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2020 | Buch

Smiley. Herzchen. Hashtag.

Zwischenmenschliche Kommunikation im Zeitalter von Facebook, WhatsApp, Instagram @ Co.

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Über dieses Buch

Lieber eine schnelle Sprachnachricht als ein persönlicher Anruf, ein Smiley statt eines Grußes – die Kommunikation verändert sich im digitalen Zeitalter. Kommunikation wird unverbindlich, aber gleichzeitig steigt der Kommunikationsdruck durch soziale Medien und Netzwerke. Wir stehen unter Druck, jederzeit schnell zu kommunizieren. In Ruhe einen Kaffee trinken, die Aussicht genießen? Geht nicht, jede WhatsApp muss umgehend beantwortet werden und die Likes unter dem Foto zählen mehr als der Genuss des Augenblicks. Viel zu kurz kommt bei all dem die zwischenmenschliche Kommunikation.Dieses Buch zeigt, wie aktuelle Kommunikationsmedien wie WhatsApp, Facebook oder Instagram die zwischenmenschliche Kommunikation beeinflussen und wie diese Veränderungen unsere Beziehungen und unser gesellschaftliches Zusammenleben schleichend verändern. Die Verfügbarkeit einer Vielzahl von Medien stellt uns vor große Herausforderungen. Wenn Sie sich schon immer gefragt haben, warum das Kommunizieren im Privat- oder Berufsleben plötzlich schwieriger geworden ist, finden Sie in diesem Buch Antworten darauf. Sie lernen, wie Sie im digitalen Zeitalter bei sich bleiben und sich nicht von kurzfristigen Erregungszuständen der Medien aus dem Gleichgewicht bringen lassen. Treffen Sie bewusste Entscheidungen für Medien und ihre Nutzung und erobern Sie Ihre kommunikative Selbstbestimmung zurück!

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Kennen Sie diese Situation: Sie erhalten eine Nachricht via WhatsApp, haben aber keine Zeit oder keine Lust zu antworten und versuchen nun, die richtige Strategie für sich zu finden, was Sie tun sollten. Sie können die Nachricht erst einmal nur in der WhatsApp-Vorschau lesen ohne sie als „gelesen“ zu markieren, um nicht sofort antworten zu müssen und gleichzeitig nicht unhöflich zu wirken. Alternativ können Sie die Nachricht zwar als gelesen markieren, so dass die grauen Häkchen blau eingefärbt werden, aber erst einmal nicht antworten oder nur eine schnelle, eher allgemein gehaltene Antwort mit größerem Interpretationsspielraum geben. Bei WhatsApp können Sie auch einstellen, dass Ihre Chatpartner∗innen nicht sehen können, ob und wann eine Nachricht gelesen wurde. Auch der Online-Status kann verborgen werden. Die meisten Nutzer∗innen haben die Einstellungen jedoch nicht in dieser Weise verändert. Groß ist der Unterschied ohnehin nicht, denn auch mit verborgenem Online-Status riskiert man, unhöflich zu wirken, wenn man längere Zeit nicht antwortet. Das Problem im Unterschied zur Face-to-face-Kommunikation ist: Sie haben kaum eine Chance, authentisch und ehrlich zu antworten und das hat mehrere Gründe.
Uta Buttkewitz
2. Die Gleichzeitigkeit von Kommunikationsmedien
Zusammenfassung
Der Medienkonsum und die Kommunikation werden uns in diesen Tagen nicht leicht gemacht – jeden Tag müssen wir neue Entscheidungen treffen: Rufe ich eine Freundin oder einen Freund an, um eine bestimmte Information mitzuteilen, mich zu verabreden oder etwas zu fragen? Störe ich sie oder ihn vielleicht in einer unpassenden Situation und schreibe ich deshalb vielleicht lieber eine Nachricht anstatt schnell zum Telefon zu greifen? Damit ist jedoch das Problem auch nicht gelöst und die Entscheidung noch nicht endgültig getroffen, denn als nächstes stellt sich die Frage nach dem konkreten Kommunikationsweg. Benutze ich für die Übermittlung meiner Nachricht WhatsApp oder einen anderen Kurznachrichtendienst, schreibe ich eine E-Mail oder eine SMS? Mittlerweile fällen wir diese Entscheidung je nach Adressat∗in häufig intuitiv. Die Gefahr, ein unpassendes Kommunikationsmedium zu wählen, bleibt jedoch bestehen und ist durch die größere Auswahl an vorhandenen Möglichkeiten gestiegen. Vor der Ära des Mobiltelefons und der E-Mail brauchten wir darüber kaum nachzudenken. Wenn wir jemandem schnell etwas mitteilen wollten, haben wir angerufen, unabhängig davon, ob wir gestört haben oder nicht – es sei denn es war spät abends oder sonntags zur Kaffeezeit. Bei nicht ganz so dringenden Informationen haben wir uns die Zeit genommen, einen Brief zu schreiben.
Uta Buttkewitz
3. Die Entwicklung der Medien aus digitaler Perspektive
Zusammenfassung
Ein Blick in unsere Historie zeigt, dass es das Bedürfnis des Schreibens, Mitteilens und Speicherns von Informationen schon immer gab und ein zutiefst menschliches zu sein scheint. Spätestens vor 40.000 Jahren setzte sich bei allen Hominiden die arithmetische Lautsprache durch. Vor 35.000 Jahren kam dann zur sprachlichen Kommunikation die Kommunikation mithilfe von Bildern dazu – das waren sozusagen die Vorläufer der Emojis. Wann die Menschen entdeckten, dass visuelle Bedeutungen auch sprachlich umgesetzt werden können, ist nicht genau bekannt. Die Geschichte des Schreibens beginnt in Mesopotamien im Neolithikum (Jungsteinzeit) – ca. 9000 v. Christus. Die Ägypter und Sumerer begannen vor ca. 3000 v. Chr. an zu schreiben. Es bedurfte dann mehrerer Jahrhunderte, um zu Texten in unserem heutigen Sinn zu gelangen. Die archaischen Texte dienten in erster Linie der Organisation von Wissen und besaßen die Funktion des Gedächtnisspeichers. Es wurden Listen, die Anzahl von Personen, ihre Berufe, Transaktionen usw. aufgeschrieben – Texte, die wir uns heute beispielsweise im Pergamonmuseum in Berlin anschauen können. Allmählich kamen die kommunikative Funktion und der Bezug zur gesprochenen Sprache hinzu. Die Griechen und Römer entwickelten ihre Lautsprache zur Lautschrift, aus der dann schließlich die Alphabetschrift hervorging. Die Erfindung der Alphabetschrift stand in engem Zusammenhang mit neuen politischen, gesellschaftlichen und technologischen Verhältnissen und Entwicklungen. Das Schreiben diente nicht länger nur der Administration und dem Machterhalt, sondern führte zu einer demokratischen Öffentlichkeit. Die Schrift stand allen Bürger∗innen offen, auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Bürger∗innen wirklich lesen und schreiben konnten. Die Kommunikation funktionierte zwar noch größtenteils mündlich, da die schriftlichen Texte in erster Linie vorgelesen wurden. Die Texte entstanden jedoch nicht mehr im Augenblick des Vortrags, sondern wurden aufgeschrieben und dann mündlich präsentiert. Im Römischen Reich schrieb man eigenhändig flüchtige Notizen, persönliche Aufzeichnungen, vertrauliche Briefe und Gedichte. Das Ab- und Mitschreiben wurde dagegen den Sklaven als minderwertige Tätigkeit überlassen.
Uta Buttkewitz
4. Warum verschwindet das Telefon nicht?
Zusammenfassung
Der Journalist und Soziologe Siegfried Kracauer prägte den Begriff der Zerstreuungskultur, den er vor allem begleitend zur Entstehung des Kinos, der Revuen und der zunehmend wachsenden Unterhaltungsbranche im Berlin der 1920er- und 1930er-Jahre entwickelt hat und der sich im digitalen Zeitalter einmal mehr bewährt (Kracauer 1977, S. 311–317). Der Philosoph und Kulturkritiker Walter Benjamin beklagt etwa zeitgleich den Verlust der Aura, der mit der Reproduzierbarkeit eines Kunstwerks einhergeht (Benjamin 1977, S. 15). Die Tatsache, dass Wirklichkeit nur durch Medien konstruiert wird, ist längst zu einem gesellschaftlichen Allgemeinplatz geworden. Es gibt keine Zusammenhänge mehr in der Welt, sondern nur noch Ausschnitte von Zufallsereignissen, die an die Stelle von sinnvollen Kontinuitäten treten. Das Originale und Ursprüngliche, das heißt die Quelle, ist immer schwerer zu finden. Auf das digitale Zeitalter bezogen müssen wir uns die Frage stellen, ob das Internet die Welt repräsentiert, ob es diese nur reproduziert oder ob wir dazwischen nicht mehr differenzieren können. Im Netzwerk Instagram versuchen die Personen zum Beispiel sehr nah am Intimen, am Privaten und Realen zu sein und suggerieren den Adressat∗innen durch private Alltagsbilder eine besondere Art der Authentizität. Und hat diese nicht auch ihre ganz unschuldige – und ohne Simulationsverdacht belastete – Berechtigung? Warum sollte es nur in der Zeit vor der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken eine Aura gegeben haben?
Uta Buttkewitz
5. Das Zeitalter des Verschwindens
Zusammenfassung
Haben Sie sich schon einmal darüber Gedanken gemacht, was passiert, wenn Sie Ihr Smartphone und Ihren Computer ausschalten? In welcher Welt leben Sie dann? Ist die Welt eine andere geworden? Vermissen Sie etwas? Was vermissen Sie? Lassen Sie sich ruhig einmal auf dieses Gedankenexperiment ein: Es geht dabei nicht darum, von der Elektrizität und der gesamten Digitalisierung abgeschnitten zu sein, sondern nur darum, nicht online zu sein. Im ersten Moment wird Ihnen wahrscheinlich etwas fehlen, so wie Marshall McLuhan definiert hat, dass die Medien eine technische Erweiterung der menschlichen Fähigkeiten sind; unser persönliches Wissen und persönliche Daten sind häufig nur noch digital abgespeichert. In einem nächsten Schritt stellen Sie dann vielleicht fest, dass Sie immer noch Bücher und Zeitungen lesen können und auch noch die Freund∗innen und Familienangehörigen erreichbar sind. Wir sollten uns also die Frage stellen, ob wir wirklich in einer ganz anderen Welt als noch vor 10 bis 15 Jahren leben, wie uns das Silicon Valley suggeriert.
Uta Buttkewitz
6. Die hybride Form der Kommunikation in den sozialen Medien
Zusammenfassung
Wie wir im letzten Kapitel erfahren haben, geht die dialogische Kommunikation zurück, die aber gerade für stabile menschliche Beziehungen und für die Entwicklung neuer Gedanken essentiell ist, unabhängig davon, ob die Kommunikation schriftlich oder mündlich verläuft. Bei Instagram und Facebook haben wir es nur mit einer scheinbaren beziehungsweise simulierten dialogischen Kommunikation zu tun, da die Kommunikation nur in routinierten und standardisierten Floskeln verläuft. Oftmals entfallen die Anrede und die Abschiedsformel. Es ist kaum möglich, inhaltsschwere Diskussionen per WhatsApp oder SMS zu führen. Meistens bleibt es bei kurzen Sätzen, in denen es um eine Verabredung geht oder man schlicht und einfach nur fragt „Wie geht’s Dir?“, um einen Kontakt nicht abbrechen zu lassen. Üblicherweise werden auch kurz Urlaubserlebnisse – meistens mit einem Foto dekoriert – ausgetauscht. Dieser kurze Austausch via WhatsApp kann einer Rückversicherung einer bestehenden Beziehung dienen, aber sie können nach meiner persönlichen Beobachtung keine lockere Freundschaft wieder festigen beziehungsweise stabilisieren. Dafür reicht diese Art der unverbindlichen Kommunikation nicht aus, sondern dazu sind weiterhin Telefonate, vor allem aber der persönliche Face-to-Face-Kontakt nötig. Aber die Messenger-Dienste können durchaus den Weg zu einer persönlichen Verabredung erleichtern und ebnen. Diese Art der Kommunikation hat den Vorteil, dass man im Gegensatz zum Telefon die privaten Kreise der Adressat∗innen nicht stört. Diese∗r kann es sich überlegen, wann und ob sie∗er antwortet. Wir müssen uns jedoch darüber im Klaren sein, dass eine verzögerte oder keine Antwort möglicherweise die Beziehung gefährden kann. Insofern herrscht auch bei der Kommunikation via Kurznachrichten ein gewisser Kommunikationsdruck. Mittlerweile ersetzt WhatsApp auch häufig die Nutzung der E-Mail, da vielen das Schreiben einer E-Mail vor allem im privaten Bereich zu aufwändig geworden ist. Merkwürdigerweise entsteht daraus häufig kein kommunikativer Austausch – selbst dann nicht, wenn Fragen an die Chatpartner∗innen gestellt werden. Das ist ein interessantes Phänomen, das eigentlich die Kommunikation als eine Handlung des gegenseitigen Austausches und des Beziehens aufeinander konterkariert. In diesen Fällen geht es scheinbar auch nur um die Bestätigung der Freundschaft miteinander.
Uta Buttkewitz
7. Analog vs. digital und die natürliche Doppelrolle des Menschen
Zusammenfassung
Wie Marshall McLuhan dargelegt hat, sind wir Menschen mittlerweile durch die Elektrizität vollständig miteinander verschaltet – unabhängig davon, ob wir das wollen oder nicht. Es ist wichtig, dass das Analoge für uns als Rückzugsort auch weiterhin bestehen bleibt, gerade weil es uns vor der ungeschützten Öffentlichkeit rettet. Und zumindest im privaten Bereich ist das analoge Speichern von Daten und Information oftmals sogar sicherer und für die Weitergabe an die nächste Generation auch besser geeignet – zumindest beim derzeitigen Entwicklungsstand der digitalen Technik. Analog gespeicherte Daten können nicht so schnell verschwinden und die Unsicherheit ist auch viel geringer, dass mit diesen Daten etwas passieren beziehungsweise sie in unsichere Hände gelangen könnte. Ich plädiere demnach nicht für die Beibehaltung oder die Rückkehr zum Analogen – aber für eine ausgeglichene Balance zwischen beiden Polen.
Uta Buttkewitz
8. Ein Ausblick
Zusammenfassung
Es ging in dem Buch nicht darum, die elektronisch vermittelte Kommunikation gegenüber der analogen Kommunikation auszuspielen, sondern dafür zu plädieren, genau darüber zu reflektieren, welche Kommunikationsform wir in welcher Situation und bei welchen Gesprächspartner∗innen einsetzen. Bezogen auf den Titel des Buches möchte ich als Fazit acht Thesen formulieren, inwiefern die zwischenmenschliche Kommunikation durch die Nutzung der digitalen Medien beeinflusst wird und in welche Richtung sie sich zukünftig entwickeln könnte:
Uta Buttkewitz
Backmatter
Metadaten
Titel
Smiley. Herzchen. Hashtag.
verfasst von
Dr. Uta Buttkewitz
Copyright-Jahr
2020
Electronic ISBN
978-3-658-28438-1
Print ISBN
978-3-658-28437-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-28438-1