Welche Stellung haben Social-Media-Manager im Unternehmen? Welche Aufgaben und Ziele verfolgen sie? Eine neue Studie zeigt, dass die strategische Arbeit häufig zu kurz kommt. Das legt auch die jüngste mediale Aufregung um eine VW-Kampagne nahe.
Das Berufsbild des Social-Media-Managers ist nicht neu. In vielen Unternehmen existieren entsprechende Positionen bereits seit zehn Jahren. In einer gemeinsam mit der Macromedia Hochschule Hamburg durchgeführten Studie beleuchtet die Agentur für Markenmanagement, Virtual Identity, die Rolle von Social Media Managern im Unternehmen und ihre Arbeit.
Das Social-Media-Marketing zeichnet sich durch eine besonders hohe Dynamik aus. So sind neue Kommunikationskanäle wie Tiktok, Twitch und Foursquare im Begriff, ein Gegengewicht zu den Platzhirschen zu bilden. Nichtsdestotrotz kommen die Newcomer bei den befragten Social-Media-Managerinnen und -Managern bislang kaum zum Einsatz. Stattdessen konzentriert sich die Mehrheit auf die etablierten Kanäle Facebook (97 Prozent) und Instagram (88 Prozent). Die Video-Plattform Youtube ist bei 79 Prozent beliebt, ähnlich wie das Karriere-Netzwerk Linkedin (70 Prozent).
Erfolgsmessung am Ziel vorbei
Bei der Zielsetzung herrscht unter den Befragten Einigkeit:
- Jeweils 87 Prozent streben die Steigerung der Markenbekanntheit und der Unternehmensreputation an.
- 85 Prozent zielen auf Interaktion und Bindung ihrer Online-Gemeinschaft ab.
- 70 Prozent wollen Fans und Followern generieren und
- 69 Prozent sind an der Gewinnung von Neukunden interessiert.
Laut den Studienautoren messen die Fachkräfte im Social-Media-Marketing allerdings am Ziel vorbei. Denn 87 Prozent nutzen das Engagement der Nutzer als Erfolgskennzahl (Key Performance Indicator, KPI), was Facebook zufolge nicht mit der Markenbekanntheit und -reputation im Zusammenhang stehe. Die Click-Through-Rates auf in Postings platzierten Links spielt bei verhältnismäßig wenig Marketern eine Rolle (61 Prozent), ebenso wie die Conversion Rate (54 Prozent), die erfolgreiche Nutzeraktionen wie etwa das Abonnement eines Newsletters misst. Doch auch wenn Zielsetzung und Erfolgsmessung offenbar nicht immer Hand in Hand gehen, gibt der überwiegende Teil der Befragten (88 Prozent) an, den beruflichen Anforderungen gut oder sogar sehr gerecht werden zu können.
Operatives Tagesgeschäft statt Strategie
Das Erreichen der gesteckten Ziele bleibt für 82 Prozent trotzdem die größte Herausforderung im Arbeitsalltag, gefolgt von der Schnelllebigkeit der Branche. Die große Mehrheit geht davon aus, ihre Aufgaben mit größerem Budget und mehr Mitarbeitern besser bewerkstelligen zu können. Rund die Hälfte der Fachkräfte empfindet darüber hinaus die Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten als herausfordernd. Passend dazu wünschen sich 70 Prozent mehr Unterstützung aus der Führungsebene. In 85 Prozent der Fälle legt der Chef zwar die übergeordnete Kommunikationsstrategie fest.
Knapp drei Viertel der Fachkräfte im Social-Media-Marketing bestimmen die Ziele für das operative Tagesgeschäft allerdings selbst. Ohnehin machen diese täglichen Aufgaben den Großteil ihrer Arbeit aus. Weniger als ein Fünftel verbringen laut der Studie ihre Arbeitszeit mit Strategie, Meetings und Administration. Im operativen Tagesgeschäft kommen die Strategiearbeit und der Austausch darüber vielerorts also häufig zu kurz. Kann die von der Chefriege entwickelte übergeordnete Social-Media-Strategie diese Defizite kompensieren? Diese Frage musste sich aktuell auch der Automobilbauer Volkswagen stellen, dessen Video-Clip aus der Golf 8-Kampagne 8 (Agentur Voltage) Rassismus-Vorwürfe kassierte.
Eigendynamik der Social Media
Chief Marketing Officer Jochen Sengpiehl erklärte nun in einer Unternehmensmitteilung, dass das Briefing eigentlich vorgesehen hatte, Vielfalt darzustellen, indem Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft und mit verschiedenen Lifestyles gezeigt werden. Man habe nach den umfassenden Untersuchungen der Konzernrevision keine rassistischen Intentionen auf Konzern- oder Agenturseite finden können. Am Ende des Tages zählt jedoch gerade im Social-Media-Marketing die Wahrnehmung der Nutzergemeinschaft. Wird die Intention des Postings nicht ersichtlich, hat die Kampagne ihr Ziel verfehlt.
Wie bei VW bekommen auch andere Unternehmen täglich die Eigendynamik der Sozialen Medien zu spüren. "Unternehmen verlieren immer mehr die Kontroll- und Deutungshoheit über das, was von wem und wie über sie und ihre Produkte, Marken, Dienstleistungen und Protagonisten gesagt, thematisiert und mediengestützt verbreitet wird", konstatieren die Springer-Autoren Bodo Kirf, Kai-Nils Eicke und Souren Schömburg im Buchkapitel "Unternehmenskommunikation in Zeiten digitaler Transformation" (Seite 6). Eine wasserdichte und in die Praxis überführte Social-Media-Strategie kann Marketing-Pannen vorbeugen. VW etwa will nun an seinen Freigabeprozessen feilen und künftig auf kritisches Feedback der User besser eingehen.