisation: weg von der Betrachtung der Kommunikation von, in und über Organisationen – und hin zu einem Verständnis von Organisation als Kommunikation.
Dennis Schoeneborn
Protecting organization reputations during a crisis: the development and application of situational crisis communication theory
von W. Timothy Coombs (2007)
Zusammenfassung
Die Situational Crisis Communication Theory (SCCT) stellt das Hauptwerk des US-amerikanischen Organisationskommunikationsforschers Timothy Coombs dar. SCCT ist einer der wenigen international stark rezipierten Ansätze der Kommunikatorforschung, der dezidiert aus der PR-Theorie stammt. Kern der ab Mitte der 1990er-Jahre entwickelten und 2007 vorgelegten zusammenfassenden Modellierung ist ein Framework, das bei der Klassifizierung von Krisensituationen und möglichen Reaktionsstrategien unterstützt. Ihr Anspruch ist (1) die Attribution von Verantwortlichkeit in der Krise zu gestalten, (2) die Wahrnehmung der Organisation in der Krise zu verändern und (3) die negativen Auswirkungen der Krise (für die Organisation) zu verringern. Die SCCT erhebt damit den Anspruch, anwendungsbezogen zu sein und wurde vielfach durch Experimente geprüft und weiterentwickelt. Coombs, der auch als Berater arbeitet, hat in die Theoriebildung Erfahrungen aus mehreren Industriezweigen einfließen lassen. Die später vielfach geäußerte Kritik an den Defiziten der SCCT deutet inzwischen auf einen stärker heuristisch-orientierenden als empirischen Wert der Theorie hin.
Elke Kronewald, Lars Rademacher

Makro-Ebene

Frontmatter
Functional Analysis and Mass Communication
von Charles R. Wright (1960)
Zusammenfassung
In seinem Text „Functional Analysis and Mass Communication“ aus dem Jahr 1960 erarbeitet Charles R. Wright in Anlehnung an die theoretische Orientierung von Merton einen funktionalistischen Ansatz, den er für die Erforschung der Massenkommunikation konkretisiert. Wrights Bestreben ist es, den Rahmen für eine umfassende Funktionsanalyse der Massenkommunikation zu entwickeln und die dafür wesentlichen theoretischen und methodologischen Aspekte zu beschreiben. Funktionalanalysen könnten die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Massenmedien und die verschiedenen Befriedigungen und Ärgernisse, die Rezipient*innen beim Empfang von Nachrichten erfahren, beleuchten. Verschiedene Studien in den unmittelbar vorausgegangenen Jahren bedienten sich bereits explizit oder implizit eines funktionalen Rahmens für die Untersuchung verschiedener Aspekte der Massenkommunikation. Sein Text ist daher kein Aufruf zu etwas Neuem, sondern vielmehr ein erster Schritt zur expliziten Berücksichtigung bestimmter theoretischer und methodologischer Fragen, die für die künftige Entwicklung einer funktionalen Theorie der Massenkommunikation relevant sind. Sein Artikel trat eine Lawine funktionalanalytischer Studien in der Kommunikationswissenschaft los.
Sebastian Meißner
Die Ordnung des Diskurses
von Michel Foucault (1972)
Zusammenfassung
Der Beitrag stellt Michel Foucaults Schrift „Die Ordnung des Diskurses“ vor und diskutiert ihren Status als kommunikationswissenschaftliches Schlüsselwerk. In ihr formuliert Foucault seine Ideen zur Verknüpfung von Diskursen und den in ihnen hervorgebrachten Wissensordnungen mit Machtverhältnissen. Damit wird der kurze Text zu einer wichtigen Referenz für die Analyse von diskursiven Praktiken und den Strategien, die darin hervorgebrachten Deutungen und die damit etablierten Positionen zu legitimieren. Nach einem kurzen Abriss von Foucaults intellektuellem Beitrag wird zunächst das Werk in seinen Grundzügen vorgestellt. Im Anschluss erfolgt seine Verortung im Kontext von Foucaults Denkansätzen. Schließlich wird diskutiert, wie seine Überlegung in Medienanalyse und Kommunikationsforschung eingebracht wurden.
Christian Pentzold
Die feinen Unterschiede, Über das Fernsehen
Von Pierre Bourdieu (1979), (1996)
Zusammenfassung
Im Folgenden wird auf Basis der Texte „Die feinen Unterschiede“ und „Über das Fernsehen“ der Beitrag Bourdieus für die Kommunikationswissenschaft diskutiert. In den beiden Werken thematisiert Bourdieu zum einen soziale Ungleichheiten in der Mediennutzung, zum anderen die Rolle von Machtpositionen für die journalistische Medienproduktion. Zwar beschäftigt sich Bourdieu insgesamt nur am Rande mit kommunikationswissenschaftlichen Fragestellungen, dennoch werden die für seine Sozial- und Gesellschaftstheorie zentralen Begriffe Feld, Habitus und Kapital in der Kommunikationswissenschaft bis heute intensiv rezipiert. In Bezug auf Fragen der digitalen Gesellschaft erweisen sich diese Begriffe anschlussfähig vor allem im Hinblick auf empirische Untersuchungen zum Digital Divide.
Christian Rudeloff
Encoding/Decoding
von Stuart Hall (1980)
Zusammenfassung
Der Text „Encoding/Decoding in the television discourse“ und seine erweiterte Fassung „Encoding/Decoding“ zählen zu den Schlüsselwerken der britischen Cultural Studies. Der Soziologe Stuart Hall beschreibt darin ein Medienmodell, das weniger auf die technischen Aspekte der Nachrichtenübermittlung und Kommunikation referiert, sondern sehr viel stärker die politischen Dimensionen der Medienrezeption betont. Rezeption wird dabei von Hall als ein Konzept begriffen, das auf semiotischen Grundlagen beruht. Filme, Informationen, TV-Produktionen und andere Medienformate werden dabei als polyseme (mehrdeutige) Texte gesehen. Besonders hinsichtlich der Dekodierung und Übersetzung von Inhalten und Codes sieht Hall eine Option bei den Rezipient*innen, eine aufklärerische und emanzipatorische Mediennutzung zu verfolgen.
Gernot Wolfram
Theorie des kommunikativen Handelns
von Jürgen Habermas (1981)
Zusammenfassung
Die „Theorie des kommunikativen Handelns“ (TkH) ist das Hauptwerk von Jürgen Habermas, dem wohl einflussreichsten Denker der Bundesrepublik Deutschland. Im Zentrum des Buchs steht das Konzept der kommunikativen Rationalität: Wer Sprache benutze, setze immer die Möglichkeit von rationalem Austausch voraus. Je freier der Austausch von Argumenten stattfinden könne, desto mehr Rationalität und Freiheit werde ermöglicht. In der Lebenswelt moderner Gesellschaften sei solche Rationalisierung so weit fortgeschritten wie nie zuvor. Zugleich sei die Rationalität aber auch begrenzt und bedroht. Die gesellschaftlichen Subsysteme von kapitalistischer Ökonomie und modernem Staat seien gut geeignet, die materielle Reproduktion zu gewährleisten, die Lebenswelt dadurch von diesen Aufgaben zu entlasten und Freiheit zu ermöglichen. Ihre Steuerungsmechanismen Geld und administrative Macht hätten aber auch die Tendenz, auf die Lebenswelt überzugreifen, diese zu kolonialisieren und Kommunikation zu verdrängen. Habermas’ Werk wurde und wird bis heute in all seinen Aspekten intensiv diskutiert – in der Kommunikationswissenschaft ebenso wie in zahlreichen anderen sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen. Der vorliegende Text fasst die wichtigsten Hintergründe, Argumente und Gegenargumente zusammen.
Floris Biskamp
The Constitution of Society
von Anthony Giddens (1984)
Zusammenfassung
Die Strukturationstheorie ist eine allgemeine Sozial- bzw. Gesellschaftstheorie, die vom britischen Soziologen Anthony Giddens zu Beginn der 1980er-Jahre ausgearbeitet wurde. Im Zentrum der Strukturationstheorie steht eine umfassende Konzeptualisierung des Zusammenspiels von handelnden Personen bzw. Interaktionen mit Institutionen und strukturellen Rahmenbedingungen des Handelns. Zentrales Anliegen von Giddens ist dabei die Überwindung des Dualismus von Struktur und Handlung. Dies beinhaltet ein Verständnis von Struktur und Handlung als Dualität, das heißt als zwei unterschiedliche, einander wechselseitig bedingende Aspekte eines Ganzen. Gleichwohl Giddens die Strukturationstheorie als umfassende soziologische Grundlagentheorie angelegt hat, bietet sie zudem ein umfassendes begriffliches Instrumentarium, das sehr gut auch für empirische Forschung nutzbar ist. So finden sich zahlreiche empirische, wie auch theoretische Forschungsbeiträge in unterschiedlichen Disziplinen und Forschungsfeldern wie der Kommunikationswissenschaft, der Soziologie, der Politikwissenschaft, der Organisations- und Managementforschung, die sich auf die Strukturationstheorie beziehen.
Ulrike Röttger
Der Berliner Schlüssel. Erkundungen eines Liebhabers der Wissenschaften
von Bruno Latour (1991)
Zusammenfassung
Welche Rolle spielen die Dinge in einer Theorie des Sozialen? Dieser Frage hat der französische Philosoph und Soziologe Bruno Latour einen Gutteil seines bis heute äußerst produktiven Forscherlebens gewidmet. Der Essay „Der Berliner Schlüssel“, auf Deutsch erstmals erschienen im Jahr 1994, schlägt einen Handlungsbegriff vor, der sich radikal von den einschlägigen mikrosoziologischen Konzepten unterscheidet: Am Beispiel des Berliner Durchsteckschlüssels zeigt Latour, wie technische Artefakte ihren Benutzern bestimmte Handlungsprogramme aufzwängen. Dabei entfaltet er anhand präziser Beschreibungen die Kernthese der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT): Soziales Handeln geht nicht von Menschen aus. Stattdessen ‚wirkt‘ im Falle des Berliner Schlüssels ein komplexes Geflecht aus Objekten und Menschen, das sich weit über Zeit und Raum erstreckt: ein Akteur-Netzwerk. Anhand des ausgewählten Essays werden im Folgenden die zentralen Elemente der ANT vorgestellt und kontextualisiert. Auch wenn die Akteur-Netzwerk-Theorie keine Medientheorie im engeren Sinne ist, soll abschließend ihr Potenzial für die Analyse digitaler Infrastrukturen gezeigt werden.
Sebastian Pranz
Medienkommunikation: Einführung in handlungs- und gesellschaftstheoretische Konzeptionen
von Horst Holzer (1994)
Zusammenfassung
Holzer bietet eine fünffache Funktionsbestimmung der Medien im Kapitalismus: Medien als Waren bilden ein profitables Feld der Kapitalakkumulation, sie haben eine Absatz- und Werbefunktion inne, dienen der Legitimation und Durchsetzung von Klasseninteressen und spielen eine Rolle bei der Reproduktion der ausgebeuteten Arbeitskräfte. Trotz des gesellschaftlichen Wandels ist von einer Kontinuität der fundamentalen Merkmale kapitalistischer Mediensysteme und der Medienorganisation auszugehen. Deshalb verwundert es kaum, dass Holzers Arbeiten nicht allein Anlass zur Kritik, sondern auch zur Weiterführung und Konkretisierung geben. In allen ‚Bausteinen‘ einer an Marx orientierten kritischen Kommunikationswissenschaft hat Holzer Pionierarbeit geleistet und zählt zu den Begründern einer, heute vor allem international lebendigen Tradition. Eine Einschätzung der Rezeption Holzers muss konstatieren, dass er vom Machtpol des (deutschsprachigen) Fachs, der von gegenläufigen wissenschaftlichen Paradigmen geprägt war, mehr ignoriert, oder durch Entzug der Reproduktionsbedingungen seines wissenschaftlichen Arbeitens verhindert, als intellektuell kritisiert wurde.
Sebastian Sevignani, Julia Polkowski
Die Realität der Massenmedien
von Niklas Luhmann (1995)
Zusammenfassung
In dem Buch „Die Realität der Massenmedien“ entwickelt Niklas Luhmann eine Systemtheorie der Massenmedien. Luhmann konzipiert die Massenmedien dabei als gesellschaftliches Funktionssystem und setzt im Gegensatz zu anderen Funktionssystemen wie der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und dem Recht primär an einem technischen Verbreitungsmedium an. Die Funktion der Massenmedien erkennt er im Dirigieren der Selbstbeobachtung der Gesellschaft. In den Massenmedien verortet er drei Programmbereiche: Neben Nachrichten und Berichten – im Kern also dem Journalismus – sind dies die Werbung und Unterhaltung. Während bei Nachrichten und Berichten vorausgesetzt werde, dass sie zutreffen, wird der Werbung Unaufrichtigkeit unterstellt. In der Unterhaltung gehe es schließlich um einen Abbau einer selbsterzeugten Unsicherheit. Wie der Buchtitel „Die Realität der Massenmedien“ bereits verdeutlicht, interessiert sich Luhmann vor allem für die Frage, was die Realität bzw. Wirklichkeit der Massenmedien charakterisiert. Aus seiner systemtheoretischen Perspektive geht er dabei nicht von einer Verzerrung bzw. Manipulation der Realität aus, sondern stellt die spezifischen Selektionen der Programmbereiche der Massenmedien in den Mittelpunkt. „Die Realität der Massenmedien“ ist von der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft vielfach rezipiert worden, sah sich allerdings oft sehr grundsätzlicher Kritik ausgesetzt.
Olaf Hoffjann
The Rise of the Network Society
von Manuel Castells (1996*)
Zusammenfassung
In diesem ersten Band von Manuel Castells Trilogie über das Informationszeitalter legt er eine umfassende technik-soziologische Analyse der Weltgesellschaft vor. Seine Kernthese ist, dass maßgebliche Funktionen und Prozesse im Informationszeitalter immer mehr in Form von Netzwerken organisiert sind. Netzwerke würden die neue soziale Morphologie unserer Gesellschaften bilden. Und die Verbreitung der Netzwerklogik verändere die Funktionsweise und die Ergebnisse von Produktions-, Erfahrungs-, Macht- und Kulturprozessen erheblich. Den größten Wandel sieht er in der Transformation der Kommunikation: Das Internet habe alle anderen Medien in sich aufgenommen, sodass ein multimodales System digitaler Kommunikation entstanden sei. Castells Theorie wurde international stark rezipiert und überwiegend positiv aufgenommen. Bemerkenswert ist, dass er den Begriff Netzwerk und die Netzwerkforschung populär machte, obwohl er selbst kein Netzwerkforscher war.
Ralf Spiller
Die Mediatisierung kommunikativen Handelns. Der Wandel von Alltag und sozialen Beziehungen, Kultur und Gesellschaft durch die Medien
von Friedrich Krotz (2001)
Zusammenfassung
Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist eine Darstellung des Mediatisierungsansatzes auf der Basis der konzeptionellen Überlegungen von Friedrich Krotz. Als Schlüsselwerk schließt „Die Mediatisierung kommunikativen Handelns“ an Theorien mittlerer Reichweite an und plädiert für eine Neuordnung des bestehenden kommunikationswissenschaftlichen Wissens. Am Beispiel des Fernsehens auf öffentlichen Plätzen wird gezeigt, wie technische Kommunikationsmedien das Umfeld ihrer Nutzung und damit insbesondere den Alltag von Individuen prägen. Krotz geht es um ein ganzheitliches Verständnis der Folgen von medialem Wandel auf das soziale und kommunikative Handeln der Menschen. Das Ziel: Die Entwicklung von Bausteinen einer kommunikationswissenschaftlichen Theorie, bei der die gesellschaftliche Rolle der Medien und ihre Implikationen auf das sozialisierte Individuum im Mittelpunkt stehen.
Leif Kramp
Backmatter
Metadaten
Titel
Schlüsselwerke: Theorien (in) der Kommunikationswissenschaft
herausgegeben von
Ralf Spiller
Christian Rudeloff
Thomas Döbler
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-37354-2
Print ISBN
978-3-658-37353-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37354-2