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16.02.2021 | Schweißen | Gastbeitrag | Online-Artikel

Ultraschallschweißen mit 80 Prozent geringerem Energieeinsatz

verfasst von: Joachim Liebermann

4 Min. Lesedauer

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Durch den Einsatz servoelektrischer anstelle von servopneumatischen Antrieben werden Ultraschallschweißmaschinen deutlich energieeffizienter. Auch die Nahtqualität der gefügten Kunststoffteile steigt.

Die Ultraschalltechnik ist in den Bereichen Schweißen, Schneiden, Siegeln, Trennschweißen, Stanzen und Nieten von thermoplastischen Kunststoffen, Textilien und Vliesstoffen weltweit etabliert. Das Ultraschallschweißen mit seinen kurzen Prozess- und Zykluszeiten ist bereits heute sehr effizient, und doch birgt es noch weitere Einsparpotenziale. Eines dieser Potenziale ist die Antriebstechnologie. Während die zum Schweißen genutzten mechanischen Schwingungen mittels Piezokeramik erzeugt werden, ist die Schweißachse meist noch pneumatisch angetrieben.

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Kunststoffe schweißen

Kunststoffe, auch Polymerwerkstoffe genannt, engl. „plastics“, bestehen hauptsächlich aus synthetischen und organischen Polymeren. Organische Polymere sind umgewandelte Naturstoffe.

Servoelektrik wird Servopneumatik verdrängen

In der letzten Dekade haben sich jedoch elektrische Servomotoren als dynamische und gleichzeitig hochpräzise Antriebe durchgesetzt und nicht zuletzt durch ihre Effizienz eine weite Verbreitung erfahren. Durch elektrisch angetriebene Ultraschallmaschinen und -systeme entstehen folgende prägnante Vorteile:

  • Erweiterte, verbesserte Parametrisierung und Steuerung der Füge- oder Schneideanwendungen durch geschwindigkeitsgeregelte Prozessführung
  • Hohe Dynamik mit präziser Bearbeitung und Reproduzierbarkeit
  • Nachhaltige Reduzierung der Betriebskosten.

Die daraus resultierenden Vorteile bringen nach und nach den Wandel in Richtung servoelektrische Antriebe. Wo derzeit noch die Servopneumatik dominiert, wird es in den kommenden Jahren einen eindeutigen Umbruch geben, wie man ihn von anderen Branchen bereits kennt.

Druckluft in der Produktion ist teuer

Traditionell hatten Ultraschallschweißmaschinen pneumatische, anschließend dann teilweise auch servopneumatische Antriebe, die in geringem Maße ein paar Möglichkeiten elektrischer Antriebe abbilden können, wie zum Beispiel die Anwahl einer Nutzhubposition innerhalb des Gesamthubs. Dies führt jedoch im Betrieb als auch im Stillstand, wenn nicht produziert wird, aufgrund systembedingter ständiger Beaufschlagung mit Druckluft und Undichtigkeiten im pneumatischen System zu einem erhöhten Bedarf an Druckluft.

Druckluft ist einer der teuersten Energieträger in Produktionsanlagen und erfordert neben der technischen Infrastruktur zur Erzeugung, Reinigung, Trocknung und Verteilung große elektrische Leistungen, da der Wirkungsgrad in der Erzeugung niedrig ist und Leistungen kompensiert werden müssen. Die Kosten steigen mit der Höhe des erforderlichen Drucks im Versorgungskreis. Aus diesem Grund streben viele Unternehmen an, den Druck im System auf maximal 6 bar zu begrenzen. Dies reduziert jedoch den möglichen Schweißkraftbereich und damit das Einsatzspektrum des pneumatischen Ultraschallschweißsystems. Die Kosten für Druckluft liegen üblicherweise im Bereich von 1,5 bis 2,7 Cent pro Nm³ bei 6 bar.

Hoher Luftverbrauch bei manueller und automatisierter Produktion

Ein typisches servopneumatisches Antriebssystem mit Zylinderdurchmesser von 63 Millimeter und einem Hub von 150 Millimeter, verbraucht allein im Stillstand circa 0,85 Nm³ pro Stunde bei 6 bar Versorgungsdruck. Damit lassen sich jedoch nur Schweißkräfte bis maximal 1.700 Newton erreichen. Um Schweißkräfte bis zu circa 2.400 Newton zu erreichen, ist es notwendig, solche Systeme mit Versorgungsdruck größer 8 bar zu beaufschlagen, wodurch der Luftverbrauch im Stillstand auf 1,5 bis 1,6 Nm³ pro Stunde ansteigt.

Im Ultraschallschweißprozess ergibt sich dann der Luftverbrauch aus der Fahrbewegung, dem Schweißhub und den angestrebten Schweißkräften. Bei einem exemplarischen Schweißprozess mit 140 Millimeter Schweißhub, also der Zustellbewegung, mit den Prozessparametern 750 Newton Triggerkraft sowie 1.500 Newton Schweiß- und Haltekraft und den zugehörigen Zeitparametern 0,5 Sekunden Schweißzeit und einer Sekunde Haltezeit ergibt sich pro Schweißtakt ein Luftverbrauch von circa 0,0071 Nm³ bei 8 bar Versorgungsdruck.

Nimmt man diese Werte und wendet sie für eine Produktionsumgebung an, bei der an einem Handarbeitsplatz 15 Teile je Minute geschweißt werden und 7 Stunden pro Tag produziert wird, ergibt sich ein Luftverbrauch von circa 45 Nm³. In einer automatisierten Produktionsumgebung, die mit 30 Takten je Minute im Dreischichtbetrieb produziert, ergibt sich ein Luftverbrauch von 310 Nm³ pro Tag.

Geringer Energieeinsatz mit elektrischen Antrieben

Wenn ein mittlerer Kostenfaktor von 2 Cent je Nm³ Druckluft bei 5 Arbeitstagen über 50 Wochen angenommen wird, entstehen Druckluftkosten in Höhe von 225 Euro für den Handarbeitsplatz und 1.550 Euro für die automatisierte Produktionsanlage. Diese Kosten fallen allein für die Bewegung des pneumatischen Antriebs und die Bereitstellung der erforderlichen Schweißkräfte an. Die elektrische Energie für die Steuerung, Visualisierung und Sicherheitstechnik sowie für die Ultraschallerzeugung sind hier nicht Gegenstand der Betrachtung.

Moderne Ultraschallschweißmaschinen mit elektrischen Antrieben benötigen für vergleichbare Ultraschallschweißprozesse, die Stillstand, Bewegung und Kraftaufbau einschließen, nur circa 0.000173 Kilowattstunden. Legt man den typischen derzeit durchschnittlichen Industriestrompreis für das Jahr 2020 mit 19 Cent pro Kilowattstunde zu Grunde, ergeben sich für einen beispielhaft erläuterten Schweißprozess Energiekosten in Höhe von 52 Euro für einen Handarbeitsplatz und 355 Euro für eine hochtaktende automatisierte Produktionsanlage.

Neben den erweiterten Optionen für die Gestaltung hochpräziser Ultraschallschweißprozesse bieten elektrisch angetriebene Systeme ein deutliches Einsparpotential bezüglich der für Fahrbewegungen und Kraftaufbau erforderlichen Energie und leisten damit einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in der Produktion. Nicht zuletzt kann für neue Produktionsumgebungen auf die Investition in Infrastruktur zur Erzeugung, Speicherung und Leitung von Druckluft verzichtet werden.

Das monetäre Einsparpotential von servoelektrischen Ultraschallschweißmaschinen im Vergleich zu ihren pneumatischen beziehungsweise servopneumatischen Pendants liegt damit bei circa 80 Prozent.

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