Scrum in der Lehre: Von Praxen und Projekten. Berichte aus der soziologischen Praxis

In den Forschungsseminaren arbeiten die Studierenden in der Regel ein Jahr an einem eigenen Forschungsprojekt, das sie im Rahmen einer kleineren Gruppe durchführen. Ihnen obliegen dabei die vollständige Konzeption, Durchführung und Ausführung unter einem gemeinsamen thematischen Rahmen.

Im Gegensatz zum Forschungsseminar gibt es beim Projektseminar einen realen Auftraggebenden, der eine Forschungsfrage vorgibt. Die Studierenden führen empirische Arbeiten durch und übergeben ihre Ergebnisse zum Abschluss des Seminars an den Auftraggebenden.

Beim Scrum-Poker wird der Arbeitsaufwand ausgepokert. Jede*r Spieler*in erhält dazu einen Satz Karten mit der leicht angepassten Fibonacci-Folge 0, 0.5, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 20, 40, 100. Für die gemeinsame Schätzung legen gleichzeitig die Spieler*innen ihre individuelle Aufwandsschätzung auf den Tisch. Liegen die Schätzungen jeweils nur eine Zahl auseinander, entscheidet die Mehrheit oder es wird ein Mittelwert gebildet. Liegen die Schätzungen weiter auseinander, legen die Spieler*innen mit der höchsten und der niedrigsten Schätzung die Gründe für ihre Einschätzung offen. Anschließend wird erneut gepokert. Dieses Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis eine Einigung erzielt wird.

Wir verwenden dazu die Papierfliegerübung. Bei der Papierfliegerübung treten beliebig viele Teams gegeneinander an. In der Zeit von drei Minuten soll jedes Team Papierflieger falten, allerdings darf jedes Teammitglied den Flieger nur einmal falten und muss ihn dann an das nächste Teammitglied weiterreichen. Zu Beginn einer Runde erhalten die Teams eine Minute Planungszeit und die Vorgehensweise zu planen. Nach der Produktionszeit werden die Flieger von einem Teammitglied getestet. Dabei werden alle Flieger, die über eine Strecke von drei Meter fliegen, gezählt. Die Ergebnisse aller Gruppen werden festgehalten. Anschließend erhält jedes Team zwei Minuten für eine Retrospektive, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dann folgt eine weitere Runde Papierfliegerbau und Testung. Meist zeigen sich bereits nach zwei Runden gewaltige Steigerungen in der Anzahl der produzierten und flugfähigen Papierflieger, sodass der Effekt der Vorgehensweise unmittelbar spürbar wird.

Die Aufgabe, die hier bisher verwendet wurde, ist die Restaurantaufgabe. Dabei planen die Studierenden in Gruppen das Menü für eine Restauranteröffnung. Bei der Planung soll neben dem Aspekt der gesunden Ernährung – es sind die aktuellen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu berücksichtigen – auf Nachhaltigkeit geachtet werden. Im Zuge der Arbeitsaufgabe soll ein Restaurantname erdacht und eine Speisekarte mit Nähwertangaben und Allergenen erstellt werden. Zusätzlich können weitere Akzeptanzkriterien aufgenommen werden.

Interessanterweise sind alle Studierenden mit Vorerfahrungen Teilnehmende der aktuellen Veranstaltung, was auf eine immense Verbreitung dieser agilen Methode in der Praxis insbesondere in jüngster Zeit hindeutet.