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19.09.2023 | Schwere Lkw | Kompakt erklärt | Online-Artikel

Warum transformiert Megawattladen den Schwerlastverkehr?

verfasst von: Christiane Köllner

4:30 Min. Lesedauer
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Sollen sich batterieelektrische Antriebe auch im Schwerlastverkehr durchsetzen, kommt man um das Megawattladen nicht herum. Das ist der aktuelle Stand beim Megawattladen für schwere Nutzfahrzeuge. 

Der Wandel zum batterieelektrischen Antrieb findet nicht nur beim Pkw statt, sondern auch beim Nutzfahrzeug im Schwerlastverkehr. Hier sehen die Transportprofile jedoch naturgemäß anders aus und es ergeben sich im Langstreckentransport mit schweren Lkw besondere Herausforderungen. Das betrifft die Ladesysteme, die Energieversorgung und die Standorte, um batterieelektrische Lkw innerhalb der gesetzlichen Pausenzeiten von 45 min, die jeder Lkw-Fahrer nach 4,5 h Fahrzeit einlegen muss, auch ausreichend schnell laden zu können. "Um dieser Forderung nachzukommen, wird mit dem Megawatt Charging System (MCS) ein neuer Ladestandard mit theoretischen Ladeleistungen bis 3,75 MW entwickelt", erklärt MAN Truck & Bus im Artikel Megawattladen für batterieelektrische Nutzfahrzeuge im Fernverkehr

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Megawattladen für batterieelektrische Nutzfahrzeuge im Fernverkehr

Die Dekarbonisierung des Nutzfahrzeugsektors ist das erklärte Ziel von MAN Truck & Bus. Hierzu müssen insbesondere schwere Lastkraftwagen im Fernverkehr betrachtet werden. Das Megawattladen ermöglicht den effizienten Einsatz batterieelektrischer Nutzfahrzeuge.

Schwere Lkw brauchen große Batteriepacks, damit sie auf vergleichbare Reichweiten kommen wie ihre Diesel-Pendants. Und um diese wiederum schnell genug laden zu können, ist eine deutlich höhere Ladeleistung als bisher erforderlich. "Wurden mit dem Begriff des Schnellladens noch vor wenigen Jahren Speiseleistungen bis 50 kW in Verbindung gebracht, sind es heute beim High Power Charging (HPC) bis zu 350 kW", erklärt Richard Backhaus im Artikel Schnelleres Laden von Pkw und Nfz (Seite 8) aus der MTZ 9-2022.

Während bei leichten Transportern die HPC-Technik ausreichend sei, "müssen für schwere Nutzfahrzeuge neue Ladekonzepte etabliert werden" (Seite 10), so Backhaus weiter. Um einen 40-t-Elektro-Lkw mit einer Batteriekapazität von 400 bis 700 kWh in einer Dreiviertelstunde vollständig aufzuladen, ist laut Siemens, eine Ladeleistung von 550 bis 1.000 kW erforderlich. Diese Anforderungen gingen über den derzeit installierten Schnellladestecker-Standard Combined Charging System (CCS) hinaus, der nur eine maximale Leistung von 500 kW übertragen kann.

Herausforderungen beim MCS-Laden

Bei Siemens wurde bereits 2018 damit begonnen, einen neuen Hochleistungs-Ladestandard zu definieren, der Ladeleistungen von mehr als 3 MW unterstützt. Dieses Megawatt Charging System (MCS), so der Name des neuen Standards, ist ein entscheidender Baustein. Denn ohne Ladekapazitäten in dieser Größenordnung ließe sich keine flächendeckende Elektrifizierung des Lkw-Fernverkehrs erreichen. Das MCS ist ein "international standardisiertes Gleichstrom-Ladesystem mit Leistungen bis zu 3 MW (maximal 3000 A beziehungsweise 1200 V)", erklärt Backhaus. Die Ladeschnittstelle für schwere Nutzfahrzeuge soll grundsätzlich auf den Normen des bewährten CCS und dessen Erweiterung HPC für das Pkw-Laden aufbauen. 

Doch aus der gegenüber dem HPC fast zehnfach höheren nominalen Ladeleistung resultieren auch Herausforderungen, wie Michael Zeyen, Geschäftsführer von Vancom und Vorsitzender des Arbeitskreises zur Normung des DC-Ladens beim VDE|DKE, im Artikel von Backhaus erklärt: Dies "betreffen einerseits den Stecker, andererseits aber auch die Zuleitung. Darüber hinaus ergeben sich Fragen wie die Spannungsversorgung der Ladeparks oder die vernetzte Fahrzeuglogistik, um Wartezeiten vor den Ladesäulen zu vermeiden." Weitere Herausforderungen beim MCS-Laden sind die höheren thermischen Verluste als bei der HPC-Aufladung und der hohe Energiebedarf der MCS-Stationen.

Der Anreiz für eine zügige Umsetzung ist aber da: Denn Lkw-Hersteller müssen den CO2-Ausstoß ihrer Flotten in der Europäischen Union bis zum Jahr 2025 um 15 % senken. Für 2030 soll dieser Grenzwert nochmals verschärft werden. Um die Ziele zu erreichen, müssen die OEMs bis dahin ihr Portfolio um Elektro-Lkw für den Schwerlastverkehr erweitern. Die fehlenden Bausteine sind eine standardisierte MCS-Technologie und die Einführung von gut platzierten öffentlichen MCS-Ladesäulen auf Rastplätzen in der Nähe von Autobahnen. Zudem ist eine intelligente Routenplanung mit integrierter Ladeplanung für den effizienten Einsatz von batterieelektrischen Lkw notwendig.

Forschungsprojekte: "Hola", "Nefton" und "Mega-Laden"

Die Entwicklung wird in Deutschland anhand mehrerer Pilotprojekte vorangetrieben. Im Rahmen des "Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr (Hola)" werden an vier Standorten entlang der A2 zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet Hochleistungsladepunkte für Lastkraftwagen aufgebaut, betrieben und sollen im realen Logistikbetrieb angewandt werden. In einer ersten Phase sollen dabei noch CCS-Ladesäulen zum Einsatz kommen, bevor in der zweiten Phase die Inbetriebnahme des MCS erfolgt. Die Aufnahme des Realbetriebs ist für Herbst 2023 geplant. Im Rahmen des Projekts wurde auch untersucht, wo sich die attraktivsten und am besten geeigneten möglichen Ladeorte für E-Lkw genau befinden. Die Ergebnisse der Analyse zeigten, dass weniger einzelne, sondern die Kombination mehrerer Merkmale entscheidend für die Attraktivität eines Standortes sei. So lägen über 70 % aller Stopps an einem von drei Clustern bestehend aus einer Kombination von Gewerbe- und Industriegebieten, Parkplätzen mit Service-Arealen sowie Rastanlagen.

Das Forschungsprojekt Nefton unter der Leitung der Technischen Universität München will einen seriennahen Prototypen eines elektrifizierten Nutzfahrzeugs und eines entsprechenden Ladesystems mit einer Ladeleistung im Megawatt-Bereich entwickeln und erproben. Das Projekt läuft noch bis Juni 2024.

Im Projekt "Mega-Laden", geleitet vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI), wird ein vollautomatisches Schnellladesystem für E-Lkw entwickelt und als Demonstrator aufgebaut. Die elektrische Aufladung des E-Lkw soll automatisch nach der Einfahrt in ein Logistikzentrum innerhalb von Minuten erfolgen. Das Projekt läuft noch bis September 2023. 

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