Deutsche Konsumenten sind starke Nutzer von Online-Plattformen in den sozialen Medien, auf denen ihre Kundenbelange berücksichtigt werden. Doch Unternehmen nutzen das Potenzial zu wenig. Welche Community-Modelle es gibt.
Online-Communities bieten Kunden eine Markenheimat. Doch Unternehmen schöpfen das Potenzial als Markeninstrument für den Kundenkontakt noch nicht aus.
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Spezifische Online-Communities, über die sich Unternehmen exklusiv mit ihren Kunden und Stakeholdern vernetzen und austauschen können, werden in Deutschland offenbar stark vernachlässigt.
Das zeigt der repräsentative Social-Media-Atlas 2020 der Hamburger Kommunikationsberatung Faktenkontor und des Marktforschers Toluna. Danach sind
- 18 Prozent der Social-Media-Nutzer ab 16 Jahren in Deutschland bereits Mitglied in solchen Kunden-Clubs.
- 47 Prozent kann sich fast die Hälfte der Social-Media-Nutzer, die noch nicht Mitglied einer Kunden-Community sind, vorstellen, eine solche Plattform zu nutzen.
- 22 Prozent der weiblichen Social-Media-Nutzer sind bereits Mitglied.
- Drei von zehn Social-Media-Nutzern im Alter von 20 bis 29 Jahren nutzen Kunden-Communities.
- Bei den 16- bis 19-Jährigen sind es 26 Prozent.
Frauen und Influencer sind stärkste Nutzer
Stärkste Zielgruppe für die Online-Plattformen von Unternehmen und Marken vor allem in der Konsumgüter und Lebensmittelbranche sowie dem Gesundheitssektor sind zum Beispiel Frauen oder Profi-Influencer. Unter den professionellen Influencern in den Sozialen Medien bewegen sich zwei Drittel aktiv in den digitalen Gruppen für die Kundschaft.
Werkzeug für die Kundenbindung
"Kunden-Communities auf unternehmenseigenen digitalen Plattformen haben sich als exzellentes Werkzeug für Kundenservice, Kundenbindung und Marktforschung erwiesen und sind kundenseitig stark nachgefragt", erklärt Dr. Roland Heintze, Geschäftsführender Gesellschafter des Faktenkontors. Doch die deutsche Wirtschaft lasse hier enormes Potenzial brach liegen, eventuell "aus Bequemlichkeit und Innovationsverweigerung", so Heintze.
Tobias Kollmann erklärt im Springer-Buch "E-Business kompakt" mit Blick auf die Chancen der Kunden-Communities, im Mittelpunkt stehe dabei die immer die soziale Interaktion und damit "der Austausch selbst geschaffener entweder inhaltlich oder personenbezogener Informationen."
Welche Community-Modelle es gibt
Hierbei gibt es jedoch unterschiedliche Modelle, die entweder geschlossen, halbgeschlossen oder mit offenem Zugang angelegt sind: Communities oder auch elektronische Kontaktnetzwerke, etwa in Form eines so genannten Board-Modells, sind beispielsweise Informationsforen, auf denen Nutzer sich miteinander austauschen und Postings veröffentlichen können, die von anderen Nutzern kommentiert werden. Social-Networking-Plattformen, wie etwa Linkedin und andere, haben im Vergleich dazu zum Ziel, auf der Basis von Software ein möglichst enges Beziehungsnetz zwischen den einzelnen Teilnehmern der E-Community zum Austausch von Informationen zu etablieren, wie Kollmann im Kapitel "Die Grundlagen der E-Community" (Seite 256) auflistet. Dabei wird eine Vernetzung unter anderem über persönliche Kontaktprofile gewährleistet, was so gesteuert den Aufbau eines Kontaktnetzwerks fördert.
In Weblogs hingegen können User, also auch Kunden, vorrangig Autorenbeiträge kommentieren und so Diskussionen zwischen Autor und anderen Kommentatoren initiieren. Der Effekt: Leser werden zu aktiven Mitproduzenten von Inhalten und Teil des Diskussionsprozesses.
Eine gut ausgestaltete E-Community sollte den gesamten Kommunikationsprozess digital abdecken. Dieser umfasst insbesondere die größeren Prozess-Teilbereiche von eRegistration und eProfile, eUpload und eBlogging, eVoting und eRanking sowie eRecommendation."
Tobias Kollmann
Andrea Beierlein bestätigt vor allem die Rolle von Online-Communities als Produkt- und Bewertungs-Instrumentarien, die Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung sozusagen als Nebeneffekt wertvolle Erkenntnisse über Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sowie die Kundenerwartungen für Produkte und Dienstleistungen liefern. Online-Communities seien zum Alltagstool für Konsumenten für Produkteinschätzungen geworden, oder um Informationen und Know-how zu erhalten. Unternehmen profitieren aus ihrer Sicht wiederum von den Online-Gemeinden, da sie über die Kundenfeedbacks ihre Services verbessern und Plattformen bereitstellen, die zur Interaktion oder dem Austausch mit befreundeten Businesspartnern einladen, meint die Springer-Autorin auf S. 42 in einem Beitrag zur Dienstleistungsforschung mit dem "Customer Engagement in Online Communities – A Literature Review".