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2024 | Buch

Sensemaking in der Katastrophe

Eine Rekonstruktion der Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal

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Über dieses Buch

Dieses Buch bietet eine soziologische Perspektive auf die Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal – und zeigt damit Strukturen und Bedingungen auf, welche im Hintergrund der Flutnacht zu ihren tragischen Ausmaßen führten. Nach Desastern steht oft die Frage im Raum, wie es trotz nachweislich vorliegender Warnsignale zu einer derartigen Eskalation kommen konnte. Auch nach der Flut im Kreis Ahrweiler erscheinen die Fehlentscheidungen bei den Verantwortlichen nicht nachvollziehbar. In diesem Buch wird zur Beleuchtung dieser Rätsel ein anderer Blickwinkel vorgeschlagen: Das kritischste Element der Flutkatastrophe und deren missglückter Bewältigung lag nicht in Fehlentscheidungen, sondern in den zugrundeliegenden Fehleinschätzungen. Unter Zuhilfenahme von „Sensemaking“ nach Karl E. Weick werden diese Fehleinschätzungen vom 14. und 15. Juli 2021 in ihren Kontexten sicht- und greifbar gemacht. Neben dem fokussierten Krisenstab in Bad Neuenahr-Ahrweiler werden auch weitere zentrale Akteure und widrige Gegebenheiten dieses Zusammenhangs untersucht. Darüber hinaus werden organisationale Einflussfaktoren der Flutkatastrophe herausgestellt; denn wie bei allen Katastrophen bildete sie sich aus dem Zusammenspiel mehrerer, teils völlig voneinander unabhängiger Aspekte. Für das ergänzende Verständnis wird neben einer einführenden Rekonstruktion des Katastrophenhergangs auch eine Einordnung von Krisenstäben als organisationaler Sonderform im hier betrachteten Sinne geboten. Daraus ergibt sich die Gelegenheit, aus den Geschehnissen im Kreis Ahrweiler zu lernen. Damit bietet dieses Buch insbesondere für Katastrophenforscher und Katastrophenschützer Impulse und Lektionen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 zeichnete sich durch hohe Opferzahlen und eine Überforderung des lokalen Katastrophenschutzes aus. Beide Phänomene können durch ihre Einordnung in Fehleinschätzungen theoretisch fassbar gemacht und daraus Lehren für zukünftige Ereignisse abgeleitet werden. Der folgende Abschnitt wendet sich daher von der nach Katastrophen häufig auftretenden retrospektiven Fokussierung auf Fehlentscheidungen ab, da diese schnell an ihre Erklärungsgrenzen gerät. Vielmehr werden Fehleinschätzungen bei der Bewältigung der Flutkatastrophe durch die daran beteiligten Stellen und Personen angenommen und theoretisch grundlegend umrahmt. Darüber hinaus wird in diesem Abschnitt die weitere Gliederung des vorliegenden Buches erläutert sowie der Anspruch, Limitierungen, Intention und Ton des Textes aufgezeigt.
Lennart Koschitzki
Kapitel 2. Chronologie des Flutablaufs
Zusammenfassung
Dieses Kapitel stellt den direkten Vorlauf der Flut im Ahrtal (Abschn. 2.1) und die Geschehnisse der Katastrophennacht vom 14. (Abschn. 2.2) auf den 15. Juli 2021 (Abschn. 2.3) auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Abfassung des Buches vorliegenden, überwiegend journalistischen Quellen chronologisch dar. Daraufhin werden die Ausmaße und Folgen der Flutkatastrophe zusammengefasst, wobei auch auf gezogene Lehren und angestoßene Maßnahmen im betroffenen Landkreis verwiesen wird (Abschn. 2.4).
Lennart Koschitzki
Kapitel 3. Katastrophenschutzorganisation in Form von Krisenstäben
Zusammenfassung
Dieses Kapitel stellt die Katastrophenschutzorganisation in Deutschland mit Hauptaugenmerk auf dem lokalen Katastrophenschutz auf Kreisebene dar, wobei die Stellung von Krisenstäben besonders hervorgehoben wird. Nach einer allgemeinen Vorstellung des deutschen Katastrophenschutzes und seiner Logiken (Abschn. 3.1) folgt eine (organisations)soziologisch Betrachtung der Krisenstäbe zur Katastrophenschutzorganisation auf Kreisebene (Abschn. 3.2). Dabei werden sie zuerst grundlegend nach den Organisationsmerkmalen des Soziologen Niklas Luhmann in Mitgliedschaft, Zwecken und Hierarchien eingeordnet (Abschn. 3.2.1). Daraufhin werden Krisenstäbe in ihrer Besonderheit als temporäre Organisationsform hervorgestellt, die in Form eines Konditionalprogramms auftritt (Abschn. 3.2.2). Ergänzt und verfeinert wird diese Betrachtung durch die Hinzunahme der theoretischen Konstrukte High Reliability Organizations (Abschn. 3.2.3), High Reliability Networks (Abschn. 3.2.4) und Ähnlichkeiten zu Notfallorganisationen (Abschn. 3.2.5).
Lennart Koschitzki
Kapitel 4. Die Flutkatastrophe soziologisch eingeordnet
Zusammenfassung
Dieses Kapitel nimmt eine soziologische Unterscheidung und Einordnung der untersuchten Ereignisse im Ahrtal als eine Naturkatastrophe (Abschn. 4.1) und eine organisationale Katastrophe (Abschn. 4.2) vor.
Lennart Koschitzki
Kapitel 5. Sensemaking in der Katastrophe
Zusammenfassung
Dieses Kapitel überträgt nach einer Darlegung von Sensemaking nach Karl E. Weick als theoretischer Grundlage zur Rekonstruktion von Fehleinschätzungen (Abschn. 5.1) Sensemaking auf Warnketten im Katastrophenschutz. Dem folgend wird die Implikationen von Sensemaking im Katastrophenschutz behandelt (Abschn. 5.2). Das nächste Unterkapitel zeichnet die wesentlichen Entscheidungspunkte in der Flutkatastrophenbewältigung und die dort rekonstruierbaren Fehleinschätzungen im für die Katastrophenbewältigung zuständigen Krisenstab des Landkreises Ahrweiler nach und ordnet diese in ihrer Bedeutung für den Katastrophenverlauf ein (Abschn. 5.3). Dieser Abschnitt zeigt auch die direkten Einflussfaktoren zur Entstehung der Fehleinschätzungen auf. Die Katastrophe und die damaligen Fehleinschätzungen entstanden allerdings aus einer Vielzahl an Faktoren und Einflüssen, weshalb auch diese ergänzend aufgeführt werden (Abschn. 5.4). Der letzte Abschnitt stellt nach dem bisher hier fokussierten Krisenstab auch weitere relevante Katastrophenakteure sowie Beteiligte mit ihren Fehleinschätzungen und diesbezüglichen Einflüssen dar (Abschn. 5.5).
Lennart Koschitzki
Kapitel 6. Zusammenführung der Ergebnisse
Zusammenfassung
Dieses Kapitel zieht aus den bisherigen Ausführungen Schlüsse, diskutiert aber auch bisher unerwähnte Aspekte und Übertragungen in Bezug auf Strukturverlust und Überforderung im lokalen Katastrophenschutz des Kreises Ahrweiler.
Lennart Koschitzki
Kapitel 7. Die Flutkatastrophe als „Normalunfall“
Zusammenfassung
Auf Basis der vorherigen Kapitel diskutiert dieses Kapitel, dass die Flutkatastrophe unter den dort aufgetretenen organisationalen Bedingungen einen „Normalunfall“ nach Charles Perrow darstellt und somit die organisationale Katastrophe in Form von unangemessener Katastrophenbewältigung mindestens begünstigt, wenn nicht unausweichlich war. Dies unterstreicht weitere Systemeigenschaften von lokalem Katastrophenschutz und betont die Abhängigkeit von korrekten Situationseinschätzungen.
Lennart Koschitzki
Kapitel 8. Implikationen für Katastrophenschutzorganisation
Zusammenfassung
Aus den Untersuchungen der Flutkatastrophe werden in diesem Kapitel Implikationen für Katastrophenschutzorganisation geschlussfolgert und reflektiert. Darüber hinaus verweist dieser Abschnitt auf bereits begonnene Entwicklungen zur Verbesserung des Katastrophenschutzes in Ahrweiler und darüber hinaus.
Lennart Koschitzki
Kapitel 9. Fazit
Zusammenfassung
Dieses Kapitel fasst die Ausführungen und Erkenntnisse der vorangegangenen Kapitel zusammen und geht reflektierend auf die Einschränkungen und den Anspruch des Buches ein. Abschließend werden in Anknüpfung daran Potenziale für weitere Forschungen aufgezeigt.
Lennart Koschitzki
Backmatter
Metadaten
Titel
Sensemaking in der Katastrophe
verfasst von
Lennart Koschitzki
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-45201-8
Print ISBN
978-3-658-45200-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-45201-8

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